Prävention statt Konfrontation - wie sich Konflikte entschärfen und Kriege verhindern lassen
ID 77028
Wenn es um die Frage geht, wie Frieden geschaffen bzw. gesichert werden kann, dann wird von einem Thema erstaunlich wenig gesprochen: Von der Prävention, also der Vorbeugung, mit deren Hilfe man Konflikte entschärfen und so Kriege vermeiden kann. In der Sendung geht es darum, wie Prävention konkret aussieht und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sie funktioniert. Zu hören sind Ausschnitte aus einem Expertenhearing, das im Februar im Rahmen der internationalen Münchner Friedenskonferenz stattgefunden hat.
Audio
43:01 min, 30 MB, mp3
mp3, 96 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 09.05.2016 / 15:44
43:01 min, 30 MB, mp3
mp3, 96 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 09.05.2016 / 15:44
Dateizugriffe: 6
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Wie kann Frieden geschaffen bzw. wie kann er gesichert werden? Wenn es um diese Frage geht, dann wird von einem Thema erstaunlich wenig gesprochen, obwohl es für eine echte Friedenspolitik doch immens wichtig ist. Die Rede ist von der Prävention, also der Vorbeugung, mit deren Hilfe man Konflikte entschärfen und so Kriege vermeiden kann. Deshalb beschäftigen wir uns in dieser Sendung damit, wie Prävention konkret aussieht und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sie funktioniert.
Unser Thema heute: „Prävention statt Konfrontation - wie sich Konflikte entschärfen und Kriege verhindern lassen.
Am Mikrofon ist HW.
Krieg ist kein Mittel, um Konflikte zu lösen oder Menschenrechte zu schützen. Das haben die Militärinterventionen des Westens bzw. der USA und ihrer Verbündeten in den letzten Jahrzehnte bewiesen. So lautet, kurz zusammengefasst, die Ausgangsthese eines Manifests, das im Februar auf einer Veranstaltung im Rahmen der Internationalen Münchner Friedenskonferenz vorgestellt wurde. Das Manifest ist in Zusammenarbeit verschiedener Gruppen entstanden, die in der Friedens- und Menschenrechtsarbeit aktiv sind. In dem Manifest geht es darum, welche Bedeutung die Prävention für eine wirkliche Friedenspolitik hat. Die Aussagen des Manifests wurden bei der erwähnten Veranstaltung von verschiedenen Expertinnen und Experten eingeordnet und kommentiert. Einer der eingeladenen Experten war Oliver Knabe. So wurde er dem Publikum vorgestellt:
Zuspielung Knabe-Vorstellung
Der Zivile Friedensdienst ZFD, dessen Geschäfte Oliver Knabe führt, wurde unter der ersten rot-grünen Bundesregierung als eine Art Gemeinschaftswerk von Staat und Zivilgesellschaft gegründet. Ihm gehören verschiedene Friedens- und Entwicklungsorganisationen an, ihre gemeinsame Arbeit wird vom Staat finanziell gefördert. Der ZFD hat nicht nur den Slogan „Frieden braucht Fachleute“, er setzt ihn auch um. Das heißt: Er entsendet weltweit Fachkräfte, die dabei helfen, Gewalt ohne militärische Mittel einzudämmen und Konflikte friedlich zu regeln. Oliver Knabe nennt ein Beispiel aus der Praxis:
Zuspielung Knabe-Libanon
Der Libanon ist ein sehr instabiles Land, gekennzeichnet von politischer Lähmung und von Rivalitäten zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Rivalitäten, die sich mehrmals in Bürgerkriegen entluden. Diese Kriege sind noch nicht aufgearbeitet, berichtet Oliver Knabe:
Zuspielung Knabe-Libanon-2
Das Beispiel Libanon zeigt: zivile Instrumente zur Bewältigung von Konflikten sind durchaus vorhanden. Es käme nur darauf an, sie auch wirklich zu nutzen. Dazu gibt es aber von Seiten der Politik wenig Bereitschaft – obwohl der Zivile Friedensdienst eine Menge erreicht hat:
Zuspielung Knabe-Nachfragemangel
Weitgehend unbekannt ist zum Beispiel auch, dass bisher über 1000 Friedensfachkräfte für Einsätze in Krisenregionen ausgebildet worden sind. Diese Einsätze erstrecken sich weltweit auf 40 Länder. Zivile Konfliktbearbeitung ist also ein erprobtes Instrument. Bei denen, die in der deutschen Politik das Sagen haben, ist das aber bisher nicht angekommen, sagt Oliver Knabe vom zivilen Friedensdienst:
Zuspielung Knabe-Friedenspolitik
Wenn man die Forderung, die Oliver Knabe da gerade formuliert hat, ernst nimmt, führt das zu verschiedenen Konsequenzen: Es geht nicht nur um eine Überprüfung ob z.B. die etablierte Wirtschaftspolitik bestehende Konflikte verschärft. Es geht auch darum, diese Konflikte nicht nach dem bekannten militärischen Muster zu behandeln sondern auf die präventive, zivile Konfliktbearbeitung umzusteigen. Der Schatz von Erfahrungen, den die Friedensfachkräfte angehäuft haben, muss genutzt werden, verlangt Oliver Knabe. Auch weil auf diese Weise die Konflikte zu Hause, in Deutschland entschärft werden können.
Zuspielung Knabe-Weiterentwicklung
Oliver Knabe vom zivilen Friedensdienst hat vorhin schon darauf hingewiesen: Auch die etablierte Wirtschaftspolitik muss daraufhin überprüft werden, ob sie bestehende Konflikte verschärft und Kriege fördert. Auf der Welt gibt es inzwischen viele Staaten, die der „strukturellen Gewalt einer globalisierten Ökonomie“ ausgesetzt sind – so eine Formulierung im Manifest zur Bedeutung der Prävention. Strukturelle Gewalt einer globalisierten Ökonomie - damit ist gemeint, dass sich wenig entwickelte Länder an den Interessen der transnationalen Konzerne und des reichen Nordens auszurichten haben und oft nur als Lieferanten billiger Rohstoffe dienen. In den betroffenen Staaten verfestigt das die Armut, was wiederum oft zu inneren Konflikten führt. Referent zu diesem Thema beim Expertenhearing im Rahmen der Münchner Friedenskonferenz war Mohssen Massarrat.
Zuspielung Vorstellung Massarrat
Mohssen Massarrat wies in seinem Statement auf die vielfältigen Benachteiligungen hin, denen die Länder des Südens ausgesetzt sind. Zu diesen Benachteiligungen gehört etwa die Verzerrung der internationalen Konkurrenzverhältnisse durch wirtschaftspolitische Massnahmen der westlichen Länder. Massarrat nannte ein bekanntes Beispiel: Das der Agrar-Subventionen, mit denen der deutsche Staat die Bauern unterstützt.
Zuspielung Massarrat-Subventionen
Das Problem der Subventionierung von Exporten wird auch im Manifest zur Bedeutung der Prävention benannt. Dort heißt es, die Subventionierung zerstöre die Existenzgrundlage der Landwirtschaft in Afrika und anderen Ländern des Südens. Deshalb wird im Manifest eine Außenwirtschaftspolitik für mehr Gerechtigkeit in den Wirtschaftsbeziehungen gefordert. Eine solche Politik müsse auf die Entwicklung eigenständiger und nachhaltiger Wirtschafts-Strukturen in den Ländern des Südens abzielen. Genau das aber - eine eigenständige Entwicklung - wird bisher verhindert, sagt Mohssen Massarrat:
Zuspielung Massarrat-Armut
Mohssen Massarrat regte auch an, Aussagen zu einem anderen kritischen Punkt ins Manifest aufzunehmen: Zum geplanten Freihandels-Abkommen TTIP, das zwischen den Vereinigten Staaten und der EU geschlossen werden soll. Massarrat sieht in TTIP kein Freihandelsabkommen, sondern ein Abkommen zum Schutz der Interessen von Investoren. Und diese Investoren könnten ihre Interessen dann mit Hilfe von Klagen auch durchsetzen. Massarrat weist darüber hinaus noch auf einen anderen Aspekt von TTIP hin:
Zuspielung Massarrat-TTIP-Militär
Die Konkurrenz in Schach halten durch eine Kombination von wirtschaftlicher Stärke und Militär – mit dieser Politik begibt man sich auf eine gefährliche Bahn. Denn wenn diese Politik fortgesetzt wird, verschärft das die ohnehin schon herrschenden Spannungen zwischen den Machtblöcken auf der Welt. Die Kriegsgefahr wächst. Das sieht auch Mohssen Massarrat so. Nach seiner Meinung sind vor allem die geplanten so genannten Freihandelsabkommen ein großes Problem:
Zuspielung Massarrat-Abkommen verhindern
„Konflikte können frühzeitig erkannt und bearbeitet werden“ heißt es im Manifest zur Prävention. Ein schlichter Satz, der fast schon eine Binsenweisheit ist. Dennoch wird er von der großen Mehrheit der politisch Verantwortlichen negiert. Sie setzen oft genug auf Gewalt. Doch mit Gewalt lassen sich Konflikte nicht lösen, jedenfalls nicht so, dass wirklicher Frieden einkehrt. Im Manifest heißt es denn auch, Zitat:
„Sicherheit und Frieden gibt es nur, wenn Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung für alle gewährleistet sind. Die Antwort auf die Spirale der Gewalt kann nur die Rückgewinnung der Vision der Entmilitarisierung der Politik und der allgemeinen und vollständigen Abrüstung sein.“ Zitat Ende.
Bis zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung ist der Weg noch weit. Aber wir müssen beginnen, ihn zu gehen. Und wir müssen den Umgang mit Konflikten verändern – nach dem Motto „Prävention statt Konfrontation“. Ein Motto, das auch Heidi Meinzolt vertritt, die als Expertin beim Hearing im Rahmen der Münchner Friedenskonferenz eingeladen war.
Zuspielung Meinzolt- Vorstellung
Heidi Meinzolt befasste sich in ihrem Statement unter anderem mit einigen grundsätzlichen Fragen. Zum Beispiel mit der Frage, ob die Beschäftigung mit dem Thema Prävention in der heutigen Zeit nicht eine Art Luxus ist. Ob es nicht eher darauf ankommt, die mannigfachen Krisen und Kriege zu bewältigen, die es auf der Welt gibt.
Zuspielung Meinzolt-Prävention
Der Gedanke der Prävention wird von politisch Verantwortlichen gerne immer mal wieder aufgenommen – in Sonntagsreden. Geht es aber darum, sich aufbauende Konflikte frühzeitig zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern, passiert nichts oder es passiert zu spät. Wenn die Lage dann gefährlich eskaliert, wird das Militär mobilisiert. Und schnell heißt es, der Militär-Einsatz sei leider alternativlos gewesen.
Heidi Meinzolt wendet sich mit deutlichen Worten gegen solche Behauptungen:
Zuspielung Meinzolt-Frühwarnung
Das Beispiel der bosnischen Frauen, die vor einer neuen Eskalation in ihrer Heimat warnen, zeigt: Frauen können eine wichtige Rolle übernehmen, wenn es darum geht, mit Konflikten konstruktiv umzugehen. Demzufolge wird auch im Manifest zur Prävention verlangt, Frauen auf jeden Fall in die zivile Konfliktbearbeitung einzubeziehen. Denn sie könnten hier ihre besonderen Fähigkeiten einsetzen, etwa bei der De-Eskalation von Konflikten, in der Diplomatie und bei Verhandlungen.
Vor allem, so eine Forderung im Manifest, müssten Frauen gleichberechtigt mandatiert werden für Friedensverhandlungen. Auch Heidi Meinzolt setzt sich dafür ein, Frauen-Friedensbewegungen eine tragende Rolle zu geben. Für Meinzolt kommt es vor allem auf zwei Dinge an:
Zuspielung Meinzolt-Frauenrolle
„Prävention statt Konfrontation - wie sich Konflikte entschärfen und Kriege verhindern lassen.“ so heißt heute unser Thema. Wir senden Ausschnitte aus einem Expertenhearing, das im Februar im Rahmen der internationalen Münchner Friedenskonferenz stattgefunden hat.
Im Artikel 26 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland heißt es: „Die Vorbereitung eines Angriffskrieges ist verboten“. In diesem Satz konzentriert sich, was Juristen als Friedensauftrag des Grundgesetzes bezeichnen. Im Text des Manifests zur Prävention wird darauf nicht explizit Bezug genommen auf. Aber der Geist dieses Friedensauftrages durchzieht quasi den ganzen Text. Deshalb hatten die Organisatoren des Expertenhearings auch einen renommierten Juristen zur Veranstaltung eingeladen: Klaus Hahnzog.
Zuspielung Hahnzog-Vorstellung
Klaus Hahnzog wird in diesem Jahr 80 Jahre alt. Er gehört zu einer Generation, die die Schrecken des zweiten Weltkrieges noch direkt erlebt hat. Und diese Schrecken haben Hahnzog geprägt – sie waren ein wesentlicher Grund, warum er sich nach dem Krieg als Jurist immer besonders mit Fragen der Grundrechte auseinandergesetzt hat.
Zuspielung Hahnzog-Kriegserlebnisse
In den sechziger Jahren war Klaus Hahnzog wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Und wie gehört, ist er auch heute noch auf höchstrichterlicher Ebene tätig – als Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes. Er ist also prädestiniert, in Fragen des Verfassungsrechts Auskunft zu geben. Und als Politiker, der sich mit Sicherheits-Fragen intensiv beschäftigt hat, vertritt er beim Thema Prävention eine klare Position: Er plädiert dafür, ihr mehr Chancen zu geben.
Zuspielung Hahnzog- GG-Artikel
Hahnzog betont: Es ist allgemeine Meinung, dass die von ihm zitierte Formulierung im Grundgesetz nicht nur ein schöner Spruch sein soll. Sondern diese Formulierung bedeutet, dass sich alles Handeln in der Politik und in der Gesellschaft am Friedensauftrag des Grundgesetzes zu orientieren hat. Aber der Auftrag zum Handeln im Sinne des Friedens läßt sich nicht nur aus der Präambel der Verfassung ablesen.
Zuspielung Hahnzog- GG-Artikel 2
Die Grundrechte gelten auch im Bereich des Militärs, sagt Hahnzog. Das stimmt. Allerdings – so bliebe hinzuzufügen - gelten sie nicht uneingeschränkt. Denn jeder Soldat der Bundeswehr muss im Ernstfall kämpfen – und dabei Leben und körperliche Unversehrtheit riskieren. Und wenn er kämpft, dann bedroht er damit auch Leben und Gesundheit seiner Gegner.
Die Verfassung erlaubt das – seit in den fünfziger Jahren ein Artikel ins Grundgesetz aufgenommen wurde, nach dem der Bund zur Verteidigung der Republik bewaffnete Streitkräfte aufstellen kann. Wobei die Betonung immer auf dem Wort „Verteidigung“ lag. Seit die Bundeswehr sich zu einer Armee im Auslandseinsatz entwickelt hat, kann von „Verteidigung“ allerdings nicht mehr die Rede sein. Klaus Hahnzog beharrt demgegenüber darauf, dass die Bundeswehr nur ihrem ursprünglichen Auftrag gemäß eingesetzt werden darf.
Zuspielung Hahnzog-Defensivcharakter
Wenn die tonangebenden Politikerinnen und Politiker in Deutschland die Verfassung ernst nehmen würden, dann dürften Auslandseinsätze der Bundeswehr kein Thema sein. Mit dem Geist des Grundgesetzes sind sie jedenfalls nicht vereinbar. Vielmehr muss das Friedensgebot der Verfassung die Leitlinie politischen Handelns sein. Wie aber lässt sich Friedenspolitik konkret umsetzen, welche Foren und Institutionen braucht man dazu? Hier weist das Manifest zur Prävention zwei Institutionen eine wichtige Rolle zu: den Vereinten Nationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, kurz OSZE. Beide, heißt es im Text, seien „grundlegende Foren für zivile Konfliktbearbeitung zwischen den Staaten und sollten als solche umfassend akzeptiert und genutzt werden.“ Weitere Erläuterungen beim Expertenhearing gab es dazu von Thomas Rödl.
Zuspielung Rödl-Vorstellung
Thomas Rödl befasste sich in seinem Beitrag vor allem mit der Frage: wie könnten die internationalen Institutionen, also die Vereinten Nationen und die OSZE, gestärkt werden? Wie könnten sie in die Lage versetzt werden, ihrer Rolle als Vermittler in Konflikten besser gerecht zu werden? Thomas Rödl kam bei der Beantwortung dieser Frage zunächst noch einmal auf das Grundgesetz zu sprechen:
Zuspielung Rödl-UN-Gericht
Wie kann die UNO sonst noch gestärkt werden? Thomas Rödl kommt bei dieser Frage auf einen besonders schwierigen Punkt zu sprechen: Die ungleiche Gewichtsverteilung der UNO. Es gibt die Staaten, die ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat sind. Sie bestimmen z.B. ganz wesentlich, ob und wie die Vereinten Nationen zur Beilegung eines Konflikts aktiv werden oder nicht. Und es gibt die Staaten, die sozusagen „einfache“ UN-Mitglieder sind. Sie haben nur sehr begrenzte Einflußmöglichkeiten. Obwohl die UN-Charta, quasi das Grundgesetz der Vereinten Nationen, etwas anderes vorsieht:
Zuspielung Rödl-Atomwaffen
Auf die Tagesordnung müsste noch eine andere Forderung. Sie taucht auch im Manifest zur Prävention auf, das Thomas Rödl wesentlich mit formuliert hat. Stichwort: Abschaffung aller Atomwaffen. Im Manifest wird verlangt, dass die Kernwaffenbesitzer ihre vertragliche Verpflichtung zur Abrüstung umsetzen und dass sie ein Moratorium bei der Modernisierung der Atomwaffen vereinbaren. Und es wird gefordert: in der NATO, in der EU und in der UNO muss über den Weg hin zu einer atomwaffenfreien Welt gesprochen werden.
Zuspielung Rödl-Atomwaffen-2
Auch ein umfassendes Konzept zur Krisenprävention kann unter Umständen nicht verhindern, dass ein Konflikt eskaliert, dass Gewaltanwendung droht. Für solche Situationen, in denen politische und zivile Mittel zur Entschärfung eines Konflikts versagt haben, hat das Manifest zur Prävention einen Vorschlag: Wenn Völkermord oder gravierende Verbrechen drohen oder stattfinden, soll eine neutrale, am Völkerrecht und an Polizeiaufgaben orientierte Truppe eingreifen. Diese Truppe unter dem Kommando der UNO soll zum Schutz der betroffenen Menschen eingesetzt werden. Im Manifest wird dazu die Ausarbeitung eines entsprechenden Konzepts angeregt. Verfechter eines solchen Konzepts ist Andreas Zumach.
Zuspielung Zumach-Vorstellung
Andreas Zumach macht zu Beginn seines Statements deutlich, dass ihm Prävention sehr wichtig ist. Er stellt fest, dass sie in vielen Konfliktfällen leider gar nicht oder nur sehr unzureichend versucht worden ist. Aber, so sagt er, es müsse eben auch ein Konzept geben für die Situationen, in denen Prävention mit zivilen Mitteln gescheitert ist. Für Situationen wie im Frühjahr 1994 in Ruanda, als sich abzeichnete, dass dort ein Völkermord stattfinden würde. Die Frage ist, sagt Zumach: Muss es nicht ein Mittel geben, solchen Völkermord zu verhindern?
Zuspielung Zumach-Polizeitruppe
Es geht nicht nur darum, dass die Truppe unter UN-Kommando stehen soll. Im Manifest zur Prävention heißt es, auch durch die Zusammensetzung der Truppe und die Art der Bewaffnung müsse ausgeschlossen werden, „dass nationale Verbände für nationale oder imperiale Ziele sowie für Kriegshandlungen eingesetzt werden.“ Und Andreas Zumach ergänzt:
Zuspielung Zumach-Handlungsfähigkeit
Andreas Zumach weiß, dass eine internationale Eingreiftruppe wie er sie fordert, in der Friedensbewegung sehr umstritten ist. Es gibt viele durchaus bedenkenswerte Einwände. Etwa, dass mit der Truppe ein Machtinstrument entstehen könnte, das doch nur den Interessen einzelner Staaten oder Staatengruppen dienen könnte. Dann ist da noch das von Zumach schon angeschnitten Problem, dass die Grenzen zwischen einer Polizeitruppe und einer Armee schwer zu ziehen sind. Und schließlich stellt sich die Frage: Gibt es überhaupt die Bereitschaft zur Bildung einer internationalen militärischen Ordnungsmacht? Bei den fünf Vetomächten im UN- Sicherheitsrat, so ist zu vermuten, besteht diese Bereitschaft nicht. Das sieht auch Andreas Zumach so:
Zuspielung Zumach-Einsatzbeschluss
Soweit der Journalist Andreas Zumach. Soweit auch unsere Sendung zum Thema „Prävention statt Konfrontation - wie sich Konflikte entschärfen und Kriege verhindern lassen“. Wir berichteten über ein Expertenhearing im Rahmen der internationalen Münchner Friedenskonferenz, die im Februrar stattgefunden hat.
Wer sich für das in der Sendung erwähnte Manifest interessiert, kann es im Internet nachlesen. Der Text ist zu finden unter www.friedenskonferenz.info. Noch einmal die Adresse …..
Unser Thema heute: „Prävention statt Konfrontation - wie sich Konflikte entschärfen und Kriege verhindern lassen.
Am Mikrofon ist HW.
Krieg ist kein Mittel, um Konflikte zu lösen oder Menschenrechte zu schützen. Das haben die Militärinterventionen des Westens bzw. der USA und ihrer Verbündeten in den letzten Jahrzehnte bewiesen. So lautet, kurz zusammengefasst, die Ausgangsthese eines Manifests, das im Februar auf einer Veranstaltung im Rahmen der Internationalen Münchner Friedenskonferenz vorgestellt wurde. Das Manifest ist in Zusammenarbeit verschiedener Gruppen entstanden, die in der Friedens- und Menschenrechtsarbeit aktiv sind. In dem Manifest geht es darum, welche Bedeutung die Prävention für eine wirkliche Friedenspolitik hat. Die Aussagen des Manifests wurden bei der erwähnten Veranstaltung von verschiedenen Expertinnen und Experten eingeordnet und kommentiert. Einer der eingeladenen Experten war Oliver Knabe. So wurde er dem Publikum vorgestellt:
Zuspielung Knabe-Vorstellung
Der Zivile Friedensdienst ZFD, dessen Geschäfte Oliver Knabe führt, wurde unter der ersten rot-grünen Bundesregierung als eine Art Gemeinschaftswerk von Staat und Zivilgesellschaft gegründet. Ihm gehören verschiedene Friedens- und Entwicklungsorganisationen an, ihre gemeinsame Arbeit wird vom Staat finanziell gefördert. Der ZFD hat nicht nur den Slogan „Frieden braucht Fachleute“, er setzt ihn auch um. Das heißt: Er entsendet weltweit Fachkräfte, die dabei helfen, Gewalt ohne militärische Mittel einzudämmen und Konflikte friedlich zu regeln. Oliver Knabe nennt ein Beispiel aus der Praxis:
Zuspielung Knabe-Libanon
Der Libanon ist ein sehr instabiles Land, gekennzeichnet von politischer Lähmung und von Rivalitäten zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Rivalitäten, die sich mehrmals in Bürgerkriegen entluden. Diese Kriege sind noch nicht aufgearbeitet, berichtet Oliver Knabe:
Zuspielung Knabe-Libanon-2
Das Beispiel Libanon zeigt: zivile Instrumente zur Bewältigung von Konflikten sind durchaus vorhanden. Es käme nur darauf an, sie auch wirklich zu nutzen. Dazu gibt es aber von Seiten der Politik wenig Bereitschaft – obwohl der Zivile Friedensdienst eine Menge erreicht hat:
Zuspielung Knabe-Nachfragemangel
Weitgehend unbekannt ist zum Beispiel auch, dass bisher über 1000 Friedensfachkräfte für Einsätze in Krisenregionen ausgebildet worden sind. Diese Einsätze erstrecken sich weltweit auf 40 Länder. Zivile Konfliktbearbeitung ist also ein erprobtes Instrument. Bei denen, die in der deutschen Politik das Sagen haben, ist das aber bisher nicht angekommen, sagt Oliver Knabe vom zivilen Friedensdienst:
Zuspielung Knabe-Friedenspolitik
Wenn man die Forderung, die Oliver Knabe da gerade formuliert hat, ernst nimmt, führt das zu verschiedenen Konsequenzen: Es geht nicht nur um eine Überprüfung ob z.B. die etablierte Wirtschaftspolitik bestehende Konflikte verschärft. Es geht auch darum, diese Konflikte nicht nach dem bekannten militärischen Muster zu behandeln sondern auf die präventive, zivile Konfliktbearbeitung umzusteigen. Der Schatz von Erfahrungen, den die Friedensfachkräfte angehäuft haben, muss genutzt werden, verlangt Oliver Knabe. Auch weil auf diese Weise die Konflikte zu Hause, in Deutschland entschärft werden können.
Zuspielung Knabe-Weiterentwicklung
Oliver Knabe vom zivilen Friedensdienst hat vorhin schon darauf hingewiesen: Auch die etablierte Wirtschaftspolitik muss daraufhin überprüft werden, ob sie bestehende Konflikte verschärft und Kriege fördert. Auf der Welt gibt es inzwischen viele Staaten, die der „strukturellen Gewalt einer globalisierten Ökonomie“ ausgesetzt sind – so eine Formulierung im Manifest zur Bedeutung der Prävention. Strukturelle Gewalt einer globalisierten Ökonomie - damit ist gemeint, dass sich wenig entwickelte Länder an den Interessen der transnationalen Konzerne und des reichen Nordens auszurichten haben und oft nur als Lieferanten billiger Rohstoffe dienen. In den betroffenen Staaten verfestigt das die Armut, was wiederum oft zu inneren Konflikten führt. Referent zu diesem Thema beim Expertenhearing im Rahmen der Münchner Friedenskonferenz war Mohssen Massarrat.
Zuspielung Vorstellung Massarrat
Mohssen Massarrat wies in seinem Statement auf die vielfältigen Benachteiligungen hin, denen die Länder des Südens ausgesetzt sind. Zu diesen Benachteiligungen gehört etwa die Verzerrung der internationalen Konkurrenzverhältnisse durch wirtschaftspolitische Massnahmen der westlichen Länder. Massarrat nannte ein bekanntes Beispiel: Das der Agrar-Subventionen, mit denen der deutsche Staat die Bauern unterstützt.
Zuspielung Massarrat-Subventionen
Das Problem der Subventionierung von Exporten wird auch im Manifest zur Bedeutung der Prävention benannt. Dort heißt es, die Subventionierung zerstöre die Existenzgrundlage der Landwirtschaft in Afrika und anderen Ländern des Südens. Deshalb wird im Manifest eine Außenwirtschaftspolitik für mehr Gerechtigkeit in den Wirtschaftsbeziehungen gefordert. Eine solche Politik müsse auf die Entwicklung eigenständiger und nachhaltiger Wirtschafts-Strukturen in den Ländern des Südens abzielen. Genau das aber - eine eigenständige Entwicklung - wird bisher verhindert, sagt Mohssen Massarrat:
Zuspielung Massarrat-Armut
Mohssen Massarrat regte auch an, Aussagen zu einem anderen kritischen Punkt ins Manifest aufzunehmen: Zum geplanten Freihandels-Abkommen TTIP, das zwischen den Vereinigten Staaten und der EU geschlossen werden soll. Massarrat sieht in TTIP kein Freihandelsabkommen, sondern ein Abkommen zum Schutz der Interessen von Investoren. Und diese Investoren könnten ihre Interessen dann mit Hilfe von Klagen auch durchsetzen. Massarrat weist darüber hinaus noch auf einen anderen Aspekt von TTIP hin:
Zuspielung Massarrat-TTIP-Militär
Die Konkurrenz in Schach halten durch eine Kombination von wirtschaftlicher Stärke und Militär – mit dieser Politik begibt man sich auf eine gefährliche Bahn. Denn wenn diese Politik fortgesetzt wird, verschärft das die ohnehin schon herrschenden Spannungen zwischen den Machtblöcken auf der Welt. Die Kriegsgefahr wächst. Das sieht auch Mohssen Massarrat so. Nach seiner Meinung sind vor allem die geplanten so genannten Freihandelsabkommen ein großes Problem:
Zuspielung Massarrat-Abkommen verhindern
„Konflikte können frühzeitig erkannt und bearbeitet werden“ heißt es im Manifest zur Prävention. Ein schlichter Satz, der fast schon eine Binsenweisheit ist. Dennoch wird er von der großen Mehrheit der politisch Verantwortlichen negiert. Sie setzen oft genug auf Gewalt. Doch mit Gewalt lassen sich Konflikte nicht lösen, jedenfalls nicht so, dass wirklicher Frieden einkehrt. Im Manifest heißt es denn auch, Zitat:
„Sicherheit und Frieden gibt es nur, wenn Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung für alle gewährleistet sind. Die Antwort auf die Spirale der Gewalt kann nur die Rückgewinnung der Vision der Entmilitarisierung der Politik und der allgemeinen und vollständigen Abrüstung sein.“ Zitat Ende.
Bis zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung ist der Weg noch weit. Aber wir müssen beginnen, ihn zu gehen. Und wir müssen den Umgang mit Konflikten verändern – nach dem Motto „Prävention statt Konfrontation“. Ein Motto, das auch Heidi Meinzolt vertritt, die als Expertin beim Hearing im Rahmen der Münchner Friedenskonferenz eingeladen war.
Zuspielung Meinzolt- Vorstellung
Heidi Meinzolt befasste sich in ihrem Statement unter anderem mit einigen grundsätzlichen Fragen. Zum Beispiel mit der Frage, ob die Beschäftigung mit dem Thema Prävention in der heutigen Zeit nicht eine Art Luxus ist. Ob es nicht eher darauf ankommt, die mannigfachen Krisen und Kriege zu bewältigen, die es auf der Welt gibt.
Zuspielung Meinzolt-Prävention
Der Gedanke der Prävention wird von politisch Verantwortlichen gerne immer mal wieder aufgenommen – in Sonntagsreden. Geht es aber darum, sich aufbauende Konflikte frühzeitig zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern, passiert nichts oder es passiert zu spät. Wenn die Lage dann gefährlich eskaliert, wird das Militär mobilisiert. Und schnell heißt es, der Militär-Einsatz sei leider alternativlos gewesen.
Heidi Meinzolt wendet sich mit deutlichen Worten gegen solche Behauptungen:
Zuspielung Meinzolt-Frühwarnung
Das Beispiel der bosnischen Frauen, die vor einer neuen Eskalation in ihrer Heimat warnen, zeigt: Frauen können eine wichtige Rolle übernehmen, wenn es darum geht, mit Konflikten konstruktiv umzugehen. Demzufolge wird auch im Manifest zur Prävention verlangt, Frauen auf jeden Fall in die zivile Konfliktbearbeitung einzubeziehen. Denn sie könnten hier ihre besonderen Fähigkeiten einsetzen, etwa bei der De-Eskalation von Konflikten, in der Diplomatie und bei Verhandlungen.
Vor allem, so eine Forderung im Manifest, müssten Frauen gleichberechtigt mandatiert werden für Friedensverhandlungen. Auch Heidi Meinzolt setzt sich dafür ein, Frauen-Friedensbewegungen eine tragende Rolle zu geben. Für Meinzolt kommt es vor allem auf zwei Dinge an:
Zuspielung Meinzolt-Frauenrolle
„Prävention statt Konfrontation - wie sich Konflikte entschärfen und Kriege verhindern lassen.“ so heißt heute unser Thema. Wir senden Ausschnitte aus einem Expertenhearing, das im Februar im Rahmen der internationalen Münchner Friedenskonferenz stattgefunden hat.
Im Artikel 26 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland heißt es: „Die Vorbereitung eines Angriffskrieges ist verboten“. In diesem Satz konzentriert sich, was Juristen als Friedensauftrag des Grundgesetzes bezeichnen. Im Text des Manifests zur Prävention wird darauf nicht explizit Bezug genommen auf. Aber der Geist dieses Friedensauftrages durchzieht quasi den ganzen Text. Deshalb hatten die Organisatoren des Expertenhearings auch einen renommierten Juristen zur Veranstaltung eingeladen: Klaus Hahnzog.
Zuspielung Hahnzog-Vorstellung
Klaus Hahnzog wird in diesem Jahr 80 Jahre alt. Er gehört zu einer Generation, die die Schrecken des zweiten Weltkrieges noch direkt erlebt hat. Und diese Schrecken haben Hahnzog geprägt – sie waren ein wesentlicher Grund, warum er sich nach dem Krieg als Jurist immer besonders mit Fragen der Grundrechte auseinandergesetzt hat.
Zuspielung Hahnzog-Kriegserlebnisse
In den sechziger Jahren war Klaus Hahnzog wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Und wie gehört, ist er auch heute noch auf höchstrichterlicher Ebene tätig – als Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes. Er ist also prädestiniert, in Fragen des Verfassungsrechts Auskunft zu geben. Und als Politiker, der sich mit Sicherheits-Fragen intensiv beschäftigt hat, vertritt er beim Thema Prävention eine klare Position: Er plädiert dafür, ihr mehr Chancen zu geben.
Zuspielung Hahnzog- GG-Artikel
Hahnzog betont: Es ist allgemeine Meinung, dass die von ihm zitierte Formulierung im Grundgesetz nicht nur ein schöner Spruch sein soll. Sondern diese Formulierung bedeutet, dass sich alles Handeln in der Politik und in der Gesellschaft am Friedensauftrag des Grundgesetzes zu orientieren hat. Aber der Auftrag zum Handeln im Sinne des Friedens läßt sich nicht nur aus der Präambel der Verfassung ablesen.
Zuspielung Hahnzog- GG-Artikel 2
Die Grundrechte gelten auch im Bereich des Militärs, sagt Hahnzog. Das stimmt. Allerdings – so bliebe hinzuzufügen - gelten sie nicht uneingeschränkt. Denn jeder Soldat der Bundeswehr muss im Ernstfall kämpfen – und dabei Leben und körperliche Unversehrtheit riskieren. Und wenn er kämpft, dann bedroht er damit auch Leben und Gesundheit seiner Gegner.
Die Verfassung erlaubt das – seit in den fünfziger Jahren ein Artikel ins Grundgesetz aufgenommen wurde, nach dem der Bund zur Verteidigung der Republik bewaffnete Streitkräfte aufstellen kann. Wobei die Betonung immer auf dem Wort „Verteidigung“ lag. Seit die Bundeswehr sich zu einer Armee im Auslandseinsatz entwickelt hat, kann von „Verteidigung“ allerdings nicht mehr die Rede sein. Klaus Hahnzog beharrt demgegenüber darauf, dass die Bundeswehr nur ihrem ursprünglichen Auftrag gemäß eingesetzt werden darf.
Zuspielung Hahnzog-Defensivcharakter
Wenn die tonangebenden Politikerinnen und Politiker in Deutschland die Verfassung ernst nehmen würden, dann dürften Auslandseinsätze der Bundeswehr kein Thema sein. Mit dem Geist des Grundgesetzes sind sie jedenfalls nicht vereinbar. Vielmehr muss das Friedensgebot der Verfassung die Leitlinie politischen Handelns sein. Wie aber lässt sich Friedenspolitik konkret umsetzen, welche Foren und Institutionen braucht man dazu? Hier weist das Manifest zur Prävention zwei Institutionen eine wichtige Rolle zu: den Vereinten Nationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, kurz OSZE. Beide, heißt es im Text, seien „grundlegende Foren für zivile Konfliktbearbeitung zwischen den Staaten und sollten als solche umfassend akzeptiert und genutzt werden.“ Weitere Erläuterungen beim Expertenhearing gab es dazu von Thomas Rödl.
Zuspielung Rödl-Vorstellung
Thomas Rödl befasste sich in seinem Beitrag vor allem mit der Frage: wie könnten die internationalen Institutionen, also die Vereinten Nationen und die OSZE, gestärkt werden? Wie könnten sie in die Lage versetzt werden, ihrer Rolle als Vermittler in Konflikten besser gerecht zu werden? Thomas Rödl kam bei der Beantwortung dieser Frage zunächst noch einmal auf das Grundgesetz zu sprechen:
Zuspielung Rödl-UN-Gericht
Wie kann die UNO sonst noch gestärkt werden? Thomas Rödl kommt bei dieser Frage auf einen besonders schwierigen Punkt zu sprechen: Die ungleiche Gewichtsverteilung der UNO. Es gibt die Staaten, die ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat sind. Sie bestimmen z.B. ganz wesentlich, ob und wie die Vereinten Nationen zur Beilegung eines Konflikts aktiv werden oder nicht. Und es gibt die Staaten, die sozusagen „einfache“ UN-Mitglieder sind. Sie haben nur sehr begrenzte Einflußmöglichkeiten. Obwohl die UN-Charta, quasi das Grundgesetz der Vereinten Nationen, etwas anderes vorsieht:
Zuspielung Rödl-Atomwaffen
Auf die Tagesordnung müsste noch eine andere Forderung. Sie taucht auch im Manifest zur Prävention auf, das Thomas Rödl wesentlich mit formuliert hat. Stichwort: Abschaffung aller Atomwaffen. Im Manifest wird verlangt, dass die Kernwaffenbesitzer ihre vertragliche Verpflichtung zur Abrüstung umsetzen und dass sie ein Moratorium bei der Modernisierung der Atomwaffen vereinbaren. Und es wird gefordert: in der NATO, in der EU und in der UNO muss über den Weg hin zu einer atomwaffenfreien Welt gesprochen werden.
Zuspielung Rödl-Atomwaffen-2
Auch ein umfassendes Konzept zur Krisenprävention kann unter Umständen nicht verhindern, dass ein Konflikt eskaliert, dass Gewaltanwendung droht. Für solche Situationen, in denen politische und zivile Mittel zur Entschärfung eines Konflikts versagt haben, hat das Manifest zur Prävention einen Vorschlag: Wenn Völkermord oder gravierende Verbrechen drohen oder stattfinden, soll eine neutrale, am Völkerrecht und an Polizeiaufgaben orientierte Truppe eingreifen. Diese Truppe unter dem Kommando der UNO soll zum Schutz der betroffenen Menschen eingesetzt werden. Im Manifest wird dazu die Ausarbeitung eines entsprechenden Konzepts angeregt. Verfechter eines solchen Konzepts ist Andreas Zumach.
Zuspielung Zumach-Vorstellung
Andreas Zumach macht zu Beginn seines Statements deutlich, dass ihm Prävention sehr wichtig ist. Er stellt fest, dass sie in vielen Konfliktfällen leider gar nicht oder nur sehr unzureichend versucht worden ist. Aber, so sagt er, es müsse eben auch ein Konzept geben für die Situationen, in denen Prävention mit zivilen Mitteln gescheitert ist. Für Situationen wie im Frühjahr 1994 in Ruanda, als sich abzeichnete, dass dort ein Völkermord stattfinden würde. Die Frage ist, sagt Zumach: Muss es nicht ein Mittel geben, solchen Völkermord zu verhindern?
Zuspielung Zumach-Polizeitruppe
Es geht nicht nur darum, dass die Truppe unter UN-Kommando stehen soll. Im Manifest zur Prävention heißt es, auch durch die Zusammensetzung der Truppe und die Art der Bewaffnung müsse ausgeschlossen werden, „dass nationale Verbände für nationale oder imperiale Ziele sowie für Kriegshandlungen eingesetzt werden.“ Und Andreas Zumach ergänzt:
Zuspielung Zumach-Handlungsfähigkeit
Andreas Zumach weiß, dass eine internationale Eingreiftruppe wie er sie fordert, in der Friedensbewegung sehr umstritten ist. Es gibt viele durchaus bedenkenswerte Einwände. Etwa, dass mit der Truppe ein Machtinstrument entstehen könnte, das doch nur den Interessen einzelner Staaten oder Staatengruppen dienen könnte. Dann ist da noch das von Zumach schon angeschnitten Problem, dass die Grenzen zwischen einer Polizeitruppe und einer Armee schwer zu ziehen sind. Und schließlich stellt sich die Frage: Gibt es überhaupt die Bereitschaft zur Bildung einer internationalen militärischen Ordnungsmacht? Bei den fünf Vetomächten im UN- Sicherheitsrat, so ist zu vermuten, besteht diese Bereitschaft nicht. Das sieht auch Andreas Zumach so:
Zuspielung Zumach-Einsatzbeschluss
Soweit der Journalist Andreas Zumach. Soweit auch unsere Sendung zum Thema „Prävention statt Konfrontation - wie sich Konflikte entschärfen und Kriege verhindern lassen“. Wir berichteten über ein Expertenhearing im Rahmen der internationalen Münchner Friedenskonferenz, die im Februrar stattgefunden hat.
Wer sich für das in der Sendung erwähnte Manifest interessiert, kann es im Internet nachlesen. Der Text ist zu finden unter www.friedenskonferenz.info. Noch einmal die Adresse …..
Kommentare
|
|
12.05.2016 / 18:44 | detlef, |
gesendet am 14 05 2016 im Abendprogramm OSMOSE
|
|
Herzlichen Dank | |