Auch als CETA-Kritiker nicht nur glücklich über das Veto der Wallonie (mit Update)
ID 79666
Der Europaabgeordnete Sven Giegold (Grüne) gehört zu den emsigsten Kritikern des Handelsabkommens der EU mit Kanada (CETA), das nun nach einem Referendum im französischsprachigen Belgien (Wallonie) vorerst gescheitert ist. Doch Giegold freut sich nur zur Hälfte, denn er sieht Probleme für die Handlungsfähigkeit der Union, wenn auch die europäischen Regionen eine Art Vetorecht ausüben. Eine Demokratie, die nicht handlungsfähig sei, sei eben auch nicht demokratisch, gibt er zu bedenken. Außerdem plädiert er dafür, auch wieder inhaltlich über das CETA-Abkommen zu reden, das er nach wie vor für sehr bedenklich hält.
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06:13 min, 5835 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 28.10.2016 / 20:10
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Dateizugriffe: 66
Klassifizierung
Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Politik/Info
Serie: Focus Europa Einzelbeitrag
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Zu der nunmehr erfolgten Einigung der belgischen Regionen schreibt Sven Giegold:
"Die heutige Einigung ist kein Durchbruch, sondern eine Blockade mit
Ansage. Die belgischen Regionen haben ihre Bedenken keineswegs
aufgegeben. Die Wallonen und Brüsseler haben völlig Recht, dass CETA
mit Schiedsgerichten nicht zustimmungsfähig ist. Der CETA-Stopp ist nur
aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Im nationalen
Ratifizierungsverfahren kündigen sie ein Veto an, wenn es bei den
Schiedsgerichten bleibt. Davor wollen sie noch eine juristische Prüfung
der Schiedsgerichte durch den europäischen Gerichtshof erreichen. Auch
in Österreich und im deutschen Bundesrat gibt es derzeit keine Mehrheit
für CETA. Es ist erfreulich, dass die neue Mehrheit in Berlin ihre
Ablehnung schon angekündigt hat.
Nach dem absurden Entscheidungsverfahren auf EU-Ebene kündigen
Konservative und Liberale jetzt an, mit juristischen Änderungen die EU-
Handelspolitik durchsetzbarer zu machen. Das wäre jedoch die falsche
Konsequenz aus dem CETA-Malefiz. Notwendig ist ein neuer
gesellschaftlicher Konsens für die europäische Handelspolitik.
Zollabbau, Vereinfachung der Zollabwicklung und Harmonisierung
technischer Standards sind wirtschaftlich vernünftig. Eingriffe in
gesellschaftliche Standards, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehören
nicht in Handelsverträge. Gerade CETA-Befürworter in den
Wirtschaftsverbänden sollten nun das Gespräch mit Gewerkschaften,
Bürgerrechtsgruppen, Entwicklungsorganisationen, Umwelt- und
Verbraucherverbänden suchen. Nicht juristische Taschenspielertricks
schaffen Akzeptanz für die Handelspolitik, sondern eine neue Allianz
für eine Handelspolitik, die auf breite Zustimmung in der Bevölkerung
trifft. Die Verhandlungsmandate aller derzeit verhandelten EU-
Handelsverträge müssen neu verhandelt werden. Der CETA-Vertragstext
selbst braucht eine Überarbeitung. Erst auf dieser Basis ergeben die
notwendigen Änderungen am europäischen Entscheidungsverfahren für
Handelsverträge politisch Sinn, statt politischen Frust zu erzeugen."
"Die heutige Einigung ist kein Durchbruch, sondern eine Blockade mit
Ansage. Die belgischen Regionen haben ihre Bedenken keineswegs
aufgegeben. Die Wallonen und Brüsseler haben völlig Recht, dass CETA
mit Schiedsgerichten nicht zustimmungsfähig ist. Der CETA-Stopp ist nur
aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Im nationalen
Ratifizierungsverfahren kündigen sie ein Veto an, wenn es bei den
Schiedsgerichten bleibt. Davor wollen sie noch eine juristische Prüfung
der Schiedsgerichte durch den europäischen Gerichtshof erreichen. Auch
in Österreich und im deutschen Bundesrat gibt es derzeit keine Mehrheit
für CETA. Es ist erfreulich, dass die neue Mehrheit in Berlin ihre
Ablehnung schon angekündigt hat.
Nach dem absurden Entscheidungsverfahren auf EU-Ebene kündigen
Konservative und Liberale jetzt an, mit juristischen Änderungen die EU-
Handelspolitik durchsetzbarer zu machen. Das wäre jedoch die falsche
Konsequenz aus dem CETA-Malefiz. Notwendig ist ein neuer
gesellschaftlicher Konsens für die europäische Handelspolitik.
Zollabbau, Vereinfachung der Zollabwicklung und Harmonisierung
technischer Standards sind wirtschaftlich vernünftig. Eingriffe in
gesellschaftliche Standards, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehören
nicht in Handelsverträge. Gerade CETA-Befürworter in den
Wirtschaftsverbänden sollten nun das Gespräch mit Gewerkschaften,
Bürgerrechtsgruppen, Entwicklungsorganisationen, Umwelt- und
Verbraucherverbänden suchen. Nicht juristische Taschenspielertricks
schaffen Akzeptanz für die Handelspolitik, sondern eine neue Allianz
für eine Handelspolitik, die auf breite Zustimmung in der Bevölkerung
trifft. Die Verhandlungsmandate aller derzeit verhandelten EU-
Handelsverträge müssen neu verhandelt werden. Der CETA-Vertragstext
selbst braucht eine Überarbeitung. Erst auf dieser Basis ergeben die
notwendigen Änderungen am europäischen Entscheidungsverfahren für
Handelsverträge politisch Sinn, statt politischen Frust zu erzeugen."