Schlaganfälle und Schlaganfalltheraphie - grundlegende Informationen, aktuelle Forschung und neue Therapieansätze
ID 99290
Jedes Jahr gibt es in Deutschland 270.000 Schlaganfall-Neuerkrankungen. Wir haben uns des Themas angenommen und mit Betroffenen, Selbsthilfegruppen und Forschern gesprochen.
Audio
08:29 min, 12 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 11.01.2020 / 18:24
08:29 min, 12 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 11.01.2020 / 18:24
Dateizugriffe: 3730
Klassifizierung
Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Arbeitswelt, Wirtschaft/Soziales, Andere
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Atmo: Blaulicht
Sprecher 1: Jedes Jahr gibt es 270.000 Schlaganfall-Neuerkrankungen in Deutschland. Alle zwei Minuten trifft einen Mensch in Deutschland der Schlag.
Aber nicht alle bemerken es sofort. Dabei gibt es eine Vielzahl an Symptomen, die auf einen Schlaganfall hindeuten. Am häufigsten treten Bewusstseins- und Orientierungsstörungen auf. Aber auch Taubheitsgefühle, Lähmungen im Gesicht und Schwindelgefühle sind häufig Zeichen eines Schlaganfalls.
Treten sie auf, ist es wichtig, schnell zu reagieren und den Betroffenen zur weiteren Untersuchung in ein Krankenhaus zu bringen. Je schneller, desto besser. Nach Ansicht von Medizinern beträgt die Zeitspanne, in der die Erstversorgung stattfinden muss, maximal viereinhalb Stunden.
Viele Menschen aber warten zu lange. Sie glauben, dass die Symptome andere Gründe haben und von allein wieder verschwinden. Oder sie schämen sich, den Notruf zu wählen. Ein gefährlicher Irrtum, der jedes Jahr tausenden Menschen das Leben kostet. Allerdings ist nicht nur das schnelle Erkennen eines Schlaganfalls wichtig, sondern auch, dass der Patient akzeptiert, dass ihn dieses Schicksal ereilt hat.
Auch der 65-jährige Alfred Fleischmann, der 2012 einen Schlaganfall erlitt und heute Leiter einer Leipziger Selbsthilfegruppe ist, wollte es anfangs nicht wahrhaben, dass er einen Schlaganfall hatte.
O-Ton Fleischmann: (
Nach einem Schlaganfall ist es wichtig, frühzeitig mit Reha-Maßnahmen zu beginnen. Physiotherapeuten helfen, die Gehfähigkeit wieder zu erlangen. Und gemeinsam mit Ergotherapeuten lernen die Patienten, die Sensibilität und Bewegung ihrer Hände, Arme und Beine so weit als möglich wieder herzustellen.
Eine Schlaganfall-Therapie ist jedoch ein langer Weg, die den Patienten über viele Jahre und oft sogar für den Rest ihres Leben begleitet. Besonders am Anfang fällt es vielen schwer, sich damit abzufinden. Zudem gibt es auch organisatorische Schwierigkeiten.
Dagmar Grundmann, die 1994 im Alter von gerade einmal 48 Jahren einen Schlaganfall erlitt und ab 1997 die Leipziger Selbsthilfegruppe aufbaute, erklärt, warum es vielen Betroffenen am Anfang so schwer fällt:
O-Ton Grundmann: (0:26)
An dieser Stelle setzen die Selbsthilfegruppen an. Hier treffen die Schlaganfallpatienten auf Gleichgesinnte, geben sich Rat und ermutigen einander. Das alte Klischee-Bild von Selbsthilfegruppen, bei denen behinderten Menschen in einem Stuhlkreis sitzen und sich gegenseitig ihr Leid klagen, hat mit der Realität schon lange nichts mehr gemein. Reha-Sport, Kreativkurse und die Teilnahme an wissenschaftlichen Studien sind nur einige der Möglichkeiten, die eine solche Selbsthilfegruppe den Betroffenen bietet.
Aber auch die Medizin hat sich gewandelt. Forscher versuchen, die Vorgänge im Gehirn bei Schlaganfallpatienten zu verstehen, um dadurch bessere Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.
Einen ganz neuen Ansatz verfolgt das Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen. Zusammen mit dem Tübinger Uniklinikum wurde hier 2018 eine Ambulanz für Transkranielle Magnetstimulation (TMS) eingerichtet. Die Transkranielle Magnetstimulation selbst ist eine Methode, die schon seit über 30 Jahren in der Hirnforschung angewandt wird. Dabei wird das Gehirn des Patienten mit Hilfe einer großen Magnetspule gereizt, die am Kopf angebracht wird. Sie sendet elektrische Reize und stimuliert so die Nervenzellen. Ziel ist es, dass sich das vom Schlaganfall betroffene Gehirn erholt und der Patient seine Fähigkeiten so weit als möglich wiedererlangt.
Allerdings hatte diese Methode bisher einen Nachteil: Zum Zeitpunkt der Reizung war der aktuelle Zustand des Gehirns unbekannt. Genau hier setzt nun die Neuerung der Tübinger Forscher an. Was genau passiert, erklärt Professor Ulf Ziemann, ärztlicher Direktor der Neurologie am Uniklinikum Tübingen.
O-Ton Ziemann (1:01)
Neben der Trankskraniellen Magnetstimulation setzt man in Tübingen aber auch auf die Virtuelle Realität. Im Mai wurde dazu ein neues Forschungsprojekt gestartet. Besonders Schlaganfallpatienten mit Lähmungen der Arme und Beine sollen davon profitieren. Dazu noch einmal Prof. Ziemann.
O-Ton Ziemann (0:53)
Momentan ist diese Technik noch in der Erprobung. In vier bis fünf Jahren soll die Virtuelle Brille dann marktreif sein. Bis dahin wird sich auch zeigen, ob die Transkranielle Magnetstimulation die hohen Erwartungen, die die Forscher in sie setzen, erfüllen kann. Prof. Ziemann hofft, dass die Krankenkassen die Behandlungskosten dann auch übernehmen. Bisher muss der Patient die Kosten für die Behandlung nämlich noch selber tragen.
Eines aber ist sicher: Auch die modernste Technik ersetzt nicht die traditionellen Rehamaßnahmen wie Physio- und Ergotherapie. Die Technik kann sie aber unterstützen und helfen, die Versorgungslücke zwischen stationärer Akutbehandlung, Rehabilitation und häuslicher Therapie zu schließen. Denn eines ist sicher: Schlaganfalltherapie ist eine Aufgabe fürs ganze Leben:
O-Ton Grundmann:
Eigener Text - Ende...
O-Ton Alfred:
Sprecher 1: Jedes Jahr gibt es 270.000 Schlaganfall-Neuerkrankungen in Deutschland. Alle zwei Minuten trifft einen Mensch in Deutschland der Schlag.
Aber nicht alle bemerken es sofort. Dabei gibt es eine Vielzahl an Symptomen, die auf einen Schlaganfall hindeuten. Am häufigsten treten Bewusstseins- und Orientierungsstörungen auf. Aber auch Taubheitsgefühle, Lähmungen im Gesicht und Schwindelgefühle sind häufig Zeichen eines Schlaganfalls.
Treten sie auf, ist es wichtig, schnell zu reagieren und den Betroffenen zur weiteren Untersuchung in ein Krankenhaus zu bringen. Je schneller, desto besser. Nach Ansicht von Medizinern beträgt die Zeitspanne, in der die Erstversorgung stattfinden muss, maximal viereinhalb Stunden.
Viele Menschen aber warten zu lange. Sie glauben, dass die Symptome andere Gründe haben und von allein wieder verschwinden. Oder sie schämen sich, den Notruf zu wählen. Ein gefährlicher Irrtum, der jedes Jahr tausenden Menschen das Leben kostet. Allerdings ist nicht nur das schnelle Erkennen eines Schlaganfalls wichtig, sondern auch, dass der Patient akzeptiert, dass ihn dieses Schicksal ereilt hat.
Auch der 65-jährige Alfred Fleischmann, der 2012 einen Schlaganfall erlitt und heute Leiter einer Leipziger Selbsthilfegruppe ist, wollte es anfangs nicht wahrhaben, dass er einen Schlaganfall hatte.
O-Ton Fleischmann: (
Nach einem Schlaganfall ist es wichtig, frühzeitig mit Reha-Maßnahmen zu beginnen. Physiotherapeuten helfen, die Gehfähigkeit wieder zu erlangen. Und gemeinsam mit Ergotherapeuten lernen die Patienten, die Sensibilität und Bewegung ihrer Hände, Arme und Beine so weit als möglich wieder herzustellen.
Eine Schlaganfall-Therapie ist jedoch ein langer Weg, die den Patienten über viele Jahre und oft sogar für den Rest ihres Leben begleitet. Besonders am Anfang fällt es vielen schwer, sich damit abzufinden. Zudem gibt es auch organisatorische Schwierigkeiten.
Dagmar Grundmann, die 1994 im Alter von gerade einmal 48 Jahren einen Schlaganfall erlitt und ab 1997 die Leipziger Selbsthilfegruppe aufbaute, erklärt, warum es vielen Betroffenen am Anfang so schwer fällt:
O-Ton Grundmann: (0:26)
An dieser Stelle setzen die Selbsthilfegruppen an. Hier treffen die Schlaganfallpatienten auf Gleichgesinnte, geben sich Rat und ermutigen einander. Das alte Klischee-Bild von Selbsthilfegruppen, bei denen behinderten Menschen in einem Stuhlkreis sitzen und sich gegenseitig ihr Leid klagen, hat mit der Realität schon lange nichts mehr gemein. Reha-Sport, Kreativkurse und die Teilnahme an wissenschaftlichen Studien sind nur einige der Möglichkeiten, die eine solche Selbsthilfegruppe den Betroffenen bietet.
Aber auch die Medizin hat sich gewandelt. Forscher versuchen, die Vorgänge im Gehirn bei Schlaganfallpatienten zu verstehen, um dadurch bessere Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.
Einen ganz neuen Ansatz verfolgt das Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen. Zusammen mit dem Tübinger Uniklinikum wurde hier 2018 eine Ambulanz für Transkranielle Magnetstimulation (TMS) eingerichtet. Die Transkranielle Magnetstimulation selbst ist eine Methode, die schon seit über 30 Jahren in der Hirnforschung angewandt wird. Dabei wird das Gehirn des Patienten mit Hilfe einer großen Magnetspule gereizt, die am Kopf angebracht wird. Sie sendet elektrische Reize und stimuliert so die Nervenzellen. Ziel ist es, dass sich das vom Schlaganfall betroffene Gehirn erholt und der Patient seine Fähigkeiten so weit als möglich wiedererlangt.
Allerdings hatte diese Methode bisher einen Nachteil: Zum Zeitpunkt der Reizung war der aktuelle Zustand des Gehirns unbekannt. Genau hier setzt nun die Neuerung der Tübinger Forscher an. Was genau passiert, erklärt Professor Ulf Ziemann, ärztlicher Direktor der Neurologie am Uniklinikum Tübingen.
O-Ton Ziemann (1:01)
Neben der Trankskraniellen Magnetstimulation setzt man in Tübingen aber auch auf die Virtuelle Realität. Im Mai wurde dazu ein neues Forschungsprojekt gestartet. Besonders Schlaganfallpatienten mit Lähmungen der Arme und Beine sollen davon profitieren. Dazu noch einmal Prof. Ziemann.
O-Ton Ziemann (0:53)
Momentan ist diese Technik noch in der Erprobung. In vier bis fünf Jahren soll die Virtuelle Brille dann marktreif sein. Bis dahin wird sich auch zeigen, ob die Transkranielle Magnetstimulation die hohen Erwartungen, die die Forscher in sie setzen, erfüllen kann. Prof. Ziemann hofft, dass die Krankenkassen die Behandlungskosten dann auch übernehmen. Bisher muss der Patient die Kosten für die Behandlung nämlich noch selber tragen.
Eines aber ist sicher: Auch die modernste Technik ersetzt nicht die traditionellen Rehamaßnahmen wie Physio- und Ergotherapie. Die Technik kann sie aber unterstützen und helfen, die Versorgungslücke zwischen stationärer Akutbehandlung, Rehabilitation und häuslicher Therapie zu schließen. Denn eines ist sicher: Schlaganfalltherapie ist eine Aufgabe fürs ganze Leben:
O-Ton Grundmann:
Eigener Text - Ende...
O-Ton Alfred:
Kommentare
|
|
13.01.2020 / 11:50 | Pia, Radio Dreyeckland, Freiburg |
gespielt am 13. Januar im Morgenradio
|
|
Danke! | |