Focus Europa No. 162 vom 12.9.2006
ID 13846
Nachrichten:
- Gewaltsame Proteste begleiten EU-Asien-Gipfel in Helsinki
- EU-Parlament sucht nach CIA-Knästen
- Weitere Abschottung der Festung Europa
- Amerikanischer Genreis in der EU
- Bewegung Blockfreier Staaten trifft sich in Kuba
Interview: mit dem Politologen Carsten Frerk zu den gegenveranstaltungen zum Papstbesuch in München
- Gewaltsame Proteste begleiten EU-Asien-Gipfel in Helsinki
- EU-Parlament sucht nach CIA-Knästen
- Weitere Abschottung der Festung Europa
- Amerikanischer Genreis in der EU
- Bewegung Blockfreier Staaten trifft sich in Kuba
Interview: mit dem Politologen Carsten Frerk zu den gegenveranstaltungen zum Papstbesuch in München
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Upload vom 12.09.2006 / 12:44
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Klassifizierung
Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Umwelt, Religion, Internationales
Serie: Focus Europa
keine Linzenz
Skript
Gewaltsame Proteste begleiten EU-Asien-Gipfel in Helsinki
Unter dem Eindruck von Protesten gegen die Verletzung der Menschenrechte in China und Myanmar trafen sich Vertreter der EU, Chinas und des Asean-Staatenbundes. Wäre es nicht zu Ausschreitungen durch Demonstranten gekommen, wäre das Interesse am EU-Asien-Gipfel in der finnischen Hauptstadt am vergangenen Wochenende wahrscheinlich bescheiden ausgefallen. Am Samstag haben rund 200 Demonstranten gegen die Teilnahme Chinas und Myanmars (Burma) protestiert: Sie kritisierten anhaltende Menschenrechtsverletzungen, die es in beiden Ländern gibt. Ein Dutzend Demonstranten wurden festgenommen, nachdem sie Polizeisperren durchbrochen hatten.
Nach Angaben von Augenzeugen ging die Polizeibrutal und willkürlich vor. Laut zahlreichen am Sonntag unter Journalisten und im Internet kursierenden Augenzeugenberichten sollen Polizisten Demonstranten und möglicherweise auch unbeteiligte Schaulustige geschlagen und getreten haben.
Eine Reporterin einer Helsinkier Tageszeitung sagte, sie sei vor Ort von der Polizei an der Arbeit gehindert worden. Ein Fotograf der selben Zeitung gab an, unter Druck gesetzt worden zu sein, Fotos von dem Polizeieinsatz nicht zu veröffentlichen. Innenminister Kari Rajamäki lehnte am Sonntag eine Stellungnahme zu den Ereignissen vom Vortag gegenüber Medienvertretern vorerst ab.
Angesichts der widersprüchlichen Angaben über den Ablauf der Ereignisse und Berichten über Verletzte forderte die Jugendorganisation der finnischen Linkspartei eine Untersuchung des Polizei-Einsatzes rund um eine angemeldete Demonstration der anarchistischen Plattform "Smash ASEM".
EU-Parlament sucht nach CIA-Knästen
Der Untersuchungsausschuß des Europaparlaments will in Deutschland, Großbritannien, Polen und Rumänien nach möglichen CIA-Gefängnissen forschen. Die Sprecherin des Europaparlaments Maria Andres teilte am Montag in Brüssel mit, Mitglieder des Ausschusses würden am 19. September nach Berlin reisen. Im Oktober seien Besuche in London und Warschau sowie im November in Rumänien geplant. Dabei gehe es auch um eine mögliche Mitwirkung der jeweiligen Regierungen bei dem Transfer von Terror-Verdächtigen durch den US-Geheimdienst CIA.
Weitere Abschottung der Festung Europa
Nach seinem Berlin-Aufenthalt erklärt sich der senegalesische Staatspräsident Abdoulaye Wade zur weiteren Kooperation mit der europäischen Flüchtlingsabwehr bereit. Er werde alles tun, damit die Bürger Senegals künftig im Lande verbleiben, ließ Wade nach einem Gespräch mit Bundespräsident Horst Köhler verbreiten. Zahlreiche Senegalesen suchen gegenwärtig nach Europa auszuwandern, weil industrielle Fischfangflotten aus der EU den traditionellen Haupterwerbszweig des Landes ruiniert und damit zahlreiche Menschen in die Armut getrieben haben. Fortschritte an der Flüchtlingsabwehrfront vermelden europäische Politiker ebenfalls aus Libyen.
Libyen hatte sich bislang geweigert, Patrouillen der EU-Grenzschutzagentur Frontex in seinen Hoheitsgewässern verkehren zu lassen. Wie die Regierung des Landes jetzt erklärt, schließt sie die teilweise Übertragung von Hoheitsrechten an die EU für die Zukunft nicht aus. Tripolis verlangt jedoch im Gegenzug technische Aufrüstung: Schnellboote sowie Hubschrauber, Geländefahrzeuge und Nachtsichtgeräte (für den Wüsteneinsatz), um die Armutsflüchtlinge aus Zentral- und Ostafrika frühzeitig abfangen zu können, teilt der libysche Minister für Europäische Angelegenheiten mit. Die libyschen Landgrenzen erstrecken sich über rund 4.000 Kilometer und durchziehen die nordafrikanische Wüste bis weit in den Kontinent. Die Hochrüstung dieser Grenzen bedeutet eine weitere Vorverlagerung der EU-Migrationsabwehr und einen neuen Beitrag zur globalen Grenzmilitarisierung, die unkontrollierbare Flucht- und Aufstandsbewegungen auf die peripheren Armutsgebiete beschränken soll. Das EU-Grenzregime langt damit mitten in der Sahara an.
Amerikanischer Genreis in der EU
In zumindest zwei EU-Ländern könnte gentechnisch veränderter Reis aus den Vereinigten Staaten auf den Markt gelangt sein. Das gab die EU-Kommission am Montag nach Beratungen des zuständigen Fachausschusses bekannt. In Brüssel wird vermutet, daß es sich um Frankreich und Schweden handelt. Der Reis der auch in Amerika verbotenen Sorte LL601 sei bei herkömmlichen Tests der Mitgliedstaaten festgestellt worden, hieß es. Zu Berichten, daß der Reis in einer deutschen Supermarktkette entdeckt worden sei, nahm die Kommission nicht Stellung. Der EU-Verband der Reishersteller gab an, daß bei 162 Tests der Hersteller insgesamt 33 positiv ausgefallen seien; in diesen Fällen sei aber kein gentechnisch veränderter Reis auf den Markt gelangt.
Ganz anders sieht dies aber Greenpeace. In einer Pressemeldung der Organisation heißt es:
Illegaler Genreis bei Aldi
Der bei Aldi Nord erhältliche Langkornreis der Marke Bon-Ri enthält nach Untersuchungen im Auftrag von Greenpeace illegalen, genmanipulierten Reis aus den USA. Das teilte die Organisation am Montag mit. Sehr wahrscheinlich handele es sich um die zu »Forschungszwecken« angebaute Sorte LLRice 601, die in keinem Land für den menschlichen Verzehr zugelassen ist und nicht auf Gefahren für Gesundheit und Umwelt getestet wurde. Die US-Behörden haben die EU am 18. August 2006 über die gentechnische Verunreinigungen von Reis in den USA mit LLRice 601 informiert. »Dieser Skandal zeigt, daß Konzerne wie die Bayer AG ihre Genpflanzen nicht kontrollieren können oder kontrollieren wollen«, erklärte Ulrike Brendel, Gentechnik-Expertin von Greenpeace zu der Analyse. Greenpeace fordert, den Anbau von Genpflanzen zu verbieten, um Landwirtschaft und Verbraucher zu schützen.
Bewegung Blockfreier Staaten trifft sich in Kuba
Zum Gipfel der Bewegung Blockfreier Staaten (NAM) kamen am vergangenen Montag Vertreter der 116 Mitgliedsstaaten in der kubanischen Hauptstadt Havanna zusammen. Wenn Kuba am kommenden Samstag zum Ende des Treffens den Vorsitz der NAM von Malaysia übernimmt, will es das Bündnis nicht nur verwalten. Das sozialistische Land drängt auf eine aktive, konkrete Politik der Staaten des Südens; untereinander und auf der internationalen Ebene.
Der Kreis der NAM-Mitglieder wird sich in Kuba um zwei Staaten auf 118 erhöhen: Entschieden werden soll über die Aufnahmeanträge der Karibikstaaten St. Kitts and Nevis sowie Haiti.
Schon in den Tagen und Wochen vor dem Treffen wurde intensiv verhandelt. Im New Yorker Vorbereitungsbüro haben kubanische Vertreter gemeinsam mit den anderen leitenden NAM-Staaten einen Entwurf für die Abschlußerklärung erarbeitet. Dabei herrschte weitgehend Einigkeit: In Anknüpfung an die sechziger und siebziger Jahre, in denen die NAM eine bedeutende Rolle in der internationalen Politik gespielt hat, wollen die Mitglieder auch künftig wieder aktiver für die mehr denn je bedrohten Prinzipien des Völkerrechtes streiten. Der gemeinsame Einsatz für eine multilaterale Weltordnung, Frieden, internationale Sicherheit, Entwicklung, eine ungehinderte wirtschaftliche Zusammenarbeit seien weitere Ziele, hieß es in New York. Auch sollen in Havanna Strategien zur Demokratisierung internationaler Organisationen diskutiert werden, allen voran der Vereinten! Nationen selbst.
Unter dem Eindruck von Protesten gegen die Verletzung der Menschenrechte in China und Myanmar trafen sich Vertreter der EU, Chinas und des Asean-Staatenbundes. Wäre es nicht zu Ausschreitungen durch Demonstranten gekommen, wäre das Interesse am EU-Asien-Gipfel in der finnischen Hauptstadt am vergangenen Wochenende wahrscheinlich bescheiden ausgefallen. Am Samstag haben rund 200 Demonstranten gegen die Teilnahme Chinas und Myanmars (Burma) protestiert: Sie kritisierten anhaltende Menschenrechtsverletzungen, die es in beiden Ländern gibt. Ein Dutzend Demonstranten wurden festgenommen, nachdem sie Polizeisperren durchbrochen hatten.
Nach Angaben von Augenzeugen ging die Polizeibrutal und willkürlich vor. Laut zahlreichen am Sonntag unter Journalisten und im Internet kursierenden Augenzeugenberichten sollen Polizisten Demonstranten und möglicherweise auch unbeteiligte Schaulustige geschlagen und getreten haben.
Eine Reporterin einer Helsinkier Tageszeitung sagte, sie sei vor Ort von der Polizei an der Arbeit gehindert worden. Ein Fotograf der selben Zeitung gab an, unter Druck gesetzt worden zu sein, Fotos von dem Polizeieinsatz nicht zu veröffentlichen. Innenminister Kari Rajamäki lehnte am Sonntag eine Stellungnahme zu den Ereignissen vom Vortag gegenüber Medienvertretern vorerst ab.
Angesichts der widersprüchlichen Angaben über den Ablauf der Ereignisse und Berichten über Verletzte forderte die Jugendorganisation der finnischen Linkspartei eine Untersuchung des Polizei-Einsatzes rund um eine angemeldete Demonstration der anarchistischen Plattform "Smash ASEM".
EU-Parlament sucht nach CIA-Knästen
Der Untersuchungsausschuß des Europaparlaments will in Deutschland, Großbritannien, Polen und Rumänien nach möglichen CIA-Gefängnissen forschen. Die Sprecherin des Europaparlaments Maria Andres teilte am Montag in Brüssel mit, Mitglieder des Ausschusses würden am 19. September nach Berlin reisen. Im Oktober seien Besuche in London und Warschau sowie im November in Rumänien geplant. Dabei gehe es auch um eine mögliche Mitwirkung der jeweiligen Regierungen bei dem Transfer von Terror-Verdächtigen durch den US-Geheimdienst CIA.
Weitere Abschottung der Festung Europa
Nach seinem Berlin-Aufenthalt erklärt sich der senegalesische Staatspräsident Abdoulaye Wade zur weiteren Kooperation mit der europäischen Flüchtlingsabwehr bereit. Er werde alles tun, damit die Bürger Senegals künftig im Lande verbleiben, ließ Wade nach einem Gespräch mit Bundespräsident Horst Köhler verbreiten. Zahlreiche Senegalesen suchen gegenwärtig nach Europa auszuwandern, weil industrielle Fischfangflotten aus der EU den traditionellen Haupterwerbszweig des Landes ruiniert und damit zahlreiche Menschen in die Armut getrieben haben. Fortschritte an der Flüchtlingsabwehrfront vermelden europäische Politiker ebenfalls aus Libyen.
Libyen hatte sich bislang geweigert, Patrouillen der EU-Grenzschutzagentur Frontex in seinen Hoheitsgewässern verkehren zu lassen. Wie die Regierung des Landes jetzt erklärt, schließt sie die teilweise Übertragung von Hoheitsrechten an die EU für die Zukunft nicht aus. Tripolis verlangt jedoch im Gegenzug technische Aufrüstung: Schnellboote sowie Hubschrauber, Geländefahrzeuge und Nachtsichtgeräte (für den Wüsteneinsatz), um die Armutsflüchtlinge aus Zentral- und Ostafrika frühzeitig abfangen zu können, teilt der libysche Minister für Europäische Angelegenheiten mit. Die libyschen Landgrenzen erstrecken sich über rund 4.000 Kilometer und durchziehen die nordafrikanische Wüste bis weit in den Kontinent. Die Hochrüstung dieser Grenzen bedeutet eine weitere Vorverlagerung der EU-Migrationsabwehr und einen neuen Beitrag zur globalen Grenzmilitarisierung, die unkontrollierbare Flucht- und Aufstandsbewegungen auf die peripheren Armutsgebiete beschränken soll. Das EU-Grenzregime langt damit mitten in der Sahara an.
Amerikanischer Genreis in der EU
In zumindest zwei EU-Ländern könnte gentechnisch veränderter Reis aus den Vereinigten Staaten auf den Markt gelangt sein. Das gab die EU-Kommission am Montag nach Beratungen des zuständigen Fachausschusses bekannt. In Brüssel wird vermutet, daß es sich um Frankreich und Schweden handelt. Der Reis der auch in Amerika verbotenen Sorte LL601 sei bei herkömmlichen Tests der Mitgliedstaaten festgestellt worden, hieß es. Zu Berichten, daß der Reis in einer deutschen Supermarktkette entdeckt worden sei, nahm die Kommission nicht Stellung. Der EU-Verband der Reishersteller gab an, daß bei 162 Tests der Hersteller insgesamt 33 positiv ausgefallen seien; in diesen Fällen sei aber kein gentechnisch veränderter Reis auf den Markt gelangt.
Ganz anders sieht dies aber Greenpeace. In einer Pressemeldung der Organisation heißt es:
Illegaler Genreis bei Aldi
Der bei Aldi Nord erhältliche Langkornreis der Marke Bon-Ri enthält nach Untersuchungen im Auftrag von Greenpeace illegalen, genmanipulierten Reis aus den USA. Das teilte die Organisation am Montag mit. Sehr wahrscheinlich handele es sich um die zu »Forschungszwecken« angebaute Sorte LLRice 601, die in keinem Land für den menschlichen Verzehr zugelassen ist und nicht auf Gefahren für Gesundheit und Umwelt getestet wurde. Die US-Behörden haben die EU am 18. August 2006 über die gentechnische Verunreinigungen von Reis in den USA mit LLRice 601 informiert. »Dieser Skandal zeigt, daß Konzerne wie die Bayer AG ihre Genpflanzen nicht kontrollieren können oder kontrollieren wollen«, erklärte Ulrike Brendel, Gentechnik-Expertin von Greenpeace zu der Analyse. Greenpeace fordert, den Anbau von Genpflanzen zu verbieten, um Landwirtschaft und Verbraucher zu schützen.
Bewegung Blockfreier Staaten trifft sich in Kuba
Zum Gipfel der Bewegung Blockfreier Staaten (NAM) kamen am vergangenen Montag Vertreter der 116 Mitgliedsstaaten in der kubanischen Hauptstadt Havanna zusammen. Wenn Kuba am kommenden Samstag zum Ende des Treffens den Vorsitz der NAM von Malaysia übernimmt, will es das Bündnis nicht nur verwalten. Das sozialistische Land drängt auf eine aktive, konkrete Politik der Staaten des Südens; untereinander und auf der internationalen Ebene.
Der Kreis der NAM-Mitglieder wird sich in Kuba um zwei Staaten auf 118 erhöhen: Entschieden werden soll über die Aufnahmeanträge der Karibikstaaten St. Kitts and Nevis sowie Haiti.
Schon in den Tagen und Wochen vor dem Treffen wurde intensiv verhandelt. Im New Yorker Vorbereitungsbüro haben kubanische Vertreter gemeinsam mit den anderen leitenden NAM-Staaten einen Entwurf für die Abschlußerklärung erarbeitet. Dabei herrschte weitgehend Einigkeit: In Anknüpfung an die sechziger und siebziger Jahre, in denen die NAM eine bedeutende Rolle in der internationalen Politik gespielt hat, wollen die Mitglieder auch künftig wieder aktiver für die mehr denn je bedrohten Prinzipien des Völkerrechtes streiten. Der gemeinsame Einsatz für eine multilaterale Weltordnung, Frieden, internationale Sicherheit, Entwicklung, eine ungehinderte wirtschaftliche Zusammenarbeit seien weitere Ziele, hieß es in New York. Auch sollen in Havanna Strategien zur Demokratisierung internationaler Organisationen diskutiert werden, allen voran der Vereinten! Nationen selbst.