Alexandra Kollontai - Portrait einer feministischen Bolschewistin

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Anmod: Die feministische Bolschewistin Alexandra Kollontai starb am 9. März 1953, vor 67 Jahren in Moskau.
Sie grenzte sich schon sehr früh vom bürgerlichen Feminismus ab. Kollontai war die erste Ministerin und erste Botschafterin weltweit. Sie setzte sich ein für Gleichberechtigung, selbstbestimmte Schwangerschaftsabbrüche, für freie Liebe und Sexualität und ein Leben in Kommunen.
Jenz Steiner von coloRadio hat sich mit ihrem Leben beschäftigt und portraitiert in aller Kürze den steinigen und steilen Werdegang einer Frau, die alles anders machen wollte.
Audio
02:43 min, 6369 kB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 07.03.2019 / 23:41

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Frauen/Lesben, Kultur, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Jenz Steiner
Radio: coloradio, Dresden im www
Produktionsdatum: 07.03.2019
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Kinder gemeinsam in Kommunen groß ziehen, die freie Liebe praktizieren und selbst bestimmen, ob und wann man eine Schwangerschaft abbricht. Das klingt nach 68er Bewegung. Doch verfolgt man die Wurzeln dieser Idee, landet man schnell in der jungen Sowjetunion der Neunzehnhundertzwanziger Jahre.
Die feministische Bolschewistin Alexandra Michailowna Kollontai war Volkskommissarin im jungen Sowjetstaat. Mit vielen ihrer Forderungen biss sie auf Granit. Erst bei Lenin, erst recht bei Stalin. Was von ihrem Einsatz und Engagement blieb, waren die Volksküchen und die Kommunalka. So bezeichnet man für die Sowjetunion typische Gemeinschaftswohnungen, in der sich mehrere Familien Küche, Bad und Wohnraum teilen.

Als alleinerziehende Mutter setzte sie sich für ein gelockertes Eherecht ein.
Sie war erste Ministerin und erste Diplomatin weltweit.

Geboren wurde Alexandra Kollontai am 19. März 1872 in Sankt Petersburg. Die Mutter kam aus Finnland, der Vater war ukrainischer General. Als Generalstochter hatte sie einen anderen Zugang zu Bildung als es in Russland zu dieser Zeit üblich war. Sie hatte Hauslehrer und konnte am Gymnasium in Sankt Petersburg Abitur machen. Dort kam sie in Kontakt mit sozialistischen Ideen. Mit 26 konnte sie in der Schweiz, in Zürich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften studieren. Dort bekam Kollontai Kontakt zu anderen Sozialismus-Begeisterten und beschäftigte sich in ihren Schriften mehr und mehr mit dem Thema Gleichberechtigung.
Ihr Weg führte sie über Deutschland, Frankreich, Finnland, Schweden und Dänemark zu Lenin in die frisch entstandene Sowjetunion.
Ihre politischen Positionswechsel in der UdSSR sind aus heutiger Perspektive schwer nachzuvollziehen. Erst Menschewistin, dann Bolschewistin, erst Anzettlerin des Kronstädter Matrosenaufstands, dann Stalinistin, obwohl ihr Mann, der Admiral Pawel Dybenko 1938 als Trotzkist erschossen wurde. Sie kritisierte bürokratischen Strukturen in der kommunistischen Partei, schwieg aber später zu den Repressionen in der Zeit des Großen Terrors.

Alexandra Kollontai war die einzige Sozialistin aus ihrer Generation, die die internen Säuberungen unter Stalin überlebte. Bis zu ihrem Tode am 09. März 1952 blieb sie Beraterin für das sowjetische Außenministerium. Ihre Bestattung verlief ohne besondere Ehren. Kein Grab an der Moskauer Kremelmauer, kein Nachruf in der Parteizeitung "Prawda", dafür aber in der Westdeutschen Wochenzeitung "Die Zeit".

Kommentare
09.03.2022 / 07:38 RCX-TA, Radio Corax, Halle
Danke
Anlässlich des Jahrestags heute im Morgenmagazin aufgegriffen.