Späte Spurensuche nach antisemitischem Brandanschlag

ID 54404
  Extern gespeichert!
AnhörenDownload
In seinem Buch "Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?", versucht Wolfgang Kraushaar nachzuweisen, dass der Brand im Jüdischen Gemeindehaus in München 1970 von deutschen Linken um Dieter Kunzelmann und Fritz Teufel gelegt wurde. Als Kriminalist geht Kraushaar einseitig und spekulativ vor, trotzdem wirft das Buch wichtige Fragen auf. RDL hat das Buch rezensiert.
Audio
12:14 min, 11 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 23.03.2013 / 21:50

Dateizugriffe: 71

Klassifizierung

Beitragsart:
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Kultur, Politik/Info
Serie: Morgenradio
Entstehung

AutorInnen: Jan Keetman
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 23.03.2013
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Wolfgang Kraushaar, der als Politikwissenschaftler am Hamburger Institut für Sozialforschung arbeitet, hat ein dickes Buch geschrieben, in dem er unter anderem eines der Scheußlichsten Verbrechen der Nachkriegszeit in Deutschland versucht aufzuarbeiten, den Brandanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in München im Februar 1970. Das Feuer wurde offenbar mit Absicht so gelegt, dass den älteren Jüdinnen und Juden, die in den oberen Stockwerken wohnten, der Fluchtweg abgeschnitten wurde. 7 ältere Bewohner, allesamt Überlebende der Nazi-Barbarei starben bei dem Brand.

Kraushaars These ist, dass das Feuer von deutschen Linken, nämlich einer Gruppe, die sich als Tupamaros München bezeichnete gelegt wurde. Bekanntestes Mitglied der Tupamaros München war Fritz Teufel.

Abwegig ist Kraushaars Verdacht leider keineswegs. Am 9. November 1969 sollte eine Bombe während einer Feier anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht im Haus der jüdischen Gemeinde in Berlin explodieren. Nur weil ein Draht angerostet war, misslang der Anschlag. Kurz darauf bekannte sich die Gruppe Schwarze Ratten Tupamaros Westberlin zu dem Anschlagsversuch. Viele Jahre später hat ein ehemaliges Mitglied der Tupamaros Westberlin, Albert Fichter im Interview mit Kraushaar gestanden, dass er die Bombe bei der jüdischen Gemeinde in Westberlin deponiert hat. Als Anstifter nannte er vor allem Dieter Kunzelmann.

Obwohl er sich eindeutig antisemitisch geäußert hatte, zog Dieter Kunzelmann später als Abgeordneter der Alternativen Liste in den Berliner Senat ein.

Ein Zitat von Dieter Kunzelmann hat Kraushaar als Titel seines Buches gewählt: „Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?“. Der Untertitel lautet: „München 1970: über die antisemitischen Wurzeln des deutschen Terrorismus“. Erschienen ist es bei Rowohlt.

In Berlin legten die Tupamaros West-Berlin eine Bombe ins jüdische Gemeindezentrum. In München brannte einige Monate später das jüdische Gemeindezentrum und auch dort gab es eine Gruppe, die sich Tupamaros nannten und mit den Berlinern befreundet waren. Kraushaars Verdacht, dass es die Münchner Tupamaros um Fritz Teufel waren, die in München noch einmal so etwas wie einen kleineren Holocaust inszenierten, liegt also durchaus auf der Hand.

Doch kann Kraushaar seine These, wie er annimmt, auch ausreichend belegen? Wurden deutsche Linke bei ihren Angriffen auf Überlebende des Holocaust gar politisch gedeckt, wie Kraushaar als Möglichkeit andeutet?

Zunächst werden die Leser mit Fakten aus den Akten überhäuft, von denen der größte Teil weder zu Kraushaars These noch zur Illustration des allgemeinen Geschehens etwas beiträgt. Wo immer es geht und dass sind nicht eben viele Stellen, wird eine konkrete Spur zum Brandanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum angenommen. Der Hauptverdächtige ist ein 18-jähriger Kfz-Mechaniker, der in einer politisch aktiven Wohngemeinschaft wohnt und gegen den auch wegen anderer Brandanschläge ermittelt wurde. Was aus diesen Ermittlungen geworden ist, teilt Kraushaar indessen nicht mit. Sie tragen mithin nur dazu bei den 18-jährigen, dessen Name Kraushaar nicht preisgibt, als besonders verdächtig darzustellen.
Das einzige, was gegen ihn sonst angeführt werden kann ist, dass er kein Alibi besitzt und dass bei ihm Krepppapier von der gleichen Art gefunden wird, wie dasjenige, in das der Brandkanister eingewickelt war. Die Beschreibung der mutmaßlichen Täter durch Taxifahrer passt aber ganz und gar nicht auf den achtzehnjährigen. Die Beschreibung könnte aber auf zwei mit dem jungen Mechaniker befreundete Türken passen, mutmaßt der Autor. Ja vielleicht.

Kapitel 27 trägt die Überschrift „Doch wo sind die Brandstiftungen geblieben?“ Dieser Satz ist wie ein wörtliches Zitat in Anführungsstriche gesetzt. Darunter ist die reißerische Unterüberschrift gesetzt: „Die Spur der Flammen“.
Das Kapitel, indem man endlich eine heiße Spur vermutet, beginnt sehr allgemein mit Bemerkungen darüber, wie leicht ein Brand zu legen ist, dass es Brandstiftung schon in der Antike gab etc. Schließlich kommt endlich das Zitat, auf das man wartet. Es stammt aus einem Brief, den Ingrid Siepmann an Dieter Kunzelmann geschrieben hat. Siepmann war gemeinsam mit Kunzelmann und anderen Genossen nach Jordanien gereist, wo sie Kontakt zur Al Fatah aufnahmen und auch etwas militärisches Training, insbesondere im Bombenbasteln erhalten haben. Siepmann ist in Amman zurückgeblieben und hat weiter Kontakt zur Fatah. In dem Brief schreibt sie unter anderem, dass sie über einiges nur mündliche Mitteilung machen möchte. Dann schreibt sie von ihrer geplanten Rückreise:

„Mein Gott wird das seltsam sein, wenn ich Euch plötzlich wiedersehe? Wenn Karl August kommt, freue ich mich ja sehr. Doch wo sind die Brandst. geblieben?“

Das Wort das Kraushaar ohne alle Umstände in der Überschrift und dann noch einmal im Text als „Brandstiftungen“ ausschreibt, ist im Zitat eine Abkürzung „Brandst.“ Willi Winkler hat in seiner Rezension in der Süddeutschen Zeitung das Rätsel vermutlich gelöst. „Brandst.“ Steht für „Brandstifter“. Dies war damals eine übliche Bezeichnung für die Frankfurter Kaufhausbrandstifter, insbesondere Andreas Bader und Gudrun Ensslin, die später die RAF gründeten. Weil ihr Urteil rechtskräftig wurde, mussten die „Brandstifter“ zunächst im Ausland untertauchen, Ingrid Siepmann würde sie also so leicht nicht in die Arme schließen können.
Winkels Interpretation passt in den Kontext des Briefes, während Kraushaars Lesart zumindest schwierig ist. Jedenfalls ist die Annahme, dass hier der Brandanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in München angemahnt wird, reine Spekulation. Diese äußert Kraushaar am Ende des Kapitels sicherheitshalber mit Fragezeichen, in der Überschrift und mindestens zweimal im Text schreibt er aber Brandstiftungen aus, ohne zu kennzeichnen, dass diese Lesung nur seine Vermutung ist. Diese Art, etwas mehrfach zu behaupten und sich dann irgendwann durch ein Fragezeichen abzusichern, ist kein guter Stil.

Bezeichnend für die Art wie Kraushaar versucht alles nur irgendwie mögliche für seine These hinzubiegen ist folgende Passage über das Ende der Ermittlungen gegen Fritz Teufel im Zusammenhang mit dem Anschlag auf das Gemeindehaus in München. Im folgenden wörtlich aus Kraushaars Buch zitiert:

„Am 14. Oktober heißt es in einem Schlussvermerk der Kriminalpolizei, dass die in seinem Fall wegen des Brandanschlags auf das Israelitische Gemeindehaus durchgeführten Ermittlungen ergebnislos verlaufen seien. Es hätten sich 'keinerlei Anhaltspunkte' dafür ergeben, dass er 'tatsächlich mit dem Brandgeschehen in Verbindung gebracht werden könnte'. Da Anhaltspunkte für weitere Nachforschungen nicht vorhanden seien, werde die Spurensuche abgeschlossen. Allerdings scheinen sich die Beamten in ihrem Ergebnis immer noch nicht ganz sicher zu sein. Denn zum Ende heißt es, dass er 'nach wie vor nicht ganz aus dem Kreis der potentiellen Täter ausgeschlossen werden' könne. Ein Restzweifel bleibt also.“

So weit Kraushaar. Aus der Passage gehen zwei Dinge hervor, nämlich dass der Beamte keineswegs auf dem linken Auge blind war, dass er aber „keinerlei Anhaltspunkte“ für eine tatsächliche Täterschaft finden konnte. Mit seinem Schlusssatz über den nicht ausgeräumten Restzweifel biegt Kraushaar aber auch diesen Abschnitt noch irgendwie in ein belastendes Moment um.

Schließlich verweist Kraushaar noch auf eine Aussage des ehemaligen RAF-Mitgliedes Gerhard Müller. Müller will ein Gespräch von zwischen Irmgard Möller und Gudrun Ensslin über den Anschlag von München mitgehört haben, indem Ensslin sagte: „Diese Arschlöcher! Gut, dass diese Sache den Neo-Nazis untergeschoben wurde.“

Zunächst ist garnicht klar, auf wen sich die Passage bezieht. Die RAF könnte über ihre Kontakte zu den Palästinensern auch erfahren haben, dass es palästinensische Terroristen waren. Noch schwerer wiegt die mangelnde Glaubwürdigkeit des Zeugen Müller. Wie Kraushaar korrekt ausführt, ging es ihm mutmaßlich darum eine Anklage wegen Polizistenmord loszuwerden. Daher hatte er ein Interesse daran, als nützlicher Zeuge zu erscheinen.

Nachdem Kraushaar die Zweifelhaftigkeit des Zeugen im Allgemeinen eingeräumt hat, meint er aber, dass man ihm hier vielleicht doch glauben könnte und zählt als Unterstützung dieser These dann all seine anderen Verdachtsmomente auf. Darunter auch Dinge, die wirklich niemanden speziell belasten, wie der Umstand, dass ein Mordanschlag per Brandstiftung besonders einfach sei, da ein Streichholz oder ein Feuerzeug im Zweifelsfall ausreichen würden. Bei Kraushaar nachzulesen auf Seite 602.

Um es kurz zu sagen, Kraushaar kann seine These über die Täterschaft der Münchner Tupamaro-Gruppe um Fritz Teufel nicht beweisen und in meinen Augen auch nicht wie der Klappentext verspricht „höchstwahrscheinlich“ machen. Die Münchner Tupamaros kommen sicherlich in Betracht. Mehr aber auch nicht.

Sieht man sich an was sie sonst gemacht haben, so ist da allerdings nichts was von der kriminellen Energie der Täter her vergleichbar wäre. Sicher ist es keine Kleinigkeit, wenn etwa Brandflaschen nachts in das Fenster eines Richters geworfen werden oder wenn man einem Staatsanwalt durch das Kellerfenster Benzin ins Haus kippt und anzündet, doch es sind alles Taten von der Sorte rasch hin und rasch wieder weg.

Die Rekonstruktion des Brandanschlags auf das jüdische Gemeindehaus in der Reichenbachstraße sieht anders aus. Zunächst muss jemand das Haus von innen gründlich ausgekundschaftet haben. Danach brachte jemand einen als Paket getarnten 20 Liter Kanister, also einen großen, schweren Gegenstand, den er in irgendein Versteck im Haus schob. Am nächsten Tag drang jemand nun schon zum dritten Mal in das Haus ein, holte den Kanister hervor, fuhr mit dem Aufzug nach oben. Blockierte die Aufzugstüre und schüttete die brennbare Flüssigkeit die Treppe herunter. Dann fuhr derjenige mit dem Aufzug nach unten und zündete die Treppe von unten an, so dass die Bewohner vom einzigen Fluchtweg abgeschnitten waren. Danach verließ er das Haus, welches sofort in Flammen stand, durch den Vordereingang. All das in einem Haus, das einen eigenen Hausmeister hatte und in dem ein völlig Fremder leicht auffallen konnte. Das hebt sich schon erheblich von den gefährlichen Zündeleien der Münchner Tupamaros ab.

Dieser Vergleich schließt natürlich nicht aus, dass sie es doch waren oder dass sie zumindest Hilfestellung geleistet haben. Es sollte nur dem Eindruck widersprochen werden, als würden sich alle Indizien in eine Richtung verdichten. Als Täter kommen weiterhin neben den Tupamaros auch Rechtsradikale in Frage, die ja ebenfalls mit den Palästinensern zusammenarbeiteten und einige Jahre später als Wehrsportgruppe Hoffmann in München in Erscheinung traten. Ebenso Täter aus dem direkten Umfeld der Palästinenser, eventuell in Verbindung mit Deutschen aus einer der genannten Gruppen.

Während Kraushaars Versuche, sich als Kriminalist zu betätigen, nicht überzeugen können, hat das Buch doch das Verdienst, auf einige wenig beachtete Dinge hinzuweisen, zum Teil sogar erstmals hinzuweisen. Da ist zum einen das Scheitern der deutschen Appeasementpolitik gegenüber den palästinensischen Luftpiraten, die dazu führten, dass alle arabischen Luftpiraten und Attentäter in deutschem Gewahrsam irgendwann freigepresst wurden, inklusive der Mörder an der israelischen Olympiamannschaft in München 1972.

Zweitens muss es einem nach Lektüre des Buches schon sehr wundern, warum die israelischen Olympioniken bei der Olympiade in München keinen besonderen Schutz hatten.








Am 9. November 1969 wird in der jüdischen Gemeinde in Westberlin eine Bombe entdeckt, die so eingestellt ist, dass sie während der Gedenkfeier für die Opfer der Reichspogromnacht explodieren soll. Nur ein korrodierter Draht verhindert, dass Teilnehmer der Gedenkfeier getötet werden.
Die Zeitschrift Agit veröffentlicht ein Flugblatt der „Schwarzen Ratten Tupamaros“, mit dem Titel „Shalom und Napalm“, in dem sich die Gruppe zu dem Anschlag bekennt.
In der gleichen Ausgabe erscheint auch ein als Brief aus Jordanien getarnter Artikel von Dieter Kunzelmann. Zunächst schwärmt Kunzelmann vom Kampf der Palästinenser und hält ihn der in seinen Augen gescheiterten BRD-Linken als leuchtendes Beispiel vor:

„Hier ist alles ganz einfach. Der Feind ist deutlich. Seine Waffen sind sichtbar. Solidarität braucht nicht gefordert zu werden. Sie entsteht von selbst.“

In so einer Welt möchte auch Kunzelmann leben. Dann geht er dazu über sich mit dem konkreten Anliegen der Palästinenser zu identifizieren. Irgendwelche Bedenken wegen der deutschen Geschichte, werden ärgerlich über Bord gekippt.

„Palästina ist für die BRD und Europa das, was für die Amerikaner Vietnam ist. Die Linken haben das noch nicht begriffen. Warum? Der Judenknax. ‚Wir haben 6 Millionen Juden vergast. Die Juden heißen heute Israelis. Wer den Faschismus bekämpft ist für Israel.‘ So einfach ist das und doch stimmt es vorne und hinten nicht. Wenn wir endlich gelernt haben, die faschistische Ideologie ‚Zionismus‘ zu begreifen, werden wir nicht mehr zögern, unseren simplen Philosemitismus zu ersetzen durch eindeutige Solidarität mit AL FATAH, die im Nahen Osten den Kampf gegen das Dritte Reich von gestern und Heute aufgenommen hat.“

Im Klartext: Kunzelmann argumentiert hier, dass Deutsche trotz ihrer Geschichte dazu berufen sind gegen Israel zu kämpfen, weil Israel eine Folge des Nationalsozialistischen Unrechts und seine Fortsetzung ist. Eine solche Dialektik hätte auch einem Goebbels gut gestanden.

In einem zweiten Brief bezieht sich Kunzelmann, dann positiv auf einen Anschlag von drei Palästinenser auf die Passagiere und die Besatzung einer EL-Al-Maschine in München, bei dem ein junger Israeli getötet und mehrere Menschen erheblich verletzt wurden. Dann schließt sich Kunzelmann denjenigen an, die den Brandanschlag auf das Gemeindehaus in München den Israelis selbst in die Schuhe schieben. In diesem Brief fällt dann auch der Satz, der den Titel von Kraushaars Buch abgibt: „Wann beginnt bei Euch endlich der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?“

Der Anschlag auf die Gedenkfeier in Berlin gilt heute auch mit Hilfe von Wolfgang Kraushaar als geklärt. Demnach hat Albert Fichter die Bombe gelegt, der tatsächlich ein Mitglied der Tupamaros war. Fichter wie auch Bommi Baumann, der später zum 2. Juni gehörte, haben aber Kunzelmann als Anstifter genannt.

Im Grunde kann man sagen, dass Kunzelmann eine Karriere von ganz Links nach ganz Rechts durchgemacht hat. So wie Horst Mahler, der sich vom linken Anwalt zum RAF-Mitglied und schließlich, zum NPD-Anwalt und Antisemiten entwickelt hat. Weniger bekannt ist, dass selbst Benito Mussolini und sein Justizminister ihre politische Karriere auf der Linken begonnen haben, um schließlich den Faschismus in Italien aufzubauen. Und was hat eigentlich die Sowjetunion unter Stalin von einem faschistischen Regime grundlegend unterschieden?

Nicht weniger irritierend als solche Karrieren ist aber, dass ein Dieter Kunzelmann in der Linken nicht einfach exkommuniziert wurde. Außerdem war nicht nur Kunzelmann anfällig für antisemitische Äußerungen. Ulrike Meinhof, die zu den Gefangenen gehörte, die mit dem Anschlag auf die israelische Olympia-Mannschaft freigepresst werden sollten, sagte über den Tod der israelischen Sportler, Israel habe „seine Sportler verheizt wie die Nazis dcie Juden – Brennmaterial für die imperialistische Ausrottungspolitik.“

Was war mit dem linken Mainstream? Wo war das historische Bewusstsein, von Leuten, die sich nicht an Demoparolen wie „SS, SA, USA!“ gestört haben? Würde vielleicht heute niemand mehr so offen sagen, wobei man sich da nicht ganz sicher sein kann. Es ist jedenfalls auffallend, dass in einem Land, in dem die Bevölkerung derart sensibel für die Gefahren der Atomindustrie ist, nur wenige Verständnis dafür haben, dass sich Israel durch das iranische Nuklearprogramm bedroht fühlt. Die Reaktionen auf das Gedicht des Ex-SS-Mannes Günter Grass, indem er Israel zu einer Gefahr für den Weltfrieden aufbaut, haben das deutlich gezeigt.

Es wäre sicher nicht unwichtig zu erfahren, wer wirklich den Anschlag von München ausgeführt hat, wenn es denn möglich wäre dies zu ermitteln. Die Gruppe um Kunzelmann gehört sicher weiter zu den Verdächtigen, aber auch Rechtsradikale oder Palästinenser könnten es gewesen sein.

Wichtiger als ein Buch, das einseitig Verdachtsmomente zusammenträgt, wäre ein Buch gewesen, dass sich damit beschäftigt, was da eigentlich los ist. Woher die Unfähigkeit oder der Unwille aus der Geschichte wirklich zu lernen.