Nordkorea: Jede weitere Eskalation der Situation muss vermieden werden

ID 14202
 
Rede von Tobias Pflüger (parteiloses Mitglied der Linksfraktion im Europäischen Parlament und Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung) in der Plenardebatte des Europäischen Parlaments zu den Erklärungen des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, sowie der Kommissarin Frau Ferrero-Waldner, über den Atomtest von Nordkorea, 11. Oktober 2006
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03:27 min, 3234 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 12.10.2006 / 12:46

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Klassifizierung

Beitragsart: Rohmaterial
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales
Serie: zip-fm - Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: Johannes Plotzki
Radio: WW-TÜ, Tübingen im www
Produktionsdatum: 12.10.2006
keine Linzenz
Skript
Das komplette Redemanuskript:
Nordkorea: Jede weitere Eskalation der Situation muss vermieden werden
Rede von Tobias Pflüger (MdEP) in der Plenardebatte des Europäischen Parlaments zu den Erklärungen des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Kommission über die Atomtest von Nordkorea, 11. Oktober 2006

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Der nordkoreanische Atomtest ist klar zu verurteilen. Dieser Atomtest bringt noch mehr Instabilität in die Region. Dieser Atomtest gefährdet - wie jeder andere Atomtest - die Bevölkerung durch radioaktiven Fallout.

Besonders zynisch ist, dass in Nordkorea Gelder in Atomtests gesteckt werden statt die Ernährungssituation der dortigen Bevölkerung zu verbessern. Gut, dass die EU hier weiter Hilfe leisten will.

Der russische Verteidigungsminister sagt, Nordkorea sei mit diesem Test de facto der 9. Atomwaffenstaat nach den USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien, Israel, Indien und Pakistan.

Jede weitere Eskalation der Situation muss vermieden werden. Wer jetzt von "militärischen Schlägen" redet, betreibt gefährliche Kriegspolitik. Nein, nun müssen Verhandlungslösungen her, da könnte die EU durchaus auch eine Rolle spielen.

Eine zentrale Forderung der nordkoreanischen Regierung scheint es zu sein, direkt mit den USA zu verhandeln. Warum sollte es denn nicht möglich, dass die USA direkt mit Nordkorea bilateral verhandeln? Die US-Administration muss hier über ihren Schatten springen und mit Nordkorea verhandeln.

Der Ruf nach Sanktionen verschlimmert die Lage nur noch weiter. Wer jetzt nach Sanktionen ruft, muss erklären, wie es vermieden werden kann, dass nur die ohnehin darbende nordkoreanische Bevölkerung getroffen wird.

Die Erfahrungen mit Sanktionen gegen die damals neuen Atomwaffenstaaten Indien und Pakistan zeigen, Sanktionen verpuffen schnell.

Der Atomwaffensperrvertrag - ohnehin schon immer widersprüchlich - ist nun ernsthaft gefährdet. In Artikel VI des NPT haben sich die Vertragsparteien verpflichtet "zur nuklearen Abrüstung" sowie Verhandlungen zu führen "über einen Vertrag zu allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer Kontrolle".

Was Atomwaffen angeht, haben auch die Europäer eine Bringschuld. Die Atomwaffen innerhalb der EU - Herr Solana - sind eben keine legalen Atomwaffen, wie uns im Auswärtigen Ausschuss ihre Mitarbeiterin Annalisa Gianella versuchte zu erzählen. Nein auch die EU-Staaten haben sich vertraglich zu atomarer Abrüstung verpflichtet - mit der Unterzeichnung des NPT.

Hier treffen wir wieder auf ein typisches Problem westlicher und EU-Politik: Das der doppelten Standards: Ich frage Sie: Welche Atommacht ist Ihnen denn bekannt, die sich an Artikel VI des Vertrages über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen hält, indem die Pflicht zur atomaren Abrüstung festgeschrieben ist?

Was die EU-Staaten angeht, kann ich sagen: Das Gegenteil ist der Fall. Großbritannien und Frankreich rüsten nicht atomar ab, sondern entwickeln neue schlagkräftige Atomwaffen. Andere Länder, wie die Bundesrepublik Deutschland halten weiterhin Kapazitäten zur industriellen Anreicherung waffenfähigen Urans bereit und haben eine so genannte "nukleare Teilhabe".

Atomwaffen sind immer verbrecherische Waffen und Atomwaffentests sind immer falsch und gefährlich.

Interessant ist der unterschiedliche Umgang mit Nordkorea und dem Iran. Die Drohungen mit militärischen Angriffen, der offen propagierte Weg eines "Regime Change" erreichen doch nur das Gegenteil.

Staaten insbesondere im Süden wird mit Kriegen gedroht - besonders von der US-Regierung. Die USA, die NATO aber auch die EU baut Kapazitäten für Militärinterventionen auf. Militärinterventionen werden angedroht oder gar durchgeführt. Die US-Regierung aber auch Jacques Chirac für Frankreich drohen mit dem Einsatz von Atomwaffen. Das alles führt natürlich zu Reaktionen. Es gibt Regierungen, die meinen, der Besitz von Atomwaffen sei eine Versicherung nicht militärisch angegriffen zu werden.

Wie wird ein Satz wie der in der Europäischen Sicherheitsstrategie aufgenommen, dass die "erste Verteidigungslinie oftmals im Ausland" liegt?

Müssen wir uns nicht fragen lassen, ob nicht nur die US-Außenpolitik sondern auch die EU- Außen- und Militärpolitik anderen Staaten Anlass gibt, in der Beschaffung von Atomwaffen den einzigen Schutz vor militärischen Interventionen sehen?

Wir müssen raus aus dieser Spirale der Eskalation und insbesondere der militärischen Eskalation! Nordkorea muss zurück an den Verhandlungstisch.

Es gibt keine guten Atomwaffen!
Atomwaffen müssen überall abgerüstet werden!
Es ist überall falsch Geld in unsinnige und gefährliche Atomtests zu stecken!
Alle Atomtests sind zu verurteilen und müssen eingestellt werden!