Schuldenobergrenzen – die gigantische Verschuldung der Weltführungsmacht (Moneycracy #11)
ID 127506
Die immer wieder anzuhebende Schuldenobergrenze der USA und allgemein der gigantische Schuldenberg des amerikanischen Staates beschäftigten mit schöner Regelmäßigkeit die Medien und damit die Menschen. Doch was ist eigentlich diese ominöse Schuldenobergrenze und wieso kommt es immer wieder zu diesen dramatischen Hängepartien zwischen Präsident und Parlament in denen die USA und damit eigentlich die gesamte Welt nur einen Schritt vom Bankrott entfernt steht?
Schulden und USA, sind ohnehin ein ganz besonderes Kapitel. Die Vereinigten Staaten lieben Superlative und das gilt uneingeschränkt auch für die Verschuldung: die US-Staatschulden sind höher als die aller westlicher Länder zusammen und erreichen fast das Niveau der gesamten Rest-Welt.
Schulden und USA, sind ohnehin ein ganz besonderes Kapitel. Die Vereinigten Staaten lieben Superlative und das gilt uneingeschränkt auch für die Verschuldung: die US-Staatschulden sind höher als die aller westlicher Länder zusammen und erreichen fast das Niveau der gesamten Rest-Welt.
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29:45 min, 68 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 16.03.2024 / 10:28
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Klassifizierung
Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Politik/Info
Serie: Moneycracy
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Schuldenobergrenzen – die gigantische Verschuldung der Weltführungsmacht
Die immer wieder anzuhebende Schuldenobergrenze der USA und allgemein der gigantische Schuldenberg des amerikanischen Staates beschäftigten in den letzten Monate mit schöner Regelmäßigkeit die Medien und damit die Menschen. Doch was ist eigentlich diese ominöse Schuldenobergrenze und wieso kommt es immer wieder zu diesen dramatischen Hängepartien zwischen Präsident und Parlament in denen die USA und damit eigentlich die gesamte Welt nur einen Schritt vom Bankrott entfernt steht?
Schulden und USA, sind ohnehin ein ganz besonderes Kapitel. Die Vereinigten Staaten sind bekannt für Superlative und das gilt uneingeschränkt auch für die Verschuldung: die US-Staatsschulden sind höher als die aller westlicher Länder zusammen und erreichen fast das Niveau der gesamten Rest-Welt.
Bei dieser dramatischen Verschuldung scheint diese in der Verfassung verankerte Schuldenobergrenze nicht besonders gut funktioniert zu haben. Wie kam es überhaupt dazu?
Als die Gründungsväter der USA die Verfassung und die Regeln für diese erste moderne Republik der Welt schufen, hatten sie vor allem eines im Sinn: die Machtfülle Einzelner und auch des Staates selbst zu beschränken. Sie schufen dafür ein ausgeklügeltes System sogenannter Checks and Balances, die alle dem Ziel dienten, möglichem Machtmissbrauch einen Riegel vorzuschieben.
Die Gründungsväter der USA waren sehr weise: sie gingen nicht davon aus, dass die Regierenden gut sind und die Regierung daher stets nur das Beste im Sinn haben würde. Sie betrachteten Regierungen als notwendiges Übel und trachteten danach die Macht der Regierenden zu beschränken. Entsprechend sind überall in der Verfassung Möglichkeiten eingebaut werden, die Herrschenden am Herrschen zu hindern.
Ein zentraler Ansatz dabei war, dem Parlament die Hoheit über die Ausgaben zu geben. Wir hier in diesem Podcast wissen aus vielen Folgen: Geld ist Macht, sogar universell einsetzbare Macht. Indem das Geld der direkten Kontrolle des Präsidenten entzogen wurde, wurde seine Macht höchst effektiv beschränkt, was bis heute noch gut zu sehen ist. Gegen Mehrheiten im Kongress kann der Präsident so gut wie nichts durchsetzten oder eben finanzieren.
Diese Budgethoheit des Parlaments, also der Legislative, wurde als Prinzip in viele andere westliche Demokratien später übernommen, aber nirgendwo ist der Einfluss so groß, wie in den USA. Einer dieser Kontrollmechanismen der Regierungsmacht bestand darin, dass sie sich jedes einzelne Schuldenpaket vom Parlament genehmigen lassen musste. Wie erwähnt, die Gründungsväter waren beeindruckend weitsichtig und gingen davon aus, dass der Staat eigentlich gar keine Schulden machen sollte – oder zumindest nur in sehr begründeten Ausnahmefällen. Deshalb sollte das Parlament darüber wachen und urteilen, ob ein Schuldenwunsch der Regierung begründet und angemessen sei.
Dazu ein Zitat vom Gründervater Thomas Jefferson: Um unsere Unabhängigkeit zu bewahren, dürfen wir nicht zulassen, dass uns unsere Herrscher mit fortwährender Verschuldung belasten. Wir müssen die Wahl treffen zwischen Wirtschaftlichkeit und Freiheit oder Verschwendung und Knechtschaft.
Und weiter : Ich jedoch sehe in der Wirtschaft die erste und wichtigste republikanische Tugend; und in den Staatsschulden die größte Gefahr, die zu fürchten ist.
Die ersten 150 Jahre ziemlich ging das mit dem Wirtschaften ziemlich gut: die USA nahmen vergleichsweise wenig Schulden auf und die, welche notwendig erschienen, wurden nach Prüfung vom Kongress bewilligt.
Die Notwendigkeit zur Veränderung kam - auch werden treue HörerInnen sich an andere Finanzpolitische Sündenfälle erinnert fühlen - mit einem Krieg, genauer dem Ersten Weltkrieg. Nachdem die USA 1917 in den Krieg eingetreten waren, stieg der Finanzbedarf so rapide, dass die bisherige Verfahrensweise als unpraktisch und behindernd in einer Kriegssituation gesehen wurde. Daher wurde vereinfacht und der Kongress verabschiedete eine globale Schuldenobergrenze, welche die Regierung nicht überschreiten durfte. Anders ausgedrückt: nicht mehr das einzelne Schuldenbegehren wurde bewilligt, sondern nur mehr die Gesamtsumme der Schulden wurde begrenzt. Die Legislative hatte Macht an die Exekutive abgegben - ein sehr häufiger Vorgang in Kriegs- und Krisenzeiten.
Fortan musste die Regierung also nur noch dann das Parlament befragen, wenn sie die ausgemachte Schuldenobergrenze überschreiten wollte. Nachdem der Erste Weltkrieg gewonnen war klappte das ganz gut, denn die USA erhöhten in den Folgejahren ihre Schuldenlast nur moderat und selbst in der Weltwirtschaftskrise blieben die Staatsschulden vergleichsweise überschaubar. Wer sich den Verlauf der Staatsschulden der USA von 1800 bis heute anschaut, ist mit einer äußerst flachen Kurve über die ersten 180 Jahre konfrontiert. Allein die beiden Weltkriege sowie der Vietnamkrieg liessen die Schuldenkurve deutlicher abheben. Erst in den hier Podcast schon besprochenen Krisenjahren zwischen 1970 und 1980 setzte die US-Schuldenkurve zum Sprung an. Da wir im Podcast leider keine Kurven zeigen können, jetzt ein paar Zahlen zum Verständnis. Die besprochene Schuldenobergrenze lag 1945, also am Ende des 2. Weltkriegs bei 300 Milliarden Dollar und blieb bei diesem Horizont ungefähr bis 1967. Danach brauchte der es nur 10 Jahre bis zu einer Verdoppelung auf 700 Milliarden Dollar – die nächste Verdoppelung stand schon 7 Jahre später, nämlich 1984 an. Danach nahm die Verschuldung richtig Fahrt auf und eine graphische Darstellung ähnelt schon fast einer exponentiellen Funktion. Die Verdoppelungen der Schulden etwa alle sieben Jahre formte das Muster der nächsten Jahre sodass wir inzwischen bei über 30.000 Milliarden Dollar oder 30 Billionen angekommen sind. Zum Vergleich: die nach Bevölkerung etwa ein Viertel so große Bundesrepublik Deutschland hat 2300 Milliarden Schulden also weniger als ein Zehntel der US-Schulden. Dennoch ist auch der deutsche Schuldenberg für eine gesunde Entwicklung in der Zukunft viel zu hoch und die Gesellschaft, hier aber vor allem die Profiteure der Schuldenexzesse, leben auf Kosten der kommenden Generationen.
Aber zurück zu den USA und den immer wieder gerissenen Schuldenobergrenzen. Wie kommt es zu dieser krassen Staatsverschuldung in der größten und wichtigsten Volkswirtschaft der Welt?
Einer der Hauptgründe besteht darin, dass der Haushalt der USA drastisch unterfinanziert ist. In den letzten 40 Jahrzehnten gab es gerade drei Jahre, 1998 bis 2001, in denen der Haushalt ausgeglichen war oder sogar etwas Schuldenabbau gelang. In all den anderen Jahren geschah genau das, was die Gründerväter eigentlich aus gutem Grund vermeiden wollten: der Staat gab mehr aus, als er einnahm. Die Gründe sind historisch gewachsen: Steuern sind in den USA noch viel stärker als bei uns negativ besetzt. Jeder Spitzenpolitiker gefällt sich in der Pose der Steuersenkers und kann auch nur mit einer solchen Agenda letztlich Erfolg haben. Steuererhöhungen sind überall auf der Welt unpopulär, in den USA sind sie eine politische Selbstmordaktion.
Weil die Vereinigten Staaten eine historisch und in der Mentalität der Gesellschaft verankerte Vorliebe für einen schlanken Staat, also geringe Staatsausgaben, haben, wird versucht, dies dadurch zu erzwingen, dass dem Staat so wenig wie möglich Geld zur Verfügung gestellt wird. Hinzu kommen wirtschaftspolitischen Ansätze, die stark darauf hinauslaufen, über geringe Unternehmenssteuern die wirtschaftliche Aktivität zu fördern und zu stimulieren.
Leider geht das Kalkül seit Jahrzehnten nicht auf. Immer wieder gibt es mehr oder weniger gute und plausible Gründe für Mehrausgaben, die nicht über Einnahmen gedeckt sind. So ist es inzwischen zu einer seit Jahrzehnte gängigen Wirtschaftsweise geworden, die Staatsausgaben und damit letztlich in weiten Bereichen das Funktionieren der Gesellschaft über Schulden zu finanzieren.
Wie wir an der Entwicklung des Defizits mit seinen starken Steigerungen gesehen haben, besteht nicht nur ein bestimmter Prozentsatz der Unterdeckung, der jedes Jahr finanziert werden muss, es eine negative Dynamik zu beobachten, die immer größere Schuldenaufnahmen erfordert. Die negative finanzielle Schere geht immer weiter auf.
Wenn also aktuell manche republikanische Abgeordnete, ihre Zustimmung zur Anhebung der Schuldenobergrenze von der gleichzeitigen Begrenzung der Staatsausgaben abhängig machen, dann ist das nicht ausschließlich Ausdruck einer trumpistischen Fundamentalopposition, sondern entspricht in Teilbereichen durchaus vernünftiger Wirtschaftspolitik.
Hierzu ein Zitat: Ich würde gegen eine Erhöhung der Schuldenobergrenze stimmen. Wieder einmal beleihen wir dadurch die Zukunft ungeborener Generationen von Amerikanern. Es ist eine Form von Besteuerung ohne Interessensvertretung. Ich glaube nicht, dass wir das tun können.
Mike Lee, konservativer, amerikanischer Politiker, Senator für Utah.
Kurz noch ein Einschub zu der Argumentation, das sei eine Besteuerung ohne Interessensvertretung. No taxation without representation ist ein uramerkanischer Leitsatz aus der amerikanischen Revolution. Die damaligen Kolonisten wurden von England besteuert, ohne im englischen Parlarment vertreten zu sein, was als grob unfair erlebt wurde und letztlich den Aufstand über die Boston Tea Party auslöste. Wenn Lee argumentiert, Schulden bürdeten zukünftigen Generationen Steuern auf, ohne dass diese in dem zukünftige Steuern beschliessenden Gremium vertreten sind, appelliert er, höchst effektiv, an eine der fundamen talsten Glaubensüberzeugung der amerikanischen Republik.
Klarerweise werden viele republikanische Abgeordnete Einschnitte in die Sozialausgaben bevorzugen, während der enorme Militärhaushalt unangetastet bleiben soll. Solche Positionen muss mensch nicht teilen, aber der Grundgedanke, dass die staatlichen Ausgaben nicht immer weiter auf Schuldenbasis ansteigen können, ist durchaus vernünftig. Hier sei noch angemerkt, dass republikanische Präsidenten im Schuldenmachen ihren demokratischen Kollegen in nichts nachstehen.
Aber kommen wir von der Parteipolitik zu unseren Grundthemen zurück: eigentlich würde eine so hohe Staatsverschuldung wie in den USA zu Problemen führen, deren wirtschaftliche Folgen eine Korrekturwirkung in Richtung weniger Schuldenaufnahme haben würden.
Denn Schulden oder aus der Perspektive des Geldgebers, Kredite, beruhen auf dem Prinzip, dass sie mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zurückgezahlt werden. Wenn daran Zweifel bestehen, dann werden die Kredite viel teurer, es wird ein zusätzlicher Zins als Risikozuschlag fällig.
Das Prinzip, das in allen Bereichen des Kreditwesens zu Einsatz kommt, soll hier noch mal deutlicher erklärt werden. Nehmen wir an, ihr seid in der vorteilhaften Position, mehr Geld zu besitzen, als ihr gerade braucht. Dann gibt es im Kapitalismus die Möglichkeit, dass ihr das Geld verleiht und sagen wir 4 Prozent Zinsen dafür bekommt. Diese 4 Prozent sind ein langjähriger Durchschnittswert, der in Hochzinsphase nach oben, aber in anderen Zeiten auch nach unten abweichen kann. Aber wir bleiben jetzt mal bei den 4 Prozent. Es wird recht viele Institutionen und Personen geben, die euer Geld zu diesem Zinssatz leihen wollen. Entsprechend werdet ihr euch einen Schuldner heraussuchen, der euch mit hoher Wahrscheinlichkeit das Geld und Zins pünktlich zurückbezahlt. Jemand mit mehr Risiko, kann euch nur dann überzeugen, wenn er euch 6 oder 7 Prozent bietet. Ab einem gewissen Risiko werdet ihr euer Geld aber dem unsicheren Kandidaten gar nicht geben, auch nicht für 15 Prozent oder mehr.
Das Gleiche passiert auch bei staatlicher Kreditaufnahme. Staaten die überschuldet sind, müssen hohe Zinsen bezahlen oder bekommen oft gar keinen Kredit. Dies führt dann zwangsläufig zu geringeren Kreditaufnahmen.
Wieso trifft dies auf die USA nicht zu?
Wir hatten die Sonderrolle, welche die Vereinigten Staaten in der Nachkriegs-Weltwirtschaft einnehmen, bereits in unterschiedliche Podcasts unter unterschiedlichen Aspekten erläutert.
In unserer heutigen Fragestellung spielen wiederum mehrere Faktoren den USA in die Hände. Der US-Dollar ist immer noch die Weltreservewährung, wir hatten das beim Podcast zu Währungen erklärt. Dies bedeutet, dass wenn Staaten oder Privatpersonen Geld übrig haben, sie dies gerne in Dollar verleihen, das bedeutet Dollaranleihen kaufen. Auf diese Weise haben zunächst Japaner und die Ölländer des Nahen Ostens und später vor allem China über Jahrzehnte die USA finanziert. Auch Russland hat seine Überschüsse aus den Rohstoffverkäufen überwiegend in Dollar angelegt. Kurz gesagt, die USA sind der Lieblingschuldner der Welt und haben bislang keine Schwierigkeiten, für ihre staatlichen Schuldverschreibungen auf dem Markt KäuferInnen zu finden.
Dies ist übrigens auch einer der zentralen Fallstricke bei der Schuldenobergrenze. Würde der Kongress nicht im letzten Moment zustimmen, dann könnten die USA einige ihre zahlreichen Schulden nicht termingerecht bedienen – es käme zu einem Zahlungsausfall. Dadurch würde über gewisse Automatismen in der Kreditwirtschaft die Risikobewertung der US-Anleihen steigen und es müssten in der Folge höhere Zinsen bezahlt werden. Verständlicherweise wollen die US-Regierung aber auch die gesamte US-Finanzelite das vermeiden, weshalb es bislang immer Einigungen in letzter Minute gab.
Die USA können also aus aller Welt Geld in ihrer eigenen Währung, also Dollar leihen, weil alle gerne Dollarschuldverschreibungen nehmen. Dies ist ein enormer Vorteil, die USA haben zwar Schulden in der ganzen Welt, aber immer in ihrer eigenen Währung. Zum Vergleich: der von den TürkInnen trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten wiedergewählte Präsident Erdogan muss sich sein Geld auch im Ausland leihen, in ausländischer Währung. Nehmen wir an er hat vor 10 Jahren 100 Millionen Euro geliehen, dann muss er am Ende der Laufzeit auch 100 Millionen Euro zurückzahlen. Das Geld dafür muss im eigenen Land erwirtschaftet werden und wegen des enormen Lira Verfalls braucht die Türkei für die Rückzahlung fast die siebenfache Menge an türkischen Lira.
Anmerkung: Meist wird ein Kredit übrigens nicht zurückgezahlt, die Staaten haben gar kein Geld dafür – er wird weitergerollt, was nichts anderes heisst, als dass ein neuer Kredit aufgenommen wird, der wieder 10 Jahre läuft. Mit diesem Geld wird der alte dann abgelöst und das Spiel beginnt von vorne. Für Länder wie die Türkei ist das jeweils mit einem Riesenverlust verbunden, nicht so aber für die USA.
Ein anderer Aspekt, welche den Vereinigten Staaten die Aufnahme von Krediten so erleichtert, ist die Position der US-Wirtschaft. Sie war über ein halbes Jahrhundert das absolute Zentrum und der Motor der Weltwirtschaft. Eine Pleite oder ein wirtschaftlicher Niedergang der Supermacht schien unvorstellbar. Oder anders ausgedrückt: wenn die USA ihre Schulden nicht mehr bezahlen können, dann wäre der Rest der Welt - vielleicht mit Ausnahme der Schweiz und Saudi-Arabien - ohnehin schon lange pleite. Ein echter Zahlungsausfall oder Niedergang der Führungsmacht kam allenfalls in abstrusen Planspielen, nicht aber als Möglichkeit in den Köpfen realer InvestorenInnen vor.
Diesbezüglich hat allerdings in den letzten 10 Jahren ein Umdenken stattgefunden. Der enorme Aufstieg Chinas bedroht die Poleposition der Führungsnation. In der beginnenden Ausformung einer multipolaren Welt ist die Möglichkeit eines zumindest relativen Niedergangs erstmals realistisch denkbar geworden.
In ihren Möglichkeiten, in aller Welt Schulden aufzunehmen, werden USA weiterhin auch durch den starken Dollar begünstigt, denn das garantiert ein günstiges Umtauschverhältnis zum Geberland. Normalerweise müsste der Dollar bezogen auf den Verschuldungsstand und der negativen Leistungsbilanz des Landes schwächer sein. Da aber alle wichtigen Rohstoffe und sogar manche zentralen Industriewaren in Dollar gehandelt werden, ist die Notwendigkeit Dollar zu besitzen und damit die Nachfrage hoch. Entsprechend ist der Wechselkurs für die Amerikaner günstig und sie können nicht nur preiswert überall in der Welt einkaufen, sie können sich auch preiswert verschulden.
Aufgrund all dieser Mechanismen ist es den USA gelungen, ein welthistorisch einmalig hohes Defizit aufzubauen, ohne dass das von der Mehrheit der Menschen als bedrohlich wahrgenommen wird. Es besteht auch wenig Zweifel, dass das Anhäufen noch gigantischerer US-Schuldenberge auch in den nächsten Jahren funktionieren wird.
Der Krug geht immer so lange zum Brunnen, bis er undsoweiter... Wann dies sein wird, weiß niemand, nicht einmal der Moneycracy Podcast. Wir sehen und beklagen allerdings eine weltweit immer mehr Schulden ausgerichtete Wirtschaftsweise – denn die Amerikaner befinden sich in guter Gesellschaft mit nahezu allen Ländern der Erde. Das Leben und Gestalten auf Pump ist in den ersten zwei Jahrzehnten des laufenden Jahrhunderts zum gängigen Politikstil geworden, die USA haben lediglich besonders günstige Voraussetzungen dafür.
Der Absturz wird daher kein isoliert amerikanischer, sondern ein weltweiter sein. Die Untergangspropheten sehen die Katastrophe schon dicht am Horizont heraufziehen – wir halten uns da für den Moment bedeckt. Was wir prognostizieren können, dass es die USA so schnell nicht treffen wird, auch weil niemand Interesse daran hat. Während Argentinien alle 20 Jahre pleitegehen kann, ohne dass dies Menschen außerhalb des Landes groß beunruhigt, ist alle Welt am wirtschaftlichen Wohlergehen der Vereinigten Staaten aus guten eigennützigen Gründen interessiert. Es bedürfte eines radikalen Wandels in der Weltwirtschaft, bevor die Welt sich einen Absturz der USA leisten wollte.
Daher wird die Schuldenobergrenze auch weiterhin nach einigen Geplänkel immer wieder erhöht werden und der Rest der Welt wird weiterhin den USA das benötigte Geld zu Sonderkonditionen leihen.
Übrigens gibt es auch in Deutschland eine Art Schuldengrenze. Sie bezieht sich nicht auf eine absolute Obergrenze der bestehenden Schulden, wie in den USA, sondern auf die Neuverschuldung, genauer auf die Nettoneuverschuldung. Die Nettoneuverschuldung sind die in einem Jahr aufgenommenen Schulden abzüglich der getätigten Tilgung, also Rückzahlung alter Schulden. Also beschreibt die Nettoneuverschuldung, wie viele neue Schulden zum bestehenden Schuldenberg hinzukommen. Diese Neuverschuldung wird ins Verhältnis zum Bruttosozialprodukt, einer Kennzahl für die wirtschaftlich Gesamtleistung einer Gesellschaft gesetzt. Zum Bruttosozialprodukt findet ihr übrigens auch einen Podcast in unserer Reihe. Also, die Neuverschuldung soll nicht mehr als 0.35 Prozent des Bruttosozialprodukts betragen – gelingt übrigens gerade schon ein paar Jahre nicht, wegen Corona, Ukraine und so.
Eine andere Regelung zur Begrenzung der Verschuldung, die auch für Deutschland gilt, kommt aus den Euro-Stabilitätsverträgen. Diese besagt, dass die gesamte Staatsverschuldung, also nicht das, was neu dazu kommt, sondern alle Schulden, nicht mehr als 60 Prozent der Bruttosozialprodukts betragen darf. Die Regelung besteht seit 2002, dem Einführungsdatum des Euro. In den letzten 20 Jahren hat Deutschland gerade zweimal diese Grenze eingehalten. Wir sehen, auch im Land der schwäbischen Hausfrau macht man gerne und zu viel Schulden.
Wir schliessen diesen Podcast mit einem Zitat:
Schulden machen ist die asozialste Politik, die es gibt; die Politik auf den Knochen der kleinen Leute. Norbert Blüm, deutscher Politiker
Die immer wieder anzuhebende Schuldenobergrenze der USA und allgemein der gigantische Schuldenberg des amerikanischen Staates beschäftigten in den letzten Monate mit schöner Regelmäßigkeit die Medien und damit die Menschen. Doch was ist eigentlich diese ominöse Schuldenobergrenze und wieso kommt es immer wieder zu diesen dramatischen Hängepartien zwischen Präsident und Parlament in denen die USA und damit eigentlich die gesamte Welt nur einen Schritt vom Bankrott entfernt steht?
Schulden und USA, sind ohnehin ein ganz besonderes Kapitel. Die Vereinigten Staaten sind bekannt für Superlative und das gilt uneingeschränkt auch für die Verschuldung: die US-Staatsschulden sind höher als die aller westlicher Länder zusammen und erreichen fast das Niveau der gesamten Rest-Welt.
Bei dieser dramatischen Verschuldung scheint diese in der Verfassung verankerte Schuldenobergrenze nicht besonders gut funktioniert zu haben. Wie kam es überhaupt dazu?
Als die Gründungsväter der USA die Verfassung und die Regeln für diese erste moderne Republik der Welt schufen, hatten sie vor allem eines im Sinn: die Machtfülle Einzelner und auch des Staates selbst zu beschränken. Sie schufen dafür ein ausgeklügeltes System sogenannter Checks and Balances, die alle dem Ziel dienten, möglichem Machtmissbrauch einen Riegel vorzuschieben.
Die Gründungsväter der USA waren sehr weise: sie gingen nicht davon aus, dass die Regierenden gut sind und die Regierung daher stets nur das Beste im Sinn haben würde. Sie betrachteten Regierungen als notwendiges Übel und trachteten danach die Macht der Regierenden zu beschränken. Entsprechend sind überall in der Verfassung Möglichkeiten eingebaut werden, die Herrschenden am Herrschen zu hindern.
Ein zentraler Ansatz dabei war, dem Parlament die Hoheit über die Ausgaben zu geben. Wir hier in diesem Podcast wissen aus vielen Folgen: Geld ist Macht, sogar universell einsetzbare Macht. Indem das Geld der direkten Kontrolle des Präsidenten entzogen wurde, wurde seine Macht höchst effektiv beschränkt, was bis heute noch gut zu sehen ist. Gegen Mehrheiten im Kongress kann der Präsident so gut wie nichts durchsetzten oder eben finanzieren.
Diese Budgethoheit des Parlaments, also der Legislative, wurde als Prinzip in viele andere westliche Demokratien später übernommen, aber nirgendwo ist der Einfluss so groß, wie in den USA. Einer dieser Kontrollmechanismen der Regierungsmacht bestand darin, dass sie sich jedes einzelne Schuldenpaket vom Parlament genehmigen lassen musste. Wie erwähnt, die Gründungsväter waren beeindruckend weitsichtig und gingen davon aus, dass der Staat eigentlich gar keine Schulden machen sollte – oder zumindest nur in sehr begründeten Ausnahmefällen. Deshalb sollte das Parlament darüber wachen und urteilen, ob ein Schuldenwunsch der Regierung begründet und angemessen sei.
Dazu ein Zitat vom Gründervater Thomas Jefferson: Um unsere Unabhängigkeit zu bewahren, dürfen wir nicht zulassen, dass uns unsere Herrscher mit fortwährender Verschuldung belasten. Wir müssen die Wahl treffen zwischen Wirtschaftlichkeit und Freiheit oder Verschwendung und Knechtschaft.
Und weiter : Ich jedoch sehe in der Wirtschaft die erste und wichtigste republikanische Tugend; und in den Staatsschulden die größte Gefahr, die zu fürchten ist.
Die ersten 150 Jahre ziemlich ging das mit dem Wirtschaften ziemlich gut: die USA nahmen vergleichsweise wenig Schulden auf und die, welche notwendig erschienen, wurden nach Prüfung vom Kongress bewilligt.
Die Notwendigkeit zur Veränderung kam - auch werden treue HörerInnen sich an andere Finanzpolitische Sündenfälle erinnert fühlen - mit einem Krieg, genauer dem Ersten Weltkrieg. Nachdem die USA 1917 in den Krieg eingetreten waren, stieg der Finanzbedarf so rapide, dass die bisherige Verfahrensweise als unpraktisch und behindernd in einer Kriegssituation gesehen wurde. Daher wurde vereinfacht und der Kongress verabschiedete eine globale Schuldenobergrenze, welche die Regierung nicht überschreiten durfte. Anders ausgedrückt: nicht mehr das einzelne Schuldenbegehren wurde bewilligt, sondern nur mehr die Gesamtsumme der Schulden wurde begrenzt. Die Legislative hatte Macht an die Exekutive abgegben - ein sehr häufiger Vorgang in Kriegs- und Krisenzeiten.
Fortan musste die Regierung also nur noch dann das Parlament befragen, wenn sie die ausgemachte Schuldenobergrenze überschreiten wollte. Nachdem der Erste Weltkrieg gewonnen war klappte das ganz gut, denn die USA erhöhten in den Folgejahren ihre Schuldenlast nur moderat und selbst in der Weltwirtschaftskrise blieben die Staatsschulden vergleichsweise überschaubar. Wer sich den Verlauf der Staatsschulden der USA von 1800 bis heute anschaut, ist mit einer äußerst flachen Kurve über die ersten 180 Jahre konfrontiert. Allein die beiden Weltkriege sowie der Vietnamkrieg liessen die Schuldenkurve deutlicher abheben. Erst in den hier Podcast schon besprochenen Krisenjahren zwischen 1970 und 1980 setzte die US-Schuldenkurve zum Sprung an. Da wir im Podcast leider keine Kurven zeigen können, jetzt ein paar Zahlen zum Verständnis. Die besprochene Schuldenobergrenze lag 1945, also am Ende des 2. Weltkriegs bei 300 Milliarden Dollar und blieb bei diesem Horizont ungefähr bis 1967. Danach brauchte der es nur 10 Jahre bis zu einer Verdoppelung auf 700 Milliarden Dollar – die nächste Verdoppelung stand schon 7 Jahre später, nämlich 1984 an. Danach nahm die Verschuldung richtig Fahrt auf und eine graphische Darstellung ähnelt schon fast einer exponentiellen Funktion. Die Verdoppelungen der Schulden etwa alle sieben Jahre formte das Muster der nächsten Jahre sodass wir inzwischen bei über 30.000 Milliarden Dollar oder 30 Billionen angekommen sind. Zum Vergleich: die nach Bevölkerung etwa ein Viertel so große Bundesrepublik Deutschland hat 2300 Milliarden Schulden also weniger als ein Zehntel der US-Schulden. Dennoch ist auch der deutsche Schuldenberg für eine gesunde Entwicklung in der Zukunft viel zu hoch und die Gesellschaft, hier aber vor allem die Profiteure der Schuldenexzesse, leben auf Kosten der kommenden Generationen.
Aber zurück zu den USA und den immer wieder gerissenen Schuldenobergrenzen. Wie kommt es zu dieser krassen Staatsverschuldung in der größten und wichtigsten Volkswirtschaft der Welt?
Einer der Hauptgründe besteht darin, dass der Haushalt der USA drastisch unterfinanziert ist. In den letzten 40 Jahrzehnten gab es gerade drei Jahre, 1998 bis 2001, in denen der Haushalt ausgeglichen war oder sogar etwas Schuldenabbau gelang. In all den anderen Jahren geschah genau das, was die Gründerväter eigentlich aus gutem Grund vermeiden wollten: der Staat gab mehr aus, als er einnahm. Die Gründe sind historisch gewachsen: Steuern sind in den USA noch viel stärker als bei uns negativ besetzt. Jeder Spitzenpolitiker gefällt sich in der Pose der Steuersenkers und kann auch nur mit einer solchen Agenda letztlich Erfolg haben. Steuererhöhungen sind überall auf der Welt unpopulär, in den USA sind sie eine politische Selbstmordaktion.
Weil die Vereinigten Staaten eine historisch und in der Mentalität der Gesellschaft verankerte Vorliebe für einen schlanken Staat, also geringe Staatsausgaben, haben, wird versucht, dies dadurch zu erzwingen, dass dem Staat so wenig wie möglich Geld zur Verfügung gestellt wird. Hinzu kommen wirtschaftspolitischen Ansätze, die stark darauf hinauslaufen, über geringe Unternehmenssteuern die wirtschaftliche Aktivität zu fördern und zu stimulieren.
Leider geht das Kalkül seit Jahrzehnten nicht auf. Immer wieder gibt es mehr oder weniger gute und plausible Gründe für Mehrausgaben, die nicht über Einnahmen gedeckt sind. So ist es inzwischen zu einer seit Jahrzehnte gängigen Wirtschaftsweise geworden, die Staatsausgaben und damit letztlich in weiten Bereichen das Funktionieren der Gesellschaft über Schulden zu finanzieren.
Wie wir an der Entwicklung des Defizits mit seinen starken Steigerungen gesehen haben, besteht nicht nur ein bestimmter Prozentsatz der Unterdeckung, der jedes Jahr finanziert werden muss, es eine negative Dynamik zu beobachten, die immer größere Schuldenaufnahmen erfordert. Die negative finanzielle Schere geht immer weiter auf.
Wenn also aktuell manche republikanische Abgeordnete, ihre Zustimmung zur Anhebung der Schuldenobergrenze von der gleichzeitigen Begrenzung der Staatsausgaben abhängig machen, dann ist das nicht ausschließlich Ausdruck einer trumpistischen Fundamentalopposition, sondern entspricht in Teilbereichen durchaus vernünftiger Wirtschaftspolitik.
Hierzu ein Zitat: Ich würde gegen eine Erhöhung der Schuldenobergrenze stimmen. Wieder einmal beleihen wir dadurch die Zukunft ungeborener Generationen von Amerikanern. Es ist eine Form von Besteuerung ohne Interessensvertretung. Ich glaube nicht, dass wir das tun können.
Mike Lee, konservativer, amerikanischer Politiker, Senator für Utah.
Kurz noch ein Einschub zu der Argumentation, das sei eine Besteuerung ohne Interessensvertretung. No taxation without representation ist ein uramerkanischer Leitsatz aus der amerikanischen Revolution. Die damaligen Kolonisten wurden von England besteuert, ohne im englischen Parlarment vertreten zu sein, was als grob unfair erlebt wurde und letztlich den Aufstand über die Boston Tea Party auslöste. Wenn Lee argumentiert, Schulden bürdeten zukünftigen Generationen Steuern auf, ohne dass diese in dem zukünftige Steuern beschliessenden Gremium vertreten sind, appelliert er, höchst effektiv, an eine der fundamen talsten Glaubensüberzeugung der amerikanischen Republik.
Klarerweise werden viele republikanische Abgeordnete Einschnitte in die Sozialausgaben bevorzugen, während der enorme Militärhaushalt unangetastet bleiben soll. Solche Positionen muss mensch nicht teilen, aber der Grundgedanke, dass die staatlichen Ausgaben nicht immer weiter auf Schuldenbasis ansteigen können, ist durchaus vernünftig. Hier sei noch angemerkt, dass republikanische Präsidenten im Schuldenmachen ihren demokratischen Kollegen in nichts nachstehen.
Aber kommen wir von der Parteipolitik zu unseren Grundthemen zurück: eigentlich würde eine so hohe Staatsverschuldung wie in den USA zu Problemen führen, deren wirtschaftliche Folgen eine Korrekturwirkung in Richtung weniger Schuldenaufnahme haben würden.
Denn Schulden oder aus der Perspektive des Geldgebers, Kredite, beruhen auf dem Prinzip, dass sie mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zurückgezahlt werden. Wenn daran Zweifel bestehen, dann werden die Kredite viel teurer, es wird ein zusätzlicher Zins als Risikozuschlag fällig.
Das Prinzip, das in allen Bereichen des Kreditwesens zu Einsatz kommt, soll hier noch mal deutlicher erklärt werden. Nehmen wir an, ihr seid in der vorteilhaften Position, mehr Geld zu besitzen, als ihr gerade braucht. Dann gibt es im Kapitalismus die Möglichkeit, dass ihr das Geld verleiht und sagen wir 4 Prozent Zinsen dafür bekommt. Diese 4 Prozent sind ein langjähriger Durchschnittswert, der in Hochzinsphase nach oben, aber in anderen Zeiten auch nach unten abweichen kann. Aber wir bleiben jetzt mal bei den 4 Prozent. Es wird recht viele Institutionen und Personen geben, die euer Geld zu diesem Zinssatz leihen wollen. Entsprechend werdet ihr euch einen Schuldner heraussuchen, der euch mit hoher Wahrscheinlichkeit das Geld und Zins pünktlich zurückbezahlt. Jemand mit mehr Risiko, kann euch nur dann überzeugen, wenn er euch 6 oder 7 Prozent bietet. Ab einem gewissen Risiko werdet ihr euer Geld aber dem unsicheren Kandidaten gar nicht geben, auch nicht für 15 Prozent oder mehr.
Das Gleiche passiert auch bei staatlicher Kreditaufnahme. Staaten die überschuldet sind, müssen hohe Zinsen bezahlen oder bekommen oft gar keinen Kredit. Dies führt dann zwangsläufig zu geringeren Kreditaufnahmen.
Wieso trifft dies auf die USA nicht zu?
Wir hatten die Sonderrolle, welche die Vereinigten Staaten in der Nachkriegs-Weltwirtschaft einnehmen, bereits in unterschiedliche Podcasts unter unterschiedlichen Aspekten erläutert.
In unserer heutigen Fragestellung spielen wiederum mehrere Faktoren den USA in die Hände. Der US-Dollar ist immer noch die Weltreservewährung, wir hatten das beim Podcast zu Währungen erklärt. Dies bedeutet, dass wenn Staaten oder Privatpersonen Geld übrig haben, sie dies gerne in Dollar verleihen, das bedeutet Dollaranleihen kaufen. Auf diese Weise haben zunächst Japaner und die Ölländer des Nahen Ostens und später vor allem China über Jahrzehnte die USA finanziert. Auch Russland hat seine Überschüsse aus den Rohstoffverkäufen überwiegend in Dollar angelegt. Kurz gesagt, die USA sind der Lieblingschuldner der Welt und haben bislang keine Schwierigkeiten, für ihre staatlichen Schuldverschreibungen auf dem Markt KäuferInnen zu finden.
Dies ist übrigens auch einer der zentralen Fallstricke bei der Schuldenobergrenze. Würde der Kongress nicht im letzten Moment zustimmen, dann könnten die USA einige ihre zahlreichen Schulden nicht termingerecht bedienen – es käme zu einem Zahlungsausfall. Dadurch würde über gewisse Automatismen in der Kreditwirtschaft die Risikobewertung der US-Anleihen steigen und es müssten in der Folge höhere Zinsen bezahlt werden. Verständlicherweise wollen die US-Regierung aber auch die gesamte US-Finanzelite das vermeiden, weshalb es bislang immer Einigungen in letzter Minute gab.
Die USA können also aus aller Welt Geld in ihrer eigenen Währung, also Dollar leihen, weil alle gerne Dollarschuldverschreibungen nehmen. Dies ist ein enormer Vorteil, die USA haben zwar Schulden in der ganzen Welt, aber immer in ihrer eigenen Währung. Zum Vergleich: der von den TürkInnen trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten wiedergewählte Präsident Erdogan muss sich sein Geld auch im Ausland leihen, in ausländischer Währung. Nehmen wir an er hat vor 10 Jahren 100 Millionen Euro geliehen, dann muss er am Ende der Laufzeit auch 100 Millionen Euro zurückzahlen. Das Geld dafür muss im eigenen Land erwirtschaftet werden und wegen des enormen Lira Verfalls braucht die Türkei für die Rückzahlung fast die siebenfache Menge an türkischen Lira.
Anmerkung: Meist wird ein Kredit übrigens nicht zurückgezahlt, die Staaten haben gar kein Geld dafür – er wird weitergerollt, was nichts anderes heisst, als dass ein neuer Kredit aufgenommen wird, der wieder 10 Jahre läuft. Mit diesem Geld wird der alte dann abgelöst und das Spiel beginnt von vorne. Für Länder wie die Türkei ist das jeweils mit einem Riesenverlust verbunden, nicht so aber für die USA.
Ein anderer Aspekt, welche den Vereinigten Staaten die Aufnahme von Krediten so erleichtert, ist die Position der US-Wirtschaft. Sie war über ein halbes Jahrhundert das absolute Zentrum und der Motor der Weltwirtschaft. Eine Pleite oder ein wirtschaftlicher Niedergang der Supermacht schien unvorstellbar. Oder anders ausgedrückt: wenn die USA ihre Schulden nicht mehr bezahlen können, dann wäre der Rest der Welt - vielleicht mit Ausnahme der Schweiz und Saudi-Arabien - ohnehin schon lange pleite. Ein echter Zahlungsausfall oder Niedergang der Führungsmacht kam allenfalls in abstrusen Planspielen, nicht aber als Möglichkeit in den Köpfen realer InvestorenInnen vor.
Diesbezüglich hat allerdings in den letzten 10 Jahren ein Umdenken stattgefunden. Der enorme Aufstieg Chinas bedroht die Poleposition der Führungsnation. In der beginnenden Ausformung einer multipolaren Welt ist die Möglichkeit eines zumindest relativen Niedergangs erstmals realistisch denkbar geworden.
In ihren Möglichkeiten, in aller Welt Schulden aufzunehmen, werden USA weiterhin auch durch den starken Dollar begünstigt, denn das garantiert ein günstiges Umtauschverhältnis zum Geberland. Normalerweise müsste der Dollar bezogen auf den Verschuldungsstand und der negativen Leistungsbilanz des Landes schwächer sein. Da aber alle wichtigen Rohstoffe und sogar manche zentralen Industriewaren in Dollar gehandelt werden, ist die Notwendigkeit Dollar zu besitzen und damit die Nachfrage hoch. Entsprechend ist der Wechselkurs für die Amerikaner günstig und sie können nicht nur preiswert überall in der Welt einkaufen, sie können sich auch preiswert verschulden.
Aufgrund all dieser Mechanismen ist es den USA gelungen, ein welthistorisch einmalig hohes Defizit aufzubauen, ohne dass das von der Mehrheit der Menschen als bedrohlich wahrgenommen wird. Es besteht auch wenig Zweifel, dass das Anhäufen noch gigantischerer US-Schuldenberge auch in den nächsten Jahren funktionieren wird.
Der Krug geht immer so lange zum Brunnen, bis er undsoweiter... Wann dies sein wird, weiß niemand, nicht einmal der Moneycracy Podcast. Wir sehen und beklagen allerdings eine weltweit immer mehr Schulden ausgerichtete Wirtschaftsweise – denn die Amerikaner befinden sich in guter Gesellschaft mit nahezu allen Ländern der Erde. Das Leben und Gestalten auf Pump ist in den ersten zwei Jahrzehnten des laufenden Jahrhunderts zum gängigen Politikstil geworden, die USA haben lediglich besonders günstige Voraussetzungen dafür.
Der Absturz wird daher kein isoliert amerikanischer, sondern ein weltweiter sein. Die Untergangspropheten sehen die Katastrophe schon dicht am Horizont heraufziehen – wir halten uns da für den Moment bedeckt. Was wir prognostizieren können, dass es die USA so schnell nicht treffen wird, auch weil niemand Interesse daran hat. Während Argentinien alle 20 Jahre pleitegehen kann, ohne dass dies Menschen außerhalb des Landes groß beunruhigt, ist alle Welt am wirtschaftlichen Wohlergehen der Vereinigten Staaten aus guten eigennützigen Gründen interessiert. Es bedürfte eines radikalen Wandels in der Weltwirtschaft, bevor die Welt sich einen Absturz der USA leisten wollte.
Daher wird die Schuldenobergrenze auch weiterhin nach einigen Geplänkel immer wieder erhöht werden und der Rest der Welt wird weiterhin den USA das benötigte Geld zu Sonderkonditionen leihen.
Übrigens gibt es auch in Deutschland eine Art Schuldengrenze. Sie bezieht sich nicht auf eine absolute Obergrenze der bestehenden Schulden, wie in den USA, sondern auf die Neuverschuldung, genauer auf die Nettoneuverschuldung. Die Nettoneuverschuldung sind die in einem Jahr aufgenommenen Schulden abzüglich der getätigten Tilgung, also Rückzahlung alter Schulden. Also beschreibt die Nettoneuverschuldung, wie viele neue Schulden zum bestehenden Schuldenberg hinzukommen. Diese Neuverschuldung wird ins Verhältnis zum Bruttosozialprodukt, einer Kennzahl für die wirtschaftlich Gesamtleistung einer Gesellschaft gesetzt. Zum Bruttosozialprodukt findet ihr übrigens auch einen Podcast in unserer Reihe. Also, die Neuverschuldung soll nicht mehr als 0.35 Prozent des Bruttosozialprodukts betragen – gelingt übrigens gerade schon ein paar Jahre nicht, wegen Corona, Ukraine und so.
Eine andere Regelung zur Begrenzung der Verschuldung, die auch für Deutschland gilt, kommt aus den Euro-Stabilitätsverträgen. Diese besagt, dass die gesamte Staatsverschuldung, also nicht das, was neu dazu kommt, sondern alle Schulden, nicht mehr als 60 Prozent der Bruttosozialprodukts betragen darf. Die Regelung besteht seit 2002, dem Einführungsdatum des Euro. In den letzten 20 Jahren hat Deutschland gerade zweimal diese Grenze eingehalten. Wir sehen, auch im Land der schwäbischen Hausfrau macht man gerne und zu viel Schulden.
Wir schliessen diesen Podcast mit einem Zitat:
Schulden machen ist die asozialste Politik, die es gibt; die Politik auf den Knochen der kleinen Leute. Norbert Blüm, deutscher Politiker