Vogel der Woche (Serie): Die Leber

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Heute: Die Leber - Hepatipiter hepatis... Hierzu der öbligatörische Träller #11154
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03:02 min, 4275 kB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 22.05.2006 / 00:00

Dateizugriffe: 620

Klassifizierung

Beitragsart: Hörspiel
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Andere, Wirtschaft/Soziales, Arbeitswelt, Sport, Umwelt
Serie: Vogel der Woche
Entstehung

AutorInnen: hikE
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Produktionsdatum: 22.05.2006
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Heute: Die Leber (Hepatipiter hepatis VON GALLOW, 1995)

Aufgeblockt steht die heimische Leber und läßt ihren gelbäugigen Blick über die großzügige Parklandschaft gleiten. Da! Ein Schatten bewegt sich etwas zu schnell. Sie dreht ruckartig den Kopf und sprüht Gift und Galle. Ihr Todfeind, der Hohlalk (Alca hola), hebt sich mit schweren rudernden Schlägen aus einem nahen Weiher und macht, daß er von dannen kommt.
Die Leber sträubt ihre Lappen und beruhigt sich wieder. Dem Falkner ist sie ein guter Gesell, weil sie prompt auf Anzeichen von Geflügeltem am Himmel reagiert: zieht der Bierbussard (Buteo bierteo), wirft sie ihm vernichtende Blicke hinterher. Im Allgemeinen zieht er dann etwas schneller und - höher. Auch Schnapsdrosseln läßt sie nicht unkommentiert. Diese lassen sich sehr gut mit einer Leber locken, denn sie stoßen herab, um auf ihren großen Feind zu hassen. Unter vielerlei Rufen fliegen sie Angriffe, und so manche Turdus whiskyvorus mußte schon Federn oder auch ihr Leben lassen, kam sie den Fängen der Leber zu nahe. Aber für Schluck- und Blauspechte (Picus gurgus und bleu) hat die Leber sich einige besondere Tricks einfallen lassen. Eine genauere Schilderung der Leber-Jagd auf diese Spechte ist unumgänglich:

"Die Leber, dunkelrötlichbraun in vollem Sommergefieder, paßt sich gut dem Schatten an, in dem sie hockt. Sie macht einen Buckel und schaut orangeflammigen Blickes in die gleißende Helle außerhalb des Gesträuchs. Dort hat sie einen einsamen durstigen Schluckspecht ausgemacht, der in schierer Verzweiflung einen Ameisenhaufen traktiert. Die Ameisen lassen sich nichts gefallen und traktieren zurück, was das Zeug hält; der Specht muß schließlich aufgeben. Die Ameisen triumphieren und genehmigen sich noch einen von ihrem frisch Aufgesetzten. Dieweil ihre Siegesfeier von den Steilhängen widerhallt und sich mit dem Gezirpe angesäuselter Hüpferlinge im Grase mischt zu einem unbeschreiblichen Sommergeräusch, torkelt der Schluckspecht einem verheißenderen Geräusch entgegen: sanftes Gluckern und Klingen wie von Eiswürfeln in Gläsern lockt ihn unweigerlich in die Falle. Er sieht nicht das Verhängnis und landet im Gebüsch, um nie wieder hervor zu kommen."
(Zitat aus: von Gallow, "Heimische und unheimliche Meuchelmörder in Wasser, Wald und Flur")

Erahnt man solch scharfe Krallen, wenn man eine Leber auf ihren Ast gebaumt erblickt? Diese mörderischen spitzen Haken, die das Fleisch der Beute nicht zupfen, nicht kratzen, nein, durchbohren, um auf der gegenüberliegenden Seite wieder hervorzustechen! Blutig grüßen sie einander auf dem Weg durch das Opfer, sie nehmen rot triefende Stücke mit und führen sie dem Schnabel zu, wenn die Leber das Tier zerreißt und sich gierig atzt.
Ein Bild davon kann sich nur machen, wer eine Leber hat fressen sehen, oder wer einmal versucht hat, einen original amerikanischen Hamburger zu essen.

gesendet am 08.06.2005 in der Frühschicht; Sprecher: HikE