Kommentar: Das NATO-Luftkampfmanöver Air Defense 2023 setzt die falschen Zeichen
ID 122588
Anmod: Sicher habt Ihr es mitbekommen. Noch bis 23. Juni läuft besonders im Osten Deutschlands und in Teilen der Tschechischen Republik ein Luftkampfmanöver der Nato. Ausgerichtet wird es von der Bundeswehr. Jens Steiner hat sich mit den Gefahren auseinandergesetzt, die mit einem solchen Manöver einhergehen.
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04:29 min, 10 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Mono (48000 kHz)
Upload vom 12.06.2023 / 16:42
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Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Ich habe ein Problem.
Ich bin Pazifist. Das ist aber nicht mein Problem.
Ich habe ein Problem mit dem von Deutschland ausgerichteten Luftkampfmanöver Air Defender 2023. Und das, nachdem gerade das Großmanöver Arctic Challenge von Finnland an der russischen Grenze ausgerichtet wurde.
Ich habe schon ein Problem mit der Argumentation der Bundeswehr.
Wenn Generallleutnant Ingo Gerharzt, der Chef der Luftwaffe, sagt, dass so ein Kriegsspiel mit 10.000 Soldat*innen aus 25 Ländern nötig sei, „damit wir am Ende des Tages in diesem Land auch noch in Frieden und Freiheit leben können“, dann erinnert mich das auf ganz perfide Weise an die Argumentationslinien des NVA-Generalobersts und DDR-Verteidungsministers Heinz Hoffmann, der 1960 sagte „Der Frieden muss verteidigt werden. Der Frieden muss bewaffnet sein.“
Aus meiner Sicht setzt so ein Kettenrasseln, so ein Showing off an modernem Kriegsgerät die falschen Zeichen. Wer Krieg spielt, spielt mit dem Feuer.
Manöver sind symbolische Politik. Das ist keine Geste des: „Hey, wir lassen uns nicht provozieren. Wir stehen auf der Seite der Opfer.“ Das ist ein „Komm’ doch, wenn Du eine geballert haben willst“. Innenpolitisch soll das aus meiner Sicht über die in den letzten Jahren so oft angeprangerten maroden Verhältnisse innerhalb der Bundeswehr hinwegtäuschen. Manöver sollen das Militär salonfähig machen und militärische Präsenz, also das, was Krisenindikator ist, zur Gewohnheit machen. So geht Greenwashing beim Militär.
Manöver sind gefährlich. Nicht nur für die Menschen, die daran teilnehmen, die Menschen, Tiere, die Umwelt, die davon betroffen sind. Sie sind eine Provokation.
250 Fluggeräte begeben sich bis 27. Juni in die Luft, hauptsächlich über Ostdeutschland. Etwa 100 stellen die USA. 64 Maschinen kommen von der Deutschen Luftwaffe: Hubschrauber Eurofighter, Tornados, Transporter und Tanker. Ich habe noch nie gehört, dass das Auffahren von Militärequipment dieser Form die Regierung eines Aggressorstaates jemals dazu geführt hätte, sofort in Friedensverhandlungen zu treten und klein beizugeben und zu sagen: „Ach, ja. Ihr habt recht. Ich gehe mal wieder unverrichteter Dinge nach Hause.“ Manöver eskalieren. Sie entspannen nicht.
Manöver liefern wichtiges und kostbares statistisches Zahlenmaterial zur taktischen und strategischen Planung.
Eine von vornherein defensive Auslegung des Manövers Air Defender 2023 kann ich mit meiner Außenperspektive nicht erkennen.
Manöver diskreditieren die ohnehin geschwächte Friedensbewegung.
In der Freien Heide, der Kyritz-Ruppiner Heide im Norden Brandenburgs und Süden Mecklenburgs demonstrierten vor 20 Jahren regelmäßig Tausende friedlich gegen eine Weiternutzung des Bombodroms, einem ehemaligen Truppenübungsplatz zwischen Wittstock und Neuruppin, in dem Armeen herrlich das Bombardieren von Städten üben könnten. 2009 hatten ihre Proteste Erfolg. Das Projekt wurde gestoppt.
Was für ein Stoß in die Magengruben der Aktivistinnen der damals so starken Friedensbewegung! Zu der Friedenswanderung , die von der momentan ebenfalls angeschlagenen Partei „Die Linke“ kamen am Wochenende gerade einmal 150 Menschen. Am 17. Juni, am Tag der Bundeswehr soll es die nächste Aktion geben. Diesmal in Brandenburg an der Havel.
Ich bin weder Militärexperte, noch bin ich erfahren auf dem Parkett der Diplomatie. Aber ich bin Pazifist und der festen Überzeugung, dass Manöver mehr Schaden anrichten als sie nutzen bringen.
Ich bin auch froh, dass ich das sagen kann. Anders erging es dem russischen Menschenrechtsaktivisten und Memorial Mitbegründer Oleg Orlow. Dem drohen jetzt drei Jahre Haft, weil sich das russische Militär von einem Facebook-Post von ihm auf der französischen Seite Media Part diskreditiert gefühlt hat.
Ich bin Pazifist. Das ist aber nicht mein Problem.
Ich habe ein Problem mit dem von Deutschland ausgerichteten Luftkampfmanöver Air Defender 2023. Und das, nachdem gerade das Großmanöver Arctic Challenge von Finnland an der russischen Grenze ausgerichtet wurde.
Ich habe schon ein Problem mit der Argumentation der Bundeswehr.
Wenn Generallleutnant Ingo Gerharzt, der Chef der Luftwaffe, sagt, dass so ein Kriegsspiel mit 10.000 Soldat*innen aus 25 Ländern nötig sei, „damit wir am Ende des Tages in diesem Land auch noch in Frieden und Freiheit leben können“, dann erinnert mich das auf ganz perfide Weise an die Argumentationslinien des NVA-Generalobersts und DDR-Verteidungsministers Heinz Hoffmann, der 1960 sagte „Der Frieden muss verteidigt werden. Der Frieden muss bewaffnet sein.“
Aus meiner Sicht setzt so ein Kettenrasseln, so ein Showing off an modernem Kriegsgerät die falschen Zeichen. Wer Krieg spielt, spielt mit dem Feuer.
Manöver sind symbolische Politik. Das ist keine Geste des: „Hey, wir lassen uns nicht provozieren. Wir stehen auf der Seite der Opfer.“ Das ist ein „Komm’ doch, wenn Du eine geballert haben willst“. Innenpolitisch soll das aus meiner Sicht über die in den letzten Jahren so oft angeprangerten maroden Verhältnisse innerhalb der Bundeswehr hinwegtäuschen. Manöver sollen das Militär salonfähig machen und militärische Präsenz, also das, was Krisenindikator ist, zur Gewohnheit machen. So geht Greenwashing beim Militär.
Manöver sind gefährlich. Nicht nur für die Menschen, die daran teilnehmen, die Menschen, Tiere, die Umwelt, die davon betroffen sind. Sie sind eine Provokation.
250 Fluggeräte begeben sich bis 27. Juni in die Luft, hauptsächlich über Ostdeutschland. Etwa 100 stellen die USA. 64 Maschinen kommen von der Deutschen Luftwaffe: Hubschrauber Eurofighter, Tornados, Transporter und Tanker. Ich habe noch nie gehört, dass das Auffahren von Militärequipment dieser Form die Regierung eines Aggressorstaates jemals dazu geführt hätte, sofort in Friedensverhandlungen zu treten und klein beizugeben und zu sagen: „Ach, ja. Ihr habt recht. Ich gehe mal wieder unverrichteter Dinge nach Hause.“ Manöver eskalieren. Sie entspannen nicht.
Manöver liefern wichtiges und kostbares statistisches Zahlenmaterial zur taktischen und strategischen Planung.
Eine von vornherein defensive Auslegung des Manövers Air Defender 2023 kann ich mit meiner Außenperspektive nicht erkennen.
Manöver diskreditieren die ohnehin geschwächte Friedensbewegung.
In der Freien Heide, der Kyritz-Ruppiner Heide im Norden Brandenburgs und Süden Mecklenburgs demonstrierten vor 20 Jahren regelmäßig Tausende friedlich gegen eine Weiternutzung des Bombodroms, einem ehemaligen Truppenübungsplatz zwischen Wittstock und Neuruppin, in dem Armeen herrlich das Bombardieren von Städten üben könnten. 2009 hatten ihre Proteste Erfolg. Das Projekt wurde gestoppt.
Was für ein Stoß in die Magengruben der Aktivistinnen der damals so starken Friedensbewegung! Zu der Friedenswanderung , die von der momentan ebenfalls angeschlagenen Partei „Die Linke“ kamen am Wochenende gerade einmal 150 Menschen. Am 17. Juni, am Tag der Bundeswehr soll es die nächste Aktion geben. Diesmal in Brandenburg an der Havel.
Ich bin weder Militärexperte, noch bin ich erfahren auf dem Parkett der Diplomatie. Aber ich bin Pazifist und der festen Überzeugung, dass Manöver mehr Schaden anrichten als sie nutzen bringen.
Ich bin auch froh, dass ich das sagen kann. Anders erging es dem russischen Menschenrechtsaktivisten und Memorial Mitbegründer Oleg Orlow. Dem drohen jetzt drei Jahre Haft, weil sich das russische Militär von einem Facebook-Post von ihm auf der französischen Seite Media Part diskreditiert gefühlt hat.