FAQ - Teil 1
ID 32926
Über die häufig gestellten Fragen zum "Wie" einer besseren Gesellschaft...
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06:07 min, 5740 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 18.03.2010 / 16:00
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Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
In den vergangenen Wochen haben mehrere Hörer und Leser meiner letzten Kommentare in Ihren Reaktionen Fragen danach geäußert, was der Autor denn für konkrete Möglichkeiten sehe sich vom Kapitalismus zu emanzipieren bzw. wie eine lebenswerte Gesellschaft schließlich aussehen könnte. Daß ein Eingehen auf solche Fragen weniger journalistisch sondern persönlicher ausfallen muß, beantwortete die Frage nach der Form, die ich mir als Autor stellen mußte. Doch das Persönliche lindert die Anmaßung nicht, in die ich mich kleide, wenn ich mit diesen Sätzen überhaupt nur den Eindruck erwecke, ich könnte Fragen nach Form und Gestalt einer neuen Gesellschaft tatsächlich konkret beantworten. Ich kann es natürlich nicht. Ich habe keinen Masterplan. Und es wäre mehr als suspekt, wenn ich einen hätte. Was ich dem Wir jedoch zu einer möglichen Debatte stellen könnte, wären Überlegungen zu bestimmten Vorbedingungen, zu Ein- und Ausschlußkriterien, die überhaupt erfüllt sein müßten damit wir von einer positiven Überwindung des Kapitalismus sprechen können. Positiv wäre die wohl vorallem nur dann, wenn wir Menschen einen gesellschaftlichen Bezug zueinander finden, der keines Fetischs mehr bedarf, der uns alle miteinander vermittelt. Mit Fetisch ist hier genau jenes wirksame Moment gemeint, das den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang tatsächlich und einzig wirksam herstellt, das aber immer auch abstrakt, immer den Menschen äußerlich ein gemeinsames Drittes bleibt. In vormodernen Gesellschaften waren es Götter bzw. eben Gott, der als phantastische Idee nicht nur die Welt erklären half sondern die Ordnung dieser Welt von Grund auf regelte und jedem seinen Platz zuwies, von der Geburt bis zum Tod, dem versprochenen und erhofften Eintritt in Gottes Reich. Heute braucht es Gott in väterlicher Strenge nicht mehr, heute haben wir es mit einem anderen Fetisch zu tun. Gott darf dafür heute alles sein: er kann eingehen in die Luft die wir atmen, die Blumen auf der Wiese und wahrscheinlich auch in einen Kühlschrank oder einen Rasierpinsel. Gott steckt in allem. Man könnte aber auch sagen, er hat sich in Wohlgefallen aufgelöst.
War Gott, obwohl nur Phantasie, noch für jedes Gesellschaftsmitglied der Vormoderne eine feste, irgendwie greifbare Bezugsgröße, etwas, das jeder als Schöpfer und Verfassungsgeber benennen konnte, ist der Fetisch der Moderne dagegen etwas viel Vetrackteres und Unsichtbares. Etwas, das uns auf fatale Weise unbewußt ist, obwohl, verglichen mit Gott, doch so erschreckend real. Es ist der Fetischcharakter der Ware, wie Marx ihn beschrieben hat, der ein direktes gesellschaftliches Verhältnis von Menschen gar nicht erst zuläßt, sondern es zu einem Verhältnis von Dingen macht. Wir Menschen tauschen diese Dinge. Egal ob Ware gegen Ware vermittelt durch das Geld, oder Arbeitskraft gegen Geld, es bleibt sich gleich: erst dieser Akt setzt uns im Kapitalismus in ein gesamtgesellschaftliches Verhältnis. Das vollkommen verrückte an diesem Akt, in dem sich alles gleich wird, ist, daß es ihm egal ist, wer wir sind, was wir tun und was wir wollen. Letztlich kommt in diesem Akt ein Wille zu sich, für den wir Menschen nur austauschbare Katalysatoren sind, ein notwendiges Übel. Dieser Wille ist der Wille zum Mehrwert, und dieser irrsinnige Selbstzweck bestimmt allein, was wir tauschen und damit auch von vornherein, was wir tun um uns überhaupt am Tausch beteiligen zu können. Denn eine andere Option unser Überleben zu sichern haben wir nicht. Zumindest bis wir aufhören uns diesem Selbstzweck wie einem Naturgesetz auszusetzen, das uns scheinbar ewig vor sich hertreibt.
Die grundlegendste Bedingung einer neuen Gesellschaft wäre also, daß wir Menschen uns in ihr direkt aufeinander beziehen, kein gemeinsames Drittes, keinen Fetisch mehr dafür benötigen, sondern daß wir uns gemeinsam bewußt machen, was wir brauchen und wie wir uns die Befriedigung unserer Bedürfnisse organisieren.
Der Raum in dem wir das tun wäre eine Polis, die erstmals in der Geschichte diesen Namen verdient. Ein politischer Raum also, der nicht wie im Altertum gottgegeben lediglich einigen herrschenden Männern offensteht oder der wie im Kapitalismus den irrsinnigen Selbstzweck des Kapitals bloß nachträglich verwaltet und die Welt für ihn organisiert.
Ich belasse es an dieser Stelle bei dieser ersten groben und wenig konkreten Überlegung zu einer, wie ich finde, wesentlichen Vorbedingung. Wie sich in den letzten Wochen zeigte, ist Radio sicher nicht der beste aber offenbar auch nicht der schlechteste Weg in eine bestimmte Art Gespräch über unser Dasein und unsere Möglichkeiten zu kommen. Vielleicht bleibt das so und es ergibt sich in den nächsten Wochen Raum um über die Denkform zu sprechen, die der Warenfetischismus hervorbringt, genauso wie über die vermeintliche Natur des Menschen, die für viele als eigentliches Übel eine andere Gesellschaft verhindert. In diesem Zusammenhang wäre die oft gestellte Frage zu beleuchten, wer in dieser neuen Gesellschaft schließlich die Drecksarbeit machen soll. Über das Empfinden von Gleichheit, Gerechtigkeit und die Rechtsform wäre zu reden, über das Patriarchat, über die Arbeit, über Energie und Produktion, über Bedürfnisse, über das Für und Wider einer Weltgesellschaft, über Theorien und Praxen und nicht zuletzt über die vielschichtigen Dilemmata unserer gegenwärtigen Weltlage.
War Gott, obwohl nur Phantasie, noch für jedes Gesellschaftsmitglied der Vormoderne eine feste, irgendwie greifbare Bezugsgröße, etwas, das jeder als Schöpfer und Verfassungsgeber benennen konnte, ist der Fetisch der Moderne dagegen etwas viel Vetrackteres und Unsichtbares. Etwas, das uns auf fatale Weise unbewußt ist, obwohl, verglichen mit Gott, doch so erschreckend real. Es ist der Fetischcharakter der Ware, wie Marx ihn beschrieben hat, der ein direktes gesellschaftliches Verhältnis von Menschen gar nicht erst zuläßt, sondern es zu einem Verhältnis von Dingen macht. Wir Menschen tauschen diese Dinge. Egal ob Ware gegen Ware vermittelt durch das Geld, oder Arbeitskraft gegen Geld, es bleibt sich gleich: erst dieser Akt setzt uns im Kapitalismus in ein gesamtgesellschaftliches Verhältnis. Das vollkommen verrückte an diesem Akt, in dem sich alles gleich wird, ist, daß es ihm egal ist, wer wir sind, was wir tun und was wir wollen. Letztlich kommt in diesem Akt ein Wille zu sich, für den wir Menschen nur austauschbare Katalysatoren sind, ein notwendiges Übel. Dieser Wille ist der Wille zum Mehrwert, und dieser irrsinnige Selbstzweck bestimmt allein, was wir tauschen und damit auch von vornherein, was wir tun um uns überhaupt am Tausch beteiligen zu können. Denn eine andere Option unser Überleben zu sichern haben wir nicht. Zumindest bis wir aufhören uns diesem Selbstzweck wie einem Naturgesetz auszusetzen, das uns scheinbar ewig vor sich hertreibt.
Die grundlegendste Bedingung einer neuen Gesellschaft wäre also, daß wir Menschen uns in ihr direkt aufeinander beziehen, kein gemeinsames Drittes, keinen Fetisch mehr dafür benötigen, sondern daß wir uns gemeinsam bewußt machen, was wir brauchen und wie wir uns die Befriedigung unserer Bedürfnisse organisieren.
Der Raum in dem wir das tun wäre eine Polis, die erstmals in der Geschichte diesen Namen verdient. Ein politischer Raum also, der nicht wie im Altertum gottgegeben lediglich einigen herrschenden Männern offensteht oder der wie im Kapitalismus den irrsinnigen Selbstzweck des Kapitals bloß nachträglich verwaltet und die Welt für ihn organisiert.
Ich belasse es an dieser Stelle bei dieser ersten groben und wenig konkreten Überlegung zu einer, wie ich finde, wesentlichen Vorbedingung. Wie sich in den letzten Wochen zeigte, ist Radio sicher nicht der beste aber offenbar auch nicht der schlechteste Weg in eine bestimmte Art Gespräch über unser Dasein und unsere Möglichkeiten zu kommen. Vielleicht bleibt das so und es ergibt sich in den nächsten Wochen Raum um über die Denkform zu sprechen, die der Warenfetischismus hervorbringt, genauso wie über die vermeintliche Natur des Menschen, die für viele als eigentliches Übel eine andere Gesellschaft verhindert. In diesem Zusammenhang wäre die oft gestellte Frage zu beleuchten, wer in dieser neuen Gesellschaft schließlich die Drecksarbeit machen soll. Über das Empfinden von Gleichheit, Gerechtigkeit und die Rechtsform wäre zu reden, über das Patriarchat, über die Arbeit, über Energie und Produktion, über Bedürfnisse, über das Für und Wider einer Weltgesellschaft, über Theorien und Praxen und nicht zuletzt über die vielschichtigen Dilemmata unserer gegenwärtigen Weltlage.