"Die Energiepreise steigen" | Fake News in der ARD 'tagesschau'

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Auch wer bei der Darstellung der Realität einen Teil korrekt wiedergibt, manipulativ aber einen anderen unterschlägt, lügt. Die ARD 'tagesschau' stimmt derzeit ein in die in den gesamten Mainstream-Medien verbreitete Propaganda von den "steigenden Energiepreisen". Wenn die erneuerbaren Energien lediglich einen Anteil von 6 Prozent an der Stromproduktion hätten - wie noch im Jahr 2000 - könnte die Kritik an dieser Einseitigkeit mit dem Hinweis "Das ist nebensächlich!" abgetan werden. Mittlerweile aber tragen die erneuerbaren Energien zu über 50 Prozent zur Stromproduktion bei. Und deren Kosten sinken von Jahr zu Jahr.
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06:52 min, 6450 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 26.10.2021 / 16:31

Dateizugriffe: 127

Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Arbeitswelt, Umwelt, Politik/Info
Serie: restrisiko
Entstehung

AutorInnen: Klaus Schramm
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 26.10.2021
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
"Die Energiepreise steigen" | Fake News in der ARD 'tagesschau'

Auch wer bei der Darstellung der Realität einen Teil korrekt wiedergibt, manipulativ aber einen anderen unterschlägt, lügt. Die ARD 'tagesschau' stimmt derzeit ein in die in den gesamten Mainstream-Medien verbreitete Propaganda von den "steigenden Energiepreisen". Wenn die erneuerbaren Energien lediglich einen Anteil von 6 Prozent an der Stromproduktion hätten - wie noch im Jahr 2000 - könnte die Kritik an dieser Einseitigkeit mit dem Hinweis "Das ist nebensächlich!" abgetan werden. Mittlerweile aber tragen die erneuerbaren Energien zu über 50 Prozent zur Stromproduktion bei. Und deren Kosten sinken von Jahr zu Jahr.

Immer wenn in den vergangenen 20 Jahren die Preise für fossile Energieträger - also: Erdöl, Erdgas und Kohle - stiegen, hob in den Mainstream-Medien ein Lamento an. Dann erwachte plötzlich die Sorge um den "kleinen Mann". Doch statt die anhaltende Blockade und Sabotage der erneuerbaren Energien aufzugeben, pumpte die Bundesregierung weitere und umfassendere Subventionen in die konventionelle Energiewirtschaft, um auf diesem Umweg die Erhöhung der Verbraucherpreise ein wenig abzumildern. So aber zahlte der "kleine Mann" doppelt. Denn auch die für Subventionen aufgewendeten Steuergelder werden weit überwiegend von den unteren Zweidritteln der Gesellschaft aufgebracht.

So wird allein der Luftverkehr in Deutschland jährlich mit über 10 Milliarden Euro subventioniert (Siehe unseren Artikel v. 9.10.19 klimak191009.html). Diese Subventionierung setzt sich zusammen aus der Befreiung von der Mineralölsteuer - im Gegensatz zu Diesel und Benzin wird auf Kerosin, den Treibstoff für Düsenflugzeuge, keine Steuer erhoben - und aus der Befreiung von der Mehrwertsteuer auf Auslands-Tickets (Siehe unseren Artikel v. 28.07.19 klimak190728.html).

In all diesen Artikeln der Mainstream-Medien über die "steigenden Energiepreise" wird manipulativ unterschlagen, daß die erneuerbare Energien wesentlich kostengünstiger sind als Erdöl, Erdgas, Kohle und Atomenergie. Dieses bewußte Ausblenden und die einseitige Verwendung des Begriffs "Energiepreise" dienen allein dem Schutz der fossilen und atomaren Wirtschaftsinteressen.

Der sogenannte Faktencheck den die ARD heute unter der Überschrift "Wie teuer wird Energie noch?" veröffentlichte (www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/energiepreise-verbraucher-101.html) ist symptomatisch: In vier Themenblöcken wird lediglich der Anstieg der Preise für Strom, Gas, Rohöl und Benzin abgehandelt. Und auf die selbstgestellte Frage "Bleibt es bei den höheren Kosten für Energie?" fällt den hochbezahlten JournalistInnen von der ARD lediglich ein, daß bei einer Ausweitung des Angebots von Erdgas auf dem Markt die Preise wieder fallen könnten.

In einem weiteren Abschnitt unter der Zwischen-Überschrift "Was unternehmen die Staaten und die EU?" ist lediglich die Rede von der altbekannten Subventionspolitik: "Frankreich, Italien oder Spanien haben bereits angekündigt, den Preisanstieg bei Energie zu deckeln oder über Steuererstattungen abzufedern." Und: "In Deutschland hat jüngst zum Beispiel der Städte- und Gemeindebund gefordert, Heizkostenzuschüsse für Geringverdiener und sozial schwache Haushalte einzuführen."

Das ansonsten wie ein Mantra heruntergebetete liberale Credo von der Konkurrenz, die für den "freien Markt" entscheidend sei, fehlt hier völlig. Denn in diesem Falle besteht die Konkurrenz in den erneuerbaren Energien. Und diese Konkurrenz kann die Preise massiv senken. Voraussetzung wäre allerdings ein fairer Wettbewerb, bei dem die Konzerne der fossilen Energien und der Atomenergie nicht mit Subventionen überschüttet werden. Diese offenen und verdeckten Subventionen überstiegen in den vergangenen 20 Jahren die klägliche Förderung der erneuerbaren Energien um ein Vielfaches. De facto wurden die eneuerbaren Energien all die Jahre nicht nur mit bürokratischen Auflagen, Antrags-Marathons und 100-Meter-Regeln gebremst und boykottiert, sondern auch finanzpolitisch wie das sprichwörtliche Stiefkind behandelt.

Lediglich am Ende des ARD-Beitrags mit dem Titel "Wie teuer wird Energie noch?" folgt ein kleiner Abschnitt mit einem Hinweis auf persönliche statt staatliche Alternativen: Energiesparen, LED-Lampen, bessere Gebäude-Dämmung und die eigene Solaranlage. Diese Hinweise sind deshalb keineswegs falsch - das individuelle und energetisch korrekte Handeln des "kleinen Mannes" kann jedoch eine staatliche Energiepolitik, die exakt in die entgegengesetzte Richtung wirkt und direkt in die Klimakatastrophe führt, nicht kompensieren.

Erforderlich ist eine Wende der Energiepolitik um 180 Grad. Der Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energien ist innerhalb von wenigen Jahren technisch realisierbar. Allein der politische Wille hierzu hat in den vergangenen 20 Jahren gefehlt.

Nicht überall: So haben beispielsweise die EinwohnerInnen des fränkischen Großbardorf ihre gesamte Wärme- und Stromversorgung schon vor über zehn Jahren auf erneuerbare Energien umgestellt. Und der Schwarzwaldort St. Peter produziert seit 2013 mehr als 150 Prozent seines eigenen Energiebedarfs. Dort stört sich auch niemand an Windkraftanlagen.
+++
Anmerkung (8.11.21): Der Text enthielt den an dieser Stelle unzutreffenden Begriff "Flugbenzin" und wurde daher nachträglich korrigiert.

Kommentare
29.10.2021 / 18:06 Monika, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
in sonar
am 29.10.. Vielen Dank! Gutes Beispiel für eine fundierte Kritik am Kampagnenjournalismus jenseits von Rechtsaußen.