Über 700 Kulturschaffende fordern Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland

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interview mit der autorin Rebecca Maria Salentin, initiatorin eines offenen briefes an alle ministerInnen.
anmod.:
die situation in den griechischen und türkischen flüchtligslagern war schon vor corona grauenvoll. daher fordern jetzt künstlerInnen die aufnahme dieser flüchtlinge.
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Upload vom 04.04.2020 / 13:50

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich:
Entstehung

AutorInnen: aktuell
Radio: RadioBlau, Leipzig im www
Produktionsdatum: 04.04.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
PRESSEMITTEILUNG | OFFENER BRIEF

Über 700 Kulturschaffende fordern Aufnahme von Flüchtlingen aus
Griechenland

Mit einem Offenen Brief wenden sich 684 Kulturschaffende mit der
Forderung an die Bundesregierung, Flüchtlinge aus Griechenland nach
Deutschland zu holen und die Missstände an der griechisch-türkischen
Grenze zu bekämpfen. Zu den Unterzeichnern aus ganz Deutschland
gehören Autoren, Theaterschaffende, Künstler, Schauspieler und
Verleger, unter anderem haben Meret Becker, Robert Stadlober, Jella
Haase, Katja Riemannn, Detlev Buck, Corinna Harfouch, Sandra Hüller,
Volker Bruch, Friedrich Küppersbusch, Max Moor, Marion Brasch, Saša
Stanišić, Lena Gorelik, Jan Weiler und Knut Elstermann unterschrieben.


Zehntausende Flüchtlinge würden auf griechischen Inseln und an der
türkisch-griechischen Grenze unter katastrophalen Bedingungen leben.
„Dazu wollen wir nicht schweigen. Literatur hat eine Stimme. Kultur
hat eine Stimme. Wir können der Schande, der sich Europa gerade
schuldig macht, nicht tatenlos zusehen. Wir Kulturschaffende fordern die
Bundesregierung auf, sich konsequent dafür einzusetzen, die Missstände
zu beenden", heißt es in dem Schreiben.

Die Zusage von EU-Mitgliedstaaten, 1.600 Kinder unter 14 Jahren
aufzunehmen, sei angesichts der großen Zahl von Hilfesuchenden
„lächerlich unzureichend". „Mehr als 100 Kommunen haben sich
längst zusammengeschlossen und ihre Bereitschaft geäußert, Menschen
aufzunehmen. Diese Bereitschaft auszuschlagen, empfinden wir als
zynisch." Die Zahl der jährlich gestellten Asylanträge läge deutlich
unter der im Koalitionsvertrag festgelegten Zahl von Flüchtlingen, die
Deutschland bereit sei, aufzunehmen, argumentieren die Unterzeichner.
Sie fordern „die Bundesregierung auf, sofort zu handeln und auf Zuruf
der Kommunen, die ihre Aufnahmebereitschaft erklärt haben, Geflüchtete
aus den Lagern nach Deutschland zu holen".

Die Initiative geht auf die Leipziger Autorin Rebecca Maria Salentin
zurück. „Ich bin nur eine von vielen, die nicht zusehen wollen, wenn
Geflüchtete in Europa und an den Grenzen unter katastrophalen
Zuständen leben müssen", so Salentin. „Binnen 48 Stunden haben 684
Kulturschaffende den Aufruf unterzeichnet, und es werden immer mehr. Das
ist ein deutliches Signal aus der Mitte der Gesellschaft."

So heißt es abschließend in dem Offenen Brief: „Wir fordern die
Bundesregierung auf, in unserem Namen das zu tun, was wir als die
Pflicht aller Bürger ansehen: Menschen in Not zu helfen."

Auch angesichts des Aufnahmestopps für Geflüchtete, der wegen der
Corona-Krise verhängt worden ist, sei die Initiative sinnvoll:
„Schwenkt die Bundesregierung auf unsere Forderung ein, kann die Zeit
der Einschränkungen, die das Corona-Virus verursacht, genutzt werden,
humanitäre Maßnahmen vorzubereiten."

Hinweis für die Redaktionen: Den vollständigen Wortlaut des Offenen
Briefes mit allen Unterzeichner*innen finden Sie unten.

Bei Rückfragen: Rebecca Maria Salentin, 0178-6915084

OFFENER BRIEF AN DIE MITGLIEDER DER BUNDESREGIERUNG

684 Kulturschaffende fordern Hilfe für Geflüchtete in Griechenland

Sehr geehrte Damen und Herren Bundesministerinnen und Bundesminister,

zehntausende Geflüchtete sind auf griechischen Inseln und an der
türkisch-griechischen Grenze gestrandet. Sie leben unter katastrophalen
Bedingungen. Es kommt zu Gewalt gegen Schutzsuchende und Helfer*innen.
Menschen werden in Lebensgefahr gebracht. Die griechische Regierung hat
zudem das Asylrecht ausgesetzt. Dies ist mit der Menschenwürde, zu der
uns unser Grundgesetz verpflichtet, unvereinbar.

Dazu wollen wir nicht schweigen. Literatur hat eine Stimme. Kultur hat
eine Stimme. Wir können der Schande, der sich Europa gerade schuldig
macht, nicht tatenlos zusehen.

Wir Kulturschaffende fordern die Bundesregierung auf, sich konsequent
dafür einzusetzen, die Missstände zu beenden. Wir fordern die
Bundesregierung auf, sofort zu handeln und auf Zuruf der Kommunen, die
ihre Aufnahmebereitschaft erklärt haben, Geflüchtete aus den Lagern
nach Deutschland zu holen.

Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung legt fest, dass nicht mehr als
180.000 bis 220.000 Geflüchtete nach Deutschland kommen sollen. Diese
Zahl ist bei Weitem nicht erreicht, die Zahl der jährlich gestellten
Asylanträge sinkt. Die Zusage mehrerer EU-Mitgliedstaaten, 1.600 Kinder
unter 14 Jahren im Rahmen einer „Koalition der Willigen" aufzunehmen,
ist angesichts von mehreren zehntausend Hilfesuchenden und ausreichend
freien Plätzen in Erstaufnahmeeinrichtungen lächerlich unzureichend.
Mehr als 100 Kommunen haben sich längst zusammengeschlossen und ihre
Bereitschaft geäußert, Menschen aufzunehmen. Diese Bereitschaft
auszuschlagen, empfinden wir als zynisch.

Wir fordern die Bundesregierung auf, in unserem Namen das zu tun, was
wir als die Pflicht aller Bürger*innen ansehen: Menschen in Not zu
helfen.

Mit freundlichen Grüßen

1. Rebecca Maria Salentin, Autorin, Leipzig