1. Mai Nürnberg: Kämpferische Töne gegen unsoziale Politik und Protest gegen Rechtsextreme

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Mehrere Demos legten am 1. Mai in Nürnberg über Stunden den Verkehr lahm. 1500 - 2000 Menschen folgten einem Aufruf der Gewerkschaft zum Protestmarsch. Knapp 3000 nahmen an der revolutionären Mai-Demo teil, die seit über 10 Jahren von Linken Gruppen organisiert wird. Gründe zum demonstrieren gab es viele an diesem 1. Mai . Hauptmotiv für viele war allerdings ein Marsch rechtsextremer Organisationen - unter anderem der NPD. Den wollten sich 1000e NürnbergerInnen nicht widerstandslos bieten lassen. Michael Liebler von Radio Z über den langen Protesttag in der Frankenmetropole:
Audio
11:41 min, 5484 kB, mp3
mp3, 64 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 02.05.2005 / 18:54

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Klassifizierung

Beitragsart: Reportage
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: zip-fm - Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: Michael Liebler
Radio: RadioZ, Nürnberg im www
Produktionsdatum: 02.05.2005
keine Linzenz
Skript
Für die Veranstalter war die revolutionäre 1. Mai-Demo ein unglaublicher Erfolg - so unglaublich, dass die meisten bürgerlichen Medien die Teilnehmerzahlen lieber ganz verschwiegen. Knapp 2000 beteiligten sich allein nach Polizeiangaben an der Demo zu der linke Gruppen auf Initiative der Organisierten Autononomie aufgerufen hatten - die Veranstalter zählten knapp 3000 Menschen und das entspricht auch in etwa den Schätzungen von Radio Z.

Freilich war es nicht nur der Kampf gegen den Kapitalismus - der Widerstand gegen Hartz IV, der die politischen Aktiviitäten des letzten Jahres geprägt hatte, der so viele auf die Strasse brachte, sondern der Aufmarsch der Rechten, die sich ausgerechnet im Vorfeld des Jahrestags der Kapitulation das geschichtlich belastete Nürnberg für ihren Aufzug ausgesucht hatten. Einer der Organisatoren der revolutionären Mai-Demo im Gespräch mit Radio Z:

O-Ton

Denn nicht nur die Organisatoren der revolutiononäre Demo hatten Widerstand angekündigt. Neben diesen und dem Bündnis gegen Rechts hatte auch ein Spektrum bürgerlicher Organisationen und Prominente zum Protest aufgerufen. Möglicherweise trug zur Verstärkung der Reihen bei den Linken bei, dass sie mit der Wahl der Redner und mit ihrer Proteststrategie keine sehr glückliche Hand zeigten. Ausgerechnet der bayerische Innenminister Beckstein sollte vor dem Gewerkschaftshaus sprechen, während die Rechtsextermisten durch die Stadt zogen - da wollten viele GewerkschafterInnen sich lieber den Rechtsradikalen direkt in den Weg stellen.

O-Ton

Die Rechten wollten vom Maffeiplatz in der Südstadt am Bahnhof vorbei in die Innenstadt ziehen und auf ihre Weise den 1. Mai hochleben lassen. "Wir lassen uns den 1. Mai nicht nehmen", so das Motto der GegendemonstrantInnen - und schon gar nicht 60 Jahre nach Ende der Naziherrschaft:

O-Ton

Ärgerlich freilich für manchen, dass die wichtigen sozialen Themen, die Alltagspolitik dabei zwangsläufig in den Hintergrund treten mussten. Dennoch waren natürlich in den Redebeiträgen Hartz IV der Kampf gegen den Neoliberalismus und die Verschärfung des politischen Klimas präsent:

O-Töne

Nachdenkliche und kämpferische Töne gaben sich auch am Kornmarkt die Hand, dem Kundgebungsort des DGB. Einiges von dem, was um 13 Uhr Hauptredner Ottmar Schreiner, Vorsitzzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen zu sagen hatte, hätte ihm vielleicht wenige 100 Meter entfernt auch den Applaus der radikalen Linken eintragen können. 13.5 Prozent der Menschen in Deutschland lebten unter Armutsbedingungen, konstatierte der Bundestagsabgeordnete, attackierte mehr oder weniger unverholen den Parteikurs und forderte eine Umkehr der Politik und eine ander Verteilung des Sozialprodukts:

O-Ton

Die meisten TeilnehmerInnen der Gewerkschaftskundgebung quittierten die Rede Schreiners denn auch mit Applaus, SPD-Dissidenten der Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit eV (WASG) fühlten sich freilich zu Zwischenrufen hingerissen:

O-Ton

Während um 14 Uhr der bayerische Innenminister vor dem Gewerkschaftshaus wichtige Hinweise gab, wie den, dass Hitler kein großer Staatsmann, sondern ein großer Verbrecher gewesen sei und die Rechten als "Halunken bezeichnete, für die sich Deutschland schämt, hatten andere längst eingepackt, und beschlossen, sich lieber nicht zu schämen, sondern sich den Halunken in den Weg zu stellen...

O-Ton

Währenddessen startete der Marsch derca 300 Rechten mit Verzögerung. Eine Rauchbombe in der U-Bahn hindert sie daran von ihrem Treffpunkt am Messezentrum rechtzeitig zum Maffeiplatz zu kommen.
Daztu Polizeisprecher Peter Schnellinger:

O-Ton

Die Verzögerung führt denn auch zu einer Verkürzung des rechten Marschs und ermöglichte den Linken, deren Route am Bahnhof zu blockieren. Vor dem Zeltistunnel postieren sich Fürther Gewerkschafter. Die Polizei riegelt die Blockade zwar ab, sieht sich jedoch kurze Zeit später ca 1000 weiteren Blockierern gegenüber. Und immer wieder kommt es zu Szenen wie diesen.

Reportage O-Ton....

Der Ärger der DemonstrantInnen, über das Vorgehen der Polizei und dass diese den MArsch der NPD durchsetzt führt zu einer aufgeheizten Stimmung. Nicht nur Worte, sondern auch Dosen und Flaschen fliegen. Im Polizeibericht heißt es "Polizeikräfte konnten die Situation mit Pfefferspray und unter Einsatz des Schlagstockes als Abwehrhilfe bereinigen."

Ofenbar hält es die Einsatzleitung dann wohl doch nicht für opportun die Blockierer wegzuräumen, unter denen sich nicht nur Autonome und junge GewerkschaftsaktivistInnen, sondern auch einige Gewerkschaftsfunktionäre und der KZ-Überlebende Jakobuwitz befinden. Kurzerhand werden die Rechten durch den Hintereingang des Bahnhofs an Zugreisenden vorbei geführt. Nur einige Gegendemonstranten gelang es rechtzeitig an der Absperrung der Polizei vorbeizuschlüpfen...

O-Ton

Die wenigen Meter, die noch zur Lorenzkirche und zum Ort der rechten Abschlusskundgebung zurückzulegen sind ist die Polizei schwer beschäftigt die rechtsradikalen Marschierer von den Gegendemonstranten abzuschirmen. Der Platz hinter der Lorenzkirche ist derartig weiträumig abgeschirmt, dass auch die gellenden Pfiffe von mittlerweile ca 7000 GegendemonstrantInnen die Laustsprecheranlage der NPD wohl nicht zu übertönen vermag, freilich auch kein Passant zu hören bekommt, was die Rechtsradikalen zur Lage der Nation zu sagen haben.


O-Ton


Insgesamt 7000 Menschen hatten mehr als 4 Stunden in Nürnberg nicht nur gegen Rechtsextremismus, sonden auch für eine gerechtere Welt demonstriert.