Die gesundheitlichen Folgen von Fukushima No.8

ID 41444
 
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Sendung auf Deutsch und Japanisch. Beschrieben wird das Desaster der Jodprophylaxe und Wellen von erhöhter Totgeburtenhäufigkeiten. Handlungsmöglichkeiten werden beschrieben und ein erster Beitrag zur Situation in den Schulen.
Audio
59:32 min, 54 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 16.06.2011 / 22:49

Dateizugriffe: 530

Klassifizierung

Beitragsart: Reportage
Sprache: andere
Redaktionsbereich: Internationales, Umwelt, in anderen Sprachen, Politik/Info
Serie: Atomenergie
Entstehung

AutorInnen: kurenai, jan.rt
Radio: WW-TÜ, Tübingen im www
Produktionsdatum: 30.06.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Äußerungen in Medien über den GAU von Fukushima schwanken zwischen Verharmlosung und Alarmstimmung. Grenzwerte scheinbarer Unbedenklichkeit unterscheiden sich um das Tausendfache. Messwerte in diversen Einheiten und milli-, mikro-, nanobereichen erzeugen die vollendete Verwirrung in der scheinbar jede Interpretation möglich ist. Die Menschen bleiben uninformiert und verwirrt zurück. Was bleibt ist ein komisches Gefühl im Bauch. Auch die japanische Regierung erscheint uninformiert, ja naiv gegenüber der radioaktiven Verseuchung und schützt ihre Bevölkerung in einem ähnlich katastrophalem Maß wie es nach 1986 die Sowjetunion getan hat. Siehe zum Beispiel das Desaster der Jodprophylaxe in Japan. Das meint die zu späte, unzureichende und komplett ausgebliebene Jodgabe. Und sie hätten es besser wissen können.
Seit 25 Jahren häufen sich die Studien über die gesundheitliche Katastrophe in Ukraine, Belarus (Weißrussland) und Russland als Folge des GAU von Chernobyl. Studien die bis heute von der etablierten Politik- und Expertenszene ignoriert werden. 60 Jahre Verharmlosung, seit Hiroshima und Nagasaki, haben so große Wissenslücken erzeugt, das die japanische Regierung ihre Bevölkerung durch falsches Handeln zusätzlich schädigt. Dem muss die Zivilgesellschaft durch eigenes Handeln entgegentreten.
Offene, freie und wahrheitsgemäße Informationen sind die notwendige Voraussetzung um die gesundheitlichen Folgen des GAU von Fukushima für die japanische Bevölkerung zu reduzieren.

Experten weigern sich der Realität ins Auge zu blicken und so kam die Jodprophylaxe im 60 km-Bereich um Fukushima viel zu spät, die einmalige Jodgabe an Betroffene war nicht ausreichend und weitere ca. 55 Mio. Menschen die radioaktivem Fall Out durch J131 ausgesetzt waren bekamen gar keine Jodprophylaxe. Die Folge für Japan, das zeigen Vergleiche mit dem GAU von Chernobyl , sind möglicherweise 5 Mio. zusätzliche Schilddrüsenkrebsfälle. Hätten sie aus Chernobyl gelernt, wären im Idealfall 90% davon vermeidbar gewesen. Inzwischen ist es fast zu spät für eine Jodprophylaxe. Aber nicht zu spät ist es die Cäsiumwelle abzumildern, die auf Japan zum Jahreswechsel 2011/12 zukommt. Hier handelt es sich um eine erhöhte Sterblichkeit bei Neugeborenen deren Mütter während der Schwangerschaft über die Milch radioaktives Cäsium getrunken haben. Ebenso ist es nicht zu spät die Strontiumwelle zu bekämpfen, das ist eine erhöhte Sterblichkeit bei Neugeborenen die in Japan für die Jahre 2016 bis 2020 zu erwarten ist. Die Strontiumwelle wird vermutlich ausgelöst durch den erhöhten Strontiumeinbau in die Knochen von jetzt 14 jährigen Mädchen durch ihr besonders starkes Längenwachstum in der Pubertät, die dann in den Jahren 2016 bis 2020 ihre Kinder gebären. Diese erhöhte Sterblichkeit bei Neugebohren durch die Cäsiumwelle und die Strontiumwelle ist sogar für wenig belastete Regionen nach dem Gau von Chernobyl nachgewiesen. Zum Beispiel für Deutschland mit einer GAU bedingten Erhöhung der Umgebungsstrahlung um 0,2 mSv (milli Sievert). Was in den Augen von Experten lächerlich gering und völlig ungefährlich ist.
(Quelle:Köberlein A., Küchenhoff H. Perinatal mortality in Germany following the Chernobyl accident, 1997

Übersetz auf die Katastrophe in Japan bedeutet das, daß mehrere Wellen von erhöhten Totgeburtenraten bei Neugeborenen auftreten werden und das betrifft mindestens die Präfekturen Tokyo, Chiba, Saitama, Tochigi, Ibaraki, Fukushima, Myagi und Yamagata. Dort leben ca. 57 Mio. Menschen die in den nächsten 15 Jahren mit möglicherweise 100.000 totgeborenen Kindern rechnen müssen. Und um das abzuwenden ist es notwendig Cäsium und Strontium belastete Lebensmittel mit Werten über 5 Bq (Bequerel) pro kg Nahrung auszusortieren um mindestens Kinder, Jugendliche und schwangere Frauen mit sauberen Lebensmitteln zu versorgen. Für die Landwirtschaft müssen radioaktive Belastungskarten erstellt werden um Flächen mit hoher und solche mit geringer Belastung zu identifizieren. Die radioaktive Kontamination liegt wie ein Flickenteppich über das ganze Land und muß identifiziert werden. Es wird viele Flächen geben, die dieses Jahr für die landwirtschaftliche Produktion ausfallen. Aber die folgenden Generationen werden es danken. Das milchgebende Vieh darf auf keine belasteten Weiden geführt werden. Kein Milchvieh auf Weiden die stärker wie 100 Bq pro m2 strahlen. Das belastete Gras dieses Jahres darf nicht an das Vieh verfüttert werden. Es ist das Sommergras, das die Casiumwelle am laufen hält. Es gehört auf die neue Sondermülldeponie Fukushima Daiichi.

Das alles sind Ereignisse von denen die japanische Regierung scheinbar nichts weiß. Wie fast alle Menschen auf diesem Erdball.
Auch wenn es schwer ist der Wahrheit des atomaren Gau in die Augen zu schauen, ist das doch notwendig um die Krankheits- und Todesraten reduzieren zu können. Die Regierung scheint gefangen in ihrem Verharmlosungsdogma. Deswegen müssen Bürgerinitiativen die notwendigen Schutzmaßnahmen herstellen, um zukünftige japanische Generationen zu schützen. Die Zivilgesellschaft ist gefordert sich das Wissen anzueignen und die Grundlagen dafür stehen mit vielen wissenschaftlichen Studien über den Gau von Chernobyl zur Verfügung. Die Menschen in Japan brauchen offene und ehrliche Informationen um sich selber schützen zu können.
6:40 min
jan, freies radio wüste welle, 24.5.11

2. Beitrag
Abschätzung der gesundheitliche Folgen der radioaktiven Belastung in den Schulen der Präfektur Fukushima


Nun ein hinreichend schwieriger Beitrag mit Zahlen, Daten und Berechnungen. Ebenso die inhaltliche Perspektive ist, so finde ich, nur schwer zu ertragen. Es geht um die Schwächsten der Gesellschaft, um Kinder die jeden Tag zur Schule gehen und die Grenzwerte, die die japanische Regierung dafür festgelegt hat.
Die internationale Strahlenschutzkommission (ICRP) hat sich für die Zeit eines Nuklearunfalls für zulässig erachtete Jahresdosen von 1 bis 20 mSv/Jahr ausgedacht. Die obere Grenze von 20 mSv/Jahr ist vergleichbar mit der juristisch anerkannten Dosis ab der Beschäftigte eines AKW`s Leukämie entwickeln. Aber auch darunter liegende radioaktive Belastungen führen zu gesundheitlichen Folgen, denn es gibt keinen Schwellenwert unterhalb dem Radioaktivität ungefährlich ist.
Die japanische Regierung nun hat diesen oberen Wert von 20 mSv/Jahr als unbedenklich für Kinder postuliert, obwohl Kinder deutlich strahlensensibler sind wie Erwachsene. Das aber ist nur der Beginn einer Geschichte, die mir eiskalte Schauer über den Rücken laufen lässt. Denn Wissenschaftler sind erfinderisch und haben errechnet, das Kinder nur 8 h täglich draußen sind und sich 16 h im Gebäude aufhalten, wo die radioaktive Strahlung geringer sein soll. Und so wurde die für Schulen unbedenkliche Dosis auf 33 mSv/Jahr oder 3,8 mikroSv/h hochgepuscht. Eine weltweit durchaus übliche Vorgehensweise, die aber, einmal aus dem Elfenbeinturm befreit, der Wirklichkeit in keiner Weise entspricht. Dafür entspricht das Ergebnis dem 82-fachen der natürlichen Hintergrundstrahlung von Gifu/Kanagawa (0,4 mSv) und dem 33-fachen der zivilisatorischen Umgebungsstrahlung in Japan (public space, 1 mSv) vor dem Gau. Kein Mensch in Deutschland würde eine so hohe Umgebungsstrahlung für Kinder akzeptieren. Nach dem Gau von Chernobyl galt in Deutschland eine Verdopplung der Umgebungsstrahlung als tolerierbare Grenze. Alle darüber belasteten Schulen, Kindergärten und Spielplätze wurden geschlossen.Nicht so in der Präfektur Fukushima. 75% aller Schulen strahlen über 0,6 mikroSv/h (mind. das 13-fache der nat. Hintergr.), 20% aller Schulen strahlen über 2,3 mikroSv/h ( mind. das 50-fache der nat. Hintergr.) und 13 Schulen strahlen über 3,8 mikroSv/h. Für die letzgenannten wurden Beschränkungen erlassen, der Bildungsbetrieb läuft weiter.

Die wirkliche radioaktive Belastung von Kindern und Jugendlichen in den Schulen der betroffenen Präfekturen ist aber noch einmal um ein vielfaches höher. Japanische Behörden messen die Radioaktivität in 0,5 m bis 1 m Höhe über dem Boden. Dabei wird hauptsächlich Gamma- und Neutronenstrahlung gemessen. Alpha- und Betastrahlung des Staubes auf dem Boden wird gar nicht erfasst. Auch in den Dosisberechnungen wird die 20-fache biologische Dosisleistung der Alpha-Strahler nicht mitgerechnet. Das sei vernachlässigbar sagen sie, weil Alpha- und Betastrahlung nur eine kurze Reichweite haben. Diese Milchmädchenrechnungen werden seit Jahrzehnten so betrieben. Doch, durch das Nichtmessen einzelner Strahlentypen werden die radioaktiven Materialmengen in der Umwelt deutlich unterschätz. Und Alphastrahlung hat eine 20-fach stärkere biologische Wirkung wie Gammastrahlung. Vermutlich zumindest, denn das exaktes Wissen über radioaktive Dosiswirkungen ist spärlich und liegt mehr im philosophischen wie im berechenbaren . Und dann ändert sich plötzlich alles, wenn das Kind im Sandkasten spielt, wenn es Spielzeug vom Boden aufhebt und mit nach Hause nimmt, oder wenn es gar kein Haus hat, weil der Tsunamie es ins Meer spülte. Das Alltagsleben hat für Experten keine Bedeutung.


Der kleinsten Teil der radioaktiven Belastung der Kinder in Schulen wurde nun beschrieben. Dieser Beitrag wird in einer der folgenden Sendungen weitergeführt.
Der komplette Beitrag ist dokumentiert auf
http://de.indymedia.org/2011/06/309425.s...


jan, freies radio wüste welle, 25.5.11