"Aus neutraler Sicht" von Albert Jörimann - Europawahlen
ID 95580
Offenbar fühlen sich die Ungarinnen und Ungarn sauwohl, wenn ihr politisches Bewusstsein einen längeren Urlaub macht in jenen Sphären des kollektiven Unter- oder Unbewusstseins, die man früher im Ostblock wohl noch stärker tabuisiert hat als im Westen, oder sagen wir: die man im Ostblock anders tabuisiert hat als im Westen, weil die politische Moral im Osten doch mehr oder weniger klar als aufgesetzte Moral wahrgenommen wurde, wobei das nicht heißt, dass sie nicht akzeptiert wurde, aber sie wurde eben als aufgesetzte akzeptiert.
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10:19 min, 24 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 28.05.2019 / 13:30
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Klassifizierung
Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales, Wirtschaft/Soziales, Andere
Serie: Aus Neutraler Sicht
Entstehung
AutorInnen: Albert Jörimann
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 28.05.2019
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Ich spreche von diesem aus offenen und bewusst als solchen vorgetragenen Lügen, wie sie den ungarischen Patriotismus, Nationalismus und Egoismus ausmachen. Die Ungarinnen und Ungarn scheinen sich mit den Händen auf ihre Schenkel zu patschen und sowas einen Hauptspaß zu finden, im benachbarten Österreich hat man dafür jüngst den Begriff der «bsuffanan Gschicht» geprägt; es ist auch hier reines Theater, aber Volkstheater, in welchem sich das Volk selber zum Narren beziehungsweise zum Schwein macht und von dem dann in ein paar Jahren niemand nichts gewusst haben will, ja, man kann jetzt schon sagen: Im Jahr 2024 will jede Ungarin und jeder Ungar rückwirkend in der Résistance gewesen sein unter diesem Speckregenten Orban.
Faschismus? Ach was. Geschätzte Genossinnen und Genossen, tut mir einen Gefallen und gebt diesen Begriff dahin, wo er hingehört: ins Tiefkühlfach der Geschichte. Der Faschismus als Massenbewegung ist in seiner historischen Form schlicht und einfach nicht mehr möglich, die wirtschaftlichen, sozialen und kommunikativen Grundlagen erlauben keinen Faschismus, nicht einmal einen modernen oder Neofaschismus. Sehr wohl möglich ist dagegen modernes Volks- und Schweinetheater, dem wir aber eben erst recht nicht gerecht werden, wenn wir ihm mit der Begrifflichkeit des Faschismus zu Leibe rücken möchten. Stattdessen stellen wir uns eben immer und immer wieder die gleiche Frage: Ja, was macht es denn, dieses Volk, die Bevölkerung, die gute, weshalb findet es denn einen derart großen Gefallen am modernen Schmierentheater? – Der Unterhaltungswert ist nicht besonders hoch, das haben die Ungarn am eigenen Leib erlebt mit der Erhöhung der Arbeitszeit, und schon 25 Jahre zuvor machten die Italiener das gleiche Experiment mit dem kleinen Großmaul Berlusconi, der im Übrigen nicht mal im Fernsehen auch nur den allergeringsten Unterhaltungswert hatte, was schon damals die ganze Welt in Staunen versetzte, also nicht der mangelnde Unterhaltungswert, sondern die Tatsache, dass die indigene Bevölkerung Italiens den Berlusconi immer und immer wieder wählte, sodass er sogar auf seine alten Tage hin immer noch durch die Medien tingelt, wenn auch eher als Reminiszenz seiner selber, ungefähr so, wie Julio Iglesias nach seinem Rückzug aus dem öffentlichen Leben im Jahr 2011 jetzt wieder auf Tournee geht, übrigens auf dem Plakat mit einem Bild aus dem Jahr 2007.
Es ist wirklich erstaunlich, wozu solch ein Volk fähig ist, aber unsereins als unbeirrte Verfechter des demokratischen Prinzips können solche Abstecher und Ausrutscher nicht beirren, wir sind im Kern ja selber Populisten, indem wir am System der Volksherrschaft festhalten. Das haben wir dann davon. Wir unterscheiden uns von den anderen Populisten nur in jenem einen Punkt, in dem wir ein aufgeklärtes, gebildetes und denkfähiges Volk fordern, eines, das keine Parolen brüllt, sondern das sich eine Zustimmung oder Ablehnung erst nach bedächtigem Wiegen des Kopfes und nach eingehendem Kratzen in den Kniekehlen abringen lässt. Genau, das ist richtige Demokratie, das ist Politik mit einem möglichst geringen Anteil an Demagogie, eine Bevölkerung, welche ständig ein Fact Sheet in den Händen hält, nicht zur zum eigenen, sondern zu allen Ländern der Welt, und die in voller Kenntnis nicht nur des Bruttoinlandproduktes pro Kopf, sondern auch der Macht- und Besitzverhältnisse und der Steuerpolitik und der Sozialausgaben im Haushalt von Bund, Ländern und Kommunen.
Wer aber etwa einen demokratischen Umsturz plant, also ich spreche jetzt von einem Umsturz zur Einführung der Demokratie, nicht zu ihrer Abschaffung, der sollte genau in diesen Bereichen möglichst konkrete Angaben machen: Wie müssen denn die Parlamente und die staatlichen Instanzen auf kommunaler Ebene, im Land und beim Bund und letztlich auch in Europa umgekrempelt werden? Demokratie in den Fabriken all right, aber wie soll es gehen, und von welcher Größe an, reicht die bisherige Vertretung der Arbeitnehmenden im Aufsichtsrat eigentlich nicht aus? – Oder aber, gesetzt der Fall, so eine Gruppe von Umstürzlerinnen wollte gar die wirtschaftlichen Gewichte ganz und gar verlagern und zum Beispiel aus der Automobilherstellung aussteigen, was würde diese Gruppe denn an Alternativen anbieten? – Solche Fragen müsste mir der demokratische Umsturz beantworten, bevor ich mich an ihm beteiligen könnte.
In der Zwischenzeit halte ich krampfhaft die paar Fact Sheets in den Händen fest, die mir zugänglich sind, und wehre mich gegen alle Versuche, sie durch Alternative Fact Sheets zu ersetzen. Zahlen sind Zahlen, Verhältnisse sind Verhältnisse. Die reichsten Deutschen sind laut Wikipedia Beate Heister von Aldi Süd, die Familie Theo Albrecht von Aldi Nord, Dieter Schwarz von der Schwarz-Gruppe, die Familie Reimann vom Verlagshaus Reckitt Benckiser, Susanne Klatten sowie Stefan und die verstorbene Johanna Quandt, die Familien Otto, Würth, Oetker und Liebherr, die Schaefflers, Hasso Plattner und Dietmar Hopp von SAP und so weiter. Ich wiederhole dies hier übrigens nicht, um mehr als nötig Stimmung zu machen gegen die Superreichen; grundsätzlich geht es ja eher um die ärmeren Bevölkerungsschichten beziehungsweise darum, das Existenzminimum auf einem möglichst hohen Niveau zu sichern, der Rest ist zunächst mal so etwas wie Luxus. Und ich gehe davon aus, dass wir uns da insgesamt auf dem richtigen Weg befinden, was nur schon die Tatsache belegt, dass die reichsten Deutschen laut Wikipedia die Besitzer von Aldi Süd und Aldi Nord sowie Dieter Schwarz von Lidl sind, man könnte sich hier den Kalauer leisten: Reichtum durch Armut, aber er wäre nicht richtig, vielmehr müsste man etwas drechseln in die Richtung, dass früher der Kapitalist reich wurde durch die Aneignung des gesellschaftlichen Mehrwerts, während heute in Deutschland die Händler reich werden durch die Versorgung der ärmeren Bevölkerungsschichten mit Billigware.
Aber wie gesagt: Diese Superreichen, die von einigen Leuten auch der Abschaum der Gesellschaft genannt werden, was wiederum von der politischen Korrektheit als Schürung alten Klassenhasses verurteilt wird, dieser Abschaum der Gesellschaft also ist mir im Grunde genommen egal, solange die Menschen zunächst mal genug in der Tasche haben, um anständig zu leben, und dies sage ich ausdrücklich unter Verzicht auf jegliches Dankeschön an Aldi und Lidl. Aber dann geht es nämlich los: Was braucht der moderne Mensch, einmal abgesehen von Katzen- und Katzenberger-Videoclips?
Übrigens führte das Manager Magazin im Oktober 2018 folgende Namen als reichste Menschen in Deutschland auf: Klaus-Michael Kühne, Logistik und Schifffahrt, 10.5 Milliarden Euro Vermögen, die Familie Porsche mit 12 Milliarden Euro, Familie Otto mit 13.5 Milliarden, Heinz Hermann Thiele mit 15 Milliarden, Georg und Maria-Elisabeth Schaeffler mit 17 Milliarden, Familien Theo Albrecht junior und Babette Albrecht von Aldi Nord mit 17.5 Milliarden, Familien Albrecht und Heister von Aldi Süd mit 21.8 Milliarden, Dieter Schwarz von Lidl mit 25 Milliarden, Familie Reimann mit 33 Milliarden und auf Platz 1 Stefan Quandt und Susanne Klatten mit 34 Milliarden. Ihr seht übrigens, dass ich der Versuchung dieses Reichtums-Nachweises ungefähr so erliege wie andere Menschen den Katzen- und Katzenberger-Videos. Vielleicht hat es auch ganz einfach damit zu tun, dass es bedeutend einfacher ist, die zehn oder hundert oder tausend reichsten Einwohnerinnen Deutschlands herauszufinden, übrigens wohnen nicht alle reichsten Deutschen in Deutschland, zum Beispiel die Familie Reimann ist ganz und gar im englischsprachigen Ausland ansäßig oder der Logistik-Milliardär Kühne in der Schweiz, aber sei's drum, es ist auf jeden Fall einfacher, die hundert reichsten Deutschen zu identifizieren als die hundert ärmsten. Noch so ein Problem im Rahmen der Demokratie!
Und dann kommt mir auf diesem Niveau auch noch die Nachricht unter, dass, je nach Quelle, Renault-Nissan mit Mitsubishi Fusionsgespräche führe oder aber mit Fiat-Chrysler. Das hat zwar keinen direkten Bezug zu Deutschland, aber zum Automobilsektor sehr wohl, und immerhin sind die Quandts, Klattens und Porsches ebenso eng mit dem Automobilsektor verbunden wie der Zulieferer Heinz-Herrmann Thiele, und ebenfalls eng mit dem Automobilsektor verbunden sind auch die mehreren hunderttausend Arbeitskräfte in Deutschland, welche den Motor nicht nur der Automobilindustrie, sondern der Gesamtwirtschaft am Brummen und am Stinken halten. Ach, es ist wirklich schwierig.
Wie gesagt: Die Fragestellung ist eigentlich ganz simpel: Was braucht der moderne Mensch, abgesehen von Katzen- und Katzenberger-Videos? Wenn man mal unterstellt, dass die Grundversorgung mit Gütern gesichert sei? Beziehungsweise, mit Blick auf ihre Umweltverträglichkeit, dass der Grad an Arbeitsteilung, Digitalisierung und Automation weltweit unterdessen so weit gestiegen sei, dass sogar eine umweltverträgliche Produktionsweise nicht nur denkbar, sondern in greifbarer Griffweite liegt, eventuell mit Ausnahme des einen tragenden Pfeilers eurer Exportwirtschaft, nämlich der Automobilindustrie?
Die Antwort ist klar: Der moderne Mensch muss lernen, seinem wichtigsten Instrument ein Maximum abzugewinnen, nämlich seinem Kopf. In diesem Kopf wird viel und verbreitet Mist gebaut, aber insgesamt ist er ebenso ein Werkzeug für Produktion und Innovation wie auch, und das geht oft vergessen, des Genusses. Und hier muss ich präzisieren, dass der Genuss der Ungarinnen und Ungarn am egoistischen Gejohle und Gepolter ihrer Nationalistinnen und Nationalisten nicht im Kopf, sondern am Arsch erzeugt wird. Eben dies ist der Grund dafür, dass sie schon alle in der Résistance sind.
Das gilt wohl auch für Thüringen. Die AfD-Résistance hat bei den Europawahlen tatsächlich über zwanzig Prozent eingeheimst? Und in Brandenburg und Sachsen gewinnt dieser Widerstandsverein sogar am meisten Stimmen? Ich bin etwas irritiert. Habt ihr diese Wahl nicht ernstgenommen oder was? Darüber unterhalten wir uns noch, das sage ich euch!
Faschismus? Ach was. Geschätzte Genossinnen und Genossen, tut mir einen Gefallen und gebt diesen Begriff dahin, wo er hingehört: ins Tiefkühlfach der Geschichte. Der Faschismus als Massenbewegung ist in seiner historischen Form schlicht und einfach nicht mehr möglich, die wirtschaftlichen, sozialen und kommunikativen Grundlagen erlauben keinen Faschismus, nicht einmal einen modernen oder Neofaschismus. Sehr wohl möglich ist dagegen modernes Volks- und Schweinetheater, dem wir aber eben erst recht nicht gerecht werden, wenn wir ihm mit der Begrifflichkeit des Faschismus zu Leibe rücken möchten. Stattdessen stellen wir uns eben immer und immer wieder die gleiche Frage: Ja, was macht es denn, dieses Volk, die Bevölkerung, die gute, weshalb findet es denn einen derart großen Gefallen am modernen Schmierentheater? – Der Unterhaltungswert ist nicht besonders hoch, das haben die Ungarn am eigenen Leib erlebt mit der Erhöhung der Arbeitszeit, und schon 25 Jahre zuvor machten die Italiener das gleiche Experiment mit dem kleinen Großmaul Berlusconi, der im Übrigen nicht mal im Fernsehen auch nur den allergeringsten Unterhaltungswert hatte, was schon damals die ganze Welt in Staunen versetzte, also nicht der mangelnde Unterhaltungswert, sondern die Tatsache, dass die indigene Bevölkerung Italiens den Berlusconi immer und immer wieder wählte, sodass er sogar auf seine alten Tage hin immer noch durch die Medien tingelt, wenn auch eher als Reminiszenz seiner selber, ungefähr so, wie Julio Iglesias nach seinem Rückzug aus dem öffentlichen Leben im Jahr 2011 jetzt wieder auf Tournee geht, übrigens auf dem Plakat mit einem Bild aus dem Jahr 2007.
Es ist wirklich erstaunlich, wozu solch ein Volk fähig ist, aber unsereins als unbeirrte Verfechter des demokratischen Prinzips können solche Abstecher und Ausrutscher nicht beirren, wir sind im Kern ja selber Populisten, indem wir am System der Volksherrschaft festhalten. Das haben wir dann davon. Wir unterscheiden uns von den anderen Populisten nur in jenem einen Punkt, in dem wir ein aufgeklärtes, gebildetes und denkfähiges Volk fordern, eines, das keine Parolen brüllt, sondern das sich eine Zustimmung oder Ablehnung erst nach bedächtigem Wiegen des Kopfes und nach eingehendem Kratzen in den Kniekehlen abringen lässt. Genau, das ist richtige Demokratie, das ist Politik mit einem möglichst geringen Anteil an Demagogie, eine Bevölkerung, welche ständig ein Fact Sheet in den Händen hält, nicht zur zum eigenen, sondern zu allen Ländern der Welt, und die in voller Kenntnis nicht nur des Bruttoinlandproduktes pro Kopf, sondern auch der Macht- und Besitzverhältnisse und der Steuerpolitik und der Sozialausgaben im Haushalt von Bund, Ländern und Kommunen.
Wer aber etwa einen demokratischen Umsturz plant, also ich spreche jetzt von einem Umsturz zur Einführung der Demokratie, nicht zu ihrer Abschaffung, der sollte genau in diesen Bereichen möglichst konkrete Angaben machen: Wie müssen denn die Parlamente und die staatlichen Instanzen auf kommunaler Ebene, im Land und beim Bund und letztlich auch in Europa umgekrempelt werden? Demokratie in den Fabriken all right, aber wie soll es gehen, und von welcher Größe an, reicht die bisherige Vertretung der Arbeitnehmenden im Aufsichtsrat eigentlich nicht aus? – Oder aber, gesetzt der Fall, so eine Gruppe von Umstürzlerinnen wollte gar die wirtschaftlichen Gewichte ganz und gar verlagern und zum Beispiel aus der Automobilherstellung aussteigen, was würde diese Gruppe denn an Alternativen anbieten? – Solche Fragen müsste mir der demokratische Umsturz beantworten, bevor ich mich an ihm beteiligen könnte.
In der Zwischenzeit halte ich krampfhaft die paar Fact Sheets in den Händen fest, die mir zugänglich sind, und wehre mich gegen alle Versuche, sie durch Alternative Fact Sheets zu ersetzen. Zahlen sind Zahlen, Verhältnisse sind Verhältnisse. Die reichsten Deutschen sind laut Wikipedia Beate Heister von Aldi Süd, die Familie Theo Albrecht von Aldi Nord, Dieter Schwarz von der Schwarz-Gruppe, die Familie Reimann vom Verlagshaus Reckitt Benckiser, Susanne Klatten sowie Stefan und die verstorbene Johanna Quandt, die Familien Otto, Würth, Oetker und Liebherr, die Schaefflers, Hasso Plattner und Dietmar Hopp von SAP und so weiter. Ich wiederhole dies hier übrigens nicht, um mehr als nötig Stimmung zu machen gegen die Superreichen; grundsätzlich geht es ja eher um die ärmeren Bevölkerungsschichten beziehungsweise darum, das Existenzminimum auf einem möglichst hohen Niveau zu sichern, der Rest ist zunächst mal so etwas wie Luxus. Und ich gehe davon aus, dass wir uns da insgesamt auf dem richtigen Weg befinden, was nur schon die Tatsache belegt, dass die reichsten Deutschen laut Wikipedia die Besitzer von Aldi Süd und Aldi Nord sowie Dieter Schwarz von Lidl sind, man könnte sich hier den Kalauer leisten: Reichtum durch Armut, aber er wäre nicht richtig, vielmehr müsste man etwas drechseln in die Richtung, dass früher der Kapitalist reich wurde durch die Aneignung des gesellschaftlichen Mehrwerts, während heute in Deutschland die Händler reich werden durch die Versorgung der ärmeren Bevölkerungsschichten mit Billigware.
Aber wie gesagt: Diese Superreichen, die von einigen Leuten auch der Abschaum der Gesellschaft genannt werden, was wiederum von der politischen Korrektheit als Schürung alten Klassenhasses verurteilt wird, dieser Abschaum der Gesellschaft also ist mir im Grunde genommen egal, solange die Menschen zunächst mal genug in der Tasche haben, um anständig zu leben, und dies sage ich ausdrücklich unter Verzicht auf jegliches Dankeschön an Aldi und Lidl. Aber dann geht es nämlich los: Was braucht der moderne Mensch, einmal abgesehen von Katzen- und Katzenberger-Videoclips?
Übrigens führte das Manager Magazin im Oktober 2018 folgende Namen als reichste Menschen in Deutschland auf: Klaus-Michael Kühne, Logistik und Schifffahrt, 10.5 Milliarden Euro Vermögen, die Familie Porsche mit 12 Milliarden Euro, Familie Otto mit 13.5 Milliarden, Heinz Hermann Thiele mit 15 Milliarden, Georg und Maria-Elisabeth Schaeffler mit 17 Milliarden, Familien Theo Albrecht junior und Babette Albrecht von Aldi Nord mit 17.5 Milliarden, Familien Albrecht und Heister von Aldi Süd mit 21.8 Milliarden, Dieter Schwarz von Lidl mit 25 Milliarden, Familie Reimann mit 33 Milliarden und auf Platz 1 Stefan Quandt und Susanne Klatten mit 34 Milliarden. Ihr seht übrigens, dass ich der Versuchung dieses Reichtums-Nachweises ungefähr so erliege wie andere Menschen den Katzen- und Katzenberger-Videos. Vielleicht hat es auch ganz einfach damit zu tun, dass es bedeutend einfacher ist, die zehn oder hundert oder tausend reichsten Einwohnerinnen Deutschlands herauszufinden, übrigens wohnen nicht alle reichsten Deutschen in Deutschland, zum Beispiel die Familie Reimann ist ganz und gar im englischsprachigen Ausland ansäßig oder der Logistik-Milliardär Kühne in der Schweiz, aber sei's drum, es ist auf jeden Fall einfacher, die hundert reichsten Deutschen zu identifizieren als die hundert ärmsten. Noch so ein Problem im Rahmen der Demokratie!
Und dann kommt mir auf diesem Niveau auch noch die Nachricht unter, dass, je nach Quelle, Renault-Nissan mit Mitsubishi Fusionsgespräche führe oder aber mit Fiat-Chrysler. Das hat zwar keinen direkten Bezug zu Deutschland, aber zum Automobilsektor sehr wohl, und immerhin sind die Quandts, Klattens und Porsches ebenso eng mit dem Automobilsektor verbunden wie der Zulieferer Heinz-Herrmann Thiele, und ebenfalls eng mit dem Automobilsektor verbunden sind auch die mehreren hunderttausend Arbeitskräfte in Deutschland, welche den Motor nicht nur der Automobilindustrie, sondern der Gesamtwirtschaft am Brummen und am Stinken halten. Ach, es ist wirklich schwierig.
Wie gesagt: Die Fragestellung ist eigentlich ganz simpel: Was braucht der moderne Mensch, abgesehen von Katzen- und Katzenberger-Videos? Wenn man mal unterstellt, dass die Grundversorgung mit Gütern gesichert sei? Beziehungsweise, mit Blick auf ihre Umweltverträglichkeit, dass der Grad an Arbeitsteilung, Digitalisierung und Automation weltweit unterdessen so weit gestiegen sei, dass sogar eine umweltverträgliche Produktionsweise nicht nur denkbar, sondern in greifbarer Griffweite liegt, eventuell mit Ausnahme des einen tragenden Pfeilers eurer Exportwirtschaft, nämlich der Automobilindustrie?
Die Antwort ist klar: Der moderne Mensch muss lernen, seinem wichtigsten Instrument ein Maximum abzugewinnen, nämlich seinem Kopf. In diesem Kopf wird viel und verbreitet Mist gebaut, aber insgesamt ist er ebenso ein Werkzeug für Produktion und Innovation wie auch, und das geht oft vergessen, des Genusses. Und hier muss ich präzisieren, dass der Genuss der Ungarinnen und Ungarn am egoistischen Gejohle und Gepolter ihrer Nationalistinnen und Nationalisten nicht im Kopf, sondern am Arsch erzeugt wird. Eben dies ist der Grund dafür, dass sie schon alle in der Résistance sind.
Das gilt wohl auch für Thüringen. Die AfD-Résistance hat bei den Europawahlen tatsächlich über zwanzig Prozent eingeheimst? Und in Brandenburg und Sachsen gewinnt dieser Widerstandsverein sogar am meisten Stimmen? Ich bin etwas irritiert. Habt ihr diese Wahl nicht ernstgenommen oder was? Darüber unterhalten wir uns noch, das sage ich euch!