Wahlmaschinen und Wahlgeheimnis

ID 24802
 
AnhörenDownload
Am 28. Okt. 2008 ginge es beim Bundesverfassungsgericht in der mündlichen Verhandlung um Wahlmaschinen. Doch wie sind Wahlmaschinen mit demokratischen Grundsätzen vereinbear?

Insbesondere das Wahlgeheimnis spielt hier eine Rolle!
Audio
06:15 min, 5864 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 04.11.2008 / 18:56

Dateizugriffe: 361

Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: 291111 - radiodarmstadt.de/in-sendeplatz
Entstehung

AutorInnen: Aurel Jahn
Radio: RadaR, Darmstadt im www
Produktionsdatum: 04.11.2008
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Text des Beitrages:
Am 28. Okt. 2008 ginge es in der mündlichen Verhandlung um Wahlmaschinen. Zeitungsberichten war zu entnehmen, daß in dieser Verhandlung viel über die Dokumentation des Wählerwilles diskutiert wurde. Einige Zeitungen spekulierten, daß das Bundesverfassungsgericht die Auflagen machen könnte.
Wahrscheinlich währe lt. der taz vom 29.Okt. 2008 den Wählerwillen nachprüfbar zu dokumentieren, in dem der Wahlzettel ausgedruckt und in eine Urne geworfen werden muß.

Als Demokrat kann ich auch keine solche Wahlzettelausfüllmaschinen Akzeptieren.

Damit währe die Überprüfbarkeit des Wahlergebnises, durch den Wahlveranstalter gegeben, aber das ist nur ein kleiner Teil der Miete.

Für alle, die Demokratie als Selbstverständlichkeit empfinden und sich vielleicht deswegen nicht damit beschäftigt haben : Wahlen haben die Aufgabe Politische Auseinandersetzungen in kultivierte Formen zu bringen, weil sie sonst zwangsläufig im Straßenkampf um die Macht, oder in Staatlich organisierter Unterdrückung enden. Beispiele dazu werden jedem einfallen.

Das funktioniert aber nur, wenn die unterlegenen ihre Niederlage akzeptieren. Und das tun sie nur, wenn sie das Auszählungsergebnis glauben. Zentrale Bedingung dafür ist, daß die Auszählung von der unterlegenen Gruppe überprüft werden kann.

Und da liegt das eigentliche Problem von Wahlmaschinen und erstrecht von Wahlcomputern! Eine öffentliche Auszählung kostet zwar Zeit, ein bisschen Geld und Neven, aber eine umstrittene Regierung kann ihre Legitimation öffentlich beweisen, und das jeder beliebigen Gruppe.

Das ist die stärkste Waffe der Demokratie! Wie kann man als denkender Demokrat nur auf die Idee kommen, auf eine so harmlose und zugleich wirkungsvolle Waffe zu verzichten? Wahlmaschinen überzeugen Technokraten (sonst gäbe es keine), aber keine echten Demokraten!

Bei Stimmzetteln aus Papier ist jede Gruppe, die groß genug ist, auf der Straße Krawalle zu veranstalten, auch in der Lage das Wahlergebnis durch Anwesenheit bei der Auszählung selbst zu überprüfen.

Bei Wahlcomputern sind allenfalls einzelne Personen in der Lage, Gerät und Auszählungsergebnis zu überprüfen. Immerhin sind dazu umfangreiche Computerkenntnisse erforderlich, und man kann nicht jeden an ein so kompliziertes Gerät lassen, zumal das Risiko besteht, daß ein vermeintlicher Prüfer die Funktion der Wahlmaschine verändert.

Hinzu kommt noch ein ganz anderes Problem : demokratische Wahlen müssen glaubhaft geheim sein!

Grundsätzlich ist fast gar kein Wahlberechtigter in der Lage sich davon zu überzeugen, daß ein Wahlcomputer die Stimmabgabe auch wirklich geheim hält. Ob der Wahlcomputer die Entscheidung per SMS oder Funk dritten mitteilt können sogar noch ein paar Prozent der Wahlberechtigten feststellen.

Es ist aber unmöglich einer Black Box anzusehen, ob nur die Wahlentscheidung gezählt wird, oder zusätzlich die Uhrzeit der Stimmabgabe. Zusammen mit einer Videokamera auf der Straße zum Wahllokal, und den zentral gespeicherten Personalausweisbildern währe das Wahlgeheimnis faktisch aufgehoben.

Eine Wahlurne in die Zettel aus Papier eingeworfen werden, ist dem gegenüber sogar immun gegen RFID Lesegeräte in der Wahlkabine. Immerhin ist schon absehbar, daß der Personalausweis, den man immer bei sich haben soll, früher oder später auch einen RFID Chip haben wird. Hier ist schon recht deutlich zu sehen, wie schnell man mit Sicherheitsgesetzen demokratische Grundsätze gefährdet.

Ich habe kein Vertrauen in Wahlmaschinen, und Sie? Haben Sie sich denn noch nie darüber gewundert, daß ihr Computer was anderes macht, als Sie eingegeben haben?.

Wahlmaschinen setzen also absolutes Vertrauen in den Wahlveranstalter voraus. Diese Behörde wird von der Regierung kontrolliert.
Und das kann durchaus auch mal die Partei sein, der große Teile der Wahlberechtgten gerade nicht trauen und die deswegen eine andere Regierung bestimmen wollen. Zu recht oder nicht spielt dabei keine Rolle.

Wenn man den Zusammenhang mit geradezu mathematischer Logik kürzt kommt raus, daß Wahlmaschinen Vertrauen in die Institution erfordern, der man misstraut. So was ist nicht akzeptabel, absolut nicht!

Ein paar Informationsfilme über Demokratie, in der besten Sendezeit werden schon genügend Menschen motivieren, einen Sonntag im Jahr gelangweilt als Wahlhelfer in einem Klassenzimmer zu sitzen.

Und ich gehe davon aus, daß die Richter beim Bundesverfassungsgericht den Sinn von Wahlen kennen.