"X Gebote" - das neue religionskritische Stück von norton.commander.productions
ID 44828
(Länge 18 min) Das neue religionskritische Stück von norton.commander.productions heisst "X GEBOTE". das ist der erste von 3 teilen zu diesem christlichen Wertekanon und seinen Widersprüchen. Nachdem es in Frankfurt am Main und in Dresden gelaufen ist, kann man es jetzt noch in Wien und Düsseldorf sehen. - Eine Rezension und ein Interview mit Peter Meining von norton.commander.productions.
Audio
18:06 min, 26 MB, mp3
mp3, 200 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 05.12.2011 / 13:10
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Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Anmoderation, so im Beitrag enthalten:
"norton.commander.productions sind die Künstlerinnen und Theaterregisseure Harriet Maria Meining und Peter Meining. sie arbeiten konzeptuell und genreübergreifend und haben gute kontakte zu einem bestimmten segment der popkultur.
mit ihnen zusammengearbeitet haben Blixa Bargeld, Jochen Arbeit, Mariola Brillowska, Caspar Brötzmann, Ronald Lippok, Alan Vega, Christoph Schlingensief - keine schlechte Empfehlung.
Die Gruppe hat nicht umsonst letztes Jahr den George-Tabori-Preis verliehen bekommen, weil sie nämlich jenseits gängiger Ästhetiken in den Feldern Schauspiel, Musik, Gesang und Film mit aktuellen politischen und gesellschaftlich relevanten Themen experimentiert.
Ich habe das neuste Stück von norton.commander.productions gesehen, das heisst "X GEBOTE". das ist der erste von 3 teilen zu diesem christlichen Wertekanon und seinen Widersprüchen.
für Regie, Buch, Bühnenbild und Film sind Harriet Maria Meining und Peter Meining selbst verantwortlich, Nikolaus Woernle hatte die Musikalische Leitung inne und ist für das Sounddesign zuständig.
Als Schauspielerinnen und Performerinnen sind ausserdem beteiligt:
-Irm Hermann, die kennt man aus Filmen von Fassbinder und Schlingensief
-Angie Reed, Performerin und Musikerin, Ex-Bassistin von Stereo Total
Hermann Beyer, Schauspieler u.a. an der volksbühne bei frank castorf
Mark Boombastik, Musiker
Joern J. Burmester, Performer
Otmar Wagner, performer
Nikolaus Woernle, komponist und musiker
Ole Wulfers, künstler
Gregor Biermann, Künstler und Musiker
Noel Lode, spielt das jüngste Kind
Das Stück ist 3-geteilt, im ersten Teil sieht man 4 vermutlich göttliche Wesen in Windeln unmengen Plastiktiere mit Kompressoren aufblasen - eine moderne, industrielle Allegorie auf die Schöpfung, auf das Paradies und auf die vertreibung der Menschen von dort. Das ganze passiert wortlos. Hin und wieder werden per Video Schöpfungszenen aus einem Renaissancegemälde gezeigt, auf die das Bühnengeschehen Bezug nimmt. Erstes gebot: Ich bin der Herr Dein Gott, Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
Der zweite teil fühlt sich an wie im Kino. Man schaut einen absurden Film über eine dysfunktionale Familie mit Gott als Vater, 6 oder 7 Kindern und der abwesenden Jungfrau Maria als Mutter. Der in eine weisse Generalsuniform gekleidete Gottvater versucht seine Kinder mit militärischem drill zu einer Kampfgruppe für das Christentum zu erziehen. Er demütigt, entwürdigt und manipuliert sie nach Strich und Faden, er duldet keinen Widerspruch, er lässt ihnen keinen rest ihrer menschlichen Würde. Er beschimpft z.b. einen seiner Söhne: "Du bist so hässlich, du könntest glatt ein modernes Kunstwerk sein." Das ganze findet in einer menschenleeren postpostmodernen Mall-Architektur statt. Die kinder suchen nacheinander eine fragwürdig agierende Psychoanalytikerin auf und entwickeln in den Gesprächen mit ihr eine komplexere Sichtweise auf die Dinge, jedenfalls komplexer als Gott ihnen weismachen will. Irgendwann entledigen sie sich gemeinsam und auf originelle weise der illusion, dass ihr Vater bzw. Gott existiert. 5. Gebot: Du sollst nicht töten.
Im dritten Akt stehen die Schauspielerinnen als Musiker auf der Bühne und singen John Lennons Song "Imagine" in unzähligen witzigen, unterhaltsamen, musikalisch wertvollen Varianten. Gott ist auch irgendwie dabei, diesmal in einer gütigen rolle als Chorleiter, den der Musiker Nikolaus Woernle nicht nur spielt. Copy und Paste. Das siebte Gebot lautet: Du sollst nicht stehlen.
Doch das, was ich hier beschreibe, ist nur die phänotypische Oberfläche, die sinnlich wahrnembare äussere Hülle des Stücks "Zehn Gebote". Harriet Maria Meining und Peter Meining präsentieren keine Geschichte mit einem roten Faden, auch wenn meine Beschreibung den Eindruck eines roten Fadens vermittelt. Vielmehr werden über diese sinnlich wahrnehmbare Oberfläche ein Geflecht aus klugen Konzepten und Gedanken transportiert, die das Publikum mit Unindeutigkeiten und Fragmenten geistig auf Trab hält.
norton.commander.productions ordnen mit unterschiedlichen Methoden hergestellteBruchstücke zu einem Kunstwerk mit offenen Enden an. So überlagern sich Bedeutungsebenen und bieten in ihrer Interferenz Bündel aus widersprüchlichen Sinnangeboten. Ein Sinnangebot wäre z.B., dass gewaltsame Machtverhältnisse durch Erkenntnis beendet werden können. aber das ist meine persönliche Interpretation, die im Stück in einer solchen Eindeutigkeit nicht ausgesprochen wird.
"X Gebote" gibt den Anreiz, mal ganz anders das Grundrauschen der allgemein akzeptierten Wertvorstellungen in unserer Kultur zu reflektieren und ihre religiösen Ursprünge zu erforschen. Vielleicht mit auch Psychoanalsye, wer weiß."
"norton.commander.productions sind die Künstlerinnen und Theaterregisseure Harriet Maria Meining und Peter Meining. sie arbeiten konzeptuell und genreübergreifend und haben gute kontakte zu einem bestimmten segment der popkultur.
mit ihnen zusammengearbeitet haben Blixa Bargeld, Jochen Arbeit, Mariola Brillowska, Caspar Brötzmann, Ronald Lippok, Alan Vega, Christoph Schlingensief - keine schlechte Empfehlung.
Die Gruppe hat nicht umsonst letztes Jahr den George-Tabori-Preis verliehen bekommen, weil sie nämlich jenseits gängiger Ästhetiken in den Feldern Schauspiel, Musik, Gesang und Film mit aktuellen politischen und gesellschaftlich relevanten Themen experimentiert.
Ich habe das neuste Stück von norton.commander.productions gesehen, das heisst "X GEBOTE". das ist der erste von 3 teilen zu diesem christlichen Wertekanon und seinen Widersprüchen.
für Regie, Buch, Bühnenbild und Film sind Harriet Maria Meining und Peter Meining selbst verantwortlich, Nikolaus Woernle hatte die Musikalische Leitung inne und ist für das Sounddesign zuständig.
Als Schauspielerinnen und Performerinnen sind ausserdem beteiligt:
-Irm Hermann, die kennt man aus Filmen von Fassbinder und Schlingensief
-Angie Reed, Performerin und Musikerin, Ex-Bassistin von Stereo Total
Hermann Beyer, Schauspieler u.a. an der volksbühne bei frank castorf
Mark Boombastik, Musiker
Joern J. Burmester, Performer
Otmar Wagner, performer
Nikolaus Woernle, komponist und musiker
Ole Wulfers, künstler
Gregor Biermann, Künstler und Musiker
Noel Lode, spielt das jüngste Kind
Das Stück ist 3-geteilt, im ersten Teil sieht man 4 vermutlich göttliche Wesen in Windeln unmengen Plastiktiere mit Kompressoren aufblasen - eine moderne, industrielle Allegorie auf die Schöpfung, auf das Paradies und auf die vertreibung der Menschen von dort. Das ganze passiert wortlos. Hin und wieder werden per Video Schöpfungszenen aus einem Renaissancegemälde gezeigt, auf die das Bühnengeschehen Bezug nimmt. Erstes gebot: Ich bin der Herr Dein Gott, Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
Der zweite teil fühlt sich an wie im Kino. Man schaut einen absurden Film über eine dysfunktionale Familie mit Gott als Vater, 6 oder 7 Kindern und der abwesenden Jungfrau Maria als Mutter. Der in eine weisse Generalsuniform gekleidete Gottvater versucht seine Kinder mit militärischem drill zu einer Kampfgruppe für das Christentum zu erziehen. Er demütigt, entwürdigt und manipuliert sie nach Strich und Faden, er duldet keinen Widerspruch, er lässt ihnen keinen rest ihrer menschlichen Würde. Er beschimpft z.b. einen seiner Söhne: "Du bist so hässlich, du könntest glatt ein modernes Kunstwerk sein." Das ganze findet in einer menschenleeren postpostmodernen Mall-Architektur statt. Die kinder suchen nacheinander eine fragwürdig agierende Psychoanalytikerin auf und entwickeln in den Gesprächen mit ihr eine komplexere Sichtweise auf die Dinge, jedenfalls komplexer als Gott ihnen weismachen will. Irgendwann entledigen sie sich gemeinsam und auf originelle weise der illusion, dass ihr Vater bzw. Gott existiert. 5. Gebot: Du sollst nicht töten.
Im dritten Akt stehen die Schauspielerinnen als Musiker auf der Bühne und singen John Lennons Song "Imagine" in unzähligen witzigen, unterhaltsamen, musikalisch wertvollen Varianten. Gott ist auch irgendwie dabei, diesmal in einer gütigen rolle als Chorleiter, den der Musiker Nikolaus Woernle nicht nur spielt. Copy und Paste. Das siebte Gebot lautet: Du sollst nicht stehlen.
Doch das, was ich hier beschreibe, ist nur die phänotypische Oberfläche, die sinnlich wahrnembare äussere Hülle des Stücks "Zehn Gebote". Harriet Maria Meining und Peter Meining präsentieren keine Geschichte mit einem roten Faden, auch wenn meine Beschreibung den Eindruck eines roten Fadens vermittelt. Vielmehr werden über diese sinnlich wahrnehmbare Oberfläche ein Geflecht aus klugen Konzepten und Gedanken transportiert, die das Publikum mit Unindeutigkeiten und Fragmenten geistig auf Trab hält.
norton.commander.productions ordnen mit unterschiedlichen Methoden hergestellteBruchstücke zu einem Kunstwerk mit offenen Enden an. So überlagern sich Bedeutungsebenen und bieten in ihrer Interferenz Bündel aus widersprüchlichen Sinnangeboten. Ein Sinnangebot wäre z.B., dass gewaltsame Machtverhältnisse durch Erkenntnis beendet werden können. aber das ist meine persönliche Interpretation, die im Stück in einer solchen Eindeutigkeit nicht ausgesprochen wird.
"X Gebote" gibt den Anreiz, mal ganz anders das Grundrauschen der allgemein akzeptierten Wertvorstellungen in unserer Kultur zu reflektieren und ihre religiösen Ursprünge zu erforschen. Vielleicht mit auch Psychoanalsye, wer weiß."