Nachdenkseiten: Was unsere Steuergesetzgebung von den USA lernen könnte
ID 51134
Steuerparadies USA? Für Großverdiener die ihr Geld in's Ausland verschieben wollen: nicht unbedingt. Von der Steuergesetzgebung könnte sich Deutschland manche Scheibe abschneiden, meint dieser Kommentar der Nachdenkseiten.de
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08:10 min, 19 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 01.10.2012 / 20:46
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Klassifizierung
Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Nachdenkseiten.de bei Radio LORA München
Entstehung
AutorInnen: Michael Barnikel
Kontakt: michael.barnikel(at)gmail.com
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 01.10.2012
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Ungekürzter Text (die Audioversion ist dagegen leicht gekürzt):
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Man kennt das Totschlagargument zu genüge – sobald man vorschlägt, die Einkommens- oder Vermögenssteuern zu erhöhen, schallt es einem entgegen, dass dann die ohnehin schon hoch besteuerten „Leistungsträger“ halt das Land verlassen und künftig gar keine Steuern mehr an den deutschen Fiskus entrichten würden. Auch wenn diese Generalisierung sicherlich so nicht haltbar ist, muss man jedoch konzedieren, dass das deutsche Steuerrecht die Steuerumgehung durch Auswanderung in der Tat zulässt. Wie es anders gehen könnte, zeigen die USA. US-Bürger sind mit ihrem weltweiten Einkommen in den USA steuerpflichtig und sogar die Abgabe der US-Staatsbürgerschaft kann für den Steuerflüchtling sehr kostspielig werden.
Wenn ein deutscher Staatsbürger seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz hat, führt er in der Regel keine Steuern an die deutschen Finanzämter ab. Dies gilt sowohl für Einkommen aus unselbstständiger oder selbstständiger Arbeit, für Kapitaleinkünfte und sogar für die immer wieder angedachte Vermögenssteuer. Wer möglichen Erhöhungen der Einkommensteuer oder der Besteuerung seines Vermögens entgehen will, kann also seinen Hauptwohnsitz ins benachbarte oder auch entfernte Ausland verlegen. Wer diesen Weg geht, muss jedoch auch tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegen – meist sehen die Doppelbesteuerungsabkommen hier vor, dass man sich mehr als 183 Tage im Jahr an dem Ort aufhalten muss, an dem man steuerpflichtig sein will. Wer die deutsche Staatsangehörigkeit ganz aufgibt, ist für Kapitalerträge und Einkommen, die er nicht in Deutschland erzielt, dem deutschen Fiskus gegenüber gar nicht mehr steuerpflichtig. Ein deutscher Milliardär könnte also eine mögliche Vermögenssteuer oder Vermögensabgabe in der Tat dadurch umgehen, dass er beispielsweise die Schweizer Staatsbürgerschaft annimmt und seinen deutschen Pass zurückgibt.
Weltweite Einkommen als Steuergrundlage
Alle diese Steuerumgehungsmöglichkeiten sind US-Bürgern und sogenannten „permanent residents“ (dazu zählen auch Inhaber einer Greencard in den USA) verwehrt. Staatsbürger der USA sind mit ihrem weltweiten Einkommen und Vermögen in den USA steuerpflichtig. Dies gilt auch, wenn sie eine doppelte Staatsbürgerschaft haben und sogar, wenn sie permanent im Ausland leben und ausschließlich Einkünfte außerhalb der USA haben. Ein amerikanischer Ingenieur, der in München lebt und sein Geld dort bei Siemens verdient, muss also diese Einkünfte auch in seiner US-Steuererklärung angeben.
Für Gering- und Normalverdiener spielt die Besteuerung von Einkünften im Ausland jedoch keine nennenswerte Rolle, da es einerseits sehr hohe Freibeträge (bei Singles bis zu 91.400 US$ pro Jahr) gibt und andererseits im Ausland gezahlte Einkommensteuern voll abzugsfähig sind [1]. Diese Abschreibungsmöglichkeiten gelten jedoch nur für Einkommen aus selbstständiger sowie unselbstständiger Arbeit und nicht für Kapitalerträge. Wer jedoch das Glück hat, sich zu den Spitzenverdienern zählen zu können und in einem Land mit niedrigen Steuersätzen lebt, wird in der Regel nahezu den gleichen Steuersatz bezahlen müssen, als lebte er in den USA und würde sein Einkommen dort beziehen.
Schlupflöcher sind rar geworden
Eine weltweite steuerrechtliche Erhebung der Einkommen macht freilich nur dann einen Sinn, wenn die US-Steuerbehörden im Ausland auch an die relevanten Daten kommen. Ansonsten ist der Phantasie der steuerpflichtigen Auslandsamerikaner prinzipiell keine Grenze gesetzt. Doch auch hier gehen die USA eigene Wege, die vor allem im Hinblick auf das deutsch-schweizerische Steuerabkommen durchaus Vorbildcharakter haben. Die amerikanische FATCA-Richtlinie zwingt ab Januar 2013 sämtliche ausländischen Finanzinstitute [2], die in den USA Geschäfte betreiben, dazu, Informationen über Konten ihrer Kunden mit amerikanischer Staatsbürgerschaft an die US-Steuerbehörde zu übermitteln. Banken, die dieser Informationspflicht nicht nachkommen, müssen für alle US-Geschäfte eine generelle Quellensteuer in Höhe von 30% abführen – dabei ist es unerheblich, für wen diese Geschäfte ausgeführt werden, sogar der Eigenhandel wird besteuert. FATCA sieht dabei keine Trennung von Unternehmenseinheiten vor.
Wenn beispielsweise eine Tochter der Schweizer UBS, die ihren rechtlichen Sitz auf den Cayman Islands hat, den USA keine Informationen übermittelt, müssen sämtliche Institute, die direkt und indirekt zur UBS gehören, die 30% Quellensteuer abführen. Da dies die Banken de facto vom US-Markt und damit auch vom Finanzplatz Wall Street aussperren würde, darf FATCA bereits jetzt als großer Erfolg gewertet werden. Die UBS hat sich bereits FATCA unterworfen und damit das Schweizer Bankgeheimnis für US-Staatsbürger außer Kraft gesetzt. Es ist zu erwarten, dass die meisten Schweizer Banken diesem Beispiel zähneknirschend folgen werden und auch andere „Steueroasen“ drohen durch FATCA auszutrocknen.
Exit-Tax – wer den Pass abgibt, muss zahlen
Bereits seit dem Jahre 1966 erlischt die weltweite Steuerpflicht gegenüber den USA nicht, wenn man die US-Staatsbürgerschaft abgibt. Ehemalige US-Staatsbürger und ausländische Staatsangehörige, die in den USA eine permanente Aufenthaltsbewilligung haben, sind auch noch 10 Jahre, nachdem sie ihren Pass bzw. ihre Greencard abgegeben haben, mit ihrem weltweiten Einkommen und Vermögen in den USA voll steuerpflichtig. Die ersten Gesetze boten jedoch zahlreiche Schlupflöcher, so dass die Besteuerung ehemaliger Staatsangehöriger bis ins Jahr 1996 praktisch keine große Rolle spielte. Dies änderte sich, als das Forbes Magazine im Jahre 1994 einige prominente Steuerflüchtlinge bloßstellte. Der amerikanische Theo Müller hieß Kenneth Dart. Der Millionenerbe hatte seine US-Staatsbürgerschaft aufgegeben und als Botschafter des Staates Belize einfach neben seinem alten Anwesen in Florida eine Botschaft eröffnet. Dart wurde vor Gericht gebracht, das Gesetz geändert und fortan müssen ehemalige US-Bürger, die sich mehr als 30 Tage in den USA aufhalten, ihre weltweiten Einkommen für das gesamte Kalenderjahr in den USA versteuern.
Deutlich verschärft wurden die Gesetze noch einmal in den Jahren 2004 und 2008. Der „Heroes Act“ von 2008 erhebt sogar eine sehr effektive und kaum zu umgehende „Exit-Tax“ für wohlhabende US-Amerikaner. Wer in den letzten fünf Jahren entweder mehr als 145.000 US$ Einkommensteuer zahlen musste oder ein Vermögen von mehr als zwei Millionen US$ sein eigen nennt, wird bei der Abgabe des amerikanischen Passes mit einer Art Offenbarungseid der besonderen Sorte belegt. Der Ex-Staatsbürger in spe muss sämtliche Vermögenswerte weltweit offenlegen und von den Steuerbehörden auf Basis des Marktwerts schätzen lassen. Die Behörden unterstellen dem Antragsteller dann, dass er sämtliche Vermögenswerte mit Datum des Abgabetermins der US-Staatsbürgerschaft verkaufen würde und zählen die daraus ermittelten hypothetischen Verkaufserlöse voll und ohne Abzugsmöglichkeiten als zu versteuerndes Einkommen für das entsprechende Kalenderjahr. Sollte also beispielsweise Mr. John Doe, der in Zürich lebt und die amerikanische Staatsbürgerschaft gegen einen Schweizer Pass eintauschen will, muss er seine weltweiten Vermögenswerte offenlegen. Sein Depot bei der Schweizer UBS zählt ebenso dazu, wie sein Chalet in St. Moritz, seine Immobilien in München und seine Molkerei in Michigan. Der Reingewinn, den er mit dem Verkauf all dieser Vermögenswerte erzielen könnte, wird dann als hypothetische Summe zu dem in den USA zu versteuernde Jahreseinkommen addiert. Erst wenn Mr. Doe seine volle Einkommensteuer auf diese Summe gezahlt hat, kann er seinen US-Pass abgeben. Wenn er das dafür nötige Geld nicht flüssig hat, bleibt er, auch ohne US-Pass, so lange voll mit seinem weltweiten Einkommen und Vermögen in den USA steuerpflichtig, bis er seine Exit-Tax vollständig beglichen hat.
Auch die Exit-Tax betrifft jedoch „nur“ Spitzenverdiener und Wohlhabende. Ein Freibetrag von 627.000 Dollar auf die hypothetischen Gewinne durch den unterstellten Verkauf aller Vermögenswerte sorgt dafür, dass selbst Besserverdiener mit einer Villa und einem „haushaltsüblichen“ Depot bei der Bank de facto keine Exit-Tax zahlen müssen. Wer jedoch wirklich zum Kreis der Wohlhabenden zählt, wird durch die Exit-Tax ganz erheblich zur Kasse gebeten. Eine Umgehung, beispielsweise durch Schenkung der Vermögenswerte an Familienangehörige, die nicht die US-Staatsbürgerschaft haben, ist übrigens nicht möglich, da US-Staatsbürger auch weltweit ihre Schenkungen in den USA versteuern müssen.
Vorbild für Deutschland
Deutschland ist nicht nur ein freies, sondern auch ein freizügiges Land. Selbstverständlich darf man niemandem verbieten, sich am Ort seiner Wahl niederzulassen und – wenn die Voraussetzungen dies hergeben – eine andere Staatsbürgerschaft anzunehmen. Den Lebensabend im Rentnerparadies Mallorca zu verbringen, ist schließlich für viele Bürger ein Ziel, gegen dass der Staat nichts haben kann. Wenn es jedoch um den Wechsel des Wohnorts oder der Staatsbürgerschaft aus Steuervermeidungs- oder gar Steuerhinterziehungsgründen geht, hat diese Freizügigkeit ihre Grenzen. Diese Grenzen sind eindeutig dann überschritten, wenn eine mögliche Abwanderung in erpresserischer Absicht ins Spiel gebracht wird, um Stimmung gegen angedachte Steuererhöhungen oder Vermögenssteuern zu machen. Dieses Erpressungspotential wäre mit einem Schlag unwirksam, wenn man die genannten Punkte des amerikanischen Steuerrechts auch hierzulande einführen würde – wenn möglich, sogar in der gesamten EU. Sehr großzügige Freibeträge und die Möglichkeit im Ausland gezahlte Steuern steuerrechtlich abzugsfähig zu machen, sorgen beim US-Modell dafür, dass eine solche weltweite Besteuerungsgrundlage zweifelsohne sozialverträglich ist und Otto Normalsteuerzahler nicht trifft.
Unabhängig davon stellen Richtlinien zum weltweiten steuerbezogenen Datenaustausch, wie FATCA, eine längst überfällige Notwendigkeit dar, die es schnellstens umzusetzen gilt. Dann hätten auch die endlosen Streitereien mit Staaten, die deutsche Steuerhinterzieher schützen, ein Ende. Nicht nur die USA, auch Staaten wie Deutschland, Frankreich oder Italien haben die Macht, Länder, die sich nicht an internationale Gepflogenheiten halten, nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen. Es ist nicht hinzunehmen, dass mit der Schweiz ein angesehener Staat mitten in Europa aktive Beihilfe zur Hinterziehung von Steuern leistet. Peer Steinbrück wollte einst die Kavallerie losschicken, was ankam war jedoch ein altersmüdes Zirkuspony mit einem Clown mit Flitzebogen. Die USA haben ihre Kavallerie losgeschickt und die Schweiz musste kapitulieren. In Sachen Steuerrecht heißt „von den USA lernen“ oftmals „siegen lernen“. Diese Lektion sollte auch in Deutschland gehört werden, um Totschlagargumenten die Grundlage zu entziehen und Steuerflucht wirkungsvoll zu verhindern.
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Autor: Jens Berger.
http://www.nachdenkseiten.de/?p=14569
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Man kennt das Totschlagargument zu genüge – sobald man vorschlägt, die Einkommens- oder Vermögenssteuern zu erhöhen, schallt es einem entgegen, dass dann die ohnehin schon hoch besteuerten „Leistungsträger“ halt das Land verlassen und künftig gar keine Steuern mehr an den deutschen Fiskus entrichten würden. Auch wenn diese Generalisierung sicherlich so nicht haltbar ist, muss man jedoch konzedieren, dass das deutsche Steuerrecht die Steuerumgehung durch Auswanderung in der Tat zulässt. Wie es anders gehen könnte, zeigen die USA. US-Bürger sind mit ihrem weltweiten Einkommen in den USA steuerpflichtig und sogar die Abgabe der US-Staatsbürgerschaft kann für den Steuerflüchtling sehr kostspielig werden.
Wenn ein deutscher Staatsbürger seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz hat, führt er in der Regel keine Steuern an die deutschen Finanzämter ab. Dies gilt sowohl für Einkommen aus unselbstständiger oder selbstständiger Arbeit, für Kapitaleinkünfte und sogar für die immer wieder angedachte Vermögenssteuer. Wer möglichen Erhöhungen der Einkommensteuer oder der Besteuerung seines Vermögens entgehen will, kann also seinen Hauptwohnsitz ins benachbarte oder auch entfernte Ausland verlegen. Wer diesen Weg geht, muss jedoch auch tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegen – meist sehen die Doppelbesteuerungsabkommen hier vor, dass man sich mehr als 183 Tage im Jahr an dem Ort aufhalten muss, an dem man steuerpflichtig sein will. Wer die deutsche Staatsangehörigkeit ganz aufgibt, ist für Kapitalerträge und Einkommen, die er nicht in Deutschland erzielt, dem deutschen Fiskus gegenüber gar nicht mehr steuerpflichtig. Ein deutscher Milliardär könnte also eine mögliche Vermögenssteuer oder Vermögensabgabe in der Tat dadurch umgehen, dass er beispielsweise die Schweizer Staatsbürgerschaft annimmt und seinen deutschen Pass zurückgibt.
Weltweite Einkommen als Steuergrundlage
Alle diese Steuerumgehungsmöglichkeiten sind US-Bürgern und sogenannten „permanent residents“ (dazu zählen auch Inhaber einer Greencard in den USA) verwehrt. Staatsbürger der USA sind mit ihrem weltweiten Einkommen und Vermögen in den USA steuerpflichtig. Dies gilt auch, wenn sie eine doppelte Staatsbürgerschaft haben und sogar, wenn sie permanent im Ausland leben und ausschließlich Einkünfte außerhalb der USA haben. Ein amerikanischer Ingenieur, der in München lebt und sein Geld dort bei Siemens verdient, muss also diese Einkünfte auch in seiner US-Steuererklärung angeben.
Für Gering- und Normalverdiener spielt die Besteuerung von Einkünften im Ausland jedoch keine nennenswerte Rolle, da es einerseits sehr hohe Freibeträge (bei Singles bis zu 91.400 US$ pro Jahr) gibt und andererseits im Ausland gezahlte Einkommensteuern voll abzugsfähig sind [1]. Diese Abschreibungsmöglichkeiten gelten jedoch nur für Einkommen aus selbstständiger sowie unselbstständiger Arbeit und nicht für Kapitalerträge. Wer jedoch das Glück hat, sich zu den Spitzenverdienern zählen zu können und in einem Land mit niedrigen Steuersätzen lebt, wird in der Regel nahezu den gleichen Steuersatz bezahlen müssen, als lebte er in den USA und würde sein Einkommen dort beziehen.
Schlupflöcher sind rar geworden
Eine weltweite steuerrechtliche Erhebung der Einkommen macht freilich nur dann einen Sinn, wenn die US-Steuerbehörden im Ausland auch an die relevanten Daten kommen. Ansonsten ist der Phantasie der steuerpflichtigen Auslandsamerikaner prinzipiell keine Grenze gesetzt. Doch auch hier gehen die USA eigene Wege, die vor allem im Hinblick auf das deutsch-schweizerische Steuerabkommen durchaus Vorbildcharakter haben. Die amerikanische FATCA-Richtlinie zwingt ab Januar 2013 sämtliche ausländischen Finanzinstitute [2], die in den USA Geschäfte betreiben, dazu, Informationen über Konten ihrer Kunden mit amerikanischer Staatsbürgerschaft an die US-Steuerbehörde zu übermitteln. Banken, die dieser Informationspflicht nicht nachkommen, müssen für alle US-Geschäfte eine generelle Quellensteuer in Höhe von 30% abführen – dabei ist es unerheblich, für wen diese Geschäfte ausgeführt werden, sogar der Eigenhandel wird besteuert. FATCA sieht dabei keine Trennung von Unternehmenseinheiten vor.
Wenn beispielsweise eine Tochter der Schweizer UBS, die ihren rechtlichen Sitz auf den Cayman Islands hat, den USA keine Informationen übermittelt, müssen sämtliche Institute, die direkt und indirekt zur UBS gehören, die 30% Quellensteuer abführen. Da dies die Banken de facto vom US-Markt und damit auch vom Finanzplatz Wall Street aussperren würde, darf FATCA bereits jetzt als großer Erfolg gewertet werden. Die UBS hat sich bereits FATCA unterworfen und damit das Schweizer Bankgeheimnis für US-Staatsbürger außer Kraft gesetzt. Es ist zu erwarten, dass die meisten Schweizer Banken diesem Beispiel zähneknirschend folgen werden und auch andere „Steueroasen“ drohen durch FATCA auszutrocknen.
Exit-Tax – wer den Pass abgibt, muss zahlen
Bereits seit dem Jahre 1966 erlischt die weltweite Steuerpflicht gegenüber den USA nicht, wenn man die US-Staatsbürgerschaft abgibt. Ehemalige US-Staatsbürger und ausländische Staatsangehörige, die in den USA eine permanente Aufenthaltsbewilligung haben, sind auch noch 10 Jahre, nachdem sie ihren Pass bzw. ihre Greencard abgegeben haben, mit ihrem weltweiten Einkommen und Vermögen in den USA voll steuerpflichtig. Die ersten Gesetze boten jedoch zahlreiche Schlupflöcher, so dass die Besteuerung ehemaliger Staatsangehöriger bis ins Jahr 1996 praktisch keine große Rolle spielte. Dies änderte sich, als das Forbes Magazine im Jahre 1994 einige prominente Steuerflüchtlinge bloßstellte. Der amerikanische Theo Müller hieß Kenneth Dart. Der Millionenerbe hatte seine US-Staatsbürgerschaft aufgegeben und als Botschafter des Staates Belize einfach neben seinem alten Anwesen in Florida eine Botschaft eröffnet. Dart wurde vor Gericht gebracht, das Gesetz geändert und fortan müssen ehemalige US-Bürger, die sich mehr als 30 Tage in den USA aufhalten, ihre weltweiten Einkommen für das gesamte Kalenderjahr in den USA versteuern.
Deutlich verschärft wurden die Gesetze noch einmal in den Jahren 2004 und 2008. Der „Heroes Act“ von 2008 erhebt sogar eine sehr effektive und kaum zu umgehende „Exit-Tax“ für wohlhabende US-Amerikaner. Wer in den letzten fünf Jahren entweder mehr als 145.000 US$ Einkommensteuer zahlen musste oder ein Vermögen von mehr als zwei Millionen US$ sein eigen nennt, wird bei der Abgabe des amerikanischen Passes mit einer Art Offenbarungseid der besonderen Sorte belegt. Der Ex-Staatsbürger in spe muss sämtliche Vermögenswerte weltweit offenlegen und von den Steuerbehörden auf Basis des Marktwerts schätzen lassen. Die Behörden unterstellen dem Antragsteller dann, dass er sämtliche Vermögenswerte mit Datum des Abgabetermins der US-Staatsbürgerschaft verkaufen würde und zählen die daraus ermittelten hypothetischen Verkaufserlöse voll und ohne Abzugsmöglichkeiten als zu versteuerndes Einkommen für das entsprechende Kalenderjahr. Sollte also beispielsweise Mr. John Doe, der in Zürich lebt und die amerikanische Staatsbürgerschaft gegen einen Schweizer Pass eintauschen will, muss er seine weltweiten Vermögenswerte offenlegen. Sein Depot bei der Schweizer UBS zählt ebenso dazu, wie sein Chalet in St. Moritz, seine Immobilien in München und seine Molkerei in Michigan. Der Reingewinn, den er mit dem Verkauf all dieser Vermögenswerte erzielen könnte, wird dann als hypothetische Summe zu dem in den USA zu versteuernde Jahreseinkommen addiert. Erst wenn Mr. Doe seine volle Einkommensteuer auf diese Summe gezahlt hat, kann er seinen US-Pass abgeben. Wenn er das dafür nötige Geld nicht flüssig hat, bleibt er, auch ohne US-Pass, so lange voll mit seinem weltweiten Einkommen und Vermögen in den USA steuerpflichtig, bis er seine Exit-Tax vollständig beglichen hat.
Auch die Exit-Tax betrifft jedoch „nur“ Spitzenverdiener und Wohlhabende. Ein Freibetrag von 627.000 Dollar auf die hypothetischen Gewinne durch den unterstellten Verkauf aller Vermögenswerte sorgt dafür, dass selbst Besserverdiener mit einer Villa und einem „haushaltsüblichen“ Depot bei der Bank de facto keine Exit-Tax zahlen müssen. Wer jedoch wirklich zum Kreis der Wohlhabenden zählt, wird durch die Exit-Tax ganz erheblich zur Kasse gebeten. Eine Umgehung, beispielsweise durch Schenkung der Vermögenswerte an Familienangehörige, die nicht die US-Staatsbürgerschaft haben, ist übrigens nicht möglich, da US-Staatsbürger auch weltweit ihre Schenkungen in den USA versteuern müssen.
Vorbild für Deutschland
Deutschland ist nicht nur ein freies, sondern auch ein freizügiges Land. Selbstverständlich darf man niemandem verbieten, sich am Ort seiner Wahl niederzulassen und – wenn die Voraussetzungen dies hergeben – eine andere Staatsbürgerschaft anzunehmen. Den Lebensabend im Rentnerparadies Mallorca zu verbringen, ist schließlich für viele Bürger ein Ziel, gegen dass der Staat nichts haben kann. Wenn es jedoch um den Wechsel des Wohnorts oder der Staatsbürgerschaft aus Steuervermeidungs- oder gar Steuerhinterziehungsgründen geht, hat diese Freizügigkeit ihre Grenzen. Diese Grenzen sind eindeutig dann überschritten, wenn eine mögliche Abwanderung in erpresserischer Absicht ins Spiel gebracht wird, um Stimmung gegen angedachte Steuererhöhungen oder Vermögenssteuern zu machen. Dieses Erpressungspotential wäre mit einem Schlag unwirksam, wenn man die genannten Punkte des amerikanischen Steuerrechts auch hierzulande einführen würde – wenn möglich, sogar in der gesamten EU. Sehr großzügige Freibeträge und die Möglichkeit im Ausland gezahlte Steuern steuerrechtlich abzugsfähig zu machen, sorgen beim US-Modell dafür, dass eine solche weltweite Besteuerungsgrundlage zweifelsohne sozialverträglich ist und Otto Normalsteuerzahler nicht trifft.
Unabhängig davon stellen Richtlinien zum weltweiten steuerbezogenen Datenaustausch, wie FATCA, eine längst überfällige Notwendigkeit dar, die es schnellstens umzusetzen gilt. Dann hätten auch die endlosen Streitereien mit Staaten, die deutsche Steuerhinterzieher schützen, ein Ende. Nicht nur die USA, auch Staaten wie Deutschland, Frankreich oder Italien haben die Macht, Länder, die sich nicht an internationale Gepflogenheiten halten, nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen. Es ist nicht hinzunehmen, dass mit der Schweiz ein angesehener Staat mitten in Europa aktive Beihilfe zur Hinterziehung von Steuern leistet. Peer Steinbrück wollte einst die Kavallerie losschicken, was ankam war jedoch ein altersmüdes Zirkuspony mit einem Clown mit Flitzebogen. Die USA haben ihre Kavallerie losgeschickt und die Schweiz musste kapitulieren. In Sachen Steuerrecht heißt „von den USA lernen“ oftmals „siegen lernen“. Diese Lektion sollte auch in Deutschland gehört werden, um Totschlagargumenten die Grundlage zu entziehen und Steuerflucht wirkungsvoll zu verhindern.
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Autor: Jens Berger.
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Kommentare
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04.10.2012 / 23:58 | Sabine, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar |
Gespielt bei bermuda.funk
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Gespielt in der Sendung Sonar vom Dienstag, dem 02.10.2012 Danke! | |