Unser Wasserverbrauch - die (vielen) unbekannte Größe

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Das meiste unseres Wasser wird "versteckt" verbraucht - z.B. im Kaffee, den wir täglich trinken. Denn es ist nicht der halbe Liter, den wir zu uns nehmen, sonder ein Vielfaches davon. Skript anbei.
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08:22 min, 7843 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 27.08.2009 / 11:08

Dateizugriffe: 418

Klassifizierung

Beitragsart: Anderes
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt
Entstehung

AutorInnen: Alexander v. Dercks (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 27.08.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Deutschland an der Spitze der Wasserverbraucher

Wussten Sie, dass wir Deutsche pro Jahr drei Mal so viel Wasser verbrauchen wie der Bodensee fassen kann? Und das nur für die Güter des Alltags, die wir verbrauchen? Vielleicht eine etwas schwer vorstellbare Menge, aber es geht auch konkreter: Kaffee ist der Deutschen Lieblingsgetränk, 2,8 Tassen trinken wir im Durchschnitt täglich. Wer nun meint, hierfür wäre nur etwas ein halber Liter Wasser nötig, irrt gewaltig. Rechnet man nämlich den Wasserverbrauch für die gesamte Produktionskette dazu, so kommt man auf sage und schreibe 392 Liter Wasser für den täglichen Kaffeegenuss jedes Bundesbürgers. Auf diese Weise importieren wir im Jahr 10 Milliarden Kubikmeter Wasser nur für unsere Kaffeegewohnheit.

Beim Kakao liegen die Zahlen nicht anders, denn Schokolade steht bei uns ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Bei Baumwolle, Schweinefleisch und Soja ist es zwar nur noch die Hälfte, nämlich um die 5 Milliarden Kubikmeter, aber doch noch gewaltig viel.

Grundlage dieser Berechnung des Wasser-Fußabdrucks ist das Konzept des virtuellen Wassers, das in den 90er-Jahren vom britischen Wissenschaftler John Anthony Allen entwickelt wurde. Dabei wird die Wassermenge berechnet, die während des gesamten Herstellungsprozesses eines Produktes verdunstet, verbraucht oder verschmutzt wird. Das Konzept findet mittlerweile auch im Handel und in der Politik Beachtung. Mit dem Wasser-Fußabdruck lässt sich darstellen, wie durch den weltweiten Handel von Gütern indirekt auch Wasser importiert und exportiert wird. Die Analyse zeigt unter anderem, welche Länder am meisten von der knappen Ressource verschwenden.

Erfreulich ist, dass der direkte Wasserverbrauch zurück geht. Pro Person und Tag sind es nunmehr 124 Liter - vor zwei Jahrzehnten waren es noch 144 Liter. Aufgefangenes Regenwasser für die Gartenbewässerung oder die Spartaste an der Toilettenspülung tragen dazu bei. Der tatsächliche Verbrauch - nach der Berechnung des Wasser-Fußabdrucks - liegt jedoch bei über 5.000 Litern, was 25 Badewannenfüllungen entspricht.

Deutschland liegt damit neben den USA und Japan an der Weltspitze. Rund die Hälfte des Wasserverbrauchs wird laut einer WWF-Studie über ausländische Produkte importiert. Besonders alarmierend ist hierbei, dass ein erheblicher Teil dieser Waren in Ländern hergestellt wird, die unter chronischem Wassermangel leiden, wie etwa die Türkei oder Spanien. Dies hat deshalb so verheerende Auswirkungen, weil sich durch den hohen Wasserverbrauch die Trockenheit weiter verschärft. Gefordert wird daher die konsequente Umsetzung der europäischen Wasserrichtlinie. Diese fordert, dass Süßwasser dann nicht abgezweigt werden darf, wenn dadurch die Pegelstände der Flüsse, das Grundwasser oder das Wasser in Feuchtgebieten abgesenkt werden.

Auch die Vereinten Nationen und die Weltgesundheitsorganisation WHO warnen seit Jahren vor den Folgen des unkontrollierten Wasserverbrauchs. So leidet Spanien seit 5 Jahren unter einer anhaltenden Dürreperiode. 80 Prozent des verfügbaren Süßwassers versickern in Ackerböden. Die Folgen des Raubbaus: Ein sinkender Grundwasserspiegel, Flüsse, die immer weniger Wasser führen und eine wachsende Trinkwasserknappheit in den großen Städten. Mit solchen Problemen kämpfen auch andere Mittelmeerländer, die zugleich Deutschlands wichtigste Lieferanten für Obst und Gemüse sind.

Noch mal zurück zu Spanien: Andalusien gilt nicht nur europaweit, sondern weltweit als das größte Erdbeeranbaugebiet. Mehr als 60.000 Tonnen der roten Frucht wurden 2008 alleine in Deutschland verkauft. Die hohen Produktionszahlen wären ohne künstliche Bewässerung nicht denkbar. Das Wasser stammt jedoch zum großen Teil aus illegal gebohrten Brunnen, von denen es nach offizieller Schätzung alleine in der Umgebung der Stadt Huelva mehr als 1.000 gibt.

Deutschland führt auf diesem Weg pro Jahr 1,8 Milliarden bzw. 1,9 Milliarden Kubikmeter Wasser aus Spanien und der Türkei ein. Den größten Wasser-Fußabdruck hinterlässt Deutschland mit 5,7 Milliarden Kubikmetern jedoch in Brasilien. Denn von hier kommen die großen Mengen Kaffe und Soja für die Futtermittelindustrie. Zwar zählt Brasilien zu den regenreichsten Gebieten dieser Erde, trotzdem gibt es dort eine Wasserkrise. Grund hierfür ist eine unkontrollierte Wasserverschmutzung, die auch als Hauptursache für viele ansteckende Krankheiten gilt.

Mehr als eine Milliarde Menschen müssen schon heute verschmutztes Wasser trinken. Durch die globale Erwärmung geht in den Gletschern gebundenes Süßwasser verloren; man rechnet damit, dass in den nächsten Jahrzehnten 40% der Weltbevölkerung ihre sichere Wasserversorgung wegen des Verlustes von Eisflächen im Hochgebirge verlieren werden. Unser Wasserkreislauf ist eigentlich eines der verlässlichsten Recyclingsystem überhaupt. Doch wir entnehmen dem System zu viel. Wie beim Erdöl ist der „Peak“ überschritten - mit dramatischen Konsequenzen: Es entstehen vergiftete Seen wie im Norden Chinas, es gibt katastrophale Ernteausfälle wie in Australien. Der Tschad-See in Afrika hat 90% seiner Fläche verloren, der Rio Grande im Westen der Vereinigten Staaten trocknet kurz vor seiner Mündung in den Pazifik aus.

Jüngstes Beispiel ist die indische Metropole Mumbai. Während bislang die Monsunregen die Staubecken immer wieder auffüllten, reicht der Nachschub dieses Jahr nicht aus. Die Gründe sind vielfältig: Wachsende Einwohnerzahlen, intensivere Landwirtschaft aufgrund vermehrten Wohlstandes, falsches Wassermanagement, marode Leitungen .... und zusätzlich fällt auch weniger Regen.

„Wasserknappheit ist immer das Ergebnis politischer Entscheidungen“ heißt es in einem Bericht der Vereinten Nationen. Die Verfügbarkeit von Wasser bleibt ein Ergebnis der einfachsten ökonomischen Gleichung aus Angebot und Nachfrage. Diesem Marktmechanismus muss aber ein kluges Ressourcenmanagement zur Seite gestellt werden. Es braucht Gesetze, die z.B. im Sommer das Wässern von Rasenflächen regulieren. Landwirten muss geholfen werden, Anlagen zur sparsamen Tropfbewässerung zu installieren - ein System, dass Israel höchst erfolgreich praktiziert. Neue Stauseen, neue Kanäle, neue Pipelines - dies alles stößt längst an seine Grenzen. Denn wie man an denn US-amerikanische Stauseen Lake Powell und Lake Mead sehen kann, schrumpfen deren Wassermengen seit Jahren. Jedes neue Stauseeprojekt ist sinnlos, wenn es nichts mehr zu stauen gibt.

Wenn alte Quellen nichts mehr hergeben, dann muss nach neuen gesucht werden. Etwas dort, wo sich das meiste Wasser befindet: In den Ozeanen. Bislang stammen nur 0,5% des verbrauchten Süßwassers aus Entsalzungsanlagen. Die Kosten und der Energieaufwand sind enorm, weswegen es nicht verwundert, dass die meisten Entsalzungsanlagen in den an Öl und Öldollars reichen, an Süßwasser aber armen Golfstaaten stehen. Doch mit neuen, sparsamen Verfahren, etwa der sogenannten Membran-Filtration und angesichts steigender Wasserpreise könnte die große Zeit der Süßwasserproduktion aus dem Meer bald anbrechen.

In den Industrieländern, deren Bevölkerung einen hohen Pro-Kopf-Verbrauch hat, liegt allerdings ein weit größeres und kostengünstigeres Potential: Industrie, Landwirtschaft und private Haushalte sollten weniger Wasser verbrauchen - direkt wie indirekt.


Kommentare
30.08.2009 / 12:02 marie,
wird gesendet
am montag im morgenmagazin "kaffeesatz"