Neue Initiative gegen Küken-Schreddern in Baden-Württemberg

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Hühner-HalterInnen in Baden-Württemberg haben die Initiative "Huhn und Hahn" gestartet. Sie wollen ab sofort männliche Küken, die bei der Haltung von Legehühner als vermeidbarer Kostenfaktor angesehen wurden, nicht mehr töten. Die Aufzucht der "nutzlosen" Hähne soll durch einen Aufpreis auf die Eier mit einem neuen Label finanziert werden. Nach wie vor werden in Deutschland jährlich rund 50 Millionen Hühnerküken geschreddert oder vergast, obwohl die Bundesregierung versprochen hatte, das Küken-Schreddern bis 2019 zu verbieten.
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Upload vom 13.05.2020 / 15:28

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Umwelt, Wirtschaft/Soziales
Serie: Burning Beds
Entstehung

AutorInnen: Klaus Schramm
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 11.05.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Neue Initiative gegen Küken-Schreddern in Baden-Württemberg

Hühner-HalterInnen in Baden-Württemberg haben die Initiative "Huhn und Hahn" gestartet. Sie wollen ab sofort männliche Küken, die bei der Haltung von Legehühner als vermeidbarer Kostenfaktor angesehen wurden, nicht mehr töten. Die Aufzucht der "nutzlosen" Hähne soll durch einen Aufpreis auf die Eier mit einem neuen Label finanziert werden. Nach wie vor werden in Deutschland jährlich rund 50 Millionen Hühnerküken geschreddert oder vergast, obwohl die Bundesregierung versprochen hatte, das Küken-Schreddern bis 2019 zu verbieten.

Nach Angaben der OrganisatorInnen haben sich 42 Geflügelhöfe in Baden-Württemberg und rund zwölf in Bayern der Initiative "Huhn und Hahn" angeschlossen. Mit einem Aufpreis von rund drei Cent pro Ei könne die Haltung der "nutzlosen" Hähne finanziert werden - allerdings werden auch sie nach nur drei Monaten Lebenszeit - Kosten: vier Euro - geschlachtet. Was danach mit dem Fleisch geschieht, ist derzeit noch unklar. Das grundlegende Problem besteht darin, daß in den 1950er-Jahren in der Geflügelzucht zwei Zuchtlinien aufgespalten wurden, die Zuchtlinie der Legehühner und die der Masthühner.

Legehühner sind darauf gezüchtet, möglichst viele Eier auszustoßen. Sie können in einem Jahr bis zu 320 Eier "produzieren" und benötigen für ein Kilogramm an Eiern nur zwei Kilogramm Futter. Alte Rassehühner benötigen dagegen vier bis fünf Kilogramm Futter. Masthühner sind hingegen auf maximale Gewichtszunahme gezüchtet. In industrieller Massenhaltung sind sie nach knapp einem Monat schlachtreif. Die drei Monate alten Hähnchen aus der Zuchtlinie der Legehühner sind also - getötet und gerupft - auf dem Markt nicht gegen Masthühner "konkurrenzfähig".

Übrigens ist die Schweiz Deutschland in Hinblick auf Tierschutz deutlich voraus: Im März 2019 hat der Schweizer Nationalrat für ein Verbot des Zerschredderns von lebendigen Küken gestimmt. Der Ständerat (vergleichbar mit dem Deutschen Bundesrat) stimmte im September 2019 für das Verbot. Damit wurde ein Anliegen aus einer Petition der Veganen Gesellschaft Schweiz aufgenommen.

In Baden-Württemberg werden rund drei Millionen Legehennen gehalten - in Deutschland insgesamt rund 50 Millionen. Nach Angaben der Initiative "Huhn und Hahn" leben auf den beteiligten rund 54 Geflügelhöfen aktuell 500.000 Hähne. Die OrganisatorInnen hoffen darauf, daß ein bewußteres Einkaufen der VerbraucherInnen wie es derzeit während der Corona-Krise zu beobachten sei, sich auch auf die Dauer etabliert. KundInnen würden derzeit viel mehr als sonst beim Eierkauf auf Herkunft und Haltung achten.

Die grundlegende Idee der Initiative "Huhn und Hahn" geht auf die Initiative "Bruderhahn" zurück. Bereits vor acht Jahren, im Jahr 2012, wurde die 'Bruderhahn Initiative Deutschland' (BID) von engagierten Bio-LandwirtInnen gegründet. Mittlerweile beteiligen sich über 30 Bio-Höfe an der BID. Nach eigenen Angaben wurden seit Start der Initiative über 50 Millionen Eier mit dem "4 Cent für die Ethik" – Aufpreis verkauft, die somit die Mehrkosten der Bruderhahnaufzucht gegenfinanzieren.

Die BID setzt sich für eine Geflügelhaltung in bäuerlicher Landwirtschaft mit größtmöglichem Tierwohl ein. Daher setzt der Verein auf die ökologische konzernunabhängige Geflügelzucht, um in der Bio-Branche nicht nur Symptom-Bekämpfung zu betreiben, sondern die Entwicklung der eigenständigen Geflügelwirtschaft zu fördern. Hierbei sollen die Tiere und der Boden nicht nur dem Wirtschaftsaspekt unterliegen, sondern auch Fragestellungen der Tiergesundheit, der Preis- und Handelsgestaltung und der ökologischen Haltung und Fütterung von Anfang an zum Tragen kommen.

Kommentar:
Wer der Verantwortung für das Überleben dieses Planeten gerecht werden will, muß Lebensmittel im Bioladen statt im Supermarkt einkaufen. Die Lebensmittel, die im Supermarkt verkauft werden stammen nach wie vor weit überwiegend aus der industriellen Landwirtschaft, und damit einem Wirtschaftszweig der massiv zur Vernichtung unserer Lebensgrundlagen beiträgt. Auch wer über ein geringes Einkommen verfügt, kann zumindest den überwiegenden Teil der benötigten Lebensmittel im Bioladen einkaufen.