Folter an baskischen Journalisten Zip-Beitrag
ID 3430
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13 Tage nach der Schließung der Baskischen Tageszeitung (Euskaldunon Egunkaria) ist noch immer nicht klar, was weiter mit der Zeitung geschieht. Bis zum Redaktionsschluss waren noch nicht einmal alle Journalisten vernommen worden. Ob das „vorläufige Verbot“ aufgehoben oder um ein halbes Jahr verlängert wird, wie die Staatsanwaltschaft fordert, ist noch unklar. Die Verteidigung fordert die sofortige Aufhebung des Verbots, das nur in „einem Ausnahmezustand“ möglich sei. Sie stützte sich dabei auch auf ein Rechtsgutachten, dem sich inzwischen mehr als 300 Anwälte angeschlossen haben. Schon 1987 hätte das Verfassungsgerichts geurteilt, eine Schließung sei nur erlaubt, wenn konkrete Straftaten verhindert würden. Doch für den Vorwurf, die Zeitung sei ein Medium der baskischen Separatistenorganisation ETA, gibt es bisher nicht einmal Indizien. Die sollten erst mit der Durchsuchung beschafft werden. Trotzdem wurden sechs Journalisten, die am Aufbau der Zeitung vor 13 Jahren beteiligt waren, wegen angeblicher Mitgliedschaft in der ETA inhaftiert. Bei der Begründung der Haftbefehle fällt auf, das der Richter sich auf Dokumente bezieht, die schon vor mehr als 10 Jahren bei der ETA gefunden wurden. Die wurden längst in anderen Fällen verwendet, analysieren jedoch nur die politische Situation um die Gründung der Zeitung. Keiner der Journalisten wird einer konkreten Straftat beschuldigt.
Dafür haben sich auch die schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Folter haben die vier auf Kaution entlassenen Journalisten angezeigt. Ihre Darstellung wurde von den Inhaftierten bestätigt. Ralf Streck weiß mehr dazu.
13 Tage nach der Schließung der Baskischen Tageszeitung (Euskaldunon Egunkaria) ist noch immer nicht klar, was weiter mit der Zeitung geschieht. Bis zum Redaktionsschluss waren noch nicht einmal alle Journalisten vernommen worden. Ob das „vorläufige Verbot“ aufgehoben oder um ein halbes Jahr verlängert wird, wie die Staatsanwaltschaft fordert, ist noch unklar. Die Verteidigung fordert die sofortige Aufhebung des Verbots, das nur in „einem Ausnahmezustand“ möglich sei. Sie stützte sich dabei auch auf ein Rechtsgutachten, dem sich inzwischen mehr als 300 Anwälte angeschlossen haben. Schon 1987 hätte das Verfassungsgerichts geurteilt, eine Schließung sei nur erlaubt, wenn konkrete Straftaten verhindert würden. Doch für den Vorwurf, die Zeitung sei ein Medium der baskischen Separatistenorganisation ETA, gibt es bisher nicht einmal Indizien. Die sollten erst mit der Durchsuchung beschafft werden. Trotzdem wurden sechs Journalisten, die am Aufbau der Zeitung vor 13 Jahren beteiligt waren, wegen angeblicher Mitgliedschaft in der ETA inhaftiert. Bei der Begründung der Haftbefehle fällt auf, das der Richter sich auf Dokumente bezieht, die schon vor mehr als 10 Jahren bei der ETA gefunden wurden. Die wurden längst in anderen Fällen verwendet, analysieren jedoch nur die politische Situation um die Gründung der Zeitung. Keiner der Journalisten wird einer konkreten Straftat beschuldigt.
Dafür haben sich auch die schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Folter haben die vier auf Kaution entlassenen Journalisten angezeigt. Ihre Darstellung wurde von den Inhaftierten bestätigt. Ralf Streck weiß mehr dazu.
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Vielleicht läßt sich áls Abmod die folgende ERklärung verlesen, wer sie unterschreiben will, wende sich an ralfstreck@gmx.net
Foltervorwürfen nachgehen, Schließung aufheben
Erklärung zur Schließung der Tageszeitung Euskaldunon Egunkaria
Auf Anordnung des spanischen Nationalen Gerichtshof wurde am 20. Februar die baskische Tageszeitung Euskaldunon Egunkaria "vorläufig" geschlossen und zehn leitende Angestellte der Zeitung und des Verlags unter dem Vorwurf der Unterstützung bzw. Mitgliedschaft in der baskischen Separatistenorganisation ETA verhaftet. Egunkaria, gegründet 1990, ist die einzige Tageszeitung, die vollständig in baskischer Sprache erscheint, und ein Forum, in dem alle Teile der baskischen Gesellschaft zu Wort kommen. Seit ihrem Bestehen erhielt sie Subventionen der baskischen Autonomieregierung. Konkrete Beweise dafür, dass die Zeitung und einige ihrer leitenden Angestellten Teil der Organisationsstruktur der ETA sei, wurden bislang - trotz zweijähriger Voruntersuchungen - nicht vorgelegt.
Das faktische Verbot von Egunkaria ist nicht der erste staatliche Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit im Baskenland. In nur fünf Jahren wurden vier Zeitungen oder Radiostationen unter gleichen Anschuldigungen geschlossen. Im Fall der Zeitung (und des Radio) Egin, die 1998 geschlossen wurde, wurde zwar ein Jahr später die Schließung aufgehoben, gegen die damals festgenommenen Mitarbeiter der Zeitung hat aber bislang kein Gerichtsverfahren stattgefunden. Es ist zu befürchten, dass dieses Muster auch auf Egunkaria angewandt wird.
Von den zehn Festgenommenen sind mittlerweile vier nach fünf Tagen Haft auf Kaution freigelassen worden. Der Chefredakteur von Egunkaria, Martxelo Otamendi, erhob nach seiner Haftentlassung den Vorwurf, er und seine Mitgefangenen seine gefoltert worden. Er gab u.a. an, ihm sei ein Plastikgegenstand in den After eingeführt und zweimal eine Plastiktüte übergestülpt worden, um Erstickungsanfälle zu provozieren.
Anstatt diese Vorwürfe zu untersuchen, bezeichnete der spanische Innenminister die Angaben Otamendis als "Lüge" und einen "typischen Mechanismus, dessen sich auch ETA bediene". Allerdings berichten amnesty international, das Anti-Folter-Komitee des Europarat und andere Menschenrechtorganisationen regelmäßig über Misshandlungen an nach dem Anti-Terror-Gesetz Inhaftierten. Der letzte Bericht der UNO-Kommission für Menschenrechte vom April 2002 dokumentiert für das Jahr 2000 76 Übergriffe gegen Gefangene, sowie 58 Fälle von Misshandlungen gegen Basken bei ihrer Festnahme, wobei es zu Schlägen, Scheinhinrichtungen, sexuellen Übergriffen, Elektroschocks und vielen anderen Formen von Misshandlungen gekommen sei.
Wir verlangen von der spanischen Regierung unverzüglich diese Folter-Vorwürfe ernsthaft zu prüfen, anstatt rechtliche Schritte "gegen diejenigen zu unternehmen, die diese falschen Anschuldigungen erhoben haben", wie es der spanische Innenminister angekündigt hat.
Die Tatsache, dass die Schließung von Egunkaria mittlerweile auf sechs Monate ausgedehnt werden soll, obwohl die spanischen Ermittlungsbehörden bislang konkrete Beweise für eine so drastische Maßnahme wie die Schließung einer Zeitung schuldig blieben, legt für uns die Vermutung nahe, hier soll ein unabhängiges Presseorgan mundtot gemacht werden. Ohne gerichtliche Überprüfung der Schließung erscheint uns das Verbot von Egunkaria als reiner Willkürakt. Will die spanische Regierung den Eindruck korrigieren, sie würde sich undemokratischer und nicht-rechtsstaatlicher Mitteln bedienen, muss sie dieses Schließung sofort aufheben.
Sendung/Beitrag
Atxilotuak Askatu (Freiheit für die Gefangenen)
Freiheit für die Gefangenen Journalisten haben am vergangen Wochenende 10.000de auf einer Demonstration für die Pressefreiheit gefordert.
Zuek faxistak zarete terroristak (Ihr Faschisten, ihr seid die Terrosristen)
In den Sprechchören wurden den Verantwortlichen des Verbots und der Verhaftungen klargemacht: „Ihr Faschisten, ihr seid die Terroristen“ Denn unter dem Anti-Terror Gesetz wurde die Zeitung geschlossen und die Journalisten verhaftet
Was es meist für die Gefangenen bedeutet, die nach dem spanischen Anti-Terror Gesetz verhaftet werden, spürten erstmals auch die zehn baskischen Journalisten, die am 20. Februar verhaftet wurden. Als vier von ihnen fünf Tage später auf Kaution wieder freigelassen wurden, fasste der Chef, der geschlossenen Zeitung, Martxelo Otamendi das in den fünf Tagen der Kontaktsperre erlebte vor den Toren des Gefängnisses in Madrid zusammen.
Sie seien wie Ratten behandelt worden, sagte er dem baskischen Fernsehen unter Tränen. Er sei geschlagen und mit einer Tüte mehrfach an den Rand des Erstickungstods gebracht worden, erklärte er weiter. Dabei sei es dem 60jährigen Radiojournalisten von Herri Irratia, Juan Mari Torrealdei, noch schlimmer ergangen. Drei Tage am Stück sei der noch inhaftierte „zu Brei“ geschlagen worden.
Kurze Zeit später in einem Telefoninterview fragt er sich erschüttert mit bebender Stimme.
„Wenn sie so etwas mit Journalisten einer Zeitung machen, mit einer Kapazität für baskische Kultur wie Juan Mari Torrealdai, was machen sie einem 20 Jährigen den sie geschnappt haben, weil er einen Stein oder einen Molotow Cocktail geworfen hat. Oder einfach einer der auf der Liste stand und sie haben entschieden in zu Brei zu schlagen. Es ist unglaublich welcher Tunnel der Straflosigkeit es gibt. Sie sind sich jeglicher Freiheiten bewusst und kündigen dir an was sie vorhaben und lassen dich entscheiden, wann es soweit ist. Es ist unglaublich.“
Otamendi forderte, es müsse „Schluss mit einer Situation wie in Chile unter Pinochet“ gemacht werden. Die Angaben des Chefs des Egunkarias wurden auch von den Schilderungen der Inhaftierten bestätigt. Als sie nach fünf Tagen Kontaktsperre endlich ihre Anwälte zu Gesicht bekamen, berichteten Iñaki Uria, Xabier Oleaga und Xabier Alegria, von Scheinhinrichtungen, Erstickungsmethoden und schweren Schlägen. Die amnesty international Zentrale in London forderte Aufklärung und die spanische Sektion erinnerte, jährlich die Folter in Spanien anzuklagen.
Doch auch zu diesem Zeitpunkt war die Situation von Pello Zubiria, Direktor der Zeitschrift Argia (Licht), noch unklar. Die Kontaktsperre bestand noch immer. Obwohl er sich auf der Intensivstation eines Madrider Krankenhauses befand, wurde die Kontaktsperre verlängert und seine Frau konnte ihn erst nach acht Tagen für zehn Minuten sehen. Der ohnehin schwerkranke soll einen Selbstmordversuch unternommen haben. Otamendi jedenfalls schließt das nicht aus.
„Besondes dramatisch ist die Situation von Pello Zubiria der noch im Krankenhaus liegt. Man kann damit nicht spielen, aber er soll einen Selbstmordversuch unternommen haben. Wenn das stimmt, dann war der Tunnel, den er für die nächsten drei bis vier Tage vor sich sah, so dunkel, dass er es vorzog auszusteigen. Einige von uns haben die Folterer gebeten ein für alle mal Schluss zu machen, damit unser Leiden ein Ende hat.“
Für Spaniens Justizminister, Angel Acebes stand schon fest dass Egunkaria eine Zeitung der ETA ist, noch bevor sich der Richter geäußert hat. Deswegen sind die Journalisten für ihn Terroristen und die Folteranklagen lügen und quasi ein Beweis ihrer Mitgliedschaft in der ETA, so einfach ist die Welt in Madrid:
„Die Gefangenen im Komplex um Egunkaria haben dass gemacht, was alle Terroristen machen, die Vorgaben der ETA umsetzen. Sie werden angewiesen Folter von Seiten der
Sicherheitskräfte anzuzeigen“.
Da die Aussagen keine Wert hätten, müsste man auch keine Ermittlungen einleiten, um die Vorgänge aufzuklären. Tatsächlich hat Acebes angewiesen gegen die zu ermitteln, die die Folter anklagen.
„Heute morgen habe ich den Justizdienst des Innenministeriums angewiesen, Anzeigen gegen die zu formulieren, die solche Vorwürfe machen. Ich sage es noch einmal: Die Vorwürfe sind nicht nur falsch, sondern stellen ein Delikt dar. Wenn es eine minimale Chance gibt, werden wir gegen alle die vorgehen die solche falschen Vorwürfe erheben.“
Besonders bedroht scheint nun das baskische Anti-Folter Komitee (TAT). Zufällig hat die Organisation am Sonntag ihren neuen Jahresbericht vorgestellt und von Januar bis November 2002 insgesamt 127 Fällen von Misshandlungen und Folter, darunter auch sexuelle Übergriffe, denunziert. Die Jahresberichte von TAT sind die Basis für Organisationen wie amnesty international oder das Anti-Folter-Komitee des Europarats die regelmäßig Misshandlungen in Spanien an Gefangenen anklagen, die nach dem Anti-Terror-Gesetz inhaftiert wurden. Der letzte Bericht der UNO-Kommission für Menschenrechte vom April 2002 dokumentiert aus den Berichten von TAT 58 Fälle von Misshandlungen. Iñigo Erkolo ist Sprecher des TAT. Hält er die Anschuldigungen der Journalisten für wahr?
Ja, völlig. Was sie angezeigt haben, ist genau dass, was andere zuvor angezeigt haben, dessen Zeugnisse sich in unserem Bericht finden. Die Tüte, Scheinhinrichtungen, Schläge, Erniedrigungen, Beleidigungen, sexuelle Übergriffe etc. Beweise haben wir natürlich nicht, dass ist meist das Problem, weil professionelle Folterer normalerweise kaum sichtbare Spuren hinterlassen.
Erkolo weist auch die Darstellung des Justizministers zurück, wonach Gefangene, die der Mitgliedschaft oder Unterstützung der ETA beschuldigt werden, stets Folter anzeigen. Bisher habe kein Journalist jemals Folter nach Verhaftungen angezeigt.
„Ich weiß nicht, ob es jetzt eine neue Strategie gibt oder ob es sich um besondere Fälle handelt, jedenfalls haben die bisher verhafteten Journalisten keine Folter angezeigt.. Auch nicht Xabier Alegria, der schon vor fünf Jahren verhaftet wurde, als die Zeitung „Egin“ das selbe Schicksal ereilte wie jetzt mit der Schließung des Egunkaria oder Pepe Rei, der mehrfach verhaftet wurde.“
Was könnte das Ziel sein, auch angesehene Journalisten zu foltern, die nicht einmal etwas mit der linken Unabhängigkeitsbewegung zu tun haben.
„Es ist eine Warnung an alle. Wir haben die gefoltert, wir können alle foltern die wir wollen. Wir alle fragen uns, wenn sie einen Zeitungsdirektor foltern, was machen sie mit anderen. Der Terror wird auf alle Sektoren ausgeweitet. Bisher haben einige vielleicht geglaubt, dass nur die Leute der Unabhängigkeitsbewegung gefoltert werden, die „gewalttätigen“ in Anführungszeichen, das wurde jetzt auf alle ausgeweitet die sich als baskisch empfinden.“
© Ralf Streck den 05.03.2003
Foltervorwürfen nachgehen, Schließung aufheben
Erklärung zur Schließung der Tageszeitung Euskaldunon Egunkaria
Auf Anordnung des spanischen Nationalen Gerichtshof wurde am 20. Februar die baskische Tageszeitung Euskaldunon Egunkaria "vorläufig" geschlossen und zehn leitende Angestellte der Zeitung und des Verlags unter dem Vorwurf der Unterstützung bzw. Mitgliedschaft in der baskischen Separatistenorganisation ETA verhaftet. Egunkaria, gegründet 1990, ist die einzige Tageszeitung, die vollständig in baskischer Sprache erscheint, und ein Forum, in dem alle Teile der baskischen Gesellschaft zu Wort kommen. Seit ihrem Bestehen erhielt sie Subventionen der baskischen Autonomieregierung. Konkrete Beweise dafür, dass die Zeitung und einige ihrer leitenden Angestellten Teil der Organisationsstruktur der ETA sei, wurden bislang - trotz zweijähriger Voruntersuchungen - nicht vorgelegt.
Das faktische Verbot von Egunkaria ist nicht der erste staatliche Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit im Baskenland. In nur fünf Jahren wurden vier Zeitungen oder Radiostationen unter gleichen Anschuldigungen geschlossen. Im Fall der Zeitung (und des Radio) Egin, die 1998 geschlossen wurde, wurde zwar ein Jahr später die Schließung aufgehoben, gegen die damals festgenommenen Mitarbeiter der Zeitung hat aber bislang kein Gerichtsverfahren stattgefunden. Es ist zu befürchten, dass dieses Muster auch auf Egunkaria angewandt wird.
Von den zehn Festgenommenen sind mittlerweile vier nach fünf Tagen Haft auf Kaution freigelassen worden. Der Chefredakteur von Egunkaria, Martxelo Otamendi, erhob nach seiner Haftentlassung den Vorwurf, er und seine Mitgefangenen seine gefoltert worden. Er gab u.a. an, ihm sei ein Plastikgegenstand in den After eingeführt und zweimal eine Plastiktüte übergestülpt worden, um Erstickungsanfälle zu provozieren.
Anstatt diese Vorwürfe zu untersuchen, bezeichnete der spanische Innenminister die Angaben Otamendis als "Lüge" und einen "typischen Mechanismus, dessen sich auch ETA bediene". Allerdings berichten amnesty international, das Anti-Folter-Komitee des Europarat und andere Menschenrechtorganisationen regelmäßig über Misshandlungen an nach dem Anti-Terror-Gesetz Inhaftierten. Der letzte Bericht der UNO-Kommission für Menschenrechte vom April 2002 dokumentiert für das Jahr 2000 76 Übergriffe gegen Gefangene, sowie 58 Fälle von Misshandlungen gegen Basken bei ihrer Festnahme, wobei es zu Schlägen, Scheinhinrichtungen, sexuellen Übergriffen, Elektroschocks und vielen anderen Formen von Misshandlungen gekommen sei.
Wir verlangen von der spanischen Regierung unverzüglich diese Folter-Vorwürfe ernsthaft zu prüfen, anstatt rechtliche Schritte "gegen diejenigen zu unternehmen, die diese falschen Anschuldigungen erhoben haben", wie es der spanische Innenminister angekündigt hat.
Die Tatsache, dass die Schließung von Egunkaria mittlerweile auf sechs Monate ausgedehnt werden soll, obwohl die spanischen Ermittlungsbehörden bislang konkrete Beweise für eine so drastische Maßnahme wie die Schließung einer Zeitung schuldig blieben, legt für uns die Vermutung nahe, hier soll ein unabhängiges Presseorgan mundtot gemacht werden. Ohne gerichtliche Überprüfung der Schließung erscheint uns das Verbot von Egunkaria als reiner Willkürakt. Will die spanische Regierung den Eindruck korrigieren, sie würde sich undemokratischer und nicht-rechtsstaatlicher Mitteln bedienen, muss sie dieses Schließung sofort aufheben.
Sendung/Beitrag
Atxilotuak Askatu (Freiheit für die Gefangenen)
Freiheit für die Gefangenen Journalisten haben am vergangen Wochenende 10.000de auf einer Demonstration für die Pressefreiheit gefordert.
Zuek faxistak zarete terroristak (Ihr Faschisten, ihr seid die Terrosristen)
In den Sprechchören wurden den Verantwortlichen des Verbots und der Verhaftungen klargemacht: „Ihr Faschisten, ihr seid die Terroristen“ Denn unter dem Anti-Terror Gesetz wurde die Zeitung geschlossen und die Journalisten verhaftet
Was es meist für die Gefangenen bedeutet, die nach dem spanischen Anti-Terror Gesetz verhaftet werden, spürten erstmals auch die zehn baskischen Journalisten, die am 20. Februar verhaftet wurden. Als vier von ihnen fünf Tage später auf Kaution wieder freigelassen wurden, fasste der Chef, der geschlossenen Zeitung, Martxelo Otamendi das in den fünf Tagen der Kontaktsperre erlebte vor den Toren des Gefängnisses in Madrid zusammen.
Sie seien wie Ratten behandelt worden, sagte er dem baskischen Fernsehen unter Tränen. Er sei geschlagen und mit einer Tüte mehrfach an den Rand des Erstickungstods gebracht worden, erklärte er weiter. Dabei sei es dem 60jährigen Radiojournalisten von Herri Irratia, Juan Mari Torrealdei, noch schlimmer ergangen. Drei Tage am Stück sei der noch inhaftierte „zu Brei“ geschlagen worden.
Kurze Zeit später in einem Telefoninterview fragt er sich erschüttert mit bebender Stimme.
„Wenn sie so etwas mit Journalisten einer Zeitung machen, mit einer Kapazität für baskische Kultur wie Juan Mari Torrealdai, was machen sie einem 20 Jährigen den sie geschnappt haben, weil er einen Stein oder einen Molotow Cocktail geworfen hat. Oder einfach einer der auf der Liste stand und sie haben entschieden in zu Brei zu schlagen. Es ist unglaublich welcher Tunnel der Straflosigkeit es gibt. Sie sind sich jeglicher Freiheiten bewusst und kündigen dir an was sie vorhaben und lassen dich entscheiden, wann es soweit ist. Es ist unglaublich.“
Otamendi forderte, es müsse „Schluss mit einer Situation wie in Chile unter Pinochet“ gemacht werden. Die Angaben des Chefs des Egunkarias wurden auch von den Schilderungen der Inhaftierten bestätigt. Als sie nach fünf Tagen Kontaktsperre endlich ihre Anwälte zu Gesicht bekamen, berichteten Iñaki Uria, Xabier Oleaga und Xabier Alegria, von Scheinhinrichtungen, Erstickungsmethoden und schweren Schlägen. Die amnesty international Zentrale in London forderte Aufklärung und die spanische Sektion erinnerte, jährlich die Folter in Spanien anzuklagen.
Doch auch zu diesem Zeitpunkt war die Situation von Pello Zubiria, Direktor der Zeitschrift Argia (Licht), noch unklar. Die Kontaktsperre bestand noch immer. Obwohl er sich auf der Intensivstation eines Madrider Krankenhauses befand, wurde die Kontaktsperre verlängert und seine Frau konnte ihn erst nach acht Tagen für zehn Minuten sehen. Der ohnehin schwerkranke soll einen Selbstmordversuch unternommen haben. Otamendi jedenfalls schließt das nicht aus.
„Besondes dramatisch ist die Situation von Pello Zubiria der noch im Krankenhaus liegt. Man kann damit nicht spielen, aber er soll einen Selbstmordversuch unternommen haben. Wenn das stimmt, dann war der Tunnel, den er für die nächsten drei bis vier Tage vor sich sah, so dunkel, dass er es vorzog auszusteigen. Einige von uns haben die Folterer gebeten ein für alle mal Schluss zu machen, damit unser Leiden ein Ende hat.“
Für Spaniens Justizminister, Angel Acebes stand schon fest dass Egunkaria eine Zeitung der ETA ist, noch bevor sich der Richter geäußert hat. Deswegen sind die Journalisten für ihn Terroristen und die Folteranklagen lügen und quasi ein Beweis ihrer Mitgliedschaft in der ETA, so einfach ist die Welt in Madrid:
„Die Gefangenen im Komplex um Egunkaria haben dass gemacht, was alle Terroristen machen, die Vorgaben der ETA umsetzen. Sie werden angewiesen Folter von Seiten der
Sicherheitskräfte anzuzeigen“.
Da die Aussagen keine Wert hätten, müsste man auch keine Ermittlungen einleiten, um die Vorgänge aufzuklären. Tatsächlich hat Acebes angewiesen gegen die zu ermitteln, die die Folter anklagen.
„Heute morgen habe ich den Justizdienst des Innenministeriums angewiesen, Anzeigen gegen die zu formulieren, die solche Vorwürfe machen. Ich sage es noch einmal: Die Vorwürfe sind nicht nur falsch, sondern stellen ein Delikt dar. Wenn es eine minimale Chance gibt, werden wir gegen alle die vorgehen die solche falschen Vorwürfe erheben.“
Besonders bedroht scheint nun das baskische Anti-Folter Komitee (TAT). Zufällig hat die Organisation am Sonntag ihren neuen Jahresbericht vorgestellt und von Januar bis November 2002 insgesamt 127 Fällen von Misshandlungen und Folter, darunter auch sexuelle Übergriffe, denunziert. Die Jahresberichte von TAT sind die Basis für Organisationen wie amnesty international oder das Anti-Folter-Komitee des Europarats die regelmäßig Misshandlungen in Spanien an Gefangenen anklagen, die nach dem Anti-Terror-Gesetz inhaftiert wurden. Der letzte Bericht der UNO-Kommission für Menschenrechte vom April 2002 dokumentiert aus den Berichten von TAT 58 Fälle von Misshandlungen. Iñigo Erkolo ist Sprecher des TAT. Hält er die Anschuldigungen der Journalisten für wahr?
Ja, völlig. Was sie angezeigt haben, ist genau dass, was andere zuvor angezeigt haben, dessen Zeugnisse sich in unserem Bericht finden. Die Tüte, Scheinhinrichtungen, Schläge, Erniedrigungen, Beleidigungen, sexuelle Übergriffe etc. Beweise haben wir natürlich nicht, dass ist meist das Problem, weil professionelle Folterer normalerweise kaum sichtbare Spuren hinterlassen.
Erkolo weist auch die Darstellung des Justizministers zurück, wonach Gefangene, die der Mitgliedschaft oder Unterstützung der ETA beschuldigt werden, stets Folter anzeigen. Bisher habe kein Journalist jemals Folter nach Verhaftungen angezeigt.
„Ich weiß nicht, ob es jetzt eine neue Strategie gibt oder ob es sich um besondere Fälle handelt, jedenfalls haben die bisher verhafteten Journalisten keine Folter angezeigt.. Auch nicht Xabier Alegria, der schon vor fünf Jahren verhaftet wurde, als die Zeitung „Egin“ das selbe Schicksal ereilte wie jetzt mit der Schließung des Egunkaria oder Pepe Rei, der mehrfach verhaftet wurde.“
Was könnte das Ziel sein, auch angesehene Journalisten zu foltern, die nicht einmal etwas mit der linken Unabhängigkeitsbewegung zu tun haben.
„Es ist eine Warnung an alle. Wir haben die gefoltert, wir können alle foltern die wir wollen. Wir alle fragen uns, wenn sie einen Zeitungsdirektor foltern, was machen sie mit anderen. Der Terror wird auf alle Sektoren ausgeweitet. Bisher haben einige vielleicht geglaubt, dass nur die Leute der Unabhängigkeitsbewegung gefoltert werden, die „gewalttätigen“ in Anführungszeichen, das wurde jetzt auf alle ausgeweitet die sich als baskisch empfinden.“
© Ralf Streck den 05.03.2003