Umweltschutz bei Popkonzerten
ID 46015
Welche Umweltbelastungen bringen Popkonzerte mit sich und wie kann man es anders machen? Thom Yorke als positives Beispiel...
Audio
07:08 min, 6688 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 31.01.2012 / 12:24
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Dateizugriffe: 593
Klassifizierung
Type: Anderes
Language: deutsch
Subject area: Musik, Umwelt
Series: Grünfunk (Greenpeace München)
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Umweltschutz bei Pop-Konzerten
50.000 Menschen, alle zusammen singen sie. Es ist Nacht und die Nacht ist hell erleuchtet. Sie kreischen, sie weinen, sie feiern - ihren Star. Er steht auf der Bühne und ruft in die Menge: „Is there anybody out there?“ Die Menge antwortet. Natürlich sind sie da! Von weit her sind sie gekommen, um dann endlich mit lautem Radio und quietschenden Reifen einen Parkplatz zu ergattern. Jetzt sind sie endlich Teil der großen Show. Im Scheinwerferlicht steht ihr Idol, über Stunden werden Lieblingssongs gerockt und Rosen geschmissen. Er singt und alle singen mit.
Der Tag danach. Das Festivalgelände erinnert an ein Schlachtfeld. Wo vor Stunden noch Tausende Teenies tanzten und tobten, sind nun nur noch die Reste der großen Show zu sehen: Pappbecher und Plastikflaschen bedecken den Boden. Die schweren Lautsprecher werden verladen, unzählige Glühbirnen müssen abgeschraubt werden. Der Mittelpunkt des Konzertes – der Star – er sitzt im Flugzeug, auch für ihn geht es weiter. Der riesengroße Parkplatz ist fast leer. Alle 50.000 sind wieder weg - nur ihren Müll, den haben sie zurückgelassen.
Die Musikbranche und der Klimaschutz: dieses Thema ist verzwickt. Die einen sehen die Popsternchen als wirkungsvolle Botschafter für Umweltthemen. Sie sind Vorbilder und Persönlichkeiten mit Macht. Damit könnten sie Tausende junge Menschen erreichen. Leider wird dabei nicht nur der Lebensstil der Stars, sondern auch die umweltschädlichen Folgen ihrer Konzerte vergessen.
In den letzten Jahren rissen sich die großen Stars geradezu drum, sich für den Klimaschutz einzusetzen. Das primäre Ziel: „to raise awareness“, also Bewusstsein zu schaffen. Oft blieb es dann auch dabei. Das berühmteste Beispiel hierfür war wohl die Konzertreihe „Live Earth“ im Juli 2007, welche über eine Milliarde Menschen mit dem Thema in Kontakt bringen sollte. Al Gore initiierte dieses weltweite Konzert mit 11 Austragungsorten. Für die Antarktis gab es eine Videoshow - auf allen 7 Kontinenten sangen Künstler wie Madonna, The Police, Rihanna und The Black Eyed Peas. Viele empfanden es als Heuchelei: Persönlichkeit, die bekannt sind für ihre Privatjets und luxusgeladenen Videoclips, trällern nun im Namen des Klimaschutzes. Somit entstand erstmals in namenhaften Magazinen ein Rummel nicht nur über die fehlende Authentizität der Botschafter, sondern auch über die Klimaschäden von großen Musikkonzerten. So schrieb Der Economist im Juni 2008: „Die Durchführung des Live Earth Event im letzten Jahr bewirkte, wenn überhaupt, dass die Umweltschäden der Konzertindustrie nun unmöglich ignoriert werden können.“ Bei den Diskussionen um die negativen Folgen für die Umwelt gibt es drei Hauptfaktoren: 1. der Transport von Künstler und Publikum sowie der Technik; 2. die Massen des meist nicht recycelten Mülls; und 3. der hohe Verbrauch von Elektrizität. Der National Geographic‘s Green Guide veröffentliche 2008 interessante Zahlen: ein typisches Konzert in einem Stadion produziert zwischen 500 und 1000 Tonnen Co2 - das ist 25 bis 50 mal mehr als ein durchschnittlicher US-Bürger in einem Jahr verbraucht. Oder ein US-Bürger in einem halben Leben.
Bei Zahlen, die ein kollektives Verhalten darstellen, lässt sich die Frage nach der Verantwortung schwer beantworten. Will der Musiker oder die Fangemeinschaft die Lichtershow und die extralauten Bässe? Sollte der umweltbewusste Fan auf ein Konzert verzichten, weil dies mit stundenlanger Anfahrt mit dem Auto verbunden ist oder Cola in Pappbechern verkauft wird? Darf man als aufgeklärter Musiker auf eine Tournee gehen, wenn man weiß, dass jedes Konzert 25 Jahren CO2 Emissionen eines westlichen Lebensstils entspricht?
Schauen wir uns den Künstler Thom Yorke an. Er geht zwar auf Tournee - aber er überlegt sich wie. Der Frontsänger der Rockgruppe Radiohead, versucht, seine Botschaften des Klimaschutzes umzusetzen. Er kollaboriert seit Jahren mit Friends of the Earth. Er sieht sich als Künstler und Konzertveranstalter in der Verantwortung. So sagte er 2008 der britischen Zeitung The Guardian: „Das Schockierendste sowie Offensichtlichste, das wir rausgefunden haben, ist, dass die Anreise der Fans den größten Einfluss hat. Also spielen wir jetzt nur noch an Orten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zugänglich sind. Wir haben auch eine neue Lichtinstallation, die von super-effizienten Generatoren betrieben wird und wir haben einen Vertrag mit Transportagenturen, damit sie ihre Emissionen verringern.“
In vielen Fällen werden all jene Künstler unterstützt, die aus welchen Gründen auch immer ihre Konzerte grüner gestalten möchten. Ein Beispiel: Die Non Profit Organisation Reverb wurde im Jahr 2004 in den USA gegründet. Mitgründer war Adam Gardener, selbst ein Gitarrist in einer Rockgruppe. Ihm fiel auf, dass er trotz umweltbewusstem Wohnstil einen übergroßen Co2 Fußabdruck hinterließ. Er tourte nämlich regelmäßig mit seiner Band in Bus und Flugzeug von einer Konzerthalle zur nächsten. Was also tun? Liebe zur Musik im Kampf mit der Liebe zur Umwelt?
Er entschied sich, eine Organisation zu gründen, welche Musikern hilft Kompromisse zu finden. Seitdem bietet er ein „Green Up!“ von großen Konzerten an. Konkret heißt das: Man organisiert Sammeltransporte für die Fans und verwendet effiziente Generatoren, die mit Wasserkraft betrieben sind. Man ersetzt Cola und Pommes durch regional angebaute Verpflegung in Bio-Qualität. Man setzt Fahrzeuge ein, die mit Biodiesel fahren. Und man errechnet und neutralisiert die Co2 Emissionen. Neben der Optimierung vor Ort in Richtung Umweltverträglichkeit, setzten sie sich auch für Aufklärung ein. Bei jedem Konzert gibt es Zelte von NGOs, große Präsentationen und eine Menge Infomaterial darüber, wie man sich einbringen kann. Zahlreiche Künstler haben sich angeschlossen: Jack Johnson, Sheryl Crow, Maroon 5 und Coldplay, um nur einige zu nennen.
Gemessen an der Vielzahl der Kunden von Reverb scheint die Rechnung aufzugehen. Die Musiker kommen ihrer Verantwortung als Vorbild und Mensch nach und verbessern ihr Image. Doch sicherlich gibt es auch hier noch Verbesserungspotenzial: Biodiesel verursacht kaum weniger Co2 Emissionen als normales Benzin, wenn man den Wasserverbrauch für die Produktion, den Dünger und das Benzin, das für die Ernte verbraucht wird, in die Rechnung einbezieht.
Dennoch ist wichtig: Das Bewußtsein für die Umwelt hat sich auch in diesem Bereich weiter entwickelt. Es ist offensichtlich: Man sollte sich des Zweckes ebenso bewusst sein wie dessen Mittel.
50.000 Menschen, alle zusammen singen sie. Es ist Nacht und die Nacht ist hell erleuchtet. Sie kreischen, sie weinen, sie feiern - ihren Star. Er steht auf der Bühne und ruft in die Menge: „Is there anybody out there?“ Die Menge antwortet. Natürlich sind sie da! Von weit her sind sie gekommen, um dann endlich mit lautem Radio und quietschenden Reifen einen Parkplatz zu ergattern. Jetzt sind sie endlich Teil der großen Show. Im Scheinwerferlicht steht ihr Idol, über Stunden werden Lieblingssongs gerockt und Rosen geschmissen. Er singt und alle singen mit.
Der Tag danach. Das Festivalgelände erinnert an ein Schlachtfeld. Wo vor Stunden noch Tausende Teenies tanzten und tobten, sind nun nur noch die Reste der großen Show zu sehen: Pappbecher und Plastikflaschen bedecken den Boden. Die schweren Lautsprecher werden verladen, unzählige Glühbirnen müssen abgeschraubt werden. Der Mittelpunkt des Konzertes – der Star – er sitzt im Flugzeug, auch für ihn geht es weiter. Der riesengroße Parkplatz ist fast leer. Alle 50.000 sind wieder weg - nur ihren Müll, den haben sie zurückgelassen.
Die Musikbranche und der Klimaschutz: dieses Thema ist verzwickt. Die einen sehen die Popsternchen als wirkungsvolle Botschafter für Umweltthemen. Sie sind Vorbilder und Persönlichkeiten mit Macht. Damit könnten sie Tausende junge Menschen erreichen. Leider wird dabei nicht nur der Lebensstil der Stars, sondern auch die umweltschädlichen Folgen ihrer Konzerte vergessen.
In den letzten Jahren rissen sich die großen Stars geradezu drum, sich für den Klimaschutz einzusetzen. Das primäre Ziel: „to raise awareness“, also Bewusstsein zu schaffen. Oft blieb es dann auch dabei. Das berühmteste Beispiel hierfür war wohl die Konzertreihe „Live Earth“ im Juli 2007, welche über eine Milliarde Menschen mit dem Thema in Kontakt bringen sollte. Al Gore initiierte dieses weltweite Konzert mit 11 Austragungsorten. Für die Antarktis gab es eine Videoshow - auf allen 7 Kontinenten sangen Künstler wie Madonna, The Police, Rihanna und The Black Eyed Peas. Viele empfanden es als Heuchelei: Persönlichkeit, die bekannt sind für ihre Privatjets und luxusgeladenen Videoclips, trällern nun im Namen des Klimaschutzes. Somit entstand erstmals in namenhaften Magazinen ein Rummel nicht nur über die fehlende Authentizität der Botschafter, sondern auch über die Klimaschäden von großen Musikkonzerten. So schrieb Der Economist im Juni 2008: „Die Durchführung des Live Earth Event im letzten Jahr bewirkte, wenn überhaupt, dass die Umweltschäden der Konzertindustrie nun unmöglich ignoriert werden können.“ Bei den Diskussionen um die negativen Folgen für die Umwelt gibt es drei Hauptfaktoren: 1. der Transport von Künstler und Publikum sowie der Technik; 2. die Massen des meist nicht recycelten Mülls; und 3. der hohe Verbrauch von Elektrizität. Der National Geographic‘s Green Guide veröffentliche 2008 interessante Zahlen: ein typisches Konzert in einem Stadion produziert zwischen 500 und 1000 Tonnen Co2 - das ist 25 bis 50 mal mehr als ein durchschnittlicher US-Bürger in einem Jahr verbraucht. Oder ein US-Bürger in einem halben Leben.
Bei Zahlen, die ein kollektives Verhalten darstellen, lässt sich die Frage nach der Verantwortung schwer beantworten. Will der Musiker oder die Fangemeinschaft die Lichtershow und die extralauten Bässe? Sollte der umweltbewusste Fan auf ein Konzert verzichten, weil dies mit stundenlanger Anfahrt mit dem Auto verbunden ist oder Cola in Pappbechern verkauft wird? Darf man als aufgeklärter Musiker auf eine Tournee gehen, wenn man weiß, dass jedes Konzert 25 Jahren CO2 Emissionen eines westlichen Lebensstils entspricht?
Schauen wir uns den Künstler Thom Yorke an. Er geht zwar auf Tournee - aber er überlegt sich wie. Der Frontsänger der Rockgruppe Radiohead, versucht, seine Botschaften des Klimaschutzes umzusetzen. Er kollaboriert seit Jahren mit Friends of the Earth. Er sieht sich als Künstler und Konzertveranstalter in der Verantwortung. So sagte er 2008 der britischen Zeitung The Guardian: „Das Schockierendste sowie Offensichtlichste, das wir rausgefunden haben, ist, dass die Anreise der Fans den größten Einfluss hat. Also spielen wir jetzt nur noch an Orten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zugänglich sind. Wir haben auch eine neue Lichtinstallation, die von super-effizienten Generatoren betrieben wird und wir haben einen Vertrag mit Transportagenturen, damit sie ihre Emissionen verringern.“
In vielen Fällen werden all jene Künstler unterstützt, die aus welchen Gründen auch immer ihre Konzerte grüner gestalten möchten. Ein Beispiel: Die Non Profit Organisation Reverb wurde im Jahr 2004 in den USA gegründet. Mitgründer war Adam Gardener, selbst ein Gitarrist in einer Rockgruppe. Ihm fiel auf, dass er trotz umweltbewusstem Wohnstil einen übergroßen Co2 Fußabdruck hinterließ. Er tourte nämlich regelmäßig mit seiner Band in Bus und Flugzeug von einer Konzerthalle zur nächsten. Was also tun? Liebe zur Musik im Kampf mit der Liebe zur Umwelt?
Er entschied sich, eine Organisation zu gründen, welche Musikern hilft Kompromisse zu finden. Seitdem bietet er ein „Green Up!“ von großen Konzerten an. Konkret heißt das: Man organisiert Sammeltransporte für die Fans und verwendet effiziente Generatoren, die mit Wasserkraft betrieben sind. Man ersetzt Cola und Pommes durch regional angebaute Verpflegung in Bio-Qualität. Man setzt Fahrzeuge ein, die mit Biodiesel fahren. Und man errechnet und neutralisiert die Co2 Emissionen. Neben der Optimierung vor Ort in Richtung Umweltverträglichkeit, setzten sie sich auch für Aufklärung ein. Bei jedem Konzert gibt es Zelte von NGOs, große Präsentationen und eine Menge Infomaterial darüber, wie man sich einbringen kann. Zahlreiche Künstler haben sich angeschlossen: Jack Johnson, Sheryl Crow, Maroon 5 und Coldplay, um nur einige zu nennen.
Gemessen an der Vielzahl der Kunden von Reverb scheint die Rechnung aufzugehen. Die Musiker kommen ihrer Verantwortung als Vorbild und Mensch nach und verbessern ihr Image. Doch sicherlich gibt es auch hier noch Verbesserungspotenzial: Biodiesel verursacht kaum weniger Co2 Emissionen als normales Benzin, wenn man den Wasserverbrauch für die Produktion, den Dünger und das Benzin, das für die Ernte verbraucht wird, in die Rechnung einbezieht.
Dennoch ist wichtig: Das Bewußtsein für die Umwelt hat sich auch in diesem Bereich weiter entwickelt. Es ist offensichtlich: Man sollte sich des Zweckes ebenso bewusst sein wie dessen Mittel.