Das Watch The Med Alarmphone : Fähren statt Frontex! Gegen das Sterben im Mittelmeer!
ID 77393
Das Alarmphone guckt dem erneuten Sterben im Mittelmeer nicht tatenlos zu, nach den vielen Ertrunkenen vom letzten Donnerstag gaben sie ein Statement heraus.
Schliesslich hatten sie versucht über vier Stunden die Menschen zu beruhigen und Schiffe zu organisieren, die zu den kenternden Booten fahren können.
Hier das volle Statement und ein Interview mit Conni, die über die Hintergründe der Veränderungen der Fluchtrouten und die harte Arbeit des Alarmphones berichtet.
27.5.2016
Stellungnahme von WatchTheMed Alarm Phone
zur aktuellen Situation im Mittelmeer und den Ereignissen gestern
Die EU und der Tod auf See -
Vom kalkulierten und überwachten Sterben im zentralen Mittelmeer
Über vier Stunden hat es am gestrigen Donnerstag Vormittag gedauert, bis
Rettungsschiffe eintrafen. Vier Stunden Bangen und die Bemühung, die
Menschen an Bord eines überfüllten Holzbootes zu beruhigen. Um 6.21 Uhr
hat das Schichtteam des WatchTheMed Alarm Phone die GPS-Daten als SOS an
die Rettungsleitstelle der italienischen Küstenwache in Rom (MRCC)
durchgegeben. Zuvor kam der Notruf via Satelliten-Telefon, der Anrufer
berichtete von zwei Booten mit jeweils 500 Menschen an Bord, darunter
viele syrische und irakische Flüchtlinge. Um 10.31 Uhr kam endlich
Rettung in Sicht, doch eine Stunde zuvor war das zweite Boot in
Sichtweite bereits gesunken. Wie viele Menschen dabei ertrunken und
verschwunden sind, ist bislang unbekannt. Die Küstenwache aus Rom
berichtet in ihrer Tagesbilanz u.a. vom Kentern eines Bootes sowie von
96 Geretteten. Todesopfer werden keine erwähnt. Doch das private
Rettungsschiff Sea-Watch, das am frühen Nachmittag die Unglücksstelle
erreichte, musste Ertrunkene bergen.
Schliesslich hatten sie versucht über vier Stunden die Menschen zu beruhigen und Schiffe zu organisieren, die zu den kenternden Booten fahren können.
Hier das volle Statement und ein Interview mit Conni, die über die Hintergründe der Veränderungen der Fluchtrouten und die harte Arbeit des Alarmphones berichtet.
27.5.2016
Stellungnahme von WatchTheMed Alarm Phone
zur aktuellen Situation im Mittelmeer und den Ereignissen gestern
Die EU und der Tod auf See -
Vom kalkulierten und überwachten Sterben im zentralen Mittelmeer
Über vier Stunden hat es am gestrigen Donnerstag Vormittag gedauert, bis
Rettungsschiffe eintrafen. Vier Stunden Bangen und die Bemühung, die
Menschen an Bord eines überfüllten Holzbootes zu beruhigen. Um 6.21 Uhr
hat das Schichtteam des WatchTheMed Alarm Phone die GPS-Daten als SOS an
die Rettungsleitstelle der italienischen Küstenwache in Rom (MRCC)
durchgegeben. Zuvor kam der Notruf via Satelliten-Telefon, der Anrufer
berichtete von zwei Booten mit jeweils 500 Menschen an Bord, darunter
viele syrische und irakische Flüchtlinge. Um 10.31 Uhr kam endlich
Rettung in Sicht, doch eine Stunde zuvor war das zweite Boot in
Sichtweite bereits gesunken. Wie viele Menschen dabei ertrunken und
verschwunden sind, ist bislang unbekannt. Die Küstenwache aus Rom
berichtet in ihrer Tagesbilanz u.a. vom Kentern eines Bootes sowie von
96 Geretteten. Todesopfer werden keine erwähnt. Doch das private
Rettungsschiff Sea-Watch, das am frühen Nachmittag die Unglücksstelle
erreichte, musste Ertrunkene bergen.
Audio
08:59 min, 8424 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 31.05.2016 / 14:55
08:59 min, 8424 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 31.05.2016 / 14:55
Dateizugriffe: 108
Klassifizierung
Beitragsart: Interview
Sprache:
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Politik/Info
Serie: Focus Europa Einzelbeitrag
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Stellungnahme von WatchTheMed Alarm Phone
zur aktuellen Situation im Mittelmeer und den Ereignissen gestern
Die EU und der Tod auf See -
Vom kalkulierten und überwachten Sterben im zentralen Mittelmeer
Über vier Stunden hat es am gestrigen Donnerstag Vormittag gedauert, bis
Rettungsschiffe eintrafen. Vier Stunden Bangen und die Bemühung, die
Menschen an Bord eines überfüllten Holzbootes zu beruhigen. Um 6.21 Uhr
hat das Schichtteam des WatchTheMed Alarm Phone die GPS-Daten als SOS an
die Rettungsleitstelle der italienischen Küstenwache in Rom (MRCC)
durchgegeben. Zuvor kam der Notruf via Satelliten-Telefon, der Anrufer
berichtete von zwei Booten mit jeweils 500 Menschen an Bord, darunter
viele syrische und irakische Flüchtlinge. Um 10.31 Uhr kam endlich
Rettung in Sicht, doch eine Stunde zuvor war das zweite Boot in
Sichtweite bereits gesunken. Wie viele Menschen dabei ertrunken und
verschwunden sind, ist bislang unbekannt. Die Küstenwache aus Rom
berichtet in ihrer Tagesbilanz u.a. vom Kentern eines Bootes sowie von
96 Geretteten. Todesopfer werden keine erwähnt. Doch das private
Rettungsschiff Sea-Watch, das am frühen Nachmittag die Unglücksstelle
erreichte, musste Ertrunkene bergen.
Kalkuliertes Sterben
In den vergangenen drei Tagen sind erneut Tausende von Flüchtlingen und
MigrantInnen auf überfüllten Booten von der libyschen Küste Richtung
Sizilien gestartet: 2600 Menschen am Dienstag, 3000 am Mittwoch, über
4000 am gestrigen Donnerstag. Niemand kann mehr überrascht sein, schon
gar nicht die Verantwortlichen der EU-Migrationspolitik. Doch sie
weigern sich, das tödliche Visumregime abzuschaffen und legale sichere
Einreisewege zu eröffnen. Im Gegenteil: die im Sommer letzten Jahres
erkämpfte offene Balkanroute wurde in den letzten Wochen mit aller
Gewalt wieder verschlossen. Unter den Opfern des gestrigen Tages im
zentralen Mittelmeer befinden sich erstmals wieder syrische und
irakische Flüchtlinge. Sie wären über die Ägäis und die Balkanroute sehr
viel sicherer gereist, doch deren Schließung zwang sie auf die viel
gefährlichere Route über Libyen.
Als Resultat der Schließung der Balkanroute and des inhumanen
EU-Türkei-Deals, droht in Griechenland ankommenden Flüchtlingen die
Abschiebung in die Türkei, während diejenigen, die sich bereits auf dem
griechischen Festland befinden, ohne jegliche Perspektive der baldigen
Weiterreise bleiben. Diese politische Veränderung zwingt Flüchtlinge auf
die gefährlichere Route über Libyen.
Überwachtes Sterben
Seit fast einem Jahr läuft die Militär-Operation EUNAVFOR MED/Sophia zur
Überwachung des zentralen Mittelmeeres zwischen Libyen und Italien. Ihr
zentraler Auftrag ist die Bekämpfung der sogenannten Schleusernetzwerke.
Die „Schlepperjäger“ sind mit allem High-Tech ausgerüstet, die
Meereszone vor der Küste Libyens gehört zu den Bestüberwachtesten der
Welt. Und was wäre einfacher als im Stundentakt mit einem kleinen
Aufklärungsflugzeug entlang der allseits bekannten Routen die Boote der
Geflüchteten auf See zu orten und diese sofort zu retten? Stattdessen
sind es immer wieder die italienische Küstenwache, private Initiativen
und NGOs, die mit ihren Rettungsbooten Schlimmeres verhindern. Und wenn
sie dann mit den Geretteten unterwegs sind nach Sizilien, fehlen die
Kapazitäten und es geschieht, was gestern erneut passiert und
offensichtlich von den Verantwortlichen beabsichtigt ist: Das Sterben
auf See geht weiter. Und solange möglich, wird es verschwiegen oder
vertuscht oder kleingeredet, um neue öffentliche Aufschreie zu vermeiden.
Wir schreien auf, einmal mehr und immer wieder. Über die Toten der
letzten 20 Jahre, über die Toten gestern. Niemand müsste auf See
sterben, wenn es legale sichere Zugangswege gebe. Das Sterben auf See
ist keine Naturkatastrophe und kein Unfall. Es ist vielmehr das
kalkulierte Produkt eines EU-Grenz- und Visa-Regime. Das Sterben auf See
ist menschengemacht und könnte morgen als dunkles Kapitel der Geschichte
beendet werden: mit der Öffnung der Grenzen und dem freien Zugang zu
Fähren.
Der lange Sommer der Migration auf dem Balkan hat es gezeigt: sind die
Grenzen geöffnet, gibt es keine „Schlepper“ mehr. Teuer und gefährlich
reist nur, wer dazu von Frontex und Co gezwungen wird.
Eine Welt ohne Grenzen ist möglich: sowohl Frontex wie auch die
„Schlepper“ werden dann verschwunden sein.
In diesem Sinne: Fähren statt Frontex
WatchTheMed Alarm Phone (27.05.2016)
Kontakt:
wtm-alarm-phone@antira.info
zur aktuellen Situation im Mittelmeer und den Ereignissen gestern
Die EU und der Tod auf See -
Vom kalkulierten und überwachten Sterben im zentralen Mittelmeer
Über vier Stunden hat es am gestrigen Donnerstag Vormittag gedauert, bis
Rettungsschiffe eintrafen. Vier Stunden Bangen und die Bemühung, die
Menschen an Bord eines überfüllten Holzbootes zu beruhigen. Um 6.21 Uhr
hat das Schichtteam des WatchTheMed Alarm Phone die GPS-Daten als SOS an
die Rettungsleitstelle der italienischen Küstenwache in Rom (MRCC)
durchgegeben. Zuvor kam der Notruf via Satelliten-Telefon, der Anrufer
berichtete von zwei Booten mit jeweils 500 Menschen an Bord, darunter
viele syrische und irakische Flüchtlinge. Um 10.31 Uhr kam endlich
Rettung in Sicht, doch eine Stunde zuvor war das zweite Boot in
Sichtweite bereits gesunken. Wie viele Menschen dabei ertrunken und
verschwunden sind, ist bislang unbekannt. Die Küstenwache aus Rom
berichtet in ihrer Tagesbilanz u.a. vom Kentern eines Bootes sowie von
96 Geretteten. Todesopfer werden keine erwähnt. Doch das private
Rettungsschiff Sea-Watch, das am frühen Nachmittag die Unglücksstelle
erreichte, musste Ertrunkene bergen.
Kalkuliertes Sterben
In den vergangenen drei Tagen sind erneut Tausende von Flüchtlingen und
MigrantInnen auf überfüllten Booten von der libyschen Küste Richtung
Sizilien gestartet: 2600 Menschen am Dienstag, 3000 am Mittwoch, über
4000 am gestrigen Donnerstag. Niemand kann mehr überrascht sein, schon
gar nicht die Verantwortlichen der EU-Migrationspolitik. Doch sie
weigern sich, das tödliche Visumregime abzuschaffen und legale sichere
Einreisewege zu eröffnen. Im Gegenteil: die im Sommer letzten Jahres
erkämpfte offene Balkanroute wurde in den letzten Wochen mit aller
Gewalt wieder verschlossen. Unter den Opfern des gestrigen Tages im
zentralen Mittelmeer befinden sich erstmals wieder syrische und
irakische Flüchtlinge. Sie wären über die Ägäis und die Balkanroute sehr
viel sicherer gereist, doch deren Schließung zwang sie auf die viel
gefährlichere Route über Libyen.
Als Resultat der Schließung der Balkanroute and des inhumanen
EU-Türkei-Deals, droht in Griechenland ankommenden Flüchtlingen die
Abschiebung in die Türkei, während diejenigen, die sich bereits auf dem
griechischen Festland befinden, ohne jegliche Perspektive der baldigen
Weiterreise bleiben. Diese politische Veränderung zwingt Flüchtlinge auf
die gefährlichere Route über Libyen.
Überwachtes Sterben
Seit fast einem Jahr läuft die Militär-Operation EUNAVFOR MED/Sophia zur
Überwachung des zentralen Mittelmeeres zwischen Libyen und Italien. Ihr
zentraler Auftrag ist die Bekämpfung der sogenannten Schleusernetzwerke.
Die „Schlepperjäger“ sind mit allem High-Tech ausgerüstet, die
Meereszone vor der Küste Libyens gehört zu den Bestüberwachtesten der
Welt. Und was wäre einfacher als im Stundentakt mit einem kleinen
Aufklärungsflugzeug entlang der allseits bekannten Routen die Boote der
Geflüchteten auf See zu orten und diese sofort zu retten? Stattdessen
sind es immer wieder die italienische Küstenwache, private Initiativen
und NGOs, die mit ihren Rettungsbooten Schlimmeres verhindern. Und wenn
sie dann mit den Geretteten unterwegs sind nach Sizilien, fehlen die
Kapazitäten und es geschieht, was gestern erneut passiert und
offensichtlich von den Verantwortlichen beabsichtigt ist: Das Sterben
auf See geht weiter. Und solange möglich, wird es verschwiegen oder
vertuscht oder kleingeredet, um neue öffentliche Aufschreie zu vermeiden.
Wir schreien auf, einmal mehr und immer wieder. Über die Toten der
letzten 20 Jahre, über die Toten gestern. Niemand müsste auf See
sterben, wenn es legale sichere Zugangswege gebe. Das Sterben auf See
ist keine Naturkatastrophe und kein Unfall. Es ist vielmehr das
kalkulierte Produkt eines EU-Grenz- und Visa-Regime. Das Sterben auf See
ist menschengemacht und könnte morgen als dunkles Kapitel der Geschichte
beendet werden: mit der Öffnung der Grenzen und dem freien Zugang zu
Fähren.
Der lange Sommer der Migration auf dem Balkan hat es gezeigt: sind die
Grenzen geöffnet, gibt es keine „Schlepper“ mehr. Teuer und gefährlich
reist nur, wer dazu von Frontex und Co gezwungen wird.
Eine Welt ohne Grenzen ist möglich: sowohl Frontex wie auch die
„Schlepper“ werden dann verschwunden sein.
In diesem Sinne: Fähren statt Frontex
WatchTheMed Alarm Phone (27.05.2016)
Kontakt:
wtm-alarm-phone@antira.info