Privilegien und Verantwortung- eine Collage zum Frauen-Kampftag
ID 100525
eine Untersuchung zwischen Zuschreibung, Zweifel, Privileg und Verantwortung mit:
Coco Bergholm, Künstlerin
http://cocobergholm.net
https://affenfaustgalerie.de/artist/coco...
Dana Cērmane, Schauspielerin
https://www.instagram.com/dana.cermane/
Jasmina Al-Qaisi https://jasminescu.com/
Josephine Sagna, Künstlerin
https://josephinesagna.com
Coco Bergholm, Künstlerin
http://cocobergholm.net
https://affenfaustgalerie.de/artist/coco...
Dana Cērmane, Schauspielerin
https://www.instagram.com/dana.cermane/
Jasmina Al-Qaisi https://jasminescu.com/
Josephine Sagna, Künstlerin
https://josephinesagna.com
Audio
37:34 min, 86 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 08.03.2020 / 18:18
37:34 min, 86 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 08.03.2020 / 18:18
Dateizugriffe: 3962
Klassifizierung
Beitragsart: Collage
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Andere, Wirtschaft/Soziales, Internationales, in anderen Sprachen, Frauen/Lesben, Jugend, Kultur, Politik/Info
Serie: CX - Corax - Feminismus - Gender
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Privilegien und Verantwortung - eine Collage zum Frauenkampftag.
Eine Untersuchung zwischen Zuschreibung, Zweifel, Privileg und Verantwortung.
Autorinnen: Jasmin Gittel und Viviane Grünberger, HBS
Radio Corax, Halle
Produktionsdatum: 08.03.2020
*Straßengeräusche, Schuhe auf Asphalt*
Jasmin: Woher soll das Wissen denn kommen? Das ist ja oft so, dass wenn du privilegiert bist, ist es dir auch nicht immer bewusst. Ich meine, damit wirst du ja ganz oft geboren und es ist ja nicht so, dass du dich dafür entscheidest.
Viviane: Nein, das ist einfach deine Realität.
Jasmin: Genau, es ist keine aktive Entscheidung: Ich bin jetzt privilegiert in der und der Hinsicht. Wir können uns ja nicht aussuchen, in welchem Land wir geboren werden, welches Geschlecht wir haben,…
Coco: Empfinde ich es als Privileg eine Frau zu sein? Nein, eigentlich nicht. Also ist es es ein Privileg, ein Mann zu sein? Ich kann ja nicht bestimmen, welches Geschlecht ich habe, wenn ich geboren werde.
Viviane: …mit welcher Sprache,…
Jasmin: Ja, oder auch die finanziellen Mittel unserer Eltern. Oftmals wird man sich dessen ja erst bewusst, wenn in Dialog tritt mit anderen Menschen, die dieses Privileg, diese Fähigkeit oder diese Stärke nicht haben.
Viviane: Total. Das kommt immer erst durch den Kontakt mit anderen Menschen zustande. Dadurch, dass man sich voneinander erzählt. Dadurch, dass man sich Geschichten erzählt, wie man aufgewachsen ist, was man erlebt hat, wofür man sich interessiert, wovon man träumt. Dadurch fängt man an, die eigene Realität zu hinterfragen und sich auch für die Realität des Gegenübers zu interessieren. Durch diese Situation entsteht es erst, dass einem bewusst wird: Oh, wir stehen gerade in irgendeinem Verhältnis zueinander. Dadurch, dass wir miteinander kommunizieren und uns austauschen. Und dann wird einem bewusst, was man hat und was man nicht hat.
Josephine: Ich persönlich bin in einer super weißen Gesellschaft groß geworden. Mein Vater war eigentlich die einzig Schwarze Person, die da war. Später auch mein Bruder, aber mein Bruder ist acht Jahre jünger. Insofern war mein Vater mit mir die einzig Schwarze Person, die auch mit mir in dem Dorf überhaupt gelebt hat, in dem ich meine ersten 14 Lebensjahre verbracht habe.
Dana: Dann bin ich nach Berlin gezogen, wo Taubenkultur, Gebärdensprache und alles da ist, was mich sehr fasziniert hat, wo ich dann beides hatte. Eben diese hörende Welt, unter der ich aufgewachsen war, was ich auch als Identität hatte und dann eben dieses Neue, die Taubenkultur, die taube Welt. Und das war dann beides in mir vereint. Ich mag beides wirklich gerne. Was ich sage, kann so nicht gehört werden, sondern ein Dolmetscher muss mir die Stimme leihen und für mich sprechen, was ich gebärde.
Coco: Also ich bin auf dem Land groß geworden. Richtig in einem kleinen Dorf, auch am Dorfrand und hab als Kind ganz viel Zeit in der Natur verbracht. Hier in Berlin-Neukölln, wo ich jetzt wohne, also der urbane Stadtraum umgibt einen einfach die ganze Zeit. Selbst wenn es hier Parks gibt, ist es einfach so, dass jeder Tag geprägt ist vom städtischen Raum. Und der städtische Raum ist jetzt natürlich im Vergleich zu einem Dorf total bevölkert. Alles ist voll mit Menschen. Du gehst raus, sofort bist du konfrontiert mit anderen Menschen, mit anderen Realitäten, mit anderen Personen…
Jasmina: But at the same time, what does it mean for me? With my background and my, let’s say privilege or burdens, to be able to speak in a microphone? I think it’s very crucial because in my upbringing I read mostly male writings, mostly western writers, western male writers, which were available in my mother tongue. The things that were mostly available mostly were that. And so I grew up and with time and also with being in Germany for instance, I started reflecting a little bit on how am I really going to find my voice, my eye, my instance of talking about myself?
*Tür geht auf, Kaffeemusik ertönt, Geschirr klappert*
Jasmin: Sobald zwei Menschen zusammentreffen, treffen ja nicht nur diese zwei Menschen zusammen, sondern zwei unterschiedliche Identitäten, zwei unterschiedliche Perspektiven, unterschiedliche Werte, unterschiedliche Lebenseinstellungen und es ist immer so ein Spannungsfeld da. Und du wirst ja auch immer in der anderen Person gespiegelt und spiegelst dich auch selber. Und die andere Person umgekehrt auch in dir. Und ich glaube das ist ja auch das, was in der Auseinandersetzung mit Kunst, was ja auch allen Personen mit denen wir gesprochen haben, allen Künstlerinnen so einen Antrieb gegeben hat. Sodass sie sich selber auch reflektieren und auch viel hinterfragen, was auch eine Freiheit ist, die sie ja auch alle genannt haben. Die Freiheit, sich selber in seiner Kunst auszudrücken und sich selber auch irgendwie die Identität zu kreieren.
Viviane: Ja, deswegen finde ich es auch so spannend, dass wir gerade nur Künstlerinnen interviewt haben. Auch alles Frauen. Weil die Kunst an sich ein Medium ist, was aus dir raus kommt…
Josephine: Tatsächlich kommt die Kunst einfach so aus mir raus und ich kann dir gar nicht sagen, warum mich das so anspricht, vielfarbig zu malen. Total oft wird mir unterstellt: "Ach ja, das sind ja irgendwie auch afrikanische Farben und man merkt irgendwie, dass du einen anderen Hintergrund hast…“. Aber tatsächlich würde ich das gar nicht so von mir behaupten, dass das etwas damit zu tun hat. Für mich ist einfach das Thema superwichtig, dass in meiner Kunst vordergründig ist: Die Rolle der Schwarzen Frau in einer deutschen, weißen Mehrheitsgesellschaft. Irgendwie habe ich damit angefangen, diese Frauen eben nicht so darzustellen, wie sie wirklich sind in „Hautfarbe“ ob hell, dunkel, was auch immer, sondern davon abgesehen, viele Farbe zu verwenden. Tatsächlich ist auch die Kunst so ein Mittel, mich mit meiner Identität auseinanderzusetzen.
Jasmina: I never lack inspiration for my art because my art is informed by me as a person, by my leasing and by my burdens mostly. So I had a hard time having some anxiety attacks and I created a beautiful sound piece that I’m completely proud of which even contains at some points parts of my voice crying or losing my voice because of a horrible cold. I put my weakness out there. And I make it clear it’s my weakness. And I enjoy that very much. Probably it’s my way of being in the world. It’s my way of communicating with myself.
Jasmin: Also die Auseinandersetzung mit Privilegien ist auch immer eine Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und ist auch eine Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, dem System in dem wir leben und auch eine Frage von Kommunikation und Verantwortung.
Viviane: Ja, weil indem ich in dieser Entwicklung irgendwann mehr und mehr auf diesem Weg bei mir selber angekommen bin, merke ich, dass ich selbst zum Beispiel, die ich mit tauben Eltern aufgewachsen bin und jetzt Gebärdensprachdolmetschen studiere, eine ganz große Verantwortung habe.
Coco: Wenn es um die Frage nach Privilegien geht, dann sehe ich mich schon privilegiert. Also ich komme zwar ganz klassisch aus einem Arbeitermilieu, aber ich habe studiert. Ich hatte ein Stipendium. Ich wurde gefördert. Und in dem Sinne habe ich jetzt auch völlige Freiheit, mit welchen Themen ich mich auseinandersetze, sprich ich habe völlige Freiheit, wie ich meine Zeit einteile. Ich kann machen, was ich will. Ich bin zwar finanziell zwar nicht so gut gestellt, wie jemand, der normal zur Arbeit geht, aber dafür habe ich einfach völlige Freiheiten. Trotz Muttersein und trotz Frausein. Und ich finde auch, dass damit eine Verantwortung, eine gesellschaftliche Verantwortung für mich, also ich nehme die auf jeden Fall an. Wenn ich jetzt zum Beispiel 24/7 irgendwo an der Kasse arbeiten würde, hätte ich nicht die geistige und körperliche Kapazität, mich mit gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen. Und dadurch, dass ich aber diese Freiheiten habe, freue ich mich auch, mich mit Themen auseinandersetzen zu können, die ich selbst einfach spannend finde.
Josephine: Also ich spüre das ja jeden Tag, dass ich „anders“ bin oder dass da irgendwas ist, was bei weißen Menschen in unserer Gesellschaft eben anders ist. Wenn du fragst, wo das in meinem Alltag eine Rolle spielt, dann überall und das lustigerweise auch mehr seitdem ich mich selber eben mit dem Thema mehr auseinandersetze. Ich habe das Gefühl, jeder macht da irgendwie so seine Reise durch…
Viviane: Das fand ich eben auch so super spannend, dass Josi auf unsere Frage hin, ob man jetzt wieder die Augen davor verschließen kann, wenn an sich einmal mit dem Thema beschäftigt hat, bei ihr war es ja vor allem das Thema Alltagsrassismus. Also wenn ich jetzt mich damit beschäftigt habe und mir darüber bewusst bin, was für Privilegien ich habe, was Privilegien…
Jasmin: …andere Menschen auch haben.
Josephine: Man kann ja auch nicht weghören. Wenn ich einmal eine Sache gehört hab, dann ist die da. Ich kann das ja nicht einfach ausblenden und auch diese Ungerechtigkeit einfach nicht mehr sehen. Auch wenn ich daran denke, dass ich vielleicht mal Kinder haben will und die dann wahrscheinlich dasselbe Problem haben werden. Und wenn ich jetzt nicht mitmache und mich daran beteilige, daran zu arbeiten, dass sich in unserer Welt etwas ändert, dann hätte ich das Gefühl, versagt zu haben. Klar, es ist oftmals einfacher, sich dumm zu stellen und so zu tun, als würde es dieses Problem nicht geben…
Viviane: …gegenüber mir. Es ist ja wieder im Verhältnis zu anderen Personen. Wenn du dir einmal etwas bewusst gemacht hast, kannst du nicht wieder zu dem Zustand zurückgehen, in dem du das nicht mehr weißt. Einmal erlerntes Wissen in diesem Bereich ist glaube ich nicht verloren. Es ist dann immer da und es ist dir bewusst. Es ist wie so eine Brille, die du aufsetzt und auf einmal siehst du die Welt genau durch diese Brille.
Dana: Ich habe ja selber auch Privilegien, dadurch dass ich zum Beispiel weiß bin, blond bin, blaue Augenfarbe habe und obwohl ich eben nicht in Deutschland geboren wurde, ich von der Gesellschaft quasi als Deutsche angenommen werde. Eine Freundin von mir hat eine dunklere Hautfarbe und sie wurde in Berlin geboren, aber sie wird dann andersrum ganz anders von der Gesellschaft wahrgenommen. Da merke ich natürlich schon, dass ich damit ein Privileg habe.
Coco: Ich finde, jeder der sich künstlerisch positioniert und etwas sagt, kann ganz frei entscheiden. Ich finde überhaupt nicht, dass es ein Muss ist, dass man zum Beispiel explizit politisch arbeitet. Ich würde das niemandem vorschreiben wollne. Ich persönlich finde das aber spannend. Also ich persönlich interessiere mich einfach dafür.
Jasmin: Es ist okay, dass jeder von uns seine Schwerpunkte anders setzt und es ist auch ok, dass nicht jeder vielleicht bereit dafür ist. Das hat Coco auch gesagt, wir sich alle an unterschiedlichen Punkten.
Viviane: Genauso wie sich von einem Ort zum anderen Ort frei bewegen zu können ein totales Privileg ist. Jasmina, die aus Rumänien kommt, sagt ja auch, dass sie zum Beispiel als Künstlerin zu Hause nicht die selbe Kunst machen könnte, wie sie hier in Deutschland macht. Aber trotzdem fühlt sie sich nicht privilegiert.
Jasmina: I don’t know. It depends. So, from different perspectives I may say, that very often, I’m privileged. I’m privileged because I have a European passport, because I can move freely within Europe, because I have access, I have no disability, I have access to many things. Also because, as I said, I am a European white woman and I have to acknowledge that. There are many other burdens, of course. So many other perspectives from which I can say: okay, I’m not so privileged. I’m not speaking this language. I have a migration background. I hose for myself not to work for profit. So I’m using a lot of my time working for no money. This is kind of the decisions I made in life. But on the other hand it’s so volatile. I don’t want to be either one or the other, of course. And I have the possibility to choose, as I said. Because in appearance there is a lot of things that enable me to do many things that probably a lot of people don’t have access to. So, how would I define privilege…(ratlos, Denkpause)
Jasmina: I was never sure if I want to be anywhere else but home. It just happened for me that I arrived here and I don’t believe in home anymore. I don’t believe in home as much as I don’t believe in a way. But this is actually enabled by my privilege, to be able to say that. Because I am able to move. The truth is that I can not do at home what I’m doing here. That’s why I stayed here. That’s why I’m here. That’s why I’m struggling to be here. And the privilege is that I can move further on with my life and I can do many things that a lot of my friends back home can not do. But that comes with a huge cost.
(treibende Musik)
Jasmin: Krass ist, was ja auch teilweise gesagt wurde und was uns ja auch selber schon aufgefallen ist in dem Gespräch, was wir miteinander führen. Es ist immer die Eigenwahrnehmung und die Fremdwahrnehmung. Also wir sind ja auch nie frei davon, dass wir gesehen werden und gelesen werden von anderen Menschen. Und dass so bestimmte Labels oder bestimmte Zuschreibenden da sind.
Josephine: In meiner Kindheit habe ich das auf jeden Fall gespürt, eben weil ich das einzige Mädchen mit krausen Haaren war und total oft für einen Jungen gehalten wurde, weil meine Haare eben nicht lang und glatt meinen Rücken hinab fielen. Das war viel mehr das Thema als meine Hautfarbe. Die wurde natürlich immer als: „Ach, du bist so schön braun“ gelesen. Aber das Negative, was mir als Kind hauptsächlich aufgefallen ist an mir selber waren die krausen Haare. Und innerhalb meines Studiums, da war ich einfach die einzig Schwarze Person überhaupt. Und da kam ich mir tatsächlich auch manchmal komisch vor, weil ich mich gefragt habe: „Bin ich hier überhaupt richtig?“ Und dann habe ich da auch Sätze gehört, wie: „Oh krass, du bist die erste Schwarze Person, mit der ich befreundet bin.“ Und hier in Hamburg war es teilweise so das Ding, dass Dozenten oder Professoren mir gesagt haben: „Ey, mach doch mal was mit afrikanischem Stoff!“, oder „Wenn ich du wäre, ich würde was mit diesen afrikanischen Stoffen machen oder irgendwie mit meinen Wurzeln irgendwas, weil ich finde das ja total toll und ich darf das nicht, aber du kannst das ja und mach doch mal!“. Das ist natürlich total cool auf der einen Seite, dass mir diese Möglichkeit zugesprochen wird, aber auf der anderen Seite werde ich damit natürlich auch direkt konfrontiert, was von mir erwartet wird. Das suggeriert ja auch immer ein bisschen, dass ich eigentlich nur das machen darf und nur das an mir interessant ist und alles andere unerwünscht. Und das können ja dann die weißen Menschen machen, die kennen sich ja damit aus, aber ich soll mal das machen, was exotisch ist, was die interessiert, was ich hier Fremdes darbringen kann.
Jasmin: Da ist es ja auch manchmal so spannend, wie so die unterschiedlichen Erwartungen aufeinandertreffen. Die Außenwelt hat Erwartungen und Labels für uns und wir haben Erwartungen an die Gesellschaft und wir wollen uns auch ein Stück weit davon frei machen.
Viviane: Wenn Menschen etwas bestimmtes in dir sehen, dann…
Jasmin: …wollen sie ganz oft, dass du auch nur dafür eintrittst.
Viviane: Genau und dann heißt es: „Ja, mach doch mal sowas!“, wie Josi ja beschrieben hat. Dann wird sie in ihrem Studium mit diesen Sachen konfrontiert und das soll dann die Inspiration, …
Jasmin: …die Wahrheit sein. Und alles andere: „Nee, lass das mal. Das ist nicht für dich. Das ist für eine andere Gruppe zugänglich“.
Viviane: Genau, aber du wirst immer in Schubladen gesteckt.
Jasmin: Ja, es ist total paradox eigentlich.
Viviane: Wir haben ja auch viel über dieses Schubladendenken gesprochen. Diese Labels können einerseits total empowernd für dich sein, dass du dich selbst bezeichnest, dass du für dich Identifikationsmerkmale findest, Selbstzuschreibungen findest, die deine Identität ausmachen. Und auf der anderen Seite ist das genau diese Schublade, die dann aufgemacht wird und dann wirst du vielleicht immer wieder zu diesem Thema befragt.
Jasmin: Es ist schon faszinierend irgendwie, dass da so eine Freiheit mit den Labels kommt und aber auch so eine krasse Einschränkung.
Dana: Ich hatte selber auch schon eine Identitätskrise, weil ich mit hörenden Eltern aufgewachsen bin und ich so beide Welten, also die hörende und die taube Welt in mir hatte. Jetzt ist es so, dass ich wirklich stolz bin, taub zu sein und diese Welt für mich zu haben, also dass ich da wirklich sehr selbstbewusst bin und auch gar nicht mehr so schwanke zwischen den Identitäten. Ja dass ich mich da als taube Person behaupten kann.
Josephine: Ich werde auf jeden Fall als Schwarz gelesen. Das ist ein Label, dass man mir anhängen kann. Und ich finde es voll schön, dass ihr nach diversen Labels fragt. Ich finde ich bin auf jeden Fall Afrodeutsch. Ich bin deutsch. Ich bin Schwarz. Ich bin mehr als nur eine Sache. Und ich glaube das ist das, was superwichtig ist, dass man feststellt, dass man nur weil man das eine ist, nicht gleichzeitig auch das andere sein kann. So bin ich natürlich auch eine Frau und repräsentiere die weibliche Gruppe in unserer Gesellschaft. Ich definiere mich als Künstlerin, als Designerin, als …also es gibt unendlich viele Labels, die ich trage.
Jasmina: Once I am in front of a microphone and I speak with my voice, with my accent, with my upbringing, with my body, I speak for myself and I only want to speak for myself. But there is probably some kind of structure of thinking and reflection that comes into the listener and often times if the listener is identifying with me, then there is probably some kind of responsibility that I have.
Viviane: Es ist ein extremer Druck, der auf einem lastet, finde ich. Auf der einen Seite ist es total empowernd, sich mit sich selber zu beschäftigen, mit der eigenen Identität.
Jasmin: Wie engagiere ich mich? Wie engagiere ich mich nicht? Oder wer bin ich? Wer bin ich eigentlich nicht? Das ist ja auch immer persönlich. Und jedes Mal, wenn du aktiv dich für etwas einsetzt, ist es zwangsläufig eine Spiegelung deiner Selbst und auch eine Spiegelung deiner Werte, deiner Wahrheit und deiner Realität.
Josephine: Sowohl das eine, als auch das andere. Also wie gesagt, ich habe mich früher wenig mit diesem Thema auseinandergesetzt. Wenn mich früher jemand gefragt hat, ob ich schon mal Rassismuserfahrungen gemacht habe, was passiert ist, dass Leute auf mich zugekommen sind und mich gefragt haben: „Wie ist das eigentlich bei dir?“ Da hätte ich geantwortet „Nö, eigentlich ist alles cool“. Mir fallen jetzt rückblickend erst so viele Sachen auf, die in meinem Leben schon falsch gelaufen sind und die ich, weiß ich nicht, vielleicht auch aus Selbstschutz, ausgeblendet habe. Ich habe total oft das Gefühl, dass ich mir das Leben schwer mache, dadurch, dass ich mich mit dem Thema auseinandersetze.
Jasmina: I’m an artist. But maybe I’m an artist or I’m a communicator, either way. I would like to be kind of clear about that.
Viviane: Es ist schwierig, viele Menschen agieren dann oft nur als Token. Da wird man gerade angesprochen, vielleicht du, weil du eine Frau of Colour bist. So „Zeig mal…
Jasmin: Ja, „Zeig mal deine Arbeit!“. Dann wirst du deshalb gefördert oder deine Kunst wird deshalb gefördert, oder wird deshalb gezeigt. Es geht nicht um die Arbeit an sich. Es geht nicht um dich als Person. Es geht um das Label wieder, was dir zugeschrieben wurde.
Viviane: Coco beschreibt das auch. Sie wird eingeladen, weil sie eine Frau ist. Einerseits wird dir die Möglichkeit gegeben, deine Plattform zu nutzen, aber man kann es natürlich auch total kritisch hinterfragen.
Jasmin: Ja und ich frage mich auch inwieweit ist es wirklich nachhaltig, wenn du die eine Gruppe mehr förderst und die andere gleichzeitig ausschließt? Also ist es dann wirklich nachhaltig?
Coco: Zur Zeit ist es ein bisschen so, dass man privilegiert ist als Frau, weil zum Beispiel, wenn es jetzt um Ausstellungen geht im künstlerischen Kontext, ist es so ,dass man manchmal ein bisschen erschüttert ist, dass man angerufen wird und gefragt wird: „Ah, hast du Lust da mitzumachen, weil wir brauchen noch Frauen“. Dann ist es so ein bisschen peinlich für die, die das aufdrücken, weil man immer nur deswegen gefragt wird, weil man eine Frau ist. Das ist ja schon ein bisschen unangenehm. Weil man nicht genommen wird, weil man die Arbeiten macht, die man macht, sondern weil man eine Frau ist. Also in dem Sinne hat man jetzt zur Zeit mehr Chancen, wenn alle versuchen, so eine 50/50 Regel zu finden. Ich glaube generell finde ich es total doof, Leute auszuschließen. Deswegen bin ich auch ganz oft am Hadern mit Feminismus, wenn dann zum Beispiel so Events sind, wo nur Frauen mitmachen dürfen, weil ich es genauso bescheuert finde, die Männer wieder auszuschließen, nur um sich so einen Schutzraum zu schaffen. Ich finde eigentlich, man könnte sofort gleich auf Gleichheit gehen, anstatt nochmal zurückzutreten und die Jungs auszuschließen. Ich diskutiere das auch viel mit meiner Tochter und mit meinem Mann, der eher so eine Frauenrolle einnimmt und dann können wir gut diskutieren *lacht*.
Jasmin: Dass man in Dialog tritt mit sich selber, dass man in Dialog tritt mit seiner Familie, mit seinen Freunden,..
Viviane: Offenheit zeigen.
Jasmin: Offenheit zeigen. Was auch Dana gesagt hat, dass man offen ist für andere Menschen und auch für andere Standpunkte und das ok ist, dass wir alle unterschiedlich sind und nicht das eine ist besser als das andere. Sondern es ist einfach nicht das Gleiche.
Dana: Wenn ich mir vorstelle auf diesem Weg dieser Kämpfe, dass man da ja eben auch mit hörenden Menschen kommunizieren möchte. Es ist eben für mich so, dass ich alleine natürlich diese Kommunikation nicht leisten kann, also da brauche ich dann Hörende, die entweder auch Gebärdensprache können oder Dolmetscher, damit Gleichberechtigung möglich ist. Ich brauche da Unterstützung, um Gleichberechtigung in der Kommunikation zu erreichen. Weil ich eben ja direkt dieses Gespräch dann nicht führen kann sondern dafür eben eine Verdolmetschung zum Beispiel brauche und das ist natürlich schon dann eine Barriere.
Viviane: Ich finde, Wissen verpflichtet auch total. Also wenn ich einmal um die Kämpfe und Forderungen von marginalisierten Gruppen weiß, dann verpflichtet mich das auch nicht für sie zu sprechen, sondern andere Menschen darauf aufmerksam zu machen. Das ist ja auch in diesem Ally-Modell, was Coco beschreibt…
Coco: Diese Grafik, von der du sprichst, da geht es darum, Personen zu „nodgen“. Da geht es darum, wie man Leute mit ganz vielen kleinen Denkanstößen in bestimmte Richtungen lenkt. Es ist immer leichter, wenn man mit Leuten spricht, die die gleiche politische oder gesellschaftliche Einstellung haben, auf einen Nenner zu kommen. Aber es ist genau dann schwierig, wenn man sich mit Leuten auseinandersetzt und diskutiert, die einen ganz anderen Zugang und eine ganz andere Realität haben. Und genau auf dieser Seite von der du jetzt sprichst, da geht es darum, wie man es schafft, dass Leute, die noch nicht ganz auf der gleichen Wellenlänge sind durch bestimmte Fakten oder durch bestimmte Diskussionen oder das Teilen von der eigenen Realität, aber auch das Zuhören und Verstehen, wie die Person sich positioniert, dass man versucht, dadurch eine Offenheit in den Gedanken zu schaffen aber auch Leute zu sich zu ziehen. Dass man es schafft, Leute die vielleicht sehr rassistisch oder gar nicht feministisch denken, auf die eigene Seite zu ziehen.
Dana: Auf jeden Fall fühle ich da eine Verantwortung. Mit Freunden, die zum Beispiel Kopftuch tragen, wo ich merke, dass ich, die eben dieses Privileg habe, meine Freunde schützen muss, die dann vielleicht anders wahrgenommen werden.
Josephine: Ich glaube, das sieht man auch wenn man sich meine Bilder anguckt. Dass ich eben versuche, eben nicht genau das Schönheitsideal zu reproduzieren, sondern Frauen zu zeigen, die schön sind, obwohl sie dem Schönheitsideal nicht entsprechen, eben weil sie nicht Kleidergröße 36 tragen und weil sie nicht blond sind und langes, glattes Haar haben und blaue Augen. Ich glaube, das ist das, was ich dazu sagen kann.
Jasmina: Yeah, I’m absolutely not passionate about speaking for other people. That’s for sure. And I wouldn’t like other people to speak in my name. Probably this is the engine of my work. That I like to speak for myself about myself. And I enjoy art or communication which is done by people who do it for themselves about themselves.
Viviane: Da habe ich mich wirklich gefragt: Warum? Warum immer wir? Und dann hat eine Freundin zu mir gesagt: Sieh es doch mal so: Es ist auch eine Herausforderung, die du annehmen solltest. Es ist ein Zeichen dafür, dass du stark genug bist, diese Herausforderung anzunehmen und zu bewältigen, um noch stärker zu werden. Es ist ja auch irgendwie so unser Lebensthema und dieser Weg, den wir gehen..
Jasmin: Absolut, ja.
Jasmina: But my interest is just to communicate for as long as it’s possible. Maybe in a year to two I will think everything is stupid and I just wanna end. I just wanna end. I don’t want to be ever seen or hurt or I don’t want people to have access to my emotions.
Viviane: Irgendwie merkt man ja auch nichts ist richtig, nichts ist falsch, nichts ist absolut. Wir sind da alle in so einem Prozess, diese Tragweite des Themas als Auslöser für unsere Motivation und unsere Arbeit, unser Engagement zu begreifen. Ich finde, es ist total in Ordnung diese Selbstzweifel zu haben. Es ist ja auch Zeit, um sich darüber Gedanken zu machen. Das hat ja Selbstreflexion an sich, dass man auch ruhig zweifeln kann…
(Stimmen reden durcheinander)
Coco: …dass ich das Gefühl hab, dass ich vielleicht nicht so richtig auf den Punkt gekommen bin.
Josephine (lacht): Ja, keine Ahnung. Nee, ich hab nichts mehr zu sagen.
Jasmina: Ah, I kind of stretched it. I don’t know, if that’s good for you.
Coco: Also ich glaub ich hab total …oh gott, oh gott.
Jasmina: I am talking a lot of bullshit. I’m sorry.
Dana (zweifelnd): Ich hoffe, das reicht so als Antwort?
Coco: Ich verfranse mich gerade.
Josephine (lacht): Ich hab das Gefühl, ich verzettele mich einfach immer richtig doll.
Jasmina : That’s a good question…(lacht).
(treibende Musik)
Viviane: Ich hoffe, wir haben die Leute jetzt nicht mit unserem Thema vergrault.
Jasmin (lacht): Ich glaub, schon.
Viviane (lacht): Die sind aufgestanden.
Jasmin: Und haben sich dann umgesetzt.
Viviane: Zu schwer für einen Nachmittag im Café.
Jasmin: Das ist auch ok.
Viviane: Ich sehe eben auch, dass dieses „man selbst sein“ irgendwo auch Fluch und Segen sein kann.
Jasmin: Ich glaube, wenn wir nicht zweifeln würden, dann würden wir das alles gar nicht hinterfragen. Dann wären wir halt ok mit dem Ist-Zustand.
Jasmina: I recently started to experience that, to be honest. I think it’s only strengthening my communication skills. I don’t enjoy it. Vulnerability is not cool. But I think, it’s a way to fight it, to speak about it. Maybe it’s not necessarily in art way or communication way or poetry way, but to call it vulnerability, to put it out there. This exposure that could happen, you know with friends, in a safe space, in a non-safe space, with lovers, with girlfriends, with parents, with people you trust, with people you don’t trust. I like to play with that. I think it’s the only way I transform vulnerability into my strength. It’s a bit like you will feel closure feelings towards a person that shows themselves a little bit weak instead of a person which has a huge vanity and is perfectly fine. So I think showing vulnerability also, enables friendships.
(treibende Musik)
I want to say that it was a little bit difficult for me to speak about privilege, because actually I really feel privileged. And I think people with privilege can not really be critical about that. It depends how you view yourself, you know, like in which light you are putting yourself into. But also no pressure, you know.
(treibende Musik)
Jasmina: Phh, of course I try not to be pathetic. There is actually something I thought about today. That what’s not there and is a lot in my life is anger. And that I’m really careful of course not to show too much anger. Just today I thought about how to actually deal with that. How can i display this vulnerability of not being able to manage anger.
Viviane: Das ist keine konstruktive Kritik und dadurch können wir auch keinen Wandel herbeiführen und keine Empathie entwickeln.
(Tür geht zu, Kaffeemusik wird leiser, Weg nach draußen)
Viviane: Wenn Leute dich darauf hinweisen und sagen: Hey, vielleicht solltest du mal darüber und darüber nachdenken. Da und da sehen wir noch Lücken in der Art und Weise, wie du bestimmte Dinge tust, was du denkst oder was du sagst, dann sollte man das annehmen.
Jasmin: Annehmen.
Viviane: Das ist ja auch ganz oft so so, dass privilegierte Menschen sich schlecht fühlen aufgrund ihrer Privilegien und dann in so eine Rechtfertigungshaltung hineinkommen.
Jasmina: Muss man gar nicht.
Viviane: In eine Scham oder in eine Schuld und das ist ja überhaupt nicht produktiv und das ist ja auch nicht Sinn dieses ganzen Dialogs.
Jasmin: Nein, absolut nicht.
Viviane: Sondern man sollte es einfach annehmen und sagen: Hey danke, dass du mich darauf hinweist…
Jasmina: Yeah, when I first read that sentence, you know, that you will be calling me about this idea of privilege and is it that privilege is actually, let’s say, influencing the way we’re responsible for a possible future or for other people around us. I think that responsibility comes with acknowledgement. So
Eine Untersuchung zwischen Zuschreibung, Zweifel, Privileg und Verantwortung.
Autorinnen: Jasmin Gittel und Viviane Grünberger, HBS
Radio Corax, Halle
Produktionsdatum: 08.03.2020
*Straßengeräusche, Schuhe auf Asphalt*
Jasmin: Woher soll das Wissen denn kommen? Das ist ja oft so, dass wenn du privilegiert bist, ist es dir auch nicht immer bewusst. Ich meine, damit wirst du ja ganz oft geboren und es ist ja nicht so, dass du dich dafür entscheidest.
Viviane: Nein, das ist einfach deine Realität.
Jasmin: Genau, es ist keine aktive Entscheidung: Ich bin jetzt privilegiert in der und der Hinsicht. Wir können uns ja nicht aussuchen, in welchem Land wir geboren werden, welches Geschlecht wir haben,…
Coco: Empfinde ich es als Privileg eine Frau zu sein? Nein, eigentlich nicht. Also ist es es ein Privileg, ein Mann zu sein? Ich kann ja nicht bestimmen, welches Geschlecht ich habe, wenn ich geboren werde.
Viviane: …mit welcher Sprache,…
Jasmin: Ja, oder auch die finanziellen Mittel unserer Eltern. Oftmals wird man sich dessen ja erst bewusst, wenn in Dialog tritt mit anderen Menschen, die dieses Privileg, diese Fähigkeit oder diese Stärke nicht haben.
Viviane: Total. Das kommt immer erst durch den Kontakt mit anderen Menschen zustande. Dadurch, dass man sich voneinander erzählt. Dadurch, dass man sich Geschichten erzählt, wie man aufgewachsen ist, was man erlebt hat, wofür man sich interessiert, wovon man träumt. Dadurch fängt man an, die eigene Realität zu hinterfragen und sich auch für die Realität des Gegenübers zu interessieren. Durch diese Situation entsteht es erst, dass einem bewusst wird: Oh, wir stehen gerade in irgendeinem Verhältnis zueinander. Dadurch, dass wir miteinander kommunizieren und uns austauschen. Und dann wird einem bewusst, was man hat und was man nicht hat.
Josephine: Ich persönlich bin in einer super weißen Gesellschaft groß geworden. Mein Vater war eigentlich die einzig Schwarze Person, die da war. Später auch mein Bruder, aber mein Bruder ist acht Jahre jünger. Insofern war mein Vater mit mir die einzig Schwarze Person, die auch mit mir in dem Dorf überhaupt gelebt hat, in dem ich meine ersten 14 Lebensjahre verbracht habe.
Dana: Dann bin ich nach Berlin gezogen, wo Taubenkultur, Gebärdensprache und alles da ist, was mich sehr fasziniert hat, wo ich dann beides hatte. Eben diese hörende Welt, unter der ich aufgewachsen war, was ich auch als Identität hatte und dann eben dieses Neue, die Taubenkultur, die taube Welt. Und das war dann beides in mir vereint. Ich mag beides wirklich gerne. Was ich sage, kann so nicht gehört werden, sondern ein Dolmetscher muss mir die Stimme leihen und für mich sprechen, was ich gebärde.
Coco: Also ich bin auf dem Land groß geworden. Richtig in einem kleinen Dorf, auch am Dorfrand und hab als Kind ganz viel Zeit in der Natur verbracht. Hier in Berlin-Neukölln, wo ich jetzt wohne, also der urbane Stadtraum umgibt einen einfach die ganze Zeit. Selbst wenn es hier Parks gibt, ist es einfach so, dass jeder Tag geprägt ist vom städtischen Raum. Und der städtische Raum ist jetzt natürlich im Vergleich zu einem Dorf total bevölkert. Alles ist voll mit Menschen. Du gehst raus, sofort bist du konfrontiert mit anderen Menschen, mit anderen Realitäten, mit anderen Personen…
Jasmina: But at the same time, what does it mean for me? With my background and my, let’s say privilege or burdens, to be able to speak in a microphone? I think it’s very crucial because in my upbringing I read mostly male writings, mostly western writers, western male writers, which were available in my mother tongue. The things that were mostly available mostly were that. And so I grew up and with time and also with being in Germany for instance, I started reflecting a little bit on how am I really going to find my voice, my eye, my instance of talking about myself?
*Tür geht auf, Kaffeemusik ertönt, Geschirr klappert*
Jasmin: Sobald zwei Menschen zusammentreffen, treffen ja nicht nur diese zwei Menschen zusammen, sondern zwei unterschiedliche Identitäten, zwei unterschiedliche Perspektiven, unterschiedliche Werte, unterschiedliche Lebenseinstellungen und es ist immer so ein Spannungsfeld da. Und du wirst ja auch immer in der anderen Person gespiegelt und spiegelst dich auch selber. Und die andere Person umgekehrt auch in dir. Und ich glaube das ist ja auch das, was in der Auseinandersetzung mit Kunst, was ja auch allen Personen mit denen wir gesprochen haben, allen Künstlerinnen so einen Antrieb gegeben hat. Sodass sie sich selber auch reflektieren und auch viel hinterfragen, was auch eine Freiheit ist, die sie ja auch alle genannt haben. Die Freiheit, sich selber in seiner Kunst auszudrücken und sich selber auch irgendwie die Identität zu kreieren.
Viviane: Ja, deswegen finde ich es auch so spannend, dass wir gerade nur Künstlerinnen interviewt haben. Auch alles Frauen. Weil die Kunst an sich ein Medium ist, was aus dir raus kommt…
Josephine: Tatsächlich kommt die Kunst einfach so aus mir raus und ich kann dir gar nicht sagen, warum mich das so anspricht, vielfarbig zu malen. Total oft wird mir unterstellt: "Ach ja, das sind ja irgendwie auch afrikanische Farben und man merkt irgendwie, dass du einen anderen Hintergrund hast…“. Aber tatsächlich würde ich das gar nicht so von mir behaupten, dass das etwas damit zu tun hat. Für mich ist einfach das Thema superwichtig, dass in meiner Kunst vordergründig ist: Die Rolle der Schwarzen Frau in einer deutschen, weißen Mehrheitsgesellschaft. Irgendwie habe ich damit angefangen, diese Frauen eben nicht so darzustellen, wie sie wirklich sind in „Hautfarbe“ ob hell, dunkel, was auch immer, sondern davon abgesehen, viele Farbe zu verwenden. Tatsächlich ist auch die Kunst so ein Mittel, mich mit meiner Identität auseinanderzusetzen.
Jasmina: I never lack inspiration for my art because my art is informed by me as a person, by my leasing and by my burdens mostly. So I had a hard time having some anxiety attacks and I created a beautiful sound piece that I’m completely proud of which even contains at some points parts of my voice crying or losing my voice because of a horrible cold. I put my weakness out there. And I make it clear it’s my weakness. And I enjoy that very much. Probably it’s my way of being in the world. It’s my way of communicating with myself.
Jasmin: Also die Auseinandersetzung mit Privilegien ist auch immer eine Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und ist auch eine Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, dem System in dem wir leben und auch eine Frage von Kommunikation und Verantwortung.
Viviane: Ja, weil indem ich in dieser Entwicklung irgendwann mehr und mehr auf diesem Weg bei mir selber angekommen bin, merke ich, dass ich selbst zum Beispiel, die ich mit tauben Eltern aufgewachsen bin und jetzt Gebärdensprachdolmetschen studiere, eine ganz große Verantwortung habe.
Coco: Wenn es um die Frage nach Privilegien geht, dann sehe ich mich schon privilegiert. Also ich komme zwar ganz klassisch aus einem Arbeitermilieu, aber ich habe studiert. Ich hatte ein Stipendium. Ich wurde gefördert. Und in dem Sinne habe ich jetzt auch völlige Freiheit, mit welchen Themen ich mich auseinandersetze, sprich ich habe völlige Freiheit, wie ich meine Zeit einteile. Ich kann machen, was ich will. Ich bin zwar finanziell zwar nicht so gut gestellt, wie jemand, der normal zur Arbeit geht, aber dafür habe ich einfach völlige Freiheiten. Trotz Muttersein und trotz Frausein. Und ich finde auch, dass damit eine Verantwortung, eine gesellschaftliche Verantwortung für mich, also ich nehme die auf jeden Fall an. Wenn ich jetzt zum Beispiel 24/7 irgendwo an der Kasse arbeiten würde, hätte ich nicht die geistige und körperliche Kapazität, mich mit gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen. Und dadurch, dass ich aber diese Freiheiten habe, freue ich mich auch, mich mit Themen auseinandersetzen zu können, die ich selbst einfach spannend finde.
Josephine: Also ich spüre das ja jeden Tag, dass ich „anders“ bin oder dass da irgendwas ist, was bei weißen Menschen in unserer Gesellschaft eben anders ist. Wenn du fragst, wo das in meinem Alltag eine Rolle spielt, dann überall und das lustigerweise auch mehr seitdem ich mich selber eben mit dem Thema mehr auseinandersetze. Ich habe das Gefühl, jeder macht da irgendwie so seine Reise durch…
Viviane: Das fand ich eben auch so super spannend, dass Josi auf unsere Frage hin, ob man jetzt wieder die Augen davor verschließen kann, wenn an sich einmal mit dem Thema beschäftigt hat, bei ihr war es ja vor allem das Thema Alltagsrassismus. Also wenn ich jetzt mich damit beschäftigt habe und mir darüber bewusst bin, was für Privilegien ich habe, was Privilegien…
Jasmin: …andere Menschen auch haben.
Josephine: Man kann ja auch nicht weghören. Wenn ich einmal eine Sache gehört hab, dann ist die da. Ich kann das ja nicht einfach ausblenden und auch diese Ungerechtigkeit einfach nicht mehr sehen. Auch wenn ich daran denke, dass ich vielleicht mal Kinder haben will und die dann wahrscheinlich dasselbe Problem haben werden. Und wenn ich jetzt nicht mitmache und mich daran beteilige, daran zu arbeiten, dass sich in unserer Welt etwas ändert, dann hätte ich das Gefühl, versagt zu haben. Klar, es ist oftmals einfacher, sich dumm zu stellen und so zu tun, als würde es dieses Problem nicht geben…
Viviane: …gegenüber mir. Es ist ja wieder im Verhältnis zu anderen Personen. Wenn du dir einmal etwas bewusst gemacht hast, kannst du nicht wieder zu dem Zustand zurückgehen, in dem du das nicht mehr weißt. Einmal erlerntes Wissen in diesem Bereich ist glaube ich nicht verloren. Es ist dann immer da und es ist dir bewusst. Es ist wie so eine Brille, die du aufsetzt und auf einmal siehst du die Welt genau durch diese Brille.
Dana: Ich habe ja selber auch Privilegien, dadurch dass ich zum Beispiel weiß bin, blond bin, blaue Augenfarbe habe und obwohl ich eben nicht in Deutschland geboren wurde, ich von der Gesellschaft quasi als Deutsche angenommen werde. Eine Freundin von mir hat eine dunklere Hautfarbe und sie wurde in Berlin geboren, aber sie wird dann andersrum ganz anders von der Gesellschaft wahrgenommen. Da merke ich natürlich schon, dass ich damit ein Privileg habe.
Coco: Ich finde, jeder der sich künstlerisch positioniert und etwas sagt, kann ganz frei entscheiden. Ich finde überhaupt nicht, dass es ein Muss ist, dass man zum Beispiel explizit politisch arbeitet. Ich würde das niemandem vorschreiben wollne. Ich persönlich finde das aber spannend. Also ich persönlich interessiere mich einfach dafür.
Jasmin: Es ist okay, dass jeder von uns seine Schwerpunkte anders setzt und es ist auch ok, dass nicht jeder vielleicht bereit dafür ist. Das hat Coco auch gesagt, wir sich alle an unterschiedlichen Punkten.
Viviane: Genauso wie sich von einem Ort zum anderen Ort frei bewegen zu können ein totales Privileg ist. Jasmina, die aus Rumänien kommt, sagt ja auch, dass sie zum Beispiel als Künstlerin zu Hause nicht die selbe Kunst machen könnte, wie sie hier in Deutschland macht. Aber trotzdem fühlt sie sich nicht privilegiert.
Jasmina: I don’t know. It depends. So, from different perspectives I may say, that very often, I’m privileged. I’m privileged because I have a European passport, because I can move freely within Europe, because I have access, I have no disability, I have access to many things. Also because, as I said, I am a European white woman and I have to acknowledge that. There are many other burdens, of course. So many other perspectives from which I can say: okay, I’m not so privileged. I’m not speaking this language. I have a migration background. I hose for myself not to work for profit. So I’m using a lot of my time working for no money. This is kind of the decisions I made in life. But on the other hand it’s so volatile. I don’t want to be either one or the other, of course. And I have the possibility to choose, as I said. Because in appearance there is a lot of things that enable me to do many things that probably a lot of people don’t have access to. So, how would I define privilege…(ratlos, Denkpause)
Jasmina: I was never sure if I want to be anywhere else but home. It just happened for me that I arrived here and I don’t believe in home anymore. I don’t believe in home as much as I don’t believe in a way. But this is actually enabled by my privilege, to be able to say that. Because I am able to move. The truth is that I can not do at home what I’m doing here. That’s why I stayed here. That’s why I’m here. That’s why I’m struggling to be here. And the privilege is that I can move further on with my life and I can do many things that a lot of my friends back home can not do. But that comes with a huge cost.
(treibende Musik)
Jasmin: Krass ist, was ja auch teilweise gesagt wurde und was uns ja auch selber schon aufgefallen ist in dem Gespräch, was wir miteinander führen. Es ist immer die Eigenwahrnehmung und die Fremdwahrnehmung. Also wir sind ja auch nie frei davon, dass wir gesehen werden und gelesen werden von anderen Menschen. Und dass so bestimmte Labels oder bestimmte Zuschreibenden da sind.
Josephine: In meiner Kindheit habe ich das auf jeden Fall gespürt, eben weil ich das einzige Mädchen mit krausen Haaren war und total oft für einen Jungen gehalten wurde, weil meine Haare eben nicht lang und glatt meinen Rücken hinab fielen. Das war viel mehr das Thema als meine Hautfarbe. Die wurde natürlich immer als: „Ach, du bist so schön braun“ gelesen. Aber das Negative, was mir als Kind hauptsächlich aufgefallen ist an mir selber waren die krausen Haare. Und innerhalb meines Studiums, da war ich einfach die einzig Schwarze Person überhaupt. Und da kam ich mir tatsächlich auch manchmal komisch vor, weil ich mich gefragt habe: „Bin ich hier überhaupt richtig?“ Und dann habe ich da auch Sätze gehört, wie: „Oh krass, du bist die erste Schwarze Person, mit der ich befreundet bin.“ Und hier in Hamburg war es teilweise so das Ding, dass Dozenten oder Professoren mir gesagt haben: „Ey, mach doch mal was mit afrikanischem Stoff!“, oder „Wenn ich du wäre, ich würde was mit diesen afrikanischen Stoffen machen oder irgendwie mit meinen Wurzeln irgendwas, weil ich finde das ja total toll und ich darf das nicht, aber du kannst das ja und mach doch mal!“. Das ist natürlich total cool auf der einen Seite, dass mir diese Möglichkeit zugesprochen wird, aber auf der anderen Seite werde ich damit natürlich auch direkt konfrontiert, was von mir erwartet wird. Das suggeriert ja auch immer ein bisschen, dass ich eigentlich nur das machen darf und nur das an mir interessant ist und alles andere unerwünscht. Und das können ja dann die weißen Menschen machen, die kennen sich ja damit aus, aber ich soll mal das machen, was exotisch ist, was die interessiert, was ich hier Fremdes darbringen kann.
Jasmin: Da ist es ja auch manchmal so spannend, wie so die unterschiedlichen Erwartungen aufeinandertreffen. Die Außenwelt hat Erwartungen und Labels für uns und wir haben Erwartungen an die Gesellschaft und wir wollen uns auch ein Stück weit davon frei machen.
Viviane: Wenn Menschen etwas bestimmtes in dir sehen, dann…
Jasmin: …wollen sie ganz oft, dass du auch nur dafür eintrittst.
Viviane: Genau und dann heißt es: „Ja, mach doch mal sowas!“, wie Josi ja beschrieben hat. Dann wird sie in ihrem Studium mit diesen Sachen konfrontiert und das soll dann die Inspiration, …
Jasmin: …die Wahrheit sein. Und alles andere: „Nee, lass das mal. Das ist nicht für dich. Das ist für eine andere Gruppe zugänglich“.
Viviane: Genau, aber du wirst immer in Schubladen gesteckt.
Jasmin: Ja, es ist total paradox eigentlich.
Viviane: Wir haben ja auch viel über dieses Schubladendenken gesprochen. Diese Labels können einerseits total empowernd für dich sein, dass du dich selbst bezeichnest, dass du für dich Identifikationsmerkmale findest, Selbstzuschreibungen findest, die deine Identität ausmachen. Und auf der anderen Seite ist das genau diese Schublade, die dann aufgemacht wird und dann wirst du vielleicht immer wieder zu diesem Thema befragt.
Jasmin: Es ist schon faszinierend irgendwie, dass da so eine Freiheit mit den Labels kommt und aber auch so eine krasse Einschränkung.
Dana: Ich hatte selber auch schon eine Identitätskrise, weil ich mit hörenden Eltern aufgewachsen bin und ich so beide Welten, also die hörende und die taube Welt in mir hatte. Jetzt ist es so, dass ich wirklich stolz bin, taub zu sein und diese Welt für mich zu haben, also dass ich da wirklich sehr selbstbewusst bin und auch gar nicht mehr so schwanke zwischen den Identitäten. Ja dass ich mich da als taube Person behaupten kann.
Josephine: Ich werde auf jeden Fall als Schwarz gelesen. Das ist ein Label, dass man mir anhängen kann. Und ich finde es voll schön, dass ihr nach diversen Labels fragt. Ich finde ich bin auf jeden Fall Afrodeutsch. Ich bin deutsch. Ich bin Schwarz. Ich bin mehr als nur eine Sache. Und ich glaube das ist das, was superwichtig ist, dass man feststellt, dass man nur weil man das eine ist, nicht gleichzeitig auch das andere sein kann. So bin ich natürlich auch eine Frau und repräsentiere die weibliche Gruppe in unserer Gesellschaft. Ich definiere mich als Künstlerin, als Designerin, als …also es gibt unendlich viele Labels, die ich trage.
Jasmina: Once I am in front of a microphone and I speak with my voice, with my accent, with my upbringing, with my body, I speak for myself and I only want to speak for myself. But there is probably some kind of structure of thinking and reflection that comes into the listener and often times if the listener is identifying with me, then there is probably some kind of responsibility that I have.
Viviane: Es ist ein extremer Druck, der auf einem lastet, finde ich. Auf der einen Seite ist es total empowernd, sich mit sich selber zu beschäftigen, mit der eigenen Identität.
Jasmin: Wie engagiere ich mich? Wie engagiere ich mich nicht? Oder wer bin ich? Wer bin ich eigentlich nicht? Das ist ja auch immer persönlich. Und jedes Mal, wenn du aktiv dich für etwas einsetzt, ist es zwangsläufig eine Spiegelung deiner Selbst und auch eine Spiegelung deiner Werte, deiner Wahrheit und deiner Realität.
Josephine: Sowohl das eine, als auch das andere. Also wie gesagt, ich habe mich früher wenig mit diesem Thema auseinandergesetzt. Wenn mich früher jemand gefragt hat, ob ich schon mal Rassismuserfahrungen gemacht habe, was passiert ist, dass Leute auf mich zugekommen sind und mich gefragt haben: „Wie ist das eigentlich bei dir?“ Da hätte ich geantwortet „Nö, eigentlich ist alles cool“. Mir fallen jetzt rückblickend erst so viele Sachen auf, die in meinem Leben schon falsch gelaufen sind und die ich, weiß ich nicht, vielleicht auch aus Selbstschutz, ausgeblendet habe. Ich habe total oft das Gefühl, dass ich mir das Leben schwer mache, dadurch, dass ich mich mit dem Thema auseinandersetze.
Jasmina: I’m an artist. But maybe I’m an artist or I’m a communicator, either way. I would like to be kind of clear about that.
Viviane: Es ist schwierig, viele Menschen agieren dann oft nur als Token. Da wird man gerade angesprochen, vielleicht du, weil du eine Frau of Colour bist. So „Zeig mal…
Jasmin: Ja, „Zeig mal deine Arbeit!“. Dann wirst du deshalb gefördert oder deine Kunst wird deshalb gefördert, oder wird deshalb gezeigt. Es geht nicht um die Arbeit an sich. Es geht nicht um dich als Person. Es geht um das Label wieder, was dir zugeschrieben wurde.
Viviane: Coco beschreibt das auch. Sie wird eingeladen, weil sie eine Frau ist. Einerseits wird dir die Möglichkeit gegeben, deine Plattform zu nutzen, aber man kann es natürlich auch total kritisch hinterfragen.
Jasmin: Ja und ich frage mich auch inwieweit ist es wirklich nachhaltig, wenn du die eine Gruppe mehr förderst und die andere gleichzeitig ausschließt? Also ist es dann wirklich nachhaltig?
Coco: Zur Zeit ist es ein bisschen so, dass man privilegiert ist als Frau, weil zum Beispiel, wenn es jetzt um Ausstellungen geht im künstlerischen Kontext, ist es so ,dass man manchmal ein bisschen erschüttert ist, dass man angerufen wird und gefragt wird: „Ah, hast du Lust da mitzumachen, weil wir brauchen noch Frauen“. Dann ist es so ein bisschen peinlich für die, die das aufdrücken, weil man immer nur deswegen gefragt wird, weil man eine Frau ist. Das ist ja schon ein bisschen unangenehm. Weil man nicht genommen wird, weil man die Arbeiten macht, die man macht, sondern weil man eine Frau ist. Also in dem Sinne hat man jetzt zur Zeit mehr Chancen, wenn alle versuchen, so eine 50/50 Regel zu finden. Ich glaube generell finde ich es total doof, Leute auszuschließen. Deswegen bin ich auch ganz oft am Hadern mit Feminismus, wenn dann zum Beispiel so Events sind, wo nur Frauen mitmachen dürfen, weil ich es genauso bescheuert finde, die Männer wieder auszuschließen, nur um sich so einen Schutzraum zu schaffen. Ich finde eigentlich, man könnte sofort gleich auf Gleichheit gehen, anstatt nochmal zurückzutreten und die Jungs auszuschließen. Ich diskutiere das auch viel mit meiner Tochter und mit meinem Mann, der eher so eine Frauenrolle einnimmt und dann können wir gut diskutieren *lacht*.
Jasmin: Dass man in Dialog tritt mit sich selber, dass man in Dialog tritt mit seiner Familie, mit seinen Freunden,..
Viviane: Offenheit zeigen.
Jasmin: Offenheit zeigen. Was auch Dana gesagt hat, dass man offen ist für andere Menschen und auch für andere Standpunkte und das ok ist, dass wir alle unterschiedlich sind und nicht das eine ist besser als das andere. Sondern es ist einfach nicht das Gleiche.
Dana: Wenn ich mir vorstelle auf diesem Weg dieser Kämpfe, dass man da ja eben auch mit hörenden Menschen kommunizieren möchte. Es ist eben für mich so, dass ich alleine natürlich diese Kommunikation nicht leisten kann, also da brauche ich dann Hörende, die entweder auch Gebärdensprache können oder Dolmetscher, damit Gleichberechtigung möglich ist. Ich brauche da Unterstützung, um Gleichberechtigung in der Kommunikation zu erreichen. Weil ich eben ja direkt dieses Gespräch dann nicht führen kann sondern dafür eben eine Verdolmetschung zum Beispiel brauche und das ist natürlich schon dann eine Barriere.
Viviane: Ich finde, Wissen verpflichtet auch total. Also wenn ich einmal um die Kämpfe und Forderungen von marginalisierten Gruppen weiß, dann verpflichtet mich das auch nicht für sie zu sprechen, sondern andere Menschen darauf aufmerksam zu machen. Das ist ja auch in diesem Ally-Modell, was Coco beschreibt…
Coco: Diese Grafik, von der du sprichst, da geht es darum, Personen zu „nodgen“. Da geht es darum, wie man Leute mit ganz vielen kleinen Denkanstößen in bestimmte Richtungen lenkt. Es ist immer leichter, wenn man mit Leuten spricht, die die gleiche politische oder gesellschaftliche Einstellung haben, auf einen Nenner zu kommen. Aber es ist genau dann schwierig, wenn man sich mit Leuten auseinandersetzt und diskutiert, die einen ganz anderen Zugang und eine ganz andere Realität haben. Und genau auf dieser Seite von der du jetzt sprichst, da geht es darum, wie man es schafft, dass Leute, die noch nicht ganz auf der gleichen Wellenlänge sind durch bestimmte Fakten oder durch bestimmte Diskussionen oder das Teilen von der eigenen Realität, aber auch das Zuhören und Verstehen, wie die Person sich positioniert, dass man versucht, dadurch eine Offenheit in den Gedanken zu schaffen aber auch Leute zu sich zu ziehen. Dass man es schafft, Leute die vielleicht sehr rassistisch oder gar nicht feministisch denken, auf die eigene Seite zu ziehen.
Dana: Auf jeden Fall fühle ich da eine Verantwortung. Mit Freunden, die zum Beispiel Kopftuch tragen, wo ich merke, dass ich, die eben dieses Privileg habe, meine Freunde schützen muss, die dann vielleicht anders wahrgenommen werden.
Josephine: Ich glaube, das sieht man auch wenn man sich meine Bilder anguckt. Dass ich eben versuche, eben nicht genau das Schönheitsideal zu reproduzieren, sondern Frauen zu zeigen, die schön sind, obwohl sie dem Schönheitsideal nicht entsprechen, eben weil sie nicht Kleidergröße 36 tragen und weil sie nicht blond sind und langes, glattes Haar haben und blaue Augen. Ich glaube, das ist das, was ich dazu sagen kann.
Jasmina: Yeah, I’m absolutely not passionate about speaking for other people. That’s for sure. And I wouldn’t like other people to speak in my name. Probably this is the engine of my work. That I like to speak for myself about myself. And I enjoy art or communication which is done by people who do it for themselves about themselves.
Viviane: Da habe ich mich wirklich gefragt: Warum? Warum immer wir? Und dann hat eine Freundin zu mir gesagt: Sieh es doch mal so: Es ist auch eine Herausforderung, die du annehmen solltest. Es ist ein Zeichen dafür, dass du stark genug bist, diese Herausforderung anzunehmen und zu bewältigen, um noch stärker zu werden. Es ist ja auch irgendwie so unser Lebensthema und dieser Weg, den wir gehen..
Jasmin: Absolut, ja.
Jasmina: But my interest is just to communicate for as long as it’s possible. Maybe in a year to two I will think everything is stupid and I just wanna end. I just wanna end. I don’t want to be ever seen or hurt or I don’t want people to have access to my emotions.
Viviane: Irgendwie merkt man ja auch nichts ist richtig, nichts ist falsch, nichts ist absolut. Wir sind da alle in so einem Prozess, diese Tragweite des Themas als Auslöser für unsere Motivation und unsere Arbeit, unser Engagement zu begreifen. Ich finde, es ist total in Ordnung diese Selbstzweifel zu haben. Es ist ja auch Zeit, um sich darüber Gedanken zu machen. Das hat ja Selbstreflexion an sich, dass man auch ruhig zweifeln kann…
(Stimmen reden durcheinander)
Coco: …dass ich das Gefühl hab, dass ich vielleicht nicht so richtig auf den Punkt gekommen bin.
Josephine (lacht): Ja, keine Ahnung. Nee, ich hab nichts mehr zu sagen.
Jasmina: Ah, I kind of stretched it. I don’t know, if that’s good for you.
Coco: Also ich glaub ich hab total …oh gott, oh gott.
Jasmina: I am talking a lot of bullshit. I’m sorry.
Dana (zweifelnd): Ich hoffe, das reicht so als Antwort?
Coco: Ich verfranse mich gerade.
Josephine (lacht): Ich hab das Gefühl, ich verzettele mich einfach immer richtig doll.
Jasmina : That’s a good question…(lacht).
(treibende Musik)
Viviane: Ich hoffe, wir haben die Leute jetzt nicht mit unserem Thema vergrault.
Jasmin (lacht): Ich glaub, schon.
Viviane (lacht): Die sind aufgestanden.
Jasmin: Und haben sich dann umgesetzt.
Viviane: Zu schwer für einen Nachmittag im Café.
Jasmin: Das ist auch ok.
Viviane: Ich sehe eben auch, dass dieses „man selbst sein“ irgendwo auch Fluch und Segen sein kann.
Jasmin: Ich glaube, wenn wir nicht zweifeln würden, dann würden wir das alles gar nicht hinterfragen. Dann wären wir halt ok mit dem Ist-Zustand.
Jasmina: I recently started to experience that, to be honest. I think it’s only strengthening my communication skills. I don’t enjoy it. Vulnerability is not cool. But I think, it’s a way to fight it, to speak about it. Maybe it’s not necessarily in art way or communication way or poetry way, but to call it vulnerability, to put it out there. This exposure that could happen, you know with friends, in a safe space, in a non-safe space, with lovers, with girlfriends, with parents, with people you trust, with people you don’t trust. I like to play with that. I think it’s the only way I transform vulnerability into my strength. It’s a bit like you will feel closure feelings towards a person that shows themselves a little bit weak instead of a person which has a huge vanity and is perfectly fine. So I think showing vulnerability also, enables friendships.
(treibende Musik)
I want to say that it was a little bit difficult for me to speak about privilege, because actually I really feel privileged. And I think people with privilege can not really be critical about that. It depends how you view yourself, you know, like in which light you are putting yourself into. But also no pressure, you know.
(treibende Musik)
Jasmina: Phh, of course I try not to be pathetic. There is actually something I thought about today. That what’s not there and is a lot in my life is anger. And that I’m really careful of course not to show too much anger. Just today I thought about how to actually deal with that. How can i display this vulnerability of not being able to manage anger.
Viviane: Das ist keine konstruktive Kritik und dadurch können wir auch keinen Wandel herbeiführen und keine Empathie entwickeln.
(Tür geht zu, Kaffeemusik wird leiser, Weg nach draußen)
Viviane: Wenn Leute dich darauf hinweisen und sagen: Hey, vielleicht solltest du mal darüber und darüber nachdenken. Da und da sehen wir noch Lücken in der Art und Weise, wie du bestimmte Dinge tust, was du denkst oder was du sagst, dann sollte man das annehmen.
Jasmin: Annehmen.
Viviane: Das ist ja auch ganz oft so so, dass privilegierte Menschen sich schlecht fühlen aufgrund ihrer Privilegien und dann in so eine Rechtfertigungshaltung hineinkommen.
Jasmina: Muss man gar nicht.
Viviane: In eine Scham oder in eine Schuld und das ist ja überhaupt nicht produktiv und das ist ja auch nicht Sinn dieses ganzen Dialogs.
Jasmin: Nein, absolut nicht.
Viviane: Sondern man sollte es einfach annehmen und sagen: Hey danke, dass du mich darauf hinweist…
Jasmina: Yeah, when I first read that sentence, you know, that you will be calling me about this idea of privilege and is it that privilege is actually, let’s say, influencing the way we’re responsible for a possible future or for other people around us. I think that responsibility comes with acknowledgement. So