Die "Hartz 4 Studie" der TU Chemnitz Teil1 - Interview mit Dr. Götz Lechner
ID 24010
Dr. Götz Lechner ist Dozent der Soziologie an der Chemnitzer TU. Sein Fachgebiet ist die Armutsforschung. Unter anderem ist er an der Erstellung des Armutsberichts der Bundesregierung beteiligt. In einem Studiogespräch beim Chemnitzer Radio T versucht er die Studie seiner Kollegen von der Fakultät der Wirtschaftswissenschaften zu analysieren.
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10:09 min, 9520 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 10.09.2008 / 20:54
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Dateizugriffe: 638
Klassifizierung
Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Arbeitswelt, Politik/Info
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Es begann mit einer gewöhnlichen Pressemitteilung der TU Chemnitz. Die verwies am 03. September 2008 auf die im eigenen Haus erstellte Studie DIE HÖHE DER SOZIALEN MINDESTSICHERUNG - EINE NEUBERECHNUNG "BOTTOM UP". Die von Professor Dr. Thießen und Christian Fischer verfassten Studie war zu diesem Zeitpunkt bereits seit 2 Monaten durch eine Veröffentlichung in der "Zeitschrift für Wirtschaftspolitik" bekannt, hatte aber dort kein öffentliches Echo gefunden. Das der Studie vorangestellte Fazit der Verfasser war in seinen zwei Grundaussagen der Presseerklärung beigefügt.
1. Die Hartz 4 genannte Mindestsicherung von 350,- Euro ist im Verhältnis zur gesellschaftlichen Zielvorgabe zu hoch.
2. Das derzeitige Existenzsicherungssystem wird von vielen Bedürftigen als ungerecht empfunden, weil es sie mit Geld abspeist statt Annerkennung durch Arbeit zu geben.
Auslöser der Studie war nach Angaben der Verfasser das als intransparent empfundene Verfahren der Leistungsberechnung der sozialen Mindestsicherung und der daraus resultierende Bedarf nach einer Neuberechnung.
In der Studie werden zuerst die Ziele der sozialen Mindestsicherung definiert, um im zweiten Schritt die notwendigen Kosten zu ermitteln. Die soziale Mindestsicherung besteht demnach aus physischer Existenzsicherung und Teilhabe am kulturellen Leben. Die von den Chemnitzer Wirtschaftsexperten selbst so genannte "kritische Frage", lautet im Text der Studie: "Wieviel Geld sollen die Bedürftigen erhalten?"*
Ihre Antwort fällt verheerend aus. In der "strengen" Auswertung kommen Professor Dr. Thießen und sein Doktorand Christian Fischer zur Aussage, dass mit 132,- Euro pro Monat die Existenz eines männlichen, gesunden Deutschen im Alter zwischen 18 und 65 in einer Stadt von 250.000 Einwohnern gesichert werden kann.
Neben der strengen Auslegung des Regelsatzes, der zum Beispiel die kulturellen Ausgaben mit monatlich einem Euro ansetzt (Jahreskarte Stadtbibliothek Chemnitz), die monatliche Kommunikation mit 2 Euro festlegt und als Getränk ausschließlich Leitungswasser vorsieht, gab es in der Studie auch noch eine sogenannte "weite Auslegungung" des Hartz 4 Regelsatzes. Die hier ermittelte Summe beträgt 278,- Euro pro Monat und liegt damit ebenfalls deutlich unter den derzeit üblichen 350,- Euro, die das Sozialgesetzbuch vorsieht.
Dr. Götz Lechner ist Dozent der Soziologie an der Chemnitzer TU. Sein Fachgebiet ist die Armutsforschung. Unter anderem ist er an der Erstellung des Armutsberichts der Bundesregierung beteiligt. In einem Studiogespräch mit Jörg Braune vom Chemnitzer Radio T versucht er die Studie seiner Kollegen von der Fakultät der Wirtschaftswissenschaften zu analysieren.
* Anmerken muß man, dass in der Berechnung der sozialen Mindestsicherung keine Wohn- oder Heizkosten enthalten sind, da diese regional zu verschieden sind und deshalb entsprechend des Sozialgesetzbuchs extra berechnet werden.
1. Die Hartz 4 genannte Mindestsicherung von 350,- Euro ist im Verhältnis zur gesellschaftlichen Zielvorgabe zu hoch.
2. Das derzeitige Existenzsicherungssystem wird von vielen Bedürftigen als ungerecht empfunden, weil es sie mit Geld abspeist statt Annerkennung durch Arbeit zu geben.
Auslöser der Studie war nach Angaben der Verfasser das als intransparent empfundene Verfahren der Leistungsberechnung der sozialen Mindestsicherung und der daraus resultierende Bedarf nach einer Neuberechnung.
In der Studie werden zuerst die Ziele der sozialen Mindestsicherung definiert, um im zweiten Schritt die notwendigen Kosten zu ermitteln. Die soziale Mindestsicherung besteht demnach aus physischer Existenzsicherung und Teilhabe am kulturellen Leben. Die von den Chemnitzer Wirtschaftsexperten selbst so genannte "kritische Frage", lautet im Text der Studie: "Wieviel Geld sollen die Bedürftigen erhalten?"*
Ihre Antwort fällt verheerend aus. In der "strengen" Auswertung kommen Professor Dr. Thießen und sein Doktorand Christian Fischer zur Aussage, dass mit 132,- Euro pro Monat die Existenz eines männlichen, gesunden Deutschen im Alter zwischen 18 und 65 in einer Stadt von 250.000 Einwohnern gesichert werden kann.
Neben der strengen Auslegung des Regelsatzes, der zum Beispiel die kulturellen Ausgaben mit monatlich einem Euro ansetzt (Jahreskarte Stadtbibliothek Chemnitz), die monatliche Kommunikation mit 2 Euro festlegt und als Getränk ausschließlich Leitungswasser vorsieht, gab es in der Studie auch noch eine sogenannte "weite Auslegungung" des Hartz 4 Regelsatzes. Die hier ermittelte Summe beträgt 278,- Euro pro Monat und liegt damit ebenfalls deutlich unter den derzeit üblichen 350,- Euro, die das Sozialgesetzbuch vorsieht.
Dr. Götz Lechner ist Dozent der Soziologie an der Chemnitzer TU. Sein Fachgebiet ist die Armutsforschung. Unter anderem ist er an der Erstellung des Armutsberichts der Bundesregierung beteiligt. In einem Studiogespräch mit Jörg Braune vom Chemnitzer Radio T versucht er die Studie seiner Kollegen von der Fakultät der Wirtschaftswissenschaften zu analysieren.
* Anmerken muß man, dass in der Berechnung der sozialen Mindestsicherung keine Wohn- oder Heizkosten enthalten sind, da diese regional zu verschieden sind und deshalb entsprechend des Sozialgesetzbuchs extra berechnet werden.
Kommentare
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10.09.2008 / 21:07 | Jörg, Radio T |
Hinweis
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Eigentlich war ein echter gebauter Beitrag geplant (kommt vielleicht auch noch): Nach vielen hin und her standen sowohl die Pressesprecherin der ARGE Chemnitz (hat auf Druck von oben den Interviewtermin platzen lassen müssen) als auch Professor Thießen (keine Reaktion mehr auf Anrufe und eMails) nicht mehr zur Verfügung. Alles hat viel länger gedauert als geplant und liegt hier nun erst einmal als "Rohmaterial". | |
11.09.2008 / 21:34 | Isabel Dean, |
ZIP-fm vom 12. 09. 2008
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gekürzt gesendet, danke! | |