Klimaflüchtlinge - Emigranten des 21. Jahrhunderts?

ID 19946
 
Die Veränderung des Klimas wird uns vor viele Herausforderungen stellen. Eine davon ist die Flucht vertriebener Menschen, die wegen des steigenden Wasserpegels ihre Heimat verlassen müssen. (siehe Script)
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mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 25.01.2009 / 09:14

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Klassifizierung

Beitragsart:
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt
Entstehung

AutorInnen: Anne S. (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 29.11.2007
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Wenn Bergleute früher in die Kohlegruben unter Tage gingen, nahmen sie oft einen Kanarienvogel mit. Kanarienvögel reagieren sehr empfindlich auf giftige Gase. Daher hatten sie die Aufgabe die Arbeiter rechtzeitig vor austretenden Giftgasen zu warnen, indem sie tot von der Stange fielen. Die Arbeiter wussten dann, dass es höchste Zeit war, an die Oberfläche zu gelangen.
Eine ähnliche Rolle kommt den 22 Inselstaaten des Südpazifik zu. Am 24. November 2005 entschied die Regierung von Papua Neuguinea, die Einwohner der Carteret-Inseln zu evakuieren. Der Anstieg des Meeresspiegels hatte das Leben auf den Inseln unmöglich gemacht. Damit hatten die ersten 980 offiziellen Klimaflüchtlinge Eingang in die öffentliche Debatte gefunden.
Ähnlich wie der Kanarienvogel in der Kohlegrube dient auch das Schicksal dieser Inselbewohner als Frühindikator. Sie machten die ersten Erfahrungen mit den realen Folgen der globalen Erwärmung.

Inzwischen wird angenommen, dass die Zahl der Menschen, die aufgrund von Klimaveränderungen ihre Heimat verlassen müssen, die Zahl der offiziellen Flüchtlinge von 20 Millionen übertrifft. Tendenz stark steigend.
80 Prozent der Landfläche der Malediven liegen nur einen Meter über dem Meer. Inzwischen schließen Prognosen den Anstieg des Meeresspiegels um eben diesen einen Meter nicht mehr aus. Das ansteigende Wasser lässt nicht nur Landfläche untergehen, sondern führt auch zur Versalzung ehemals fruchtbarer Böden und macht den Anbau von Nahrungsmitteln unmöglich. Auch die Trinkwasserversorgung ist in Gefahr, wenn sich Grundwasser und Meerwasser vermischen.

Im Sahelstaat Mali in Afrika zwingt die zunehmende Trockenheit und die damit verbundene Verwüstung die dort ansässige Bevölkerung in den regenreicheren Süden des Landes.
Dort liegt auch die Hauptstadt Bamako, die zwischen 1987 und 2007 von 800 000 Einwohnern auf 1,8 Millionen Einwohner anwuchs. Das ist, selbst angesichts des hohen Bevölkerungswachstums eine enorme Steigerung.
Die Prognosen der Klimamodelle, sagen voraus, dass es in Mali in Zukunft noch heißer und trockener sein wird. Das heißt, die Flucht in den Süden und in die sowieso schon krisenbelasteten Nachbarstaaten wird zunehmen.
Auch Kenia leidet immer häufiger unter großen Dürren. So prophezeit das IPCC eine Verschärfung des El-Niño-Wetterphänomens, das großen Einfluss auf die Niederschläge in Kenia hat.
Schon der Dürre der Jahre 1999-2001 , von der selbst sonst feuchtere Landesteile betroffen waren, fielen 2 Millionen Schafe und Ziegen, 900 000 Rinder und 14 000 Kamele zum Opfer. Nach Angaben des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen waren allein zwischen Februar und Juni 2000 2,5 Millionen Kenianer auf Hilfslieferungen angewiesen.
Während der nächsten großen Dürre 2005/2006 kam es an verschiedenen Wasserstellen im Norden des Landes zu gewaltsamen Auseinandersetzungen um die Verteilung des knapper werdenden Wassers. Insgesamt ereigneten sich Schießereien mit mehreren hundert Toten und Verletzten.


Was auf dem einen Teil der Erde fehlt, richtet in einem anderen durch den Überfluss Schaden an. In Bangladesch liegt eines der größten Flussdeltas der Welt, in dem das Ganges-Brahmaputra-Meghna-System ins Mehr fließt. Überschwemmungen sind in Bangladesch zwar traditionell in die landwirtschaftliche Anbauweise integriert, doch überschreiten sie seit einigen Jahren die gewohnten Dimensionen. 1998 machte eine Flut dort eine Million Menschen heimatlos, nur wenige Jahre später, im Jahr 2004, folgte die nächste noch stärkere Flut. Damals mussten etwa 30 Millionen Menschen aus ihren angestammten Wohnsitzen fliehen und durch Hilfslieferungen versorgt werden. Der Klimawandel wird weiterhin dafür sorgen, dass die Niederschlagsmenge in Südostasien bis 2030 um ungefähr 15 Prozent steigen wird. Zusätzlich wird der erhöhte Meeresspiegel einen Rückstau in den Flüssen bewirken und die Gletscherschmelze im Himalaja die Abflussmenge der drei großen Flüsse erhöhen. Man muss also zukünftig in Bangladesch mit noch mehr Menschen rechnen, die vor den immer höheren Fluten flüchten.

Dass das Phänomen Klimaflucht keinen Bogen um die entwickelten Länder macht, zeigt sich am Beispiel des Hurrikans Katrina, der Ende August 2005 über die US-amerikanische Golfküste herfiel. Auch wenn unklar ist, ob sich Katrina nicht auch ohne Klimawandel ereignet hätte, gilt der Zusammenhang zwischen der Erwärmung der Meerestemperatur und der Stärke der Stürme als gesichert. Die ungewöhnliche Heftigkeit von Katrina lässt sich auf eine zu dieser Zeit besonders hohen Wassertemperatur in der Golfregion zurückführen. Extreme Stürme wie Katrina werden demnach, mit der sukzessiven Erwärmung der Meere häufiger werden.
Über eine Millionen Menschen flüchteten vor Katrina und ein Jahr nach der Katastrophe sind 375 000 Menschen noch nicht wieder zurückgekehrt. Die Stadt New Orleans zählte im Juli 2006 nur noch halb so viele Einwohner wie vor Katrina.

Eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Studie über Klimaflüchtlinge kommt zu dem Schluss, dass Hochrechnungen zur Zahl der Klimaflüchtlinge zwar problematisch sind – die Ursache-Wirkungsbeziehungen, von denen sie abhängen sind äußerst komplex- doch liegt ein Anstieg auf 200 Millionen Flüchtlinge in den nächsten 30 Jahren durchaus im denkbaren Bereich. Einen Großteil davon werden Menschen aus Entwicklungsländern bilden.

Kommentare
02.01.2008 / 16:11 Sonja Regeneradio,
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