Twin Peaks Reloaded - Krimi-Horror-Seifenoper zum Mitmachen

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Mit "Twin Peaks" wagte Regisseur David Lynch vor 25 Jahren einen künstlerischen Blick hinter die glatten Fassaden amerikanischer Kleinstädte. 80 Fans des Films aus England und Deutschland inszenieren jetzt in einem ehemaligen Jobcenter in Berlin ihre eigene Fortsetzung der Kultserie als Theaterstück zum Mitmachen. Jenz Steiner von Piradio sprach mit Regisseur Jos Porath.
Audio
04:12 min, 9854 kB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 26.03.2015 / 10:21

Dateizugriffe: 698

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Frauen/Lesben, Jugend, Kultur
Entstehung

AutorInnen: Jenz Steiner
Radio: corax, Halle im www
Produktionsdatum: 26.03.2015
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Kennt noch jemand die Serie Twin Peaks? Diese Krimi-Horror-Seifenoper von David Lynch mit
mit der bedrückend schönen Filmmusik? 80 Twin Peaks Fans aus Berlin und London bringen jetzt
– 25 Jahre später - ihre eigene Fortsetzung als Mitmachtheaterstück auf die Bühne
und das auch noch in Berlins provinziellstem Stadtteil Tempelhof.

Die Story ist schnell erzählt. Ein idyllisches Städtchen kurz vor Beginn der Touristensaison.
Der Mord an einer jungen Frau hebt das scheinbar intakte Familienleben
aus den Angeln. Die perfekte Fassade der Kleinstadt Neu-Friedenwald bekommt Risse.
Der Spießertraum vom kleinen Glück verwandelt sich innerhalb einer Woche zum Albtraum.
Jos Porath aus Berlin führt Regie und erklärt, warum „Twin Peaks“ als „Neu-Friedenwald“ in Berlin-Tempelhof eine Fortsetzung finden soll.

Wir würden ganz gern zurückgehen und selber auch als große Twin Peaks Fans uns überlegen, was genau, wie würde Twin Peaks heute aussehen.
Oder wie würde so eine Stadt, die Twin Peaks nachempfunden ist, sich heute präsentieren?
Welche Themen sind vielleicht so universell, dass die immer noch gelten, aber andererseits zu sagen: gut wie sehen die vielleicht 25 Jahre später aus.

Im Stück „The Shells – Ausflug nach Neu-Friedenwald“ kann das Publikum selbst eintreten, einen Blick hinter die geschlossenen Türen der Stadt werfen und das Geschehen aktiv beeinflussen. Die Grenzen zwischen Publikum und Bühnenbesetzungen fallen weg. Jos Porath rechnet in erster Linie mit einem jungen Kiezpublikum, weniger mit Touristen. Das Stück läuft vom 13. bis 20. Juni an einem Ort, der dem müden Bezirk Tempelhof im letzten Jahr etwas Leben eingehaucht hat.

Das ist ein ehemaliges Jobcenter, was über das letzte Jahr zu einer Kulturstätte mehr und mehr geworden ist. Da sind jetzt schon Künstlerateliers drin. Die haben Performances und Ausstellungen regelmäßig jetzt schon. Und wir sind die erste Theatergruppe, die über eine längere Zeit drin sein wird. Genau, es ist ein junger Projektspace in Berlin dann eben, in Tempelhof.

Das zweisprachige Stück ist ein Mammutprojekt. 500 qm Fläche bebauen die Macherinnen und Macher vor Ort. 30 Menschen auf der Bühne und 50 dahinter. Das kostet richtig Geld.
Mit einer Crowdfunding-Kampagne sammeln die „Neu-Friedenwald“-Siedlerinnen und Siedler nun die 9000 Euro, die noch fehlen, um das Stück wie geplant auf die Bühne bringen zu können.

Wir haben vor ein paar Tagen unsere Crowdfunding Kampagne ins Internet gestellt bei Kickstarter, hoffen eben sehr, dass wir mit dem ganzen wahnsinnig tollen Material, was wir da regelmäßig hochladen, dass wir dadurch die Leute animieren können, ein Teil von dem Projekt zu werden auf die Art auch.

„The Shells – Ausflug nach Neu-Friedenwald“ passt gut zu Berlin, einer Metropole mit provinziellem Charakter, in der man selbst aktiv werden muss, wenn man nicht im Kleinstadtmief versumpfen will. Jos Porath:

Es geht aber auch gar nicht nur um Twin Peaks, es geht vor allem auch um Lynch im Allgemeinen und darum, wie Lynch gerade mit so Dingen wie Oberflächen und mit Fassadengesellschaften und was da drunter irgendwie schlummert und dann eben raus kommt, wie damit umgegangen wird. Und ich glaube, grad dieser Druck. Also ja, dieser Druck sich anzupassen und damit dann umzugehen. Das ist eigentlich die Unmöglichkeit davon, so eine Utopie zu schaffen, in der eigentlich alles darauf beruht, sich so sehr anzupassen wie möglich, dass es einfach langfristig nicht funktionieren kann, und wenn es die Leute im Inneren kaputt macht.
Das ist, was Lynch in Twin Peaks, aber auch in einer Menge anderen Sachen, ich finde, auf sehr spannende und auch sehr unheimliche Arten behandelt, die einem auch bleiben, also die einem im Kopf bleiben, die auf Arten visualisiert sind, die so schaurig, befremdlich sind auf eben eine sehr schöne und kreative Art.
Das machen wir im Greenhouse in Tempelhof.

Wer das Projekt unterstützen oder im Juni einen Ausflug nach Neu-Friedenwald wagen möchte, findet alle Infos unter www.theshells2015.com