"Aus neutraler Sicht" von Albert Jörimann - Flabbergasted
ID 84001
Welch schöne Worte uns andere Sprachen zu bieten haben! Allein das Filibustieren hat es mir angetan.
Audio
10:42 min, 25 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 11.07.2017 / 10:38
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Dateizugriffe: 1766
Klassifizierung
Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Andere, Musik, Jugend, Kultur, Politik/Info
Serie: Aus Neutraler Sicht
Entstehung
AutorInnen: Albert Jörimann
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 11.07.2017
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Lange Zeit dachte ich, dass ein Filibuster im Deutschen ein Wisch Zeitungspapier sei, mit welchem man das Feuer im Cheminée zum Knistern bringt, denn das Wort Filibuster knistert eben wie dünne Äste, in welche man hineinbläst, um den Zunder zum Glühen zu bringen. Ich weiß allerdings nicht, ob sich heutzutage überhaupt noch jemand abgibt mit dieser Art, ein Feuer zu entfachen; es ist eher geläufig, die Holzkohle auf den Grill beziehungsweise in das Grillbecken zu gießen und dann ein Entzündemittel zu entzünden, das aussieht wie Styropor, aber deutlich besser und sauberer brennt als dieses und die Holzkohle in heitere Erhitzung versetzt. Und sowieso kommt es in erster Linie drauf an, welche Wurst auf dem Grill liegt, und nicht welches Zündmittel verwendet wird. Deshalb, dachte ich mir, ist die Bezeichnung für das Zündemittel Filibuster aus dem Sprachgebrauch gefallen und irgendwie in den US-amerikanischen Kulturkreis migriert; aber offenbar ist dem nicht so, wie mich ein Blick in die Wikipedia belehrt, und nach einigen Umwegen habe ich gemerkt, dass ich gar nicht den Filibuster meine, sondern den Fidibus. Schade!, denn es wäre wirklich schön gewesen, wenn unser Fidibus in den Vereinigten Staaten als Bezeichnung für sinnloses Geschwafel zwecks Behinderung parlamentarischer Beschlussfassung verwendet würde. Jetzt ist es halt der Filibuster, aber vielleicht versuchen wir es bei nächster Gelegenheit, wenn die Republikaner im Senat wieder in der Minderheit sind und irgendeine Abstimmung verhindern möchten, dann doch noch einmal mit «Fidibus». Die Republikaner versuchten, einen Fidibus zu organisieren, sind damit aber am Entscheid des Vorsitzenden gescheitert, welcher die Debatte zur kriegswichtigen Debatte erklärte, wodurch die Fidibussiererei abgeklemmt werden konnte.
Ähnlich US-amerikanisch und schön für unsere Ohren tönt das Gerrymandering. Man denkt an die Mandeln von Professor Gerald A. Miller von der Universität Washington, der dort Vorlesungen über die Quantenphysik hält, oder aber an das mäandernde Delta des Flusses Gera im Bundesstaat Missouri, aber es geht hier um die Grenzziehung von Wahlbezirken, mit welchen man bestimmte Populationen des politischen Gegners so zusammenballt, dass sie in ihren Wahlkreisen zwar haushohe Mehrheiten erzielen, dies aber nur in vergleichsweise wenigen Bezirken, während man selber in der großen Mehrheit der Bezirke die Mandate erhält. Das könnte eigentlich ein Skandal sein und geht zurück auf das 19. Jahrhundert, aber weil das Wort eine derart spätmittelalterliche Schönheit entwickelt, lassen wir die Praxis weiter laufen, nicht zuletzt deswegen, weil es von den Demokraten wie von den Republikanern angewendet wird, wenn sie jeweils an der Macht sind.
Übrigens habe ich kürzlich gelesen, dass die Demokraten in den Südstaaten der Vereinigten Staaten bis in die sechziger Jahre hinein politisch das Sagen hatten, bis sie sich in so unschöne Dinge verstiegen wie Abschaffung der Rassentrennung oder Frauenrechte oder Rechtsstaatlichkeit und so weiter, wobei gerade in Punkto Rechtsstaatlichkeit beziehungsweise konkreter Vertrags- und Haftungsrecht die Vereinigten Staaten wohl eine neue Stufe erklommen haben, wo man nicht mehr mit schönen Begriffen wie Rechtsverdreher und Wortklauber zu Rande kommt, sondern wo Raubzüge und Enteignungen das Kleid des Gesetzes und der Gerichtspraxis angezogen haben. Das braucht uns in Europa vorderhand nicht zu kümmern, mindestens soweit wir nicht Geschäfte mit den Amis betreiben oder gar Tochtergesellschaften daselbst unterhalten; wir können uns glücklich schätzen, dass in unserer Bevölkerung der Anteil der Architektinnen immer noch höher ist als jener der Strassenwischer und Juristinnen. Für die Vereinigten Staaten warte ich aber darauf, dass für dieses neue Entwicklungsstadium des Rechtsstaates ein neues Wort eingerichtet wird. Theoretisch wäre so etwas wie lawful fraud oder lawful expropriation am Platz, aber das ermangelt jeglicher Poesie. Ich denke eher an so etwas wie ein Tragopogon, das ist die Gattungsbezeichnung der Pflanzengattung Bocksbart, was sich wiederum leicht auf verschiedene Männersorten anwenden lässt, was jetzt zwar wiederum eine leicht sexistische Aussage ist, aber sei's drum.
Wenn also die Demokraten in den Vereinigten Staaten in den sechziger Jahren die Unterstützung im Süden verloren, weil sie sich für die Gleichberechtigung der Schwarzen einsetzten, was dann in die Wahl des ersten schwarzen Präsidenten mündete, so haben sie offenbar jetzt die Staaten im Norden verloren – warum? Wohl nicht wegen Barack Obama, sondern weil «die Politik» zunächst keine Lösungen angeboten hat für die Fragen, die aus dem industriellen Strukturwandel entstehen. Möglicherweise ist damit eben «die Politik» selber an die Grenze ihrer historischen Mission gestoßen. Vielleicht aber auch nicht.
Noch ein Wort hat es in meine Parade der schönste Wörter geschafft, nämlich «flabbergasted», was auf Deutsch «entgeistert» heißt. Allerdings ist die Übersetzung überflüssig, sieht man den Menschen doch bildlich vor sich, der flabbergasted ist. An dem wackelt doch alles wie ein Pudding, er wird überspült von blubbernden Wellen der Sprachlosigkeit. Ich meine, wenn wir schon reihenweise englische Wörter in die deutsche Sprache integrieren, so sollte «flabbergasted» jetzt endlich auch berücksichtigt werden.
So nämlich beschenken sich die Sprachen gegenseitig, wobei ich hier anfügen möchte, dass es eine Gegenbewegung gibt, vor allem im Bereich des gesungenen Wortes beziehungsweise des geraffelten, des Raps, wo man dem Nigga seine Sprache nicht lassen will und auf Deutsch reimt, dass Sinn und Zungenbein brechen. «Blut und Kasse», heißt einer von diesen Deutschrappern zum Beispiel, den ich nur deshalb heraus greife, weil ich bei «Blut» an «Ehre» dachte; schließlich führt der Deutschrap eine ansehnliche Abteilung mit Inhalten, die man sonst nur im Darknet erhält. Aber bei «Blut und Kasse» ist dies, soweit ich es überblicke, nicht der Fall, sondern hier brechen Bahnen und Dämme der Kommunikationsform, wie ich anhand des nachfolgenden PR-Textes illustrieren möchte, der sich irgendwo auf dem Weltweiten Internetz befindet: «Mit 1 Mio Follower eine Armee wegwichsen. Prost, sagt MC Bomber und gibt “Circus Halligalli” einen Korb. Sentinos polnischer Abgang wurmt Fler. - Schneller! Hinnemachen, hier! Keine ewige Vorrede, wir wollen ja schließlich alle pünktlich zum Anpfiff, gekühltes Getränk im Griff, vor der Glotze hocken. Ja, auch wegen Fußball. Vor allem aber, um zu beobachten, wie das laut.de-Redaktionsteam im EM-Tippspiel die Freie-Autoren-Reservebank noch weiter abzieht. Läuft. Ego-Ziel: besser abschneiden als Johannesberg. Sieht einigermaßen machbar aus. Machbarer jedenfalls, als Videos zu umschiffen, die mir auf die Netzhäute ätzen, wie sich der Bundestrainer an diversen Körperstellen kratzt. Wuäh, ich will das nicht mehr sehen!» – Dies alles steht zu lesen auf laut.de in einem Doubletime-Eintrag vom 16. Juni, allerdings schon aus dem Jahr 2016; der Titel lautet «Schwimmflügel an, Kollegah kommt», wobei es sich bei Kollegah um einen weiteren Rapper handelt, und der Eintrag geht weiter wie folgt: «Yo Mama Fromm und Firestarter David Maurer sammeln und kredenzen wöchentlich Diverses aus dem Kopfnicker-Universum. Anträge, Blumen oder Punchlines an doubletime at laut.de». Das hätte ich also aus dem Deutschrap-Universum gefischt, wobei wir aus heutiger Sicht ausgezeichnet nahe bei Dada sind, was vor hundert Jahren ja auch ein Versuch der Einrichtung einer Nonsense-Literatur war, da sich der Sinn in der Filibuster-Kommunikation vollständig verflüchtigt hatte. Und vor allem: Auch mein persönliches Ego-Ziel ist es, besser abzuschneiden als Johannesberg, was ein Tapedigga ist. Tapedigga dagegen hat mich noch nicht überzeugt als Begriff, erst als Bezeichnung.
By the way: Ich habe den ersten Teil dieses Textes in den Google-Englisch-Translator eingegeben, das Ergebnis kopiert und wieder zurück auf Deutsch übersetzen lassen. Es gibt nur kleinere Abweichungen, wie folgt: «Mit 1 Million Anhänger schlug eine Armee weg. Cheers, sagt MC Bomber und gibt "Circus Halligalli" einen Korb. Sentinos polnischer Absatz wurde von Fler ausgelöscht. - Schneller! Hinnemachen, hier! Kein ewiges Vorwort, wir wollen alle pünktlich zum Pfiff, gekühltes Getränk im Griff, hocken vor dem Riesen. Ja, auch wegen Fußball. Vor allem aber, um zu beobachten, wie die laut.de-Redaktion in der Europameisterschaft Vorhersage die Freie-Autoren die Bank noch weiter reservieren. Laufen. Ego-Ziel: besser als Johannesberg. Sieht ziemlich machbar aus. Mehr machbar, wie Videos um, die ich auf dem Netz Skins ätze, wie der Bundestrainer bei verschiedenen Körpern kratzt. Nun, das will ich nicht mehr!» Und das belegt, dass im Rap die Sprache tatsächlich verschmilzt. «Blut und Kasse» hat ja tatsächlich den ersten Kontakt mit der Rap-Musik in den Vereinigten Staaten gehabt, wo er in seiner frühen Jugend gelebt hat. All das passt perfekt, und die Webseite, auf welche ich da gestoßen ist und welche so etwas wie ein Hochaltar der Rapmusik zu sein scheint oder zu schein seint, ist eben laut punkt de.
Man muss es einfach zugeben: das französische Chanson eignet sich für den täglichen Gebrauch deutlich weniger als der Rap. Das haben auch die Franzosen eingesehen, die selber einen Großteil ihrer dichterischen Energie inzwischen in goldene Raps investieren und damit auch mit den deutschen Rappern fraternisieren. Wie gesagt, all dies kann man auf der Fachseite laut.de nachhören, und wenn euch mein Senf dazu auch noch interessiert, so drücke ich ihn jetzt gleich heraus: Ich bin etwas irritiert von dieser Musik, welche auf Musik an und für sich verzichtet beziehungsweise sie durch den Sound ersetzt; der Track hört sich gerne an wie der Nachhall untergegangener Industriemaschinen, er ist eingängig durch Wiederholung, was als kompositorisches Element einen interessanten Gegenpol bildet zur Newskultur, die von einem Ereignis zum nächsten hetzt und deren fixer Bestandteil der Rap doch wieder ist. Die Texte dagegen sind meistens infantil, auch wenn sie gut gemeint sind wie zum Beispiel jene von Fettes Brot; sie sind ihrerseits ein Nachhall untergegangener Aufstände und Empörung.
Anderseits würde ich ja den ewigen Klassikern Schumann und Schubert keineswegs einen Vorwurf machen daraus, dass sie Lieder über untergegangene missglückte Liebesverhältnisse gemacht haben, also ist dies kein wirklich bedeutender Vorwurf. Und dementsprechend: Ohren einstöpseln und Volumen rauf, damit es auch die hinterste und letzte Synapse kapiert!
Ähnlich US-amerikanisch und schön für unsere Ohren tönt das Gerrymandering. Man denkt an die Mandeln von Professor Gerald A. Miller von der Universität Washington, der dort Vorlesungen über die Quantenphysik hält, oder aber an das mäandernde Delta des Flusses Gera im Bundesstaat Missouri, aber es geht hier um die Grenzziehung von Wahlbezirken, mit welchen man bestimmte Populationen des politischen Gegners so zusammenballt, dass sie in ihren Wahlkreisen zwar haushohe Mehrheiten erzielen, dies aber nur in vergleichsweise wenigen Bezirken, während man selber in der großen Mehrheit der Bezirke die Mandate erhält. Das könnte eigentlich ein Skandal sein und geht zurück auf das 19. Jahrhundert, aber weil das Wort eine derart spätmittelalterliche Schönheit entwickelt, lassen wir die Praxis weiter laufen, nicht zuletzt deswegen, weil es von den Demokraten wie von den Republikanern angewendet wird, wenn sie jeweils an der Macht sind.
Übrigens habe ich kürzlich gelesen, dass die Demokraten in den Südstaaten der Vereinigten Staaten bis in die sechziger Jahre hinein politisch das Sagen hatten, bis sie sich in so unschöne Dinge verstiegen wie Abschaffung der Rassentrennung oder Frauenrechte oder Rechtsstaatlichkeit und so weiter, wobei gerade in Punkto Rechtsstaatlichkeit beziehungsweise konkreter Vertrags- und Haftungsrecht die Vereinigten Staaten wohl eine neue Stufe erklommen haben, wo man nicht mehr mit schönen Begriffen wie Rechtsverdreher und Wortklauber zu Rande kommt, sondern wo Raubzüge und Enteignungen das Kleid des Gesetzes und der Gerichtspraxis angezogen haben. Das braucht uns in Europa vorderhand nicht zu kümmern, mindestens soweit wir nicht Geschäfte mit den Amis betreiben oder gar Tochtergesellschaften daselbst unterhalten; wir können uns glücklich schätzen, dass in unserer Bevölkerung der Anteil der Architektinnen immer noch höher ist als jener der Strassenwischer und Juristinnen. Für die Vereinigten Staaten warte ich aber darauf, dass für dieses neue Entwicklungsstadium des Rechtsstaates ein neues Wort eingerichtet wird. Theoretisch wäre so etwas wie lawful fraud oder lawful expropriation am Platz, aber das ermangelt jeglicher Poesie. Ich denke eher an so etwas wie ein Tragopogon, das ist die Gattungsbezeichnung der Pflanzengattung Bocksbart, was sich wiederum leicht auf verschiedene Männersorten anwenden lässt, was jetzt zwar wiederum eine leicht sexistische Aussage ist, aber sei's drum.
Wenn also die Demokraten in den Vereinigten Staaten in den sechziger Jahren die Unterstützung im Süden verloren, weil sie sich für die Gleichberechtigung der Schwarzen einsetzten, was dann in die Wahl des ersten schwarzen Präsidenten mündete, so haben sie offenbar jetzt die Staaten im Norden verloren – warum? Wohl nicht wegen Barack Obama, sondern weil «die Politik» zunächst keine Lösungen angeboten hat für die Fragen, die aus dem industriellen Strukturwandel entstehen. Möglicherweise ist damit eben «die Politik» selber an die Grenze ihrer historischen Mission gestoßen. Vielleicht aber auch nicht.
Noch ein Wort hat es in meine Parade der schönste Wörter geschafft, nämlich «flabbergasted», was auf Deutsch «entgeistert» heißt. Allerdings ist die Übersetzung überflüssig, sieht man den Menschen doch bildlich vor sich, der flabbergasted ist. An dem wackelt doch alles wie ein Pudding, er wird überspült von blubbernden Wellen der Sprachlosigkeit. Ich meine, wenn wir schon reihenweise englische Wörter in die deutsche Sprache integrieren, so sollte «flabbergasted» jetzt endlich auch berücksichtigt werden.
So nämlich beschenken sich die Sprachen gegenseitig, wobei ich hier anfügen möchte, dass es eine Gegenbewegung gibt, vor allem im Bereich des gesungenen Wortes beziehungsweise des geraffelten, des Raps, wo man dem Nigga seine Sprache nicht lassen will und auf Deutsch reimt, dass Sinn und Zungenbein brechen. «Blut und Kasse», heißt einer von diesen Deutschrappern zum Beispiel, den ich nur deshalb heraus greife, weil ich bei «Blut» an «Ehre» dachte; schließlich führt der Deutschrap eine ansehnliche Abteilung mit Inhalten, die man sonst nur im Darknet erhält. Aber bei «Blut und Kasse» ist dies, soweit ich es überblicke, nicht der Fall, sondern hier brechen Bahnen und Dämme der Kommunikationsform, wie ich anhand des nachfolgenden PR-Textes illustrieren möchte, der sich irgendwo auf dem Weltweiten Internetz befindet: «Mit 1 Mio Follower eine Armee wegwichsen. Prost, sagt MC Bomber und gibt “Circus Halligalli” einen Korb. Sentinos polnischer Abgang wurmt Fler. - Schneller! Hinnemachen, hier! Keine ewige Vorrede, wir wollen ja schließlich alle pünktlich zum Anpfiff, gekühltes Getränk im Griff, vor der Glotze hocken. Ja, auch wegen Fußball. Vor allem aber, um zu beobachten, wie das laut.de-Redaktionsteam im EM-Tippspiel die Freie-Autoren-Reservebank noch weiter abzieht. Läuft. Ego-Ziel: besser abschneiden als Johannesberg. Sieht einigermaßen machbar aus. Machbarer jedenfalls, als Videos zu umschiffen, die mir auf die Netzhäute ätzen, wie sich der Bundestrainer an diversen Körperstellen kratzt. Wuäh, ich will das nicht mehr sehen!» – Dies alles steht zu lesen auf laut.de in einem Doubletime-Eintrag vom 16. Juni, allerdings schon aus dem Jahr 2016; der Titel lautet «Schwimmflügel an, Kollegah kommt», wobei es sich bei Kollegah um einen weiteren Rapper handelt, und der Eintrag geht weiter wie folgt: «Yo Mama Fromm und Firestarter David Maurer sammeln und kredenzen wöchentlich Diverses aus dem Kopfnicker-Universum. Anträge, Blumen oder Punchlines an doubletime at laut.de». Das hätte ich also aus dem Deutschrap-Universum gefischt, wobei wir aus heutiger Sicht ausgezeichnet nahe bei Dada sind, was vor hundert Jahren ja auch ein Versuch der Einrichtung einer Nonsense-Literatur war, da sich der Sinn in der Filibuster-Kommunikation vollständig verflüchtigt hatte. Und vor allem: Auch mein persönliches Ego-Ziel ist es, besser abzuschneiden als Johannesberg, was ein Tapedigga ist. Tapedigga dagegen hat mich noch nicht überzeugt als Begriff, erst als Bezeichnung.
By the way: Ich habe den ersten Teil dieses Textes in den Google-Englisch-Translator eingegeben, das Ergebnis kopiert und wieder zurück auf Deutsch übersetzen lassen. Es gibt nur kleinere Abweichungen, wie folgt: «Mit 1 Million Anhänger schlug eine Armee weg. Cheers, sagt MC Bomber und gibt "Circus Halligalli" einen Korb. Sentinos polnischer Absatz wurde von Fler ausgelöscht. - Schneller! Hinnemachen, hier! Kein ewiges Vorwort, wir wollen alle pünktlich zum Pfiff, gekühltes Getränk im Griff, hocken vor dem Riesen. Ja, auch wegen Fußball. Vor allem aber, um zu beobachten, wie die laut.de-Redaktion in der Europameisterschaft Vorhersage die Freie-Autoren die Bank noch weiter reservieren. Laufen. Ego-Ziel: besser als Johannesberg. Sieht ziemlich machbar aus. Mehr machbar, wie Videos um, die ich auf dem Netz Skins ätze, wie der Bundestrainer bei verschiedenen Körpern kratzt. Nun, das will ich nicht mehr!» Und das belegt, dass im Rap die Sprache tatsächlich verschmilzt. «Blut und Kasse» hat ja tatsächlich den ersten Kontakt mit der Rap-Musik in den Vereinigten Staaten gehabt, wo er in seiner frühen Jugend gelebt hat. All das passt perfekt, und die Webseite, auf welche ich da gestoßen ist und welche so etwas wie ein Hochaltar der Rapmusik zu sein scheint oder zu schein seint, ist eben laut punkt de.
Man muss es einfach zugeben: das französische Chanson eignet sich für den täglichen Gebrauch deutlich weniger als der Rap. Das haben auch die Franzosen eingesehen, die selber einen Großteil ihrer dichterischen Energie inzwischen in goldene Raps investieren und damit auch mit den deutschen Rappern fraternisieren. Wie gesagt, all dies kann man auf der Fachseite laut.de nachhören, und wenn euch mein Senf dazu auch noch interessiert, so drücke ich ihn jetzt gleich heraus: Ich bin etwas irritiert von dieser Musik, welche auf Musik an und für sich verzichtet beziehungsweise sie durch den Sound ersetzt; der Track hört sich gerne an wie der Nachhall untergegangener Industriemaschinen, er ist eingängig durch Wiederholung, was als kompositorisches Element einen interessanten Gegenpol bildet zur Newskultur, die von einem Ereignis zum nächsten hetzt und deren fixer Bestandteil der Rap doch wieder ist. Die Texte dagegen sind meistens infantil, auch wenn sie gut gemeint sind wie zum Beispiel jene von Fettes Brot; sie sind ihrerseits ein Nachhall untergegangener Aufstände und Empörung.
Anderseits würde ich ja den ewigen Klassikern Schumann und Schubert keineswegs einen Vorwurf machen daraus, dass sie Lieder über untergegangene missglückte Liebesverhältnisse gemacht haben, also ist dies kein wirklich bedeutender Vorwurf. Und dementsprechend: Ohren einstöpseln und Volumen rauf, damit es auch die hinterste und letzte Synapse kapiert!