Der Dresdner Thomas Haaß will ein Stück Gewerbekultur erhalten

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Anmod: Nicht erst die Globalisierung, schon die Einführung von Selbstbedienungssupermärkten haben viele kleine Läden mit ihrer anmutigen Einrichtung aus den Innenstädten verschwinden lassen. Der Dresdner Thomas Haaß betreibt einen Eisenwarenhandel in der Dresdner Neustadt, in dem man noch den Charme von Ladengeschäften aus der Gründerzeit nachfühlen kann. Mit der Unterstützung einer inklusiven Holzwerkstatt und einer Crowdfunding-Kampgane will er nun das zentrale Möbelstück im Laden restaurieren - ein Regal mit vielen kleinen Schubladen. Jenz Steiner sprach mit ihm über sein spezielles Restaurierungsvorhaben, das auch ein Stück Gewerbekulturgeschichte in die neue Zeit hinüber rettet.

Audio
04:40 min, 5419 kB, mp3
mp3, 158 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 07.11.2023 / 09:54

Dateizugriffe: 628

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Arbeitswelt, Wirtschaft/Soziales
Entstehung

AutorInnen: Jenz Steiner
Radio: coloradio, Dresden im www
Produktionsdatum: 07.11.2023
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Die Bautzener Straße in der Dresdner Neustadt verfügt ja noch über so ein bisschen die Struktur, die die Gegend oder Dresden auch zu Erich Kästners Jugendzeit hatte. Es gibt viele kleine, schnuckelige Läden mit ehemals großen Markisen und beeindruckendem Ladeninterieur. An einer alten Molkerei halten sogar die Reisebusse und die Stadtrundfahrten und ein paar hundert Meter weiter gibt es noch so einen kleinen Eisenwarenladen, der den großen Baumärkten auf den ehemals grünen Wiesen am Stadtrand trotzt. Ich spreche jetzt mit Thomas.

Er betreibt diesen Laden und hat einen richtigen Schatz dort vor Ort, den er jetzt retten will. Was ist dein großer Schatz? Also wir haben einen Schatz, den die ganzen Dresdner kennen. Das ist das große Schubladenregal. Und das stammt aus den 1870er Jahren von einem Vorgängereisenwarenladen sogar noch und ist bei allen Kunden bekannt und voller Erinnerungen. Woher weißt du so genau über die Entstehung und die Vorgeschichte Bescheid? Ich habe viel gesprochen. Die Vorgängerinnen, die beiden Eisenfeusteldamen, die leben immer noch und die habe ich auch vor kurzem wieder besucht und die waren mit dabei, als sie Kinder waren, als der Eisenfeustel 1950 diesen Laden übernommen hat.

Und daher ist dokumentiert, dass es den Eisenwarenladen dort seit 1870 gab. Das steht so in der Chronik. Und zu vermuten ist dann, dass das Regal ebenfalls aus der Zeit dann ist und der alte Dresden auch. Und du willst so ein Stück Gewerbekultur erhalten? Da hat jede Generation dazu beigetragen, dass es diese Möbel Gott sei Dank immer noch gibt. Der Laden war ja immer wieder ein Haus weitergezogen und seit 1998 sind wir an diesem Standort. Und jede Generation hat da eine Schicht aufgetragen, um das immer wieder in Stand zu setzen und zu pflegen.

Und das wollen wir jetzt auch wieder machen. Und wir haben recherchiert und die unterste Schicht ist sozusagen ein grüner, dunkler Filz. Das haben wir die Damen jetzt vor kurzem auch noch mal bestätigt. Nach dem Krieg war das ganz dunkel und grau natürlich durch das Feuer und Ruß. Und die haben das damals schon heller gestrichen und gemacht. Und das wollen wir jetzt auch wieder unseren Teil dazu beitragen, dass das wieder schöner und eben auch erhalten bleibt. Wie willst du das finanzieren? Also alleine können wir das in Heimarbeit nicht machen, neben dem laufenden Betrieb.

Wir tun unseres dazu und verrücken das Ganze. Und wir haben die Weißiger Werkstätten angefragt. Die sollen uns unterstützen, diese 252 Schubladen zu überarbeiten und zu erneuern. Dafür haben wir eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen, weil alleine können wir das so nicht stemmen. Kannst du noch ein paar Worte verlieren über die Weißiger Werkstätten? Wie ist es zu dieser Kooperation gekommen? Also die haben halt das nötige Know-how, das sind ausgebildete Tischler und haben eine super Holzwerkstatt dort. Und ganz viele fleißige Hände, die das sozusagen leisten können, weil das muss ja im laufenden Betrieb erfolgen.

Also wir müssen dort Schubladen ausräumen und dann ein Teil zu denen bringen, damit die das fertigstellen können. Und dann tauschen wir es wieder durch andere Schubladen aus. Und so haben wir die angefragt und die freuen sich schon drauf. Habt ihr einen Zeitplan? Also dass die Umsetzung erfolgt, ab sofort. Das heißt, wir bestellen noch vor Weihnachten den Filz, den haben wir jetzt bemustert seit einigen Monaten. Jetzt wissen wir, welche Farbe es werden soll. Ein schönes, warmes, helles Grün.

Und die Weißiger Werkstätten sollen dann nächstes Jahr antreten und das bis möglichst 1. April 2024 herrichten, weil da ist dann der 103. Geburtstag. Also es gibt eine Startnext-Seite, wo man euch unterstützen kann und die Kampagne heißt? Die Kampagne heißt, unser Eisenfäustler soll noch schöner werden. Den Link dazu kann man auch auf unserer Webseite finden oder eben direkt auf Startnext unter diesem Titel. Und wer uns direkt im Laden unterstützen möchte, kann das natürlich direkt am Tresen auch machen.

Auch das kommt direkt dieser Sache zugute. Ein Stück Gewerbekultur, Dresdner Gewerbekultur erhalten. Das möchte Thomas. Er betreibt einen kleinen Eisenwarenhandel in der Bautzener Straße und mit ihm sprach ich bereits vor der Sendung. Danke für das Gespräch und viel Erfolg. Ich danke. Schönen Tag. Tschüss.