"Aus neutraler Sicht" von Albert Jörimann - Militärische KI
ID 131390
Der Schritt von der Unterstützung durch Computer zur künstlichen Intelligenz ist wieder mal so einer, bei dem man das Umschlagen von Quantität in Qualität beobachten kann. Bis zu einem gewissen Grad sind die Rechenmaschinen Werkzeuge, und indem sie einen zunehmenden Anteil der menschlichen Gehirntätigkeit imitieren bis hin zur eigenständigen intellektuellen Arbeit wird das Werkzeug zum Meister der Arbeit.
Audio
10:57 min, 25 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 24.10.2024 / 10:14
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Dateizugriffe: 25
Klassifizierung
Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales
Serie: Aus Neutraler Sicht
Entstehung
AutorInnen: Albert Jörimann
Kontakt: redaktion(at)radio-frei.de
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 24.10.2024
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Der Schritt von der Unterstützung durch Computer zur künstlichen Intelligenz ist wieder mal so einer, bei dem man das Umschlagen von Quantität in Qualität beobachten kann. Bis zu einem gewissen Grad sind die Rechenmaschinen Werkzeuge, und indem sie einen zunehmenden Anteil der menschlichen Gehirntätigkeit imitieren bis hin zur eigenständigen intellektuellen Arbeit wird das Werkzeug zum Meister der Arbeit.
Da kann und muss man sich zweifellos lang am Kopf kratzen und hin und her überlegen, unter anderem deshalb, weil schöne Teile dessen, was wir als ausschließlich menschliche Denkfähigkeit angesehen haben, schon längstens, wo nicht schon immer eine ziemlich maschinelle Tätigkeit war, halt einfach der Gesamtmaschine Mensch beziehungsweise der intelligenten Kapazitäten der jeweiligen Epoche, des Zeitgeistes oder was auch immer. Es beeindruckt mich immer wieder, wie stark breite Bereiche meines Bewusstseins identisch sind mit jenen meiner Mitmenschen, und damit meine ich noch nicht mal die politischen Bereiche, wo der Fall sowieso klar ist, könnte man meinen. Allerdings hat sich der Bereich des Politischen mit Phänomenen wie Donald Trump oder der Allianz für Deutschland unterdessen schon wieder in eine Aura der Rätselhaftigkeit gehüllt. Vor allem bei diesem Standup-Wrestler in den Vereinigten Staaten muss man sich ernsthaft fragen, was Menschen mit intakten chemischen Prozessen im Hirn dazu bewegen kann, einem derartigen Verstoß gegen alles was Anstand und Sitte ist zum einen, gegen sein Gegenteil ebenfalls und zum anderen die Stimme zu geben. Tatsächlich: Wie kann man einen staatlich zertifizierten Gauner, Schweinehund und unterirdisch misslichen Showmann wählen? Die einzige Antwort ist die, dass die Wählerschaft seinen Gegnerinnen und Gegnern noch viel mehr misstraut als diesem Stuntman, dessen Stunts immerhin für Abwechslung sorgen, während die Geschäfte so oder so und schon längst völlig unabhängig von der Person laufen, welche das Amt bekleidet. Höchstens die Besetzung des Obersten Gerichts mit Exponentinnen des christlichen Dschihads hat allenfalls mittelfristig Folgen für das Land, aber sonst ändert sich nix.
Trump wählen heißt seine persönliche politische Unfähigkeit johlend einzugestehen. Trump wählen ist die nackte Empörung des Individuums gegen eine Maschine, die unaufhaltsam voran schreitet; und Trump wählen heißt auch, die Maschine bestätigen, indem man die Empörung zum Treibstoff für sie umwandelt. Ungefähr so habe ich mir das im Moment zurechtgelegt.
Aber zurück zur künstlichen Intelligenz, deren Abgrenzung zur menschlichen Intelligenz nicht ganz einfach fällt. Zunächst erscheinen Assistenzprogramme wie ChatGPT als perfekte Plagiiermaschinen, welche das Plagiat schon vor dem Schreiben bzw. Abschreiben erzeugen, indem sie auch die Recherche übernehmen, die Forschungsarbeit, soweit sie bestehende Quellen nutzt. Für die eigenständige menschliche Leistung bleibt am Schluss übrig, neue Quellen zu erschließen und als Meisterdisziplin das Ziehen von Schlussfolgerungen, die Abstraktion, das Erstellen von Theorien. Das ist eigentlich gar nicht so übel und wertet jene zweitklassigen Arbeiten, aus denen die Masse der geistigen Erzeugnisse bisher bestand, zu Recht ab. Und zwar nicht etwa in den Stand der Bedeutungslosigkeit, im Gegenteil, es weist ihnen nur ihre Bedeutung zu. Ob all die plagiierenden Ministerinnen und Minister, die wir in den letzten paar Jahren gezählt haben, wirklich bessere Wissenschaftlerinnen und Politikerinnen wären, wenn sie nicht plagiiert, sondern aus eigenen Kräften geforscht hätten, muss bezweifelt werden. Auf der anderen Seite ist es nicht jedem der acht Milliarden Menschenkinder gegeben, völlig neue oder gar revolutionäre Theorien zu erstellen – so weit kann auch die größte Optimistin nicht gehen.
Wie auch immer: Das zentrale Element bei der künstlichen Intelligenz ist die Kombination aus wahrhaft ungeheuren Datenmengen und der Fähigkeit, sie grausam rasch zu verarbeiten. Dass dabei ein richtiges Datencenter für den Betrieb schon fast ein Atomkraftwerk benötigt, ist eine Nebenerscheinung, die immerhin zeigt, dass so etwas nicht ganz beiläufig entsteht. Die Erhebung der Daten erfolgt ebenfalls in immer höheren Taktraten und im Westen durch Privatunternehmen, im Gegensatz zur Volksrepublik China, wo die Überwachung zum Vornherein unter dem Aspekt der Sicherheit durch den Staat erfolgt. Wie eng die Zusammenarbeit zwischen Google, Facebook und den anderen und dem Staat unterdessen ist, zeigt sich im Krieg im Nahen Osten. Die israelische Armee respektive die US-amerikanische Armee wertet bei ihren Angriffen alle zur Verfügung stehenden Daten von ihren Angriffszielen aus, bis hin zur Auswertung der Bewegungsdaten ihrer Familienangehörigen. Mobiltelefone sind wohl nicht mehr der letzte Schrei für die Kommunikation unter Palästinenserinnen, aber es gibt unterdessen zahllose andere Indikatoren, welche erhoben, gesammelt und in Echtzeit verarbeitet werden; dies dient dann als Grundlage für die taktischen Angriffsentscheide im Hauptquartier.
Auch die Drohnen werden autonom. Bis vor ein paar Jahren konnte man diese Fluggeräte ausschalten, sobald man ihre Verbindung zum Leitzentrum kappte. Heute orientieren sich die fliegenden Käferchen selber, was zu massiven Umstellungen bei der Drohnenabwehr führt. Die Russen zum Beispiel sind in dieser Beziehung noch nicht richtig nachgekommen; ich gehe davon aus, dass sie mit Hochdruck daran arbeiten. Als nächster Schritt der Drohnentechnik erwartet die Fachwelt die Vor-Ort-Vernetzung von Drohnenschwärmen, das heißt, die Geräte passen die Identifikation ihrer Ziele laufend den Gegebenheiten an unabhängig davon, was die Zentrale ihnen durchgibt, und organisieren sich selbständig mit ein paar Dutzend oder hundert anderen Drohnen zu einem konzertierten Angriff, der mindestens vorübergehend die Abwehrkapazitäten des Gegners übersteigt. Das Stichwort Drohnen-Schwarm scheint perfekt auf die nächste Eskalationsstufe der Hisb'Allah-Bewaffnung zuzutreffen. Im Moment schießen die ihre Raketen aus mobilen Stationen ab, aber es handelt sich um vergleichsweise primitive Waffen, die kaum Schaden anrichten. Sobald die aber einmal mit der entsprechenden Intelligenz aufgerüstet werden, hat Israel ein echtes Problem, einmal abgesehen davon, dass Israel sowieso verschiedene echte Probleme hat, und da ist der Versuch, die UNO-Friedensmission aus dem Libanon zu vertreiben, nur der kleinste Teil davon.
Dafür bereitet sich ein anderer israelischer Staatsangehöriger darauf vor, wieder auf der internationalen Bühne aufzutreten. Ich spreche von Dan Gertler, jenem Geschäftsmann, der bis vor fünf Jahren in mehr oder weniger jeden Korruptionsskandal rund um die Bodenschätze in der Demokratischen Republik Kongo verwickelt war. Im schlauen Buch des Fähnleins Fieselschweif steht nicht nur, dass Forbes sein Vermögen auf eineinhalb Milliarden Dollar schätzt, sondern vor allem, dass er Rohstoff-Milliardengeschäfte im Kongo vermittelte und dafür massiv Schmiergeld bezahlte. Ich zitiere: «Das schweizerische Unternehmen Glencore betreibt mittels angeschlossener Firmen mehrere Minen im Kongo. Formal muss die staatliche kongolesische Minengesellschaft dem Abbau zustimmen. Glencore übernahm im Februar 2017 die Minen in Mutanda und Katanga für 960 Millionen US-Dollar. Gertler erhielt 534 Millionen Dollar vor Steuern für seine Vermittlung.» Man kann sich ungefähr vorstellen, welcher Art dieseVermittlung war, wenn der Knabe mehr als die Hälfte des offiziellen Kaufpreises als Kommission erhielt. In den Vereinigten Staaten wurden Gertlers Vermögenswerte Ende 2017 eingefroren. Auch im Kongo wurden einige Vermögenswerte beschlagnahmt. Unterdessen haben sich offenbar auch seine Beziehungen zur Regierung wieder verbessert, und in den Vereinigten Staaten überwiegt das Interesse an den Seltenen Erden im Kongo die ehemaligen Bemühungen, die neokoloniale Ausbeutung der Bodenschätze Afrikas zu unterbinden. So steht einem Comeback von Gertler nichts im Wege. In diesem Zusammenhang lese ich übrigens etwas vom Lobito-Korridor, nämlich einer 800 Kilometer langen Eisenbahnverbindung zwischen Sambia und Angola, welche zur Abwechslung nicht von der Volksrepublik China erstellt werden soll, sondern von den Vereinigten Staaten zusammen mit der Europäischen Union. Die Projektkosten werden auf etwas über eine Milliarde Dollar geschätzt. Daneben ist China selbstverständlich trotzdem im Kongo investiert, neulich zum Beispiel mit dem Einschuss von 2 Milliarden Dollar in die Mine Teke Fungurume, die vom Konzern China Molybdenum betrieben wird, oder beim Sicomines-Projekt, das schon mehr als 15 Jahre betrieben wird und das laut einem Bericht der Extractive Industries Transparency Initiative der Demokratischen Republik Kongo Infrastrukturen imWert von 800 Millionen eingebracht hat und den Chinesen Gewinne von 10 Milliarden Dollar. Mit anderen Worten: Es braucht nicht unbedingt einen Dan Gertler, aber wenn der Westen im Geschäft bleiben will, dann kommt er offensichtlich um Dan Gertler nicht herum. – Der Vertrag mit Sicomines wurde übrigens unterdessen neu aufgesetzt und bringt dem Kongo deutlich mehr Einnahmen, unter anderem 4 Milliarden Dollar mehr für die Infrastrukturen.
Im Senegal verfolgt man immer noch mit gespannter Sympathie die ersten Schritte des neuen Präsidenten Bassirou Diomaye Faye, zusammen mit seinem Premierminister Ousmane Sonko. Mitte Oktober haben sie ihren Entwicklungsplan für das Land vorgestellt, und dass dabei mit der großen Hoffnungskelle angerichtet wurde, versteht sich von selber: Dank einem Wirtschaftswachstum von 6.5% bis ins Jahr 2029 soll das Budgetdefizit von 10.4% des Bruttoinlandprodukts auf 3% reduziert werden, das BIP pro Kopf soll in den nächsten 25 Jahren verdreifacht werden auf 4500 Dollar, und die Armutsquote soll auf 10% sinken. Die Wirtschaft soll dezentralisiert werden bei einer Erhöhung des Verarbeitungsanteils der vorhandenen Rohstoffe. Das tönt gut, aber verschiedene Akteure bleiben skeptisch. Ein Wirtschaftsexperte spricht von einem Paradox, nämlich dass es im Senegal zwar massenweise Arbeitskräfte gibt, dass die Löhne aber viel zu hoch seien, um international wettbewerbsfähig zu sein. Dank den Erdöleinnahmen gäbe es eine Entwicklung hin zu einem System, das eher von Renten- als von Arbeitslohn-Einnahmen lebe. Dieses Phänomen habe schon in vielen Erdöl produzierenden Staaten die Realwirtschaft im Inland gekillt. – Wie auch immer: In einem Monat sind Neuwahlen angesetzt, da muss sich zeigen, ob die neue Regierung das Mandat erhält, ihre Pläne in die Realität umzusetzen.
Da kann und muss man sich zweifellos lang am Kopf kratzen und hin und her überlegen, unter anderem deshalb, weil schöne Teile dessen, was wir als ausschließlich menschliche Denkfähigkeit angesehen haben, schon längstens, wo nicht schon immer eine ziemlich maschinelle Tätigkeit war, halt einfach der Gesamtmaschine Mensch beziehungsweise der intelligenten Kapazitäten der jeweiligen Epoche, des Zeitgeistes oder was auch immer. Es beeindruckt mich immer wieder, wie stark breite Bereiche meines Bewusstseins identisch sind mit jenen meiner Mitmenschen, und damit meine ich noch nicht mal die politischen Bereiche, wo der Fall sowieso klar ist, könnte man meinen. Allerdings hat sich der Bereich des Politischen mit Phänomenen wie Donald Trump oder der Allianz für Deutschland unterdessen schon wieder in eine Aura der Rätselhaftigkeit gehüllt. Vor allem bei diesem Standup-Wrestler in den Vereinigten Staaten muss man sich ernsthaft fragen, was Menschen mit intakten chemischen Prozessen im Hirn dazu bewegen kann, einem derartigen Verstoß gegen alles was Anstand und Sitte ist zum einen, gegen sein Gegenteil ebenfalls und zum anderen die Stimme zu geben. Tatsächlich: Wie kann man einen staatlich zertifizierten Gauner, Schweinehund und unterirdisch misslichen Showmann wählen? Die einzige Antwort ist die, dass die Wählerschaft seinen Gegnerinnen und Gegnern noch viel mehr misstraut als diesem Stuntman, dessen Stunts immerhin für Abwechslung sorgen, während die Geschäfte so oder so und schon längst völlig unabhängig von der Person laufen, welche das Amt bekleidet. Höchstens die Besetzung des Obersten Gerichts mit Exponentinnen des christlichen Dschihads hat allenfalls mittelfristig Folgen für das Land, aber sonst ändert sich nix.
Trump wählen heißt seine persönliche politische Unfähigkeit johlend einzugestehen. Trump wählen ist die nackte Empörung des Individuums gegen eine Maschine, die unaufhaltsam voran schreitet; und Trump wählen heißt auch, die Maschine bestätigen, indem man die Empörung zum Treibstoff für sie umwandelt. Ungefähr so habe ich mir das im Moment zurechtgelegt.
Aber zurück zur künstlichen Intelligenz, deren Abgrenzung zur menschlichen Intelligenz nicht ganz einfach fällt. Zunächst erscheinen Assistenzprogramme wie ChatGPT als perfekte Plagiiermaschinen, welche das Plagiat schon vor dem Schreiben bzw. Abschreiben erzeugen, indem sie auch die Recherche übernehmen, die Forschungsarbeit, soweit sie bestehende Quellen nutzt. Für die eigenständige menschliche Leistung bleibt am Schluss übrig, neue Quellen zu erschließen und als Meisterdisziplin das Ziehen von Schlussfolgerungen, die Abstraktion, das Erstellen von Theorien. Das ist eigentlich gar nicht so übel und wertet jene zweitklassigen Arbeiten, aus denen die Masse der geistigen Erzeugnisse bisher bestand, zu Recht ab. Und zwar nicht etwa in den Stand der Bedeutungslosigkeit, im Gegenteil, es weist ihnen nur ihre Bedeutung zu. Ob all die plagiierenden Ministerinnen und Minister, die wir in den letzten paar Jahren gezählt haben, wirklich bessere Wissenschaftlerinnen und Politikerinnen wären, wenn sie nicht plagiiert, sondern aus eigenen Kräften geforscht hätten, muss bezweifelt werden. Auf der anderen Seite ist es nicht jedem der acht Milliarden Menschenkinder gegeben, völlig neue oder gar revolutionäre Theorien zu erstellen – so weit kann auch die größte Optimistin nicht gehen.
Wie auch immer: Das zentrale Element bei der künstlichen Intelligenz ist die Kombination aus wahrhaft ungeheuren Datenmengen und der Fähigkeit, sie grausam rasch zu verarbeiten. Dass dabei ein richtiges Datencenter für den Betrieb schon fast ein Atomkraftwerk benötigt, ist eine Nebenerscheinung, die immerhin zeigt, dass so etwas nicht ganz beiläufig entsteht. Die Erhebung der Daten erfolgt ebenfalls in immer höheren Taktraten und im Westen durch Privatunternehmen, im Gegensatz zur Volksrepublik China, wo die Überwachung zum Vornherein unter dem Aspekt der Sicherheit durch den Staat erfolgt. Wie eng die Zusammenarbeit zwischen Google, Facebook und den anderen und dem Staat unterdessen ist, zeigt sich im Krieg im Nahen Osten. Die israelische Armee respektive die US-amerikanische Armee wertet bei ihren Angriffen alle zur Verfügung stehenden Daten von ihren Angriffszielen aus, bis hin zur Auswertung der Bewegungsdaten ihrer Familienangehörigen. Mobiltelefone sind wohl nicht mehr der letzte Schrei für die Kommunikation unter Palästinenserinnen, aber es gibt unterdessen zahllose andere Indikatoren, welche erhoben, gesammelt und in Echtzeit verarbeitet werden; dies dient dann als Grundlage für die taktischen Angriffsentscheide im Hauptquartier.
Auch die Drohnen werden autonom. Bis vor ein paar Jahren konnte man diese Fluggeräte ausschalten, sobald man ihre Verbindung zum Leitzentrum kappte. Heute orientieren sich die fliegenden Käferchen selber, was zu massiven Umstellungen bei der Drohnenabwehr führt. Die Russen zum Beispiel sind in dieser Beziehung noch nicht richtig nachgekommen; ich gehe davon aus, dass sie mit Hochdruck daran arbeiten. Als nächster Schritt der Drohnentechnik erwartet die Fachwelt die Vor-Ort-Vernetzung von Drohnenschwärmen, das heißt, die Geräte passen die Identifikation ihrer Ziele laufend den Gegebenheiten an unabhängig davon, was die Zentrale ihnen durchgibt, und organisieren sich selbständig mit ein paar Dutzend oder hundert anderen Drohnen zu einem konzertierten Angriff, der mindestens vorübergehend die Abwehrkapazitäten des Gegners übersteigt. Das Stichwort Drohnen-Schwarm scheint perfekt auf die nächste Eskalationsstufe der Hisb'Allah-Bewaffnung zuzutreffen. Im Moment schießen die ihre Raketen aus mobilen Stationen ab, aber es handelt sich um vergleichsweise primitive Waffen, die kaum Schaden anrichten. Sobald die aber einmal mit der entsprechenden Intelligenz aufgerüstet werden, hat Israel ein echtes Problem, einmal abgesehen davon, dass Israel sowieso verschiedene echte Probleme hat, und da ist der Versuch, die UNO-Friedensmission aus dem Libanon zu vertreiben, nur der kleinste Teil davon.
Dafür bereitet sich ein anderer israelischer Staatsangehöriger darauf vor, wieder auf der internationalen Bühne aufzutreten. Ich spreche von Dan Gertler, jenem Geschäftsmann, der bis vor fünf Jahren in mehr oder weniger jeden Korruptionsskandal rund um die Bodenschätze in der Demokratischen Republik Kongo verwickelt war. Im schlauen Buch des Fähnleins Fieselschweif steht nicht nur, dass Forbes sein Vermögen auf eineinhalb Milliarden Dollar schätzt, sondern vor allem, dass er Rohstoff-Milliardengeschäfte im Kongo vermittelte und dafür massiv Schmiergeld bezahlte. Ich zitiere: «Das schweizerische Unternehmen Glencore betreibt mittels angeschlossener Firmen mehrere Minen im Kongo. Formal muss die staatliche kongolesische Minengesellschaft dem Abbau zustimmen. Glencore übernahm im Februar 2017 die Minen in Mutanda und Katanga für 960 Millionen US-Dollar. Gertler erhielt 534 Millionen Dollar vor Steuern für seine Vermittlung.» Man kann sich ungefähr vorstellen, welcher Art dieseVermittlung war, wenn der Knabe mehr als die Hälfte des offiziellen Kaufpreises als Kommission erhielt. In den Vereinigten Staaten wurden Gertlers Vermögenswerte Ende 2017 eingefroren. Auch im Kongo wurden einige Vermögenswerte beschlagnahmt. Unterdessen haben sich offenbar auch seine Beziehungen zur Regierung wieder verbessert, und in den Vereinigten Staaten überwiegt das Interesse an den Seltenen Erden im Kongo die ehemaligen Bemühungen, die neokoloniale Ausbeutung der Bodenschätze Afrikas zu unterbinden. So steht einem Comeback von Gertler nichts im Wege. In diesem Zusammenhang lese ich übrigens etwas vom Lobito-Korridor, nämlich einer 800 Kilometer langen Eisenbahnverbindung zwischen Sambia und Angola, welche zur Abwechslung nicht von der Volksrepublik China erstellt werden soll, sondern von den Vereinigten Staaten zusammen mit der Europäischen Union. Die Projektkosten werden auf etwas über eine Milliarde Dollar geschätzt. Daneben ist China selbstverständlich trotzdem im Kongo investiert, neulich zum Beispiel mit dem Einschuss von 2 Milliarden Dollar in die Mine Teke Fungurume, die vom Konzern China Molybdenum betrieben wird, oder beim Sicomines-Projekt, das schon mehr als 15 Jahre betrieben wird und das laut einem Bericht der Extractive Industries Transparency Initiative der Demokratischen Republik Kongo Infrastrukturen imWert von 800 Millionen eingebracht hat und den Chinesen Gewinne von 10 Milliarden Dollar. Mit anderen Worten: Es braucht nicht unbedingt einen Dan Gertler, aber wenn der Westen im Geschäft bleiben will, dann kommt er offensichtlich um Dan Gertler nicht herum. – Der Vertrag mit Sicomines wurde übrigens unterdessen neu aufgesetzt und bringt dem Kongo deutlich mehr Einnahmen, unter anderem 4 Milliarden Dollar mehr für die Infrastrukturen.
Im Senegal verfolgt man immer noch mit gespannter Sympathie die ersten Schritte des neuen Präsidenten Bassirou Diomaye Faye, zusammen mit seinem Premierminister Ousmane Sonko. Mitte Oktober haben sie ihren Entwicklungsplan für das Land vorgestellt, und dass dabei mit der großen Hoffnungskelle angerichtet wurde, versteht sich von selber: Dank einem Wirtschaftswachstum von 6.5% bis ins Jahr 2029 soll das Budgetdefizit von 10.4% des Bruttoinlandprodukts auf 3% reduziert werden, das BIP pro Kopf soll in den nächsten 25 Jahren verdreifacht werden auf 4500 Dollar, und die Armutsquote soll auf 10% sinken. Die Wirtschaft soll dezentralisiert werden bei einer Erhöhung des Verarbeitungsanteils der vorhandenen Rohstoffe. Das tönt gut, aber verschiedene Akteure bleiben skeptisch. Ein Wirtschaftsexperte spricht von einem Paradox, nämlich dass es im Senegal zwar massenweise Arbeitskräfte gibt, dass die Löhne aber viel zu hoch seien, um international wettbewerbsfähig zu sein. Dank den Erdöleinnahmen gäbe es eine Entwicklung hin zu einem System, das eher von Renten- als von Arbeitslohn-Einnahmen lebe. Dieses Phänomen habe schon in vielen Erdöl produzierenden Staaten die Realwirtschaft im Inland gekillt. – Wie auch immer: In einem Monat sind Neuwahlen angesetzt, da muss sich zeigen, ob die neue Regierung das Mandat erhält, ihre Pläne in die Realität umzusetzen.
Kommentare
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25.10.2024 / 18:09 | Monika, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar |
in sonar
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am 25.10.. Vielen Dank ! | |