In welcher Verfassung ist Europa?

ID 7758
 
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Die DFG-VK Hessen bietet Gruppen und Organisationen für November 2004 an, Veranstaltungen zum Thema "Militarisierung und Flüchtlingsabwehr der Europäischen Union" durchzuführen. Rudi Friedrich von Connection e.V. wird auf den Veranstaltungen die Inhalte des von ihm mitherausgegebenem Sammelband "In welcher Verfassung ist Europa? - EU: Militarisierung und Flüchtlingsabwehr" vorstellen.
Er gibt in dem Interview einen Überblick über die Inhalte der Veranstaltungen.

Mehr zu der Veranstaltungsreihe unter:

http://www.dfg-vk-mainz.de/aktuell
Audio
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Upload vom 09.10.2004 / 00:00

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich:
Entstehung

AutorInnen: Harald Gewehr
Radio: RadioQuer, Wiesbaden im www
Produktionsdatum: 09.10.2004
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Repressiver Zungenschlag
EU: Militarisierung und Flüchtlingsabwehr

Im Herbst 2003 konnten wir zunächst den Zeitungen entnehmen, dass sich die EU-Regierungschefs nicht auf einen Verfassungsentwurf für die Europäische Union (EU) verständigen konnten, der von einem "Europäischen Konvent" erarbeitet worden war. Die spanische und die polnische Regierung beanspruchten eine stärkere Gewichtung im Europäischen Rat und im Ministerrat. Nun soll es im Juni einen neuen Versuch zur Einigung geben. Aber selbst wenn die Regierungen dem Entwurf zustimmen, tritt die Verfassung nicht unmittelbar in Kraft. Vielmehr muss sie in den Ländern der Union zuvor ratifiziert werden, zum Teil mit Referenden der Bevölkerung. Es bleibt also noch Zeit, eine kritische Debatte zu führen.

Und eine Diskussion darüber ist dringend geboten. Wird diese Verfassung beschlossen und schließlich auch ratifiziert, wird sie einen rechtlich höheren Stellenwert erhalten, als er den nationalstaatlichen Verfassungen der Mitgliedsländer der Europäischen Union beigemessen wird.

In den Bereichen der Militarisierung und Flüchtlingsabwehr der Europäischen Union würden mit dem Verfassungsentwurf bisherige Weichenstellungen festgeschrieben werden, wie verschiedene Kampagnen "gegen diese Verfassung" zu Recht feststellen. Der Artikel I-40 würde die EU-Mitgliedstaaten zur Aufrüstung verpflichten, ein "Europäisches Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten" erhielte Verfassungsrang, nach Artikel III-210 sollen EU-Streitkräfte weltweit eingesetzt werden können. Das EU-Parlament soll für den militärpolitischen Bereich nur gehört werden, aber keine Entscheidungsgewalt haben (I-40). Die Militärpolitik wäre zudem der Kontrolle des Gerichtshofes der Europäischen Union (III-282) entzogen.

Nach Artikel II-18 würde sich die Europäische Union zum Asylrecht bekennen - "nach Maßgabe des Genfer Abkommens". In anderen Verfassungspassagen spiegelt sich jedoch der repressive Zungenschlag der EU-Flüchtlingspolitik wieder.

Sie würden die Möglichkeit legitimieren, den Flüchtlingsschutz in Transit- und Herkunftsländer auszulagern und damit faktisch abzuschaffen (III-167).

Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist zwar als Teil der "Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit" enthalten (II-10). Es würde jedoch den Einzelstaaten überlassen, wie dies ausgestaltet wird. Damit wären die bestehenden repressiven Regelungen faktisch legitimiert.

Insbesondere das Recht von Soldatinnen und Soldaten, den Kriegsdienst zu verweigern, wird von vielen EU-Mitgliedstaaten eingeschränkt oder gar ausgeschlossen.


Weltweite Militäreinsätze

All dies zeichnete sich schon in den vergangenen Jahren ab. In mindestens fünf Bereichen ist die Militarisierung der Union schon weit fortgeschritten. Zentrales Element sind die seit Ende der 80er Jahre aufgebauten multinationalen Korps. Im Jahre 2004 soll des weiteren eine EU-Interventionstruppe einsatzfähig sein, die bis zu 60.000 Mann für einen Einsatz aufbringen kann; Deutschland wird dafür mit 18.000 einsatzfähigen Soldatinnen und Soldaten das größte Kontingent stellen. Zudem sollen sogenannte Battle Groups neu gegründet werden, sieben bis neun Gefechtsgruppen mit je etwa 1.500 Mann, die innerhalb von 15 Tagen für Militäreinsätze auf der ganzen Welt mobilisiert werden können. Hinzu kommt das "Europäische Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten", das bereits auf einem EU-Gipfel Ende 2003 beschlossen wurde. Und selbst die Aufrüstungsverpflichtung findet sich im Strategiepapier der Europäischen Union, das auf dem selben Gipfel verabschiedet wurde.

Der Einigungsprozess der Europäischen Union, der von neoliberalen Interessen für die Freiheit des Kapitals, der Waren und der Dienstleistungen motiviert war, vollzieht sich nun auch ganz offenkundig auf militärischem Gebiet. Das ist verbunden mit entscheidenden Schritten für eine eigenständige Militärpolitik der Europäischen Union, abseits von den USA.

Dass es von europäischen Regierungen Ansätze gibt, die hegemoniale Rolle der USA in Frage zu stellen, hat der "Widerstand" der deutschen und französischen Regierung gegen den Irakkrieg gezeigt. Die Regierung unter Schröder und Fischer bediente sich dabei des Arguments, dass ein Krieg einer völkerrechtlichen Legitimation bedürfe, was im Umkehrschluss selbstverständlich jeden vom Sicherheitsrat akzeptierten Krieg legitimieren würde. Praktisch setzte die deutsche Bundesregierung eine Doppelstrategie um, die sowohl Elemente der Konkurrenz, als auch der Kooperation beinhaltete. Sie stellte sich auf diplomatischer Ebene gegen den Krieg, tat aber alles dafür, dass er stattfinden konnte und die Besatzung bewerkstelligt werden kann. Sie gewährte Überfluggenehmigungen und eine umfangreiche Nutzung der militärischen Infrastruktur in Deutschland, stellte die Bundeswehr für Wachdienste zur Verfügung, setzte ABC-Abwehrsoldaten in Kuwait ein und ließ Soldaten in den AWACS-Aufklärungsfliegern über der Türkei an der Grenze zum Irak zu. Nach dem offiziellen Kriegsende wurde diese Politik fortgesetzt. "Die Bundesregierung hat - wie Frankreich und Russland - der UN-Resolution 1511 zugestimmt, in der den Besatzungsmächten USA, Großbritannien, Polen u.a. volle Handlungsfreiheit gegeben wird." Neben einer Reihe von Hilfsorganisationen sind bereits auch Polizisten der GSG 9 und auch Bundeswehrsoldaten von sogenannten Verbindungsteams im Irak stationiert.

Auch das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr macht sich Gedanken über die Ziele einer eigenständigen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union. Ulrich vom Hagen kommt in einem Aufsatz aus dem Jahre 2003 zu dem Resultat, dass "man sich in Europa darüber klar werden" müsse, "welche Rolle man in der Welt zu spielen gedenkt. Wenn man in der Lage sein will, als EU mit den USA ernsthaft zu diskutieren, wäre eine europäische Globalstrategie eine wichtige Voraussetzung für einen zukünftigen Dialog auf gleicher Augenhöhe."

Noch ist "man" weit davon entfernt, diese Augenhöhe mit den USA auf der sicherheitspolitischen Ebene zu erreichen. Die USA ist unbestritten die militärische Supermacht, die jährlich an die 400 Milliarden US-Dollar in ihren Militäretat hineinsteckt. Das Strategiepapier der Europäischen Union spricht allerdings schon sehr offen von Multilateralität, also von einem Weltsystem, das von mehreren Staaten zugleich dominiert bzw. kontrolliert wird. "Eine aktive und handlungsfähige Europäische Union könnte Einfluss im Weltmaßstab ausüben. Damit würde sie zu einem wirksamen multilateralen System beitragen." Die Europäische Union will zu einem globalen Akteur werden. Die Aufrüstung soll vorangetrieben werden, um möglichst viel Macht und Einfluss zu erreichen, die wirtschaftliche Expansion auszubauen und Kriege führen zu können. Im Strategiepapier heißt das so: "Wir müssen eine Strategiekultur entwickeln, die ein frühzeitiges, rasches und wenn nötig robustes Eingreifen fördert."


Flüchtlingsabwehr

Die meisten der gegenwärtig etwa 12 Millionen Flüchtlinge sind vor Krieg und kriegerischen Auseinandersetzungen geflohen. Insgesamt gibt es derzeit über 40 Kriege oder militärisch ausgetragene Konflikte. Wer versucht, zu fliehen, steht allerdings vor riesigen Hürden. Laut dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen, dem UNHCR, leben so weit über 80% der Flüchtlinge unter zumeist katastrophalen Bedingungen in der jeweiligen Herkunftsregion.

Flüchtlinge sind aber nicht nur im Herkunftsland mit Militär konfrontiert, mit Zwangsrekrutierung, Zerstörung der Lebensgrundlagen durch militärische Einsätze, Ausplünderung und Ermordungen. Wer Schutz in der Europäischen Union sucht, sieht sich einer Festung gegenüber. Zunächst wurden die legalen Wege geschlossen, u.a. durch die Einführung von Visa-Regelungen für alle Herkunftsländer von Flüchtlingen. Flüchtlingen wird in der Regel jedoch kein Visum ausgestellt. Da bleibt ihnen oft nur der Weg, die Grenzen illegalisiert zu übertreten, Flüsse zu durchschwimmen, in abgetakelten Kähnen das Meer zu überqueren, sich in LKWs einschließen zu lassen. Es ist ein lebensgefährliches Unterfangen, Tausende von Toten sind die Folge.

Mit massiven Mitteln wird versucht, illegalisierte Grenzübertritte zu verhindern. Die Flüchtlingsabwehr nimmt dabei durchaus militärische Qualitäten an. Fregatten der verschiedenen Marineverbände patrouillieren in den Gewässern im Mittelmeer, beobachten bei der Gelegenheit Flüchtlingsrouten und greifen Flüchtlinge auf, verschiedentlich wurde von EU-Staaten Militär eingesetzt, um die Außengrenzen zu bewachen. Der Grenzschutz wurde aufgerüstet: Radartürme, Nachtsichtgeräte, Wärmebildkameras, Kohlendioxydsonden und vieles mehr kommen zum Einsatz.

Wenn Flüchtlinge in der Nähe der Grenze aufgegriffen werden, droht ihnen via Drittstaatenregelung die sofortige Zurückschiebung in das nächstgelegene Transitland, ohne die Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen.

So nimmt es nicht Wunder, dass die rigorose Abriegelung der Europäischen Union Wirkung zeigt: Die Zahl der Asylgesuche hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert. Im Jahre 2003 wurden nur noch 288.000 Asylanträge gestellt. In Deutschland sank die Zahl auf 50.000 - der niedrigste Stand seit 1984.

Die Verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr greifen das auf. In ihnen werden Flüchtlinge und MigrantInnen kurzerhand zu einer Bedrohung erklärt: "Ungelöste politische, ethnische, religiöse, wirtschaftliche und gesellschaftliche Konflikte wirken sich im Verbund mit dem internationalen Terrorismus, mit der international operierenden Organisierten Kriminalität und den zunehmenden Migrationsbewegungen unmittelbar auf die deutsche und europäische Sicherheit aus." Das lässt aufhorchen. Was haben eigentlich Militärpolitik und Flüchtlingsabwehr der Europäischen Union miteinander zu tun?


Fluchtursachenbekämpfung durch militärische Intervention?

Der Krieg um den Kosovo, der humanitär begründet wurde, war für die Europäische Union ein Testfall zum Umgang mit Flüchtlingen. Der Militäreinsatz der NATO wurde mit einem System der "Regionalisierung" und einen Konzept verbunden, das lediglich einen "vorübergehenden Schutz" für Flüchtlinge vorsieht. Zunächst versuchten die EU-Staaten, die Flüchtlinge nicht aus der Region kommen zu lassen. Sie wurden "heimatnah untergebracht", wie Innenminister Schily es formulierte. Das bedeutete die Aufnahme in Flüchtlingslagern in Mazedonien und Albanien, den Nachbarstaaten des Kosovo. Die Lager waren zum großen Teil von NATO-Truppen aufgebaut worden. Gleichzeitig sollte verhindert werden, dass Flüchtlinge in andere Länder weiter reisen können: schärfere Kontrollen an den Grenzen, temporäre Aussetzung der Visaerteilung und anderes mehr. Die Folge war: Die Nachbarstaaten wurden destabilisiert. "Erst nach dramatischen Appellen des UNHCR begann die Europäische Union, Flüchtlinge zu evakuieren. Die Aufnahmeländer entschieden nach politischem Ermessen, wie viele Flüchtlinge sie für wie lange aufnahmen - insgesamt waren es knapp 80.000. Diese Schutzsuchenden erhielten in den meisten europäischen Ländern keinen asylrechtlichen Schutz, sondern lediglich einen zeitlich befristeten Schutz minderer Qualität. Dreh- und Angelpunkt dieses politischen Schutzkonzeptes ist die Ersetzung der in der Genfer Flüchtlingskonvention niedergelegten individuellen Rechte durch das Ermessen des Aufnahmelandes." Das Konzept der Regionalisierung wurde auch in anderen Fällen ähnlich umgesetzt.


Nützliche versus unnütze MigrantInnen

Die Auseinandersetzung um das Zuwanderungsgesetz in Deutschland zeigt, dass es Interessen gibt, bestimmte Gruppen von Einwanderern ins Land zu lassen. Weiter fortgeschritten ist diese Entwicklung bereits in Spanien. Einerseits wurde das spanische Ausländerrecht extrem verschärft, andererseits werden billige Arbeitskräfte ins Land gelassen. Sie arbeiten in den Nischen des Arbeitsmarktes unter sklavenähnlichen Bedingungen: in der Schuhproduktion, Landwirtschaft, Lederverarbeitung, auf Baustellen, bei Reinigungsbetrieben, in der Prostitution sowie im Hausarbeitssektor. Oft erhalten sie bei 10 bis 13 Stunden Arbeit pro Tag lediglich einen Hungerlohn, ohne Arbeitsvertrag und ohne Sozialversicherung. So ließ das spanische Innenministerium zwar im Jahre 2003 einerseits über 90.000 Menschen abschieben. Andererseits wurden im selben Zeitraum mehr als 320.000 Aufenthaltspapiere ausgestellt, so viel wie nie zuvor. "Dies zeigt eines der bedeutendsten Elemente der Ausländerpolitik: Auf der einen Seite wird gegen die 'illegale Einwanderung' aufgerüstet und Stimmung gemacht, um abzuschieben; auf der anderen Seite wird selektiv das Aufenthaltsrecht erteilt. (...) Die Menschen werden im neoliberalen Politikverständnis nach wirtschaftlich Nützlichen und Unnützen eingeteilt."

Ein anderes Beispiel dafür ist der Umgang mit Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern. Beispielsweise hatte ein Jahr nach dem Kosovokrieg das Innenministerium unter Schily erklärt, dass "Deserteure und Wehrdienstverweigerer" aus der Bundesrepublik Jugoslawien dann "mit einer positiven Entscheidung" in ihren Asylverfahren rechnen könnten, "(wenn sie) beweisen bzw. glaubhaft vortragen, ab Herbst 1998 bis zur Beendigung des Kriegszustandes nach dem 26. Juni 1999 den Wehrdienst verweigert zu haben bzw. desertiert zu sein". Als Grund für diese Maßnahme gab das Innenministerium die drohende harte Bestrafung bei Rückkehr in die Bundesrepublik Jugoslawien an sowie die Ungewissheit, ob die Betroffenen faire Verfahren zu erwarten hätten.

Obwohl sich der Regierungsbeschluss auf die Rechtsprechung bezog, gab es unverkennbar politische Motive für die Entscheidung. 1999 hatte die NATO über dem Kriegsgegner Serbien Flugblätter abgeworfen, in denen sie jugoslawische Soldaten aufrief, "Einheit und Kriegsgerät zu verlassen und aus dem Kosovo zu fliehen". Sie wurden in gewisser Weise als Überläufer betrachtet, die die Seite gewechselt hatten. Die Deserteure der gegnerischen Armee waren die good guys, die nützlichen Verweigerer, und nur daher wurde ihnen ein Schutz angeboten.


Zivilmilitärisch

Von einigen Organisationen ist zu hören, dass der Verfassungsentwurf der Europäischen Union sicherlich an verschiedenen Punkten zu kritisieren sei. Allerdings sei es doch gelungen, z.B. den Hinweis auf zivile Maßnahmen verfassungsrechtlich abzusichern. So finde sich im Artikel III-210 der Verweis auf "Missionen, bei deren Durchführung die Union auf zivile und militärische Mittel zurückgreifen kann". Die Liste der dort genannten Maßnahmen reicht von Abrüstungsmaßnahmen, über humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, Aufgaben der Konfliktverhütung, bis zu Frieden schaffenden Maßnahmen, Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten und "Unterstützung für Drittstaaten bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet". Das bedeutet in der Tat: Das Mandat für militärische Einsätze wird extrem weit gefasst.

Der Einsatz von zivilen Mitteln wird im Verfassungsentwurf immer im Zusammenhang mit militärischen Mitteln genannt, nicht als eigenständige Möglichkeit. Zivile und militärische Maßnahmen werden so vermischt. In der Praxis geschah dies schon in der Vergangenheit, wie Beispiele zeigen. Das Militär baute in der Nähe des Kosovo Flüchtlingslager auf und bewachte diese, Flüchtlingshilfsorganisationen waren in den Lagern tätig. Das Militär besetzte Landesteile oder Länder, die zivilen Hilfsorganisationen sollen als Teil der Besatzungspolitik beim Wiederaufbau helfen. In Kundus, Afghanistan, machten die zivilen Helfer deutlich, was sie davon halten. Deutsche Hilfsorganisationen, wie "Caritas International" oder "Ärzte ohne Grenzen", die dort bislang gut arbeiten konnten, meinten einhellig: "In Kundus brauchen wir die Bundeswehr nicht."

Sie störe eher, da sie unnötig die zivilen Helfer gefährde. Etwaige Angreifer würden zwischen zivilen und militärischen Akteuren aus dem Ausland keinen Unterschied machen. Aber nicht nur das: Die zivilen Einsätze werden damit zum verlängerten Arm der militärpolitischen Strategien.

Die "Verfassung für Europa" soll nach dem Willen der EU-Regierungen die Europäische Union zu einem "Vorbild in der neuen Weltordnung" machen.

Sie wird kein Vorbild, dem es nachzustreben gälte. Es zeichnen sich gravierende Konsequenzen bei der Militarisierung und Flüchtlingsabwehr der Europäischen Union ab. Stattdessen gilt es, für Entmilitarisierung, ein offenes Europa und einen umfassenden Flüchtlingsschutz zu streiten.

Rudi Friedrich ist Mitarbeiter von Connection e.V.