Buchtipp: "Die Hypermacht - USA in Nahaufnahme"
ID 3896
Der Begriff der „Hypermacht“ - für die Dominanz der USA in Wirtschaft, Politik, Militär und Kultur - begegnet uns seit Anbruch des Irak-Krieges immer häufiger. Der Journalist Stefan Fuchs hat sich im letzten Jahr bereits Gedanken über die Auswirkungen dieser Rolle der Vereinigten Staaten gemacht: Er fragte ein Reihe von kritischen US-Intelektuellen, Autoren und Wissenschaftler nach ihrer Definition von „Hypermacht“. Unter dem Titel „Die Hypermacht – USA in Nahaufnahme“ ist in der Edition Nautilus nun auch das Buch erschienen, in dem Stefan Fuchs diese Gespräche festgehalten hat.
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06:17 min, 5889 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 07.05.2003 / 17:29
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Dateizugriffe:
Klassifizierung
Beitragsart: Rezension
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Kultur, Internationales
Serie: Radio Palmares - Magazin
Entstehung
AutorInnen: Markus
Kontakt: tomschrott(at)yahoo.com
Radio: PalmaresPB, Paderborn im www
Produktionsdatum: 07.05.2003
keine Linzenz
Skript
Anmo-Vorschlag:
Der Begriff der „Hypermacht“ - für die Dominanz der USA in Wirtschaft, Politik, Militär und Kultur - begegnet uns seit Anbruch des Irak-Krieges immer häufiger. Der Journalist Stefan Fuchs hat sich im letzten Jahr bereits Gedanken über die Auswirkungen dieser Rolle der Vereinigten Staaten gemacht: Er fragte ein Reihe von kritischen US-Intelektuellen, Autoren und Wissenschaftler nach ihrer Definition von „Hypermacht“. Unter dem Titel „Die Hypermacht – USA in Nahaufnahme“ ist in der Edition Nautilus nun auch das Buch erschienen, in dem Stefan Fuchs diese Gespräche festgehalten hat. Markus Kilp hat es für Sie gelesen:
Beitragsskript:
Die USA haben eine Bedeutung für die Welt bekommen, die surreale Züge annimmt, es gab bisher nichts vergleichbares, denn Amerika dringt in alle Poren des Lebens: Diese Thesen, die Stefan Fuchs seinem Buch voranstellt, sind wohl gerade in Zeiten eines erneuten Irak-Kriegs nicht von der Hand zu weisen – zu deutlich ist die Überheblichkeit, das Dominanzgefühl und der Willen, die eigenen Machinteressen auch einseitig durchzusetzen. In diesem Fall vor allem durch politische und militärische Machtausübung. Allerdings spielen bei der Hypermacht USA noch andere Bereiche eine Rolle:
Sie verfügt nicht nur über den größten Militärischen Komplex, mit Aufwendungen von ca. 500 Milliarden Dollar jährlich, sondern sie ist auch Gravitationszentrum der Weltwirtschaft, Vorreiter beim Einsatz neuer Technologien und versorgt mit den Produktionen ihrer Kulturindustrie die industriellen Zentren mit Stoff für Träume, Orientierung und emotionaler Befriedigung.
Stefan Fuchs versucht in zahlreichen Gesprächen, über diese nüchterne Bestandaufnahme hinaus, tiefer ins kulturelle und gesellschaftliche Gefüge der Vereinigten Staaten zu blicken. Er will die USA in Nahaufnahme, und hat sich dazu einige Ihrer intelligentesten Kritiker zum Gespräch eingeladen – gesprochen wird beispielsweise über das Versagen des Bildungssystem, über die Abspaltung der Reichen vom Rest der Gesellschaft, und auch über die Gründe, warum das Land zu einer Bedrohung für den ganzen restlichen Globus wird.
Dabei deckt Fuchs schnell auf, dass hinter der „kriegerisch-vitalen“ Fassade der Hypermacht, eine innenpolitische „Erschöpfung“ - mit diversen Schwächen und Problemen - vorherrscht, die ihrerseits zur Sorge anregt:
Gore Vidal, „Enfant terrible“ der amerikanischen Literaturszene, sieht gerade angesichts der momentanen Machtfülle, schon einen Verfall der USA, „einen Hauch von Weimar“ und eine „Infantilisierung“ der Gesellschaft.
Im Gespräch mit Richard Sennet treten die Gründe hierfür, und für die wachsende Ungleichheit in der US-amerikanischen Gesellschaft noch deutlicher hervor: Der Soziologe berichtet davon, dass die Mittelschicht praktisch ausgeschaltet sei: denn es fehle ihr das begriffliche System mit dem die wachsende Ungleichheit aufzuspüren wäre:
Zitat, S.34.
Mit ähnlich scharfer Kritik bezeichnet der Medienwissenschaftler Joshua Meyrowitz die US-Bevölkerung als ahnungslos. Sie verfüge, so Meyrowitz, schlicht nicht über genug Informationen, um die Mythen von Medien und Politik in Frage zu stellen. Er zeigt auf wie diese Meinungsmache funktioniert: Die Industrie setze fest, was an kritischem Journalismus noch akzeptabel ist. Ohne dass es jemandem auffiele werden alternative Informationen völlig ausgeblendet:
Zitat, S.49.
In seinen Gesprächen zeigt Stefan Fuchs nicht nur die Gründe für die momentane Depression in der amerikanischen Gesellschaft auf, seine Gesprächspartner entwickeln auch Konsequenzen und formulieren Hoffnungen.
So sei dieses Buch auch der in Europa aufkeimenden Friedensbewegung ans Herz gelegt, zeigt sich doch an vielen Punkten, wo mögliche gesellschaftliche Alternativen zu suchen und zu ergreifen wären, (sei es in dem einfachen Selbstverständnis der Bevölkerung als „Bürger“ und nicht allein als „Konsumenten“...)
.... Deutlich wird hier darüber hinaus, wo der Rest der Welt mit dem neoliberalen Wirtschafts- und Kulturmodell der USA vebandelt und verwandt ist. So meint der Politikwissenschaftler Benjamin Barber mit seiner Kritik an der „MC World“ nicht allein McDonalds oder den Disney-Konzern sondern ausdrücklich auch Bertelsman und Sony.
Nicht zuletzt Noam Chomsky rückt die Rolle Europas ins rechte Licht, wenn er daran erinnert, dass große Teile Europas auf dem gleichen Weg sind wie die USA. Sei es bei der Umsetzung von Sozialabbau und Schwächung der Gewerkschaften oder bei der Konfliktlösung durch kriegerische Mittel.
Den Irak-Krieg sieht Chomsky übrigens im direkten Zusammenhang mit innenpolitischen Problemen des Bush-Regimes - auch mit Hinweis auf die in der vergangenen Woche durchgesetzten Steuerleichterungen für die amerikanische Oberschicht.
Hochaktuell und lesenswert ist dieses Buch also allemal – und ganz nebenbei ist es erfreulich, dass so eine Gesprächsreihe vom öffentlich rechtlichen Rundfunk geplant und finanziert wird. Die Anerkennung gebührt dabei neben Stefan Fuchs der Redaktion „Hintergrund Kultur“ im Deutschlandfunk.
Abmoderationsvorschlag:
„Die Hypermacht – USA in Nahaufnahme“ ist Ende Februar bei Edition Nautilus erschienenen Das Taschenbuch ist für 12,- € im gutsortierten Buchhandel erhältlich.
Der Begriff der „Hypermacht“ - für die Dominanz der USA in Wirtschaft, Politik, Militär und Kultur - begegnet uns seit Anbruch des Irak-Krieges immer häufiger. Der Journalist Stefan Fuchs hat sich im letzten Jahr bereits Gedanken über die Auswirkungen dieser Rolle der Vereinigten Staaten gemacht: Er fragte ein Reihe von kritischen US-Intelektuellen, Autoren und Wissenschaftler nach ihrer Definition von „Hypermacht“. Unter dem Titel „Die Hypermacht – USA in Nahaufnahme“ ist in der Edition Nautilus nun auch das Buch erschienen, in dem Stefan Fuchs diese Gespräche festgehalten hat. Markus Kilp hat es für Sie gelesen:
Beitragsskript:
Die USA haben eine Bedeutung für die Welt bekommen, die surreale Züge annimmt, es gab bisher nichts vergleichbares, denn Amerika dringt in alle Poren des Lebens: Diese Thesen, die Stefan Fuchs seinem Buch voranstellt, sind wohl gerade in Zeiten eines erneuten Irak-Kriegs nicht von der Hand zu weisen – zu deutlich ist die Überheblichkeit, das Dominanzgefühl und der Willen, die eigenen Machinteressen auch einseitig durchzusetzen. In diesem Fall vor allem durch politische und militärische Machtausübung. Allerdings spielen bei der Hypermacht USA noch andere Bereiche eine Rolle:
Sie verfügt nicht nur über den größten Militärischen Komplex, mit Aufwendungen von ca. 500 Milliarden Dollar jährlich, sondern sie ist auch Gravitationszentrum der Weltwirtschaft, Vorreiter beim Einsatz neuer Technologien und versorgt mit den Produktionen ihrer Kulturindustrie die industriellen Zentren mit Stoff für Träume, Orientierung und emotionaler Befriedigung.
Stefan Fuchs versucht in zahlreichen Gesprächen, über diese nüchterne Bestandaufnahme hinaus, tiefer ins kulturelle und gesellschaftliche Gefüge der Vereinigten Staaten zu blicken. Er will die USA in Nahaufnahme, und hat sich dazu einige Ihrer intelligentesten Kritiker zum Gespräch eingeladen – gesprochen wird beispielsweise über das Versagen des Bildungssystem, über die Abspaltung der Reichen vom Rest der Gesellschaft, und auch über die Gründe, warum das Land zu einer Bedrohung für den ganzen restlichen Globus wird.
Dabei deckt Fuchs schnell auf, dass hinter der „kriegerisch-vitalen“ Fassade der Hypermacht, eine innenpolitische „Erschöpfung“ - mit diversen Schwächen und Problemen - vorherrscht, die ihrerseits zur Sorge anregt:
Gore Vidal, „Enfant terrible“ der amerikanischen Literaturszene, sieht gerade angesichts der momentanen Machtfülle, schon einen Verfall der USA, „einen Hauch von Weimar“ und eine „Infantilisierung“ der Gesellschaft.
Im Gespräch mit Richard Sennet treten die Gründe hierfür, und für die wachsende Ungleichheit in der US-amerikanischen Gesellschaft noch deutlicher hervor: Der Soziologe berichtet davon, dass die Mittelschicht praktisch ausgeschaltet sei: denn es fehle ihr das begriffliche System mit dem die wachsende Ungleichheit aufzuspüren wäre:
Zitat, S.34.
Mit ähnlich scharfer Kritik bezeichnet der Medienwissenschaftler Joshua Meyrowitz die US-Bevölkerung als ahnungslos. Sie verfüge, so Meyrowitz, schlicht nicht über genug Informationen, um die Mythen von Medien und Politik in Frage zu stellen. Er zeigt auf wie diese Meinungsmache funktioniert: Die Industrie setze fest, was an kritischem Journalismus noch akzeptabel ist. Ohne dass es jemandem auffiele werden alternative Informationen völlig ausgeblendet:
Zitat, S.49.
In seinen Gesprächen zeigt Stefan Fuchs nicht nur die Gründe für die momentane Depression in der amerikanischen Gesellschaft auf, seine Gesprächspartner entwickeln auch Konsequenzen und formulieren Hoffnungen.
So sei dieses Buch auch der in Europa aufkeimenden Friedensbewegung ans Herz gelegt, zeigt sich doch an vielen Punkten, wo mögliche gesellschaftliche Alternativen zu suchen und zu ergreifen wären, (sei es in dem einfachen Selbstverständnis der Bevölkerung als „Bürger“ und nicht allein als „Konsumenten“...)
.... Deutlich wird hier darüber hinaus, wo der Rest der Welt mit dem neoliberalen Wirtschafts- und Kulturmodell der USA vebandelt und verwandt ist. So meint der Politikwissenschaftler Benjamin Barber mit seiner Kritik an der „MC World“ nicht allein McDonalds oder den Disney-Konzern sondern ausdrücklich auch Bertelsman und Sony.
Nicht zuletzt Noam Chomsky rückt die Rolle Europas ins rechte Licht, wenn er daran erinnert, dass große Teile Europas auf dem gleichen Weg sind wie die USA. Sei es bei der Umsetzung von Sozialabbau und Schwächung der Gewerkschaften oder bei der Konfliktlösung durch kriegerische Mittel.
Den Irak-Krieg sieht Chomsky übrigens im direkten Zusammenhang mit innenpolitischen Problemen des Bush-Regimes - auch mit Hinweis auf die in der vergangenen Woche durchgesetzten Steuerleichterungen für die amerikanische Oberschicht.
Hochaktuell und lesenswert ist dieses Buch also allemal – und ganz nebenbei ist es erfreulich, dass so eine Gesprächsreihe vom öffentlich rechtlichen Rundfunk geplant und finanziert wird. Die Anerkennung gebührt dabei neben Stefan Fuchs der Redaktion „Hintergrund Kultur“ im Deutschlandfunk.
Abmoderationsvorschlag:
„Die Hypermacht – USA in Nahaufnahme“ ist Ende Februar bei Edition Nautilus erschienenen Das Taschenbuch ist für 12,- € im gutsortierten Buchhandel erhältlich.