"Aus neutraler Sicht" von Albert Jörimann - Versuch zur Sammlung
ID 131781
Sogar die Mehrheit der Stimmen hat er erhalten, der Wrestler und Quak-Automat in den Vereinigten Staaten, und man darf dabei wohl nicht annehmen, dass diese Mehrheit dem Quäker alles abgenommen hat, was er den lieben Tag lang herausgelassen hat, herauslässt und noch herauslassen wird. Der alte Knabe hat derart keine Ahnung von Tuten und Blasen, der weiß doch selber nicht, was unterhalb seiner Nasenblätter gerade herausquillt, aber er vermag die Stimmungslage im Publikum recht genau einzuschätzen....
Audio
11:41 min, 16 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 13.11.2024 / 13:09
11:41 min, 16 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 13.11.2024 / 13:09
Dateizugriffe: 13
Entstehung
autrici/autori: Albert Jörimann
Kontakt: redaktion(at)radio-frei.de
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
data di produzione: 13.11.2024
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Zu diesem Zwecke bezahlt er ein stehendes Heer an Meinungsforscherinnen, Rechtsanwältinnen und PR-Agenturen, und man sollte nicht glauben, dass es die demokratische Partei in dieser Beziehung anders hält; bloß setzen die bei der Formulierung noch auf die letzten Reste von Logik, wo nicht sogar Anstand, was das Trump von Anfang an und noch viel früher komplett fahren gelassen hat.
Offensichtlich legen die Amerikanerinnen keinen Wert mehr auf Argumente. Sie vermuten dahinter zum Vornherein Trickserei, und auch in dieser Beziehung kann man ihnen nicht einfach unrecht geben, noch nicht einmal jenseits der Politik. Am Wochenende habe ich etwas von einer Sammelklage gelesen gegen den Schokoladenhersteller Lindt und Sprüngli, und zwar weil dessen dunkle Schokolade höhere Mengen an Schwermetall enthält, als man es aus der Schokoladenwerbung für dieses Produkt in Kalifornien habe vermuten können. Auch die Begründung für die relativ hohen Cadmium-Spuren in diesem Teil las ich in diesem Artikel, nämlich dass es in der entsprechenden Kakao-Anbauregion in Lateinamerika eine relativ hohe natürliche Belastung mit Cadmium gebe, was man im Verarbeitungsprozess der Schokolade nicht vollständig weg kriege, und andere Kakaobohnen könne man für diese Dunkelschokolade nicht verwenden, ohne die Qualität zu beeinträchtigen. Von einer auch nur ansatzweisen Gefährdung von Leib und Leben von erwachsenen Personen oder von Kindern ist dabei nicht die Rede. Die Sammelklägerinnen fordern trotzdem, ich nehme an, mehrere Milliarden US-Dollar vom Hersteller. Es steht schon jetzt fest, dass aus diesem Prozess jene Partei als Siegerin hervorgehen wird, welche die besseren Anwältinnen hat. Und ebenso steht fest, dass dieser Prozess nur einer von tausenden ist. Die Milliardenklagen des Trumps gegen Zeitungen und Google sind vermutlich nach dem Wahlsieg zurückgezogen worden, da sie ihren Zweck erfüllt haben, aber die Gewissheit bleibt, dass man in den Vereinigten Staaten von Amerika nur noch in einem kleinen Reservat von universitären Instituten damit rechnen kann, dass eine Diskussion geführt wird, die sich um die Sache dreht, die nach Wahrheit sucht, welche die Logik zur Anwendung bringt; im Rest des Landes geht es nur um die Justiziabilität von PR-Aussagen. Für die normalen Leute ist Wahrheit irgendwie unerschwinglich oder unnötig. Unter diesen Voraussetzungen marschiert das Stimmvolk lieber einem unsäglich schlechten Showmaster hinterher, als sich für jene Gruppen zu entscheiden, die so tun, als gehe es hier tatsächlich um etwas anderes als reine Show. Abgesehen davon hat es doch tatsächlich einen gewissen Unterhaltungswert, wenn das Trump seine Gegnerin als Kommunistin bezeichnet oder behauptet, die lateinamerikanischen Einwandererinnen in die USA würden die Haustiere der Ureinwohner fressen. – Und noch kurz zurück zum Schokoladenhersteller Lindt und Sprüngli: Wer sagt mir, dass der Artikel, aus dem ich meine Informationen bezog, nicht von der PR-Abteilung der Firma selber geschrieben beziehungsweise in Auftrag gegeben wurde? – Das kann man nicht mit letzter Sicherheit wissen; dagegen würde es mich seltsam anmuten, wenn ein Lebensmittelhersteller seine Produkte absichtlich mit lebensgefährdenden Giften verseucht.
Am Anfang war das Wort, und jetzt ist das Wort am Arsch. Ich weiß nicht, welchen Beitrag die Inflation der Bilder dazu geleistet hat, aber die Zeiten, da sich die Öffentlichkeit mit vernünftigen Argumenten auseinander gesetzt hat, scheinen definitiv vorbei zu sein, nicht nur in den Vereinigten Staaten, wo das Phänomen allerdings eine widernatürliche Form angenommen hat mit dieser Schnabeltasse mit Jauchegebläse. Leider bin ich nicht in der Lage, den politischen Diskurs in Deutschland zu loben. Was ich immerhin mit einer gewissen Erleichterung festgestellt habe, das war die Entlassung dieses seltsamen Finanzministers dieser seltsamen Partei, die schon vor dreißig Jahren versuchte, die Logik beiseite zu schieben und zur reinen Spaß- und Gaudi-Organisation zu werden. Das reicht nicht, es müssen doch noch ein paar Vorurteile gepflegt, ein paar nationalistische und Hass-Parolen gedrechselt, die unterste Schublade des politischen Unanstands geplündert werden. Daran arbeiten sie in der Zwischenzeit an breiter Front, von der Allianz für Deutschland bis zum Münchener Marsmenschen, der mit Instagram Stimmung macht in der bayrischen Politik.
Davon abgesehen kann man sich auch noch auf andere, eher klassische Art echauffieren, zum Beispiel über die UNO-Klimakonferenzen, die jetzt in Aserbaidschan begonnen haben, also in jenem Land, das mit Garantie alle Versuche zur Erreichung der Klimaziele auf allen Ebenen so gut sabotieren wird, wie es eben geht. Und wenn die Konferenz zu Ende ist, kann man damit rechnen, dass Kalif Alijew gleich in Armenien einmarschiert und sich das Land gänzlich unter den Nagel reißt, weil die regionale Großwetterlage das grad erlaubt. Man kann sich weiterhin aufregen über die Konflikte im Nahen Osten oder insgesamt über den einen großen Konflikt im Nahen Osten, der auf seine Art so folgerichtig ist, dass man nicht einmal dem Netanjahu die ausschließliche Schuld an der Misere zuschanzen kann, so gerne man das auch täte. Dass aber die Hisb'Allah in den letzten paar Jahren die demilitarisierte Zone im Südlibanon ziemlich gründlich militarisiert hat, ist ebenso ein Faktor wie der für kurze Zeit viel bejubelte Terrorangriff der Hamas auf ein israelisches Volksfest und ein paar Kibbuz; dass Israel beziehungsweise die israelische Armee jetzt Tatsachen schaffen, die ihre Gegnerinnen auf Jahre hinaus nicht vergessen werden, ist unglücklicherweise vollständig verständlich, und es gibt aus meiner Warte keine objektive Grenze, kein absehbares Ende für diese militärischen Operationen. Gewisse Begleiterscheinungen sind doof und widerwärtig, von der ekelhaften Fratze des zionistischen Extremismus über das Wüten im Westjordanland bis zum Verbot des Palästinenserhilfswerks, aber angesichts des strategischen Ziels sind sie wirklich nicht zentral. Mindestens zum gegenwärtigen Zeitpunkt; wie sich die Lage entwickelt, wenn der Krieg irgendwann mal wieder aufhört, ist schwer abzuschätzen.
Verlockend erscheint es auch, die Verantwortung für diesen Krieg nicht in erster Linie Israel, sondern dem Iran in die Schuhe zu schieben. Dieser finanziert offensichtlich die Raketen der Hisb'Allah und der Hamas, abgesehen von der Unterstützung für die Huthi in Jemen, was aber eigentlich ein anders gelagerter und grundsätzlich nationaler Konflikt ist, den der Iran nur mit viel Mühe zu einem weit außen liegenden Flankenangriff auf Israel bzw. die USA bzw. die Handelsschifffahrt zurecht gebogen hat. Es ist verlockend, sage ich, weil die meisten Vorwürfe ja auch zutreffen, wäre da nicht der Umstand, dass die iranischen Institutionen weitgehend vom israelischen Geheimdienst durchseucht sind. Das zwingt eigentlich zu einer Beurteilung auf einer höheren Ebene, wofür mir aber wesentliche Hinweise fehlen. Ich weiß um die Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten, aber ich gehe davon aus, dass auch hier sehr viel Showbusiness im Spiel ist, Theater, um das eigene Publikum zu unterhalten, hüben wie drüben. Was ich dagegen nicht begreife, ist, weshalb die Damen und Herren, naja, Damen haben dort nicht so viel zu sagen, also: weshalb die Herren nicht einfach auf ihre Feindseligkeiten verzichten und sich auf die Einrichtung einer friedlichen und prosperierenden Gesellschaft konzentrieren. Das Geld dafür wäre in jedem Fall vorhanden, und dass man auch im Namen des Islam eine gewisse Vorliebe für die Moderne entwickeln kann, scheint mir unterdessen ausreichend nachgewiesen.
Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang ist jene nach dem Vergessen oder dem Nachgeben. Was heute als Palästinenserinnen in den Flüchtlingslagern lebt oder eben im Gazastreifen und im Westjordanland, wurde vor 75 Jahren mit Terror und Gewalt vertrieben. Die internationale Gemeinschaft hat den Jüdinnen nach der deutschen Ausrottungskampagne 1938 bis 1945 eine neue staatliche Heimat zugesichert, unglücklicherweise nicht auf dem Gebiet des heutigen Bayern, wie man es nach dem Täter-Opfer-Prinzip hätte einrichten müssen, sondern aufgrund eines vollkommen absurden historischen Anspruchs eben in Palästina. Auf diesen 2000 Jahre alten historischen Anspruch berufen sich heute die Palästinenserinnen, die ihrerseits seit 2000 Jahren auf diesem Gebiet leben, vermutlich zwischendurch mal die Religion gewechselt haben und im Moment halt grad dem Islam zuzuordnen sind. Ihre Erfahrung mit Terror und Vertreibung ist nun nicht 2000, sondern nur 75 Jahre alt. Trotzdem müssen alle Menschen, die nicht von Rache, sondern von Prinzipien geleitet sind wie Vernunft oder Verzeihen, ein Verzeihen übrigens, das sowohl dem Islam wie auch dem Christentum eigen ist, also muss man die Existenz des Staates Israel anerkennen, wenn auch nicht unbedingt in seiner ultraorthodoxen Form. Aber um Israel als Staat kommt man nicht herum. Sobald die Hamas oder die Hisb'Allah oder der Islamische Dschihad sich zu dieser Anerkennung durchgerungen haben, kann man über das weitere Vorgehen diskutieren. Als der Chef der PLO damals die Friedensabkommen unterzeichnete, dachte man, es sei soweit. In der Zwischenzeit hat man gesehen, dass in der palästinensischen Bevölkerung der Unmut wieder zugenommen hat, sei es wegen des Versagens der Palästinenserbehörden oder auch wegen der Fehler der israelischen Seite. Dazu gehört nicht nur die Sabotage der Friedensgespräche, schon damals unter anderem durch Benjamin Netanjahu, aber es hätte auch ein i-beliebiger anderer israelischer Hardliner sein können; es gehört aber auch dazu der Bevölkerungsdruck durch die Millionen von Einwanderern aus Osteuropa, die sich unter dem Druck der Umstände gerne und sofort den expansionistischen Extremistinnen angeschlossen haben, ohne dabei im Kern auch nur einen Mückenhoden an richtigem Gottesglauben auszuweisen. Und so stehen sich die Gegnerinnen wieder unversöhnlich gegenüber, wobei Israel im Moment zusammen mit den Vereinigten Staaten von Amerika eine militärische und geheimdienstliche Überlegenheit ausspielt, die den Beobachterinnen im Ausland schlicht und einfach den Atem raubt.
Für uns aber in unseren warmen Stuben verhält es sich mit den Ereignissen im Nahen Osten ebenso wie mit jenen in den Vereinigten Staaten und anderswo, ja sogar in unseren eigenen Ländern, dass wir sie halt wie schon im Gleichnis vor zweieinhalbtausend Jahren nur als Schatten wahrnehmen, die auf unsere Stubenwände projiziert werden. Selbstverständlich haben wir in der Zwischenzeit hoch entwickelte Form der Projektion von Schatten erfunden, namentlich große und kleine Bildschirme, aber Schatten bleiben es trotz allen Farben. Unsere Bemühungen, die Vorgänge richtig zu verstehen, stoßen schnell an ihre Grenzen, vor allem, weil sie so unbedeutend sind im Vergleich zu den Kräften, welche die Entwicklungen in der Welt draußen tatsächlich bestimmen. Wenn wir von Demokratie sprechen, dann von einem Weg, diese Entwicklungen selber zu bestimmen, eben durch die Kraft und Macht einer aufgeklärten, souveränen Bevölkerung; aber die jüngsten Beobachtungen lassen ernsthaft daran zweifeln, ob so etwas möglich ist.
Offensichtlich legen die Amerikanerinnen keinen Wert mehr auf Argumente. Sie vermuten dahinter zum Vornherein Trickserei, und auch in dieser Beziehung kann man ihnen nicht einfach unrecht geben, noch nicht einmal jenseits der Politik. Am Wochenende habe ich etwas von einer Sammelklage gelesen gegen den Schokoladenhersteller Lindt und Sprüngli, und zwar weil dessen dunkle Schokolade höhere Mengen an Schwermetall enthält, als man es aus der Schokoladenwerbung für dieses Produkt in Kalifornien habe vermuten können. Auch die Begründung für die relativ hohen Cadmium-Spuren in diesem Teil las ich in diesem Artikel, nämlich dass es in der entsprechenden Kakao-Anbauregion in Lateinamerika eine relativ hohe natürliche Belastung mit Cadmium gebe, was man im Verarbeitungsprozess der Schokolade nicht vollständig weg kriege, und andere Kakaobohnen könne man für diese Dunkelschokolade nicht verwenden, ohne die Qualität zu beeinträchtigen. Von einer auch nur ansatzweisen Gefährdung von Leib und Leben von erwachsenen Personen oder von Kindern ist dabei nicht die Rede. Die Sammelklägerinnen fordern trotzdem, ich nehme an, mehrere Milliarden US-Dollar vom Hersteller. Es steht schon jetzt fest, dass aus diesem Prozess jene Partei als Siegerin hervorgehen wird, welche die besseren Anwältinnen hat. Und ebenso steht fest, dass dieser Prozess nur einer von tausenden ist. Die Milliardenklagen des Trumps gegen Zeitungen und Google sind vermutlich nach dem Wahlsieg zurückgezogen worden, da sie ihren Zweck erfüllt haben, aber die Gewissheit bleibt, dass man in den Vereinigten Staaten von Amerika nur noch in einem kleinen Reservat von universitären Instituten damit rechnen kann, dass eine Diskussion geführt wird, die sich um die Sache dreht, die nach Wahrheit sucht, welche die Logik zur Anwendung bringt; im Rest des Landes geht es nur um die Justiziabilität von PR-Aussagen. Für die normalen Leute ist Wahrheit irgendwie unerschwinglich oder unnötig. Unter diesen Voraussetzungen marschiert das Stimmvolk lieber einem unsäglich schlechten Showmaster hinterher, als sich für jene Gruppen zu entscheiden, die so tun, als gehe es hier tatsächlich um etwas anderes als reine Show. Abgesehen davon hat es doch tatsächlich einen gewissen Unterhaltungswert, wenn das Trump seine Gegnerin als Kommunistin bezeichnet oder behauptet, die lateinamerikanischen Einwandererinnen in die USA würden die Haustiere der Ureinwohner fressen. – Und noch kurz zurück zum Schokoladenhersteller Lindt und Sprüngli: Wer sagt mir, dass der Artikel, aus dem ich meine Informationen bezog, nicht von der PR-Abteilung der Firma selber geschrieben beziehungsweise in Auftrag gegeben wurde? – Das kann man nicht mit letzter Sicherheit wissen; dagegen würde es mich seltsam anmuten, wenn ein Lebensmittelhersteller seine Produkte absichtlich mit lebensgefährdenden Giften verseucht.
Am Anfang war das Wort, und jetzt ist das Wort am Arsch. Ich weiß nicht, welchen Beitrag die Inflation der Bilder dazu geleistet hat, aber die Zeiten, da sich die Öffentlichkeit mit vernünftigen Argumenten auseinander gesetzt hat, scheinen definitiv vorbei zu sein, nicht nur in den Vereinigten Staaten, wo das Phänomen allerdings eine widernatürliche Form angenommen hat mit dieser Schnabeltasse mit Jauchegebläse. Leider bin ich nicht in der Lage, den politischen Diskurs in Deutschland zu loben. Was ich immerhin mit einer gewissen Erleichterung festgestellt habe, das war die Entlassung dieses seltsamen Finanzministers dieser seltsamen Partei, die schon vor dreißig Jahren versuchte, die Logik beiseite zu schieben und zur reinen Spaß- und Gaudi-Organisation zu werden. Das reicht nicht, es müssen doch noch ein paar Vorurteile gepflegt, ein paar nationalistische und Hass-Parolen gedrechselt, die unterste Schublade des politischen Unanstands geplündert werden. Daran arbeiten sie in der Zwischenzeit an breiter Front, von der Allianz für Deutschland bis zum Münchener Marsmenschen, der mit Instagram Stimmung macht in der bayrischen Politik.
Davon abgesehen kann man sich auch noch auf andere, eher klassische Art echauffieren, zum Beispiel über die UNO-Klimakonferenzen, die jetzt in Aserbaidschan begonnen haben, also in jenem Land, das mit Garantie alle Versuche zur Erreichung der Klimaziele auf allen Ebenen so gut sabotieren wird, wie es eben geht. Und wenn die Konferenz zu Ende ist, kann man damit rechnen, dass Kalif Alijew gleich in Armenien einmarschiert und sich das Land gänzlich unter den Nagel reißt, weil die regionale Großwetterlage das grad erlaubt. Man kann sich weiterhin aufregen über die Konflikte im Nahen Osten oder insgesamt über den einen großen Konflikt im Nahen Osten, der auf seine Art so folgerichtig ist, dass man nicht einmal dem Netanjahu die ausschließliche Schuld an der Misere zuschanzen kann, so gerne man das auch täte. Dass aber die Hisb'Allah in den letzten paar Jahren die demilitarisierte Zone im Südlibanon ziemlich gründlich militarisiert hat, ist ebenso ein Faktor wie der für kurze Zeit viel bejubelte Terrorangriff der Hamas auf ein israelisches Volksfest und ein paar Kibbuz; dass Israel beziehungsweise die israelische Armee jetzt Tatsachen schaffen, die ihre Gegnerinnen auf Jahre hinaus nicht vergessen werden, ist unglücklicherweise vollständig verständlich, und es gibt aus meiner Warte keine objektive Grenze, kein absehbares Ende für diese militärischen Operationen. Gewisse Begleiterscheinungen sind doof und widerwärtig, von der ekelhaften Fratze des zionistischen Extremismus über das Wüten im Westjordanland bis zum Verbot des Palästinenserhilfswerks, aber angesichts des strategischen Ziels sind sie wirklich nicht zentral. Mindestens zum gegenwärtigen Zeitpunkt; wie sich die Lage entwickelt, wenn der Krieg irgendwann mal wieder aufhört, ist schwer abzuschätzen.
Verlockend erscheint es auch, die Verantwortung für diesen Krieg nicht in erster Linie Israel, sondern dem Iran in die Schuhe zu schieben. Dieser finanziert offensichtlich die Raketen der Hisb'Allah und der Hamas, abgesehen von der Unterstützung für die Huthi in Jemen, was aber eigentlich ein anders gelagerter und grundsätzlich nationaler Konflikt ist, den der Iran nur mit viel Mühe zu einem weit außen liegenden Flankenangriff auf Israel bzw. die USA bzw. die Handelsschifffahrt zurecht gebogen hat. Es ist verlockend, sage ich, weil die meisten Vorwürfe ja auch zutreffen, wäre da nicht der Umstand, dass die iranischen Institutionen weitgehend vom israelischen Geheimdienst durchseucht sind. Das zwingt eigentlich zu einer Beurteilung auf einer höheren Ebene, wofür mir aber wesentliche Hinweise fehlen. Ich weiß um die Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten, aber ich gehe davon aus, dass auch hier sehr viel Showbusiness im Spiel ist, Theater, um das eigene Publikum zu unterhalten, hüben wie drüben. Was ich dagegen nicht begreife, ist, weshalb die Damen und Herren, naja, Damen haben dort nicht so viel zu sagen, also: weshalb die Herren nicht einfach auf ihre Feindseligkeiten verzichten und sich auf die Einrichtung einer friedlichen und prosperierenden Gesellschaft konzentrieren. Das Geld dafür wäre in jedem Fall vorhanden, und dass man auch im Namen des Islam eine gewisse Vorliebe für die Moderne entwickeln kann, scheint mir unterdessen ausreichend nachgewiesen.
Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang ist jene nach dem Vergessen oder dem Nachgeben. Was heute als Palästinenserinnen in den Flüchtlingslagern lebt oder eben im Gazastreifen und im Westjordanland, wurde vor 75 Jahren mit Terror und Gewalt vertrieben. Die internationale Gemeinschaft hat den Jüdinnen nach der deutschen Ausrottungskampagne 1938 bis 1945 eine neue staatliche Heimat zugesichert, unglücklicherweise nicht auf dem Gebiet des heutigen Bayern, wie man es nach dem Täter-Opfer-Prinzip hätte einrichten müssen, sondern aufgrund eines vollkommen absurden historischen Anspruchs eben in Palästina. Auf diesen 2000 Jahre alten historischen Anspruch berufen sich heute die Palästinenserinnen, die ihrerseits seit 2000 Jahren auf diesem Gebiet leben, vermutlich zwischendurch mal die Religion gewechselt haben und im Moment halt grad dem Islam zuzuordnen sind. Ihre Erfahrung mit Terror und Vertreibung ist nun nicht 2000, sondern nur 75 Jahre alt. Trotzdem müssen alle Menschen, die nicht von Rache, sondern von Prinzipien geleitet sind wie Vernunft oder Verzeihen, ein Verzeihen übrigens, das sowohl dem Islam wie auch dem Christentum eigen ist, also muss man die Existenz des Staates Israel anerkennen, wenn auch nicht unbedingt in seiner ultraorthodoxen Form. Aber um Israel als Staat kommt man nicht herum. Sobald die Hamas oder die Hisb'Allah oder der Islamische Dschihad sich zu dieser Anerkennung durchgerungen haben, kann man über das weitere Vorgehen diskutieren. Als der Chef der PLO damals die Friedensabkommen unterzeichnete, dachte man, es sei soweit. In der Zwischenzeit hat man gesehen, dass in der palästinensischen Bevölkerung der Unmut wieder zugenommen hat, sei es wegen des Versagens der Palästinenserbehörden oder auch wegen der Fehler der israelischen Seite. Dazu gehört nicht nur die Sabotage der Friedensgespräche, schon damals unter anderem durch Benjamin Netanjahu, aber es hätte auch ein i-beliebiger anderer israelischer Hardliner sein können; es gehört aber auch dazu der Bevölkerungsdruck durch die Millionen von Einwanderern aus Osteuropa, die sich unter dem Druck der Umstände gerne und sofort den expansionistischen Extremistinnen angeschlossen haben, ohne dabei im Kern auch nur einen Mückenhoden an richtigem Gottesglauben auszuweisen. Und so stehen sich die Gegnerinnen wieder unversöhnlich gegenüber, wobei Israel im Moment zusammen mit den Vereinigten Staaten von Amerika eine militärische und geheimdienstliche Überlegenheit ausspielt, die den Beobachterinnen im Ausland schlicht und einfach den Atem raubt.
Für uns aber in unseren warmen Stuben verhält es sich mit den Ereignissen im Nahen Osten ebenso wie mit jenen in den Vereinigten Staaten und anderswo, ja sogar in unseren eigenen Ländern, dass wir sie halt wie schon im Gleichnis vor zweieinhalbtausend Jahren nur als Schatten wahrnehmen, die auf unsere Stubenwände projiziert werden. Selbstverständlich haben wir in der Zwischenzeit hoch entwickelte Form der Projektion von Schatten erfunden, namentlich große und kleine Bildschirme, aber Schatten bleiben es trotz allen Farben. Unsere Bemühungen, die Vorgänge richtig zu verstehen, stoßen schnell an ihre Grenzen, vor allem, weil sie so unbedeutend sind im Vergleich zu den Kräften, welche die Entwicklungen in der Welt draußen tatsächlich bestimmen. Wenn wir von Demokratie sprechen, dann von einem Weg, diese Entwicklungen selber zu bestimmen, eben durch die Kraft und Macht einer aufgeklärten, souveränen Bevölkerung; aber die jüngsten Beobachtungen lassen ernsthaft daran zweifeln, ob so etwas möglich ist.